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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 9 "Das Verrätertor"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 9 »Das Verrätertor« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Das VerrätertorKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele (bisher 11 Stück, weitere folgen) bei Streamingportalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Riki Sivi, der Fürst von Kishlastan will Hope Joyner entführen, die mit dem Garde-Offizier Dick Hallowell liiert ist. Er will Hope zum Teil seines Harems in Kishlastan machen. Aber nicht nur Hope soll mit der Britney Anne nach Indien gebracht werden, sondern auch die britische Krone. Dafür will er mit seinen Leuten in den Tower einbrechen und setzt dabei auf den Meisterdieb Tiger Trayne sowie Graham Hallowell, dem Bruder Dicks.
Um Hope zu entführen bedient sich der Fürst eines Mannes namens Warrington. Der wird später als lästiger Zeuge beseitigt. Der Plan des Fürsten scheint aufzugehen. Doch Dick und sein Kollege Bobby ermitteln schnell und effektiv. Hope Joyner, die unbedingt herausfinden will, wer ihre leiblichen Eltern sind, kann in letzter Minute gerettet werden.
 
Klappentext
Im Londoner Tower werden die Kronjuwelen aufbewahrt. Kein Schatz der Welt wird besser beschützt als gerade dieser. Doch da ist der Fürst von Kishlastan, der nicht nur eine Schwäche für schöne Frauen, sondern auch für Juwelen hat. Und dann ist da noch der geheimnisvolle Trayne. Er versucht, was unmöglich zu sein scheint ...  (EUROPA)
 
Meinung
Das Besondere bei diesem ungewöhnlichen rasanten Hörspiel ist die zweigeteilte Geschichte. Zum einen geht es um einen großen Juwelenraub im Londoner Tower, zum anderen um das Geheimnis der Identität einer jungen Frau, die mit einem Gardeoffizier liiert ist.

Der erste Teil ist dabei gut gelungen, der zweite Teil eher nur Beiwerk. Man hätte mehr aus dem Rätsel um die Identität von Hope Joyner machen können, deren Vater am Ende der Obergangster ist, dessen Aufklärung aber im Trubel des Finals untergeht.

Das Hörspiel leidet etwas unter seiner Kürze (gut 40 Minuten), in der aber die sprichwörtliche Würze liegt. Es gibt kaum langatmige Momente, die Geschichte ist spannend und ohne große Lücken erzählt. Die guten Sounds runden das Hörspiel ab und machen es diesbezüglich zu einem der Besten, der gesamten Serie. In der Neuauflage im Jahre 2002 wurden wieder Musikstücke ausgetauscht. Es sind in der zweiten Staffel jedoch erheblich weniger Ersetzungen als in der ersten Staffel. Das liegt einfach an dem Anteil der Bohn-Stücke, bei denen es rechtliche Probleme gab. Und die sind in der zweiten Wallace-Staffel nun einmal rarer.

Frank Sky nahm sich hier eines unbekannteren Stoffes von Wallace an, wie schon beim "Engel". Er wird es mit den "drei Gerechten" (Folge 11) noch einmal probieren. Zwar zählt das "Verrätertor" noch zu den bekannteren der Drei Ausnahmen, denn das Buch wurde immerhin 1964 mit Klaus Kinski verfilmt, aber irgendwie fehlt den unbekannten Stoffen allesamt die typischen Wallace-Merkmale. Dennoch ist die Auswahl von EUROPA löblich. Man wandte die unbekannten Vorlagen aber erst in der zweiten Staffel an. Und dennoch sind "der rote Kreis", "das Verrätertor", "der Engel des Schreckens" und eben die "drei Gerechten" bisher nur einmal vertont worden. Von EUROPA. Von der Komplexität her, wäre das "Verrätertor" am geeignetsten gewesen um auch für ein längeres Hörspiel zu dienen. Die 40 Minuten hier werden dem Inhalt einfach zu wenig gerecht. Wieder einmal kommt zu dem Schluss, das 5 Minuten mehr nicht geschadet hätten. Man hier sogar noch mehr hätte drauf packen können. Aber das Tempo ist hier beachtlich und langweilig wird es dafür auf keinen Fall. Zum Vergleich mit der Maritim-Serie fällt mir ein, dass es bei beiden Adaptionen 7 Titel gab, die von beiden Labeln umgesetzt worden sind. Die 5 übrigen waren zur damaligen Zeit Premieren im kommerziellen Hörspiel.
 
Gedanken
"Ich werde Sie erst mit Hope Joyner und dann mit Lady Cinthia bekannt machen": sagt Colley Warrington zu dem Fürsten von Kishlastan. Später soll Warrington Hope entführen und lockt sie mit einem Anruf aus dem Haus. Am Telefon sagt Hope, das sie Mr. Warrington nicht kenne. Etwas merkwürdig, wenn er sie doch auf dem Empfang mit dem Fürsten bekannt gemacht hat.
 
"Ich werde ihn um 18 Uhr treffen - in der Williers-Street": Das mit der Willier(s)-Street ist recht merkwürdig. Hope Joyner sagt dieses als sie mit Dick am Telefon spricht und ihm von ihrer Verabredung mit Colley Warrington berichtet. Dabei wurde geschnitten Es fällt kaum auf. Aber das Wort Williers (ohne Street") wird von einer anderen Sprecherin gesprochen. Warum ist nicht bekannt.
 
Riki Sivi ist ein indischer Fürst, heißt es in dem Hörspiel. Okay. Aber von einem Ort namens Kishlastan hat man bisher nur in dieser Geschichte gehört. Oder ist Kishlastan etwas ganz anderes als ein Ort?
 
"...und wenn die Krone unversehrt in den Tower zurückkommt, wird auch sonst niemand Anzeige erstatten": sagt Dick Hallowell zu seinem Bruder um ihn zur Aufgabe zubewegen. So ist das also. Der Versuch die Juwelen zu stehlen wird laut Hörspiel mit mindestens 5 Jahren Gefängnis bestraft. Der vollendete Diebstahl wird aber verschwiegen, weil das Unmögliche niemand schaffen darf.
 
Lutz MackensyDie Sprecher
Eine Menge an Sprecherrollen war für "Das Verrätertor" zu besetzen, soviel das sie gar nicht alle ins Inlay des Covers passten.

Damals sagte man übrigens noch Kassettenhülle. Da war es wohl auch unvermeidbar, das Manfred Schermutzki eine Doppelrolle bekam. Es gibt aber mindestens noch eine weitere Doppelrolle. Auffällig ist auch die große Zahl an Pseudonymen, die EUROPA für dieses Hörspiel verwendete. Die Gründe dafür sind heute nicht mehr klar zu ermitteln. Es könnte daran, dass bei diesem Hörspiel eine Menge an Kleinrollen zu vergeben waren, deren Besetzung bei Drucklegung noch nicht feststand. So sprechen in diesem Hörspiel zwar Manfred Reddemann (genannt als "Werner Harms" und Manfred Schermutzki (genannt als Wilfried Rambach) wie auch Christian Mey (genannt als Hinrich Bahr) um nur einige zu nennen. Viele Sprecher sind aber auch gar nicht genannt, wie z.B. Michael Harck in noch kleinerer Rolle.

Hannes Messemer spricht den Fürsten von Kishlastan, eine etwas zwielichtige Rolle. Lutz Mackensy hat die männliche Hauptrolle als Leutnant Dick Hallowell inne. Carin Abicht übernahm den weiblichen Hauptpart. Vielleicht wollte die Regiesseurin Frau Körting die Gelegenheit nutzen eine bekannte Theater-Mimin wie Frau Abicht für ihre Hörspiele zu verpflichten. Doch für ein junges hübsches Mädchen klingt sie etwas zu burschikos.

Aus Folge ist 8 ist Ruth Niehaus wieder mit dabei. Als Diana spricht sie eine ähnlich zwielichtige Rolle wie im "Engel", doch sie bleibt hier nur in einer Minirolle. Viele einmalige Gastauftritte innerhalb der Reihe, bestimmen den Cast der Folge. Hannes Messemer wird allerdings noch zweimal in der Reihe auftauchen. Für Mackensy, Schermutzki, Mey, Peter Buchholz und Manfred Reddemann bleibt allerdings bei diesem einen Auftritt. Leider auch für Joachim Wolf, der als windiger Kapitän eine herrlich schräg-böse Performance ablegen darf. Eine viel zu kurze Rolle als Oberst Ruislip hat Andreas von der Meden zu sprechen.
 
Cover
Schön. Sehr gelungen mit viel Krimiflair ála Wallace.
 
Besonderes
Wallace und der Bruderzwist - Oft hatte der Autor zwei Brüder im Fokus seiner Geschichten, die ganz und gar unterschiedlich waren. Ungewollt vielleicht, war somit der biblische Ursprung bei Kain und Abel gezogen. Hier sind es Graham und Dick Hallowell. Der eine ein Dieb und Einbrecher. Einer von der leichten Sorte, der sich für jede Drecksarbeit anheuern lies, auf der anderen Seite der ehrlich und rechtschaffene Gardeoffizier seiner Majestät. Beinahe schon grotesk - dieser Kontrast. Im "schwarzen Abt" waren es noch der Schlossverwalter Dick Alford und sein geisteskranker Bruder Harry, der nach dem Lebenselixier trachtet und die beide ohne es auszusprechen um Leslie Gines buhlen. Gewinnen tut stets der Gute. Auch in diesen beiden Fällen.  In der Kurzgeschichten "Die ungleichen Brüder" aus dem Roman "Der Redner" greift Wallace es nochmals auf. Er weiß aber auch zu überzeugen, wenn er Brüder als verbrecherisches Duo in Eintracht beschreibt, so bei David und Steven Judd in den "toten Augen von London."
 
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