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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 12 "Der Zinker"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 12 »Der Zinker« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Der ZinkerKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele  bei Streamingportalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Larry Graeme wird vom Zinker erschossen. Der Zeitungsreporter Joshua Harras heftet sich an die Fersen eines geheimnisvollen Mannes namens Captain Leslie. Der arbeitet für Frank Sutton in dessen Firma. Die beiden Männer tragen einen offenen Kampf aus. Sutton soll die Nichte von Lew Friedman heiraten. Der Onkel glaubt sie gut mit Sutton versorgt. Denn er hat Angst davor, das Beryl in die Fänge eines Heiratsschwindlers gerät. Friedman verfügt über ein stattliches Vermögen. Doch Beryl liebt Captain Leslie. Friedman bietet Leslie Geld damit er verschwindet. Wenn er es nicht tut, droht er ihn zu töten. Doch Leslie lässt sich nicht einschüchtern. Dann ist da noch Millie Trent, die Sutton liebt und befürchtet, dass dieser mit Beryl fliehen könnte.

Klappentext
Der Zinker ist ein geheimnisvoller Hehler, vor dem die Verbrecher Londons sich fürchten. Verkaufen sie ihm ihr Diebesgut nicht zu dem Preis, den er will, dann "verzinkt" er sie an die Polizei - oder tötet sie. Wer ist der Zinker? Und ist die Polizei wirklich so hilflos ihm gegenüber, wie es den Anschein hat?  (EUROPA)
 
Meinung
Der Zinker als Nebenthema. Die Handlung dreht sich hauptsächlich um Frank Sutton und Beryl Stedtman. Sie soll ihn nach Willen ihres Onkels heiraten, weil er eine gute Partie ist. Doch Beryl liebt John Leslie, den ihr Onkel als Heiratsschwindler verdächtigt. Das ist fast die ganze Handlung, während der Mord an Larry Graeme zur Nebensache wird. Der will Diebesgut an den Zinker verkaufen. Doch der erschießt den Dieb. Den Mord an Graeme nutzt Franciskowsky als Opening für das Hörspiel. Dabei befasst sich der Originalroman auf den ersten Seiten fast ausschließlich mit Larry Graeme und seinen Diebeszügen sowie seinen Versuchen, Kontakt mit dem Zinker aufzunehmen. Das allein hätte im Prinzip gereicht für eine spannende Handlung. Doch weder Wallace noch Franciskowsky haben aus dieser Ausgangslage mehr gemacht.

Das Hörspiel hat in Punkto Umsetzung einiges gemeinsam mit Folge 3 "Der Hexer". Vor allem der Spannungsaufbau rein über die Dialoge ist so eine Gemeinsamkeit. Diesen Stil findet man in sonst keinem Hörspiel der Reihe. Selbst in der eher spannungsarmen Variante von "Die drei Gerechten" nicht. Dabei bietet der "Zinker" mehr Möglichkeiten für ein Action-Hörspiel. Allein die Schlussszene im sogenannten Leopard-Klub wäre Zündstoff gewesen. Doch Franciskowsky lies diese Szene nur andeutungsweise auftauchen. Damit lies er sich eine Überraschungsoption für den Schluss übrig.

In der Geschichte geht es auch um einen geheimnisvollen Polizeiinspektor namens Barabel. Hier wurde auch zu wenig draus gemacht. Jeder Hörer merkt sofort, dass Barabel John Leslie ist, weil die Stimmen gleich sind. Hier tat Franciskowsky dem Hörer keinen Gefallen, indem er Barabel einerseits als geheimnisvollen Gegenpart zum Zinker aufbaute und ihn dennoch eine Minute später entlarvte. Außerdem war somit schnell klar  dass nur einer der Zinker sein konnte - nämlich Frank Sutton. Man läßt auch diesen Bösewicht entlarven, indem man ihn beim Mord an Larry Graeme nicht mit verstellter Stimme sprechen lässt. Die alten Fehler also, die man schon in den Folgen 2,3,10 und zum Teil in der Folge 7 begangen hatte. Nur in Folge 5 klappt das sehr gut.

Etwas altertümlich wirkt auch die Tatsache, dass Beryl einen Mann heiraten soll, den sie nicht liebt. Nur weil der Onkel es möchte. Aber der Roman erschien 1927. Möglicherweise gab es derlei Gepflogenheiten seinerzeit in Londons hohen Kreisen. Zumindest vermutete Wallace dies.

Insgesamt gesehen ist "Der Zinker" von der Umsetzung her nicht sehr schlecht, aber doch der schwächste Beitrag der Serie nach Folge 11.
 
Gedanken
"In einem Haus in Wimbledon Common, saßen Frank Sutton, die junge Beryl Stedtman und Lew Friedman zusammen", sagt der Erzähler und liefert eine überraschende Ortsangabe, die man sonst selten in der Reihe findet. Wimbledon dürfte jedem von Namen her bekannt sein, wenn er sich mal etwas mit Tennis beschäftigt hat.
 
"Das Gift wirkt in dem Moment, als dein Onkel schoss und Sutton verfehlte...", sagt Leslie zu Beryl, nachdem diese erfuhr, dass Sutton tot sein soll. Doch Leslie kann das nicht bestätigen. Sutton vergiftete den Rotwein für Millie Trent, trank ihn aber versehentlich selbst. Dann kam Lew Friedman und wollte ihn erschießen. Doch er traf ihn nicht. Aber in genau dem Moment wirkte das Gift und Sutton fiel um. Der verschüttete Rotwein sah aus wie Blut. Etwas viele Zufälle. Aber am Ende ist Sutton dafür nicht tot, sondern liegt nur mit einer Vergiftung im Krankenhaus. Ob das Lew Friedman vor einer Strafe schützt?
 
"Wenn du nicht kommst, bringe ich Dich für den Rest deines Lebens hinter Gittern", sagt Millie Trent zu Frank Sutton. Zuvor hatte sie noch mit dem Galgen gedroht. Aber wie auch immer. Franciskowsky sorgt mit reißerischen Dialogen auf aufpeitschender Musik für spannende Cliffhanger.
 
Jörg PlevaDie Sprecher
Douglas Welbat spricht Frank Sutton. Der Fehler ist, dass man seine Stimme als Zinker zu früh heraushört. Seinen Gegenpart als John Leslie übernimmt Jörg Pleva. Der Schauspieler sprach damals auch bei Perry Rhodan für EUROPA ein. Auch seine Stimme verrät, dass er gleichzeitig John Barabel ist - ein Polizei-Inspektor. Gerade das Hörspiel verfügt über viele Mittel, diesen Identitäten-Schwindel für den Hörer zu verdecken. Doch man lässt das ungenutzt. Das größte Manko dieser Reihe. Und in diesem Hörspiel besonders. Wallace erfand zwei Männer, die in eine Maske schlüpften und gleichzeitig um die Gunst eines Mädchens buhlen. Der eine aus wirklichem Interesse, der andere aus Habgier.

Weitere Sprecher sind Monika Peitsch (seinerzeit ebenfalls gemeinsam mit Pleva in der Rhodan-Serie dabei), zum vierten Mal in der Reihe Günther Ungeheuer und erstmals Gottfried Kramer. Beryl Stedtman wird von Rebecca Völz gesprochen, die nach Folge 1,2 zum dritten Mal dabei ist und zum zweiten Mal die weibliche Hauptrolle bekleidet. Horst Stark ist auch wieder dabei und ist in seiner letzten Rolle der Reihe einmal nicht der Gauner, sondern ein Zeitungsredakteur.

Hans Daniel hat eine kleine Rolle als Inspektor Elford. Er war schon In Folge 10 dabei. Ich fand, dass der Sprecher die Reihe trotzdessen, dass er nur zweimal dabei war, ungemein bereichert hat. Eine Stimme, die viel zu selten im EUROPA-Studio war und auch als Erzähler eine gute Figur gemacht hätte.

Die Rollen von Frank Sutton und Leslie wurden im Inlay vertauscht. Offenbar wurde hier kurzfristig umbesetzt. In der Tat wären diese beiden Rollen austauschbar gewesen. Ich hätte Pleva in der Rolle Suttons aber interessanter gefunden.
 
Cover
Ein grober Fehlgriff. Die Gestalt im Nebel ist ja noch einigermaßen gelungen, aber das Mädchen davor hat keine Bedeutung und wirkt völlig deplatziert  Ein ähnliches mieses Cover wie in Folge 2, nur noch schlechter und das absolute Flop-Cover der Reihe.
 
Besonderes:
Monika Peitsch (die hier Millie Trent spricht) spielte auch einmal in einem echten Wallace-Film mit. Und zwar 1966 im ersten Farb-Film der Reihe "Der Bucklige von Soho". Sie bekleidete dort die weibliche Hauptrolle neben Pinkas Braun, Eddi Arent und Günther Stoll.

Gottfried Kramer, hier als Joshua Harras, spricht in der Maritim-Reihe im "grünen Bogenschützen" den mürrischen Abel Ballamy.
 
Der Roman wurde viermal verfilmt. In Deutschland bereits 1931. In Abänderung der Vorlage war dort Joshua Harras der Zinker. Die Rialto-Produktion von 1963 war stark abgeändert und machte den Zinker zum Massenmörder, der mit einer Giftspritze gefrorenes Schlangengift in die Körper seiner Opfer injizierte. Diese Idee stammte allerdings aus dem Roman "Die drei Gerechten". Den Zinker spielte im Film Günter Pfitzmann.

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