Gekaufte Scheidungsgründe - Lockvogel der Nacht
Gekaufte Scheidungsgründe
Lockvogel der Nacht
Das Ergebnis wurde „Lockvogel der Nacht“ betitelt und basierte seinerseits auf einem Tatsachenbericht, der von Heinz Karolus als „Lockvogel Ingeborg“ in der wöchentlichen Illustrierten „Das grüne Blatt“ veröffentlicht worden war. Das alles sind nun sicherlich keine Qualitätsmerkmale, sondern weisen einen geradezu geballt darauf hin, dass es sich hierbei um ein schmieriges Kolportagestück handeln muss.
Aber da in den späten 1950er Jahren im bundesdeutschen Kino trotz heikler Themen und FSK-Freigaben ab 18 Jahren noch Zucht und Ordnung auf der Leinwand herrschten, gibt es in Wilm ten Haafs Film weder blanke Brüste zu bestaunen noch sonstige visuelle Ferkeleien zu verkraften. Hier sind es noch einzig und allein die losen Sitten, die nicht vorhandenen Moralvorstellungen der Beteiligten und das skrupellose Vorgehen von Vertretern von Recht und Ordnung, die die Zuschauer schockieren und in ihren Grundfesten erschüttern sollten.
Klaus Petzold (Peter Mosbacher) betreibt in Frankfurt am Main eine gut gehende Detektei, die sich auf ganz besondere Fälle festgelegt hat. Zu Petzold kommen in erster Linie Frauen, die sich von ihren Ehemännern scheiden lassen wollen, von diesen jedoch die Einwilligung verweigert bekommen oder bei den Unterhaltszahlungen über den Tisch gezogen werden sollen. Da können Petzold und sein schmieriger Kompagnon Albert Zanecki (Alf Marholm) für Abhilfe sorgen. Denn die beiden sind darauf spezialisiert, Scheidungsgründe zu verkaufen.
In ihrem Team gibt es die adrette Mitarbeiterin Else Bary (Kai Fischer), die nicht nur als Sekretärin fungiert, sondern sich auch an die Ehemänner ranmacht, um Petzold und Zanecki im entscheidenden Moment Gelegenheit für ein kompromittierendes Foto zu liefern. Die derart inflagranti ertappten Ehemänner werden daraufhin von den Gerichten stets schuldig geschieden, ganz im Interesse der klagenden Ehefrauen. Als Else mit ihrer Arbeit zunehmend in Gewissenkonflikt gerät und Petzold verlässt, muss sich dieser schleunigst auf die Suche nach einer Nachfolgerin machen, weil er die millionenschwere Lea Amsel (Maria Holst), die Gattin des Modezaren Karl Amsel (Peter van Eyck) als neue Kundin gewonnen hat. In einem Café spricht Petzold die Bedienung Ingeborg (Erika Remberg) an, künftig bei deutlich besserer Bezahlung für seine Detektei tätig zu werden…
Mit Peter van Eyck konnte Wilm ten Haaf sogar einen der Hauptdarsteller von „Das Mädchen Rosemarie“ für seinen im gleichen Fahrwasser gedrehten Film gewinnen. Im Vergleich zu jenem Klassiker vermisst man hier allerdings die humorigen Zwischensequenzen, die dem Ganzen den Ernst nahmen und die Geschehnisse ironisch brachen. Ten Haaf bleibt eher dem Kriminalfilm verhaftet und hat deswegen einige Sequenzen auch mit einer gehörigen Portion Spannung in Szene gesetzt.
Auch wenn es heutzutage schwerfällt, die bierernst geschilderten Vorkommnisse vorbehaltlos zu schlucken, konnte sich der Film seinen Unterhaltungswert bewahren, was nicht zuletzt an den durchweg soliden bis überzeugenden Darstellerleistungen liegt. Neben van Eyck ist es insbesondere Erika Remberg, die gegen den Strich gebürstet ist und als gewissenlose Karrieristin zu gefallen weiß. Die DVD-Erstveröffentlichung, die ab dem 27. Juli 2018 im Handel erhältlich ist, liegt im schwarz-weißen Widescreen-Bild (im Format 1,66:1) vor, das man nicht beanstanden kann. Der deutsche Originalton (in Dolby Digital 2.0 Mono) weist ein leichtes Hintergrundrauschen auf, das die Verständlichkeit der Dialoge aber nicht beeinträchtigt und lediglich den Nostalgiefaktor des Films unterstreicht. Als Extras gibt es einen verkleinerten Nachdruck der vierseitigen „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. 4778) zum Film als Booklet, das zahlreiche Fotos, Credits und eine ausführliche Inhaltsangabe enthält, sowie eine bescheidene, animierte Bildergalerie mit Aushangfotos zum Film.