Messerwerfer in London - »Das Geheimnis der schwarzen Koffer«
Messerwerfer in London
»Das Geheimnis der schwarzen Koffer«
Einer dieser Trittbrettfahrer hieß Bryan Edgar Wallace (1904-1971) und war ein Sohn von Edgar Wallace aus dessen erster Ehe. Schon in den 1930er Jahren hatte der Junior Filmluft geschnuppert, Filme geschnitten, die sein Vater inszenierte, selbst vor der Kamera gestanden oder Drehbücher beigesteuert. Doch erst in den 1960er Jahren, als der Edgar-Wallace-Boom in Deutschland Millionen in die Kinos lockte, entschied sich Bryan Edgar Wallace dazu, selbst Kriminalschriftsteller zu werden. Und ein zweiter Trittbrettfahrer betrat die Bühne, der findige Produzent Artur Brauner, der dem Sohn flugs die Rechte an seinen Romanen abkaufte, da Wendlandt ja die Lizenzen für die Edgar-Wallace-Verfilmungen besaß. Neun Filme entstanden bei dieser Kooperation, die an den Kinokassen ebenfalls auf Gegenliebe stießen, zumal vielen Zuschauern der Unterschied gar nicht so bewusst war – Hauptsache, der Name „Wallace“ prangte auf den Postern und Kinomarkisen. Den ersten Film nach Bryan Edgar Wallace ließ Brauner 1961 von Werner Klingler unter dem Titel „Das Geheimnis der schwarzen Koffer“ inszenieren. Als Vorlage diente der gerade erst erschienene Roman „Der Tod packt seine Koffer“.
In London erregt eine Serie von Messerangriffen auf verschiedene Männer die Aufmerksamkeit von Scotland Yard. Inspektor Robert Finch (Joachim Hansen) ist ratlos, und kann nur die Präzision feststellen, mit der das Messer mit einem einzigen Wurf stets das Herz des Opfers trifft. Seine Nachforschungen führen Finch in die Arztpraxis von Dr. Daniel Bransby (Leonard Steckel), der zweimal bei den entsprechenden Attentaten vor Ort war. Dessen Sprechstundenhilfe Susan Brown (Senta Berger) erregt ebenfalls Finchs Aufmerksamkeit, weil er sich in die aparte junge Dame verliebt. Wie er herausfindet, ist sie Amerikanerin, die in London eine Spur für das ominöse Verschwinden ihres älteren Bruders zu finden hofft. Auch Finchs Verwandtschaft spielt in die Geschichte hinein, denn sein Vetter Arnold Wickerley (Chris Howland) weilt aus Schottland zu Besuch und ist ein eifriger Tonjäger, der mit einem Tonaufnahmegerät bewaffnet stets auf der Suche nach einmaligen und ungewöhnlichen Geräuschen ist. Ein gewisser Humphrey Curtis (Hans Reiser) ist ebenfalls in den Fall verwickelt, in dem auch die todbringende Droge Mescadrin eine Rolle spielt.
Von einer klassischen Edgar-Wallace-Verfilmung lässt sich „Das Geheimnis der schwarzen Koffer“ kaum unterscheiden, denn in Atmosphäre, Tonalität und Kameraführung hat sich Werner Klingler dicht an die erfolgreichen Vorbilder gehalten. Es ist interessant, nun einmal etwas andere Schauspieler durch den Londoner Nebel streifen zu sehen, Knallcharge Eddi Arent wurde hier beispielsweise durch den nicht minder albernen Chris Howland ersetzt. Zwar nicht sonderlich spannend, aber zügig inszeniert und für Liebhaber dieser Art von Unterhaltung sicherlich ein kurzweiliger Zeitvertreib. Die DVD-Wiederveröffentlichung des Films (erstmals als Einzeldisc in remasterter Fassung) kann sich technisch sehen lassen. Das schwarz-weiße Bild (im Widescreenformat 1,66:1) ist schmutzfrei und kontraststark, der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) immer gut zu verstehen. Das Bonusmaterial beinhaltet den verkleinerten Nachdruck der „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. 6012) als vierseitiges Booklet mit zahlreichen Bildern, ausführlicher Inhaltsangabe und Stab- und Besetzungsliste, das bereits auf der Erstveröffentlichung enthaltene Featurette mit Interviews mit Brauner, Howland und Regieassistentin Eva Ebner (9 Minuten), eine kleine animierte Bildergalerie sowie im DVD-ROM-Teil eine Hörspielfassung des Stoffes, mit Norbert Langer als Erzählstimme (63 Minuten).