40 Jahre Tatort - HEINZ DRACHE
(1923-2002)
Dort erwies er sich als fähiges Nachwuchstalent und wurde weitestgehend vom Militärdienst befreit.
"Ich durfte sogar ohne Uniform in die Öffentlichkeit, was damals für einen Soldaten eigentlich absolut tabu war." (1)
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Nach seiner Uraufführung im Jahr 1947, entwickelte sich das Stück zum bis dahin größten Berliner Theatererfolg nach dem Kriege und war für Heinz Drache der endgültige Durchbruch als Bühnenschauspieler.
In den folgenden Jahren gehörte Drache neben Elisabeth Flickenschildt, Käthe Gold, Gustav Knuth und Marianne Hoppe zum festen Ensemble Gründgens. Gegen Mitte der 1950er arbeitet er als Freischaffender Schauspieler im Berliner Schillertheater oder im Wiener Theater in der Josephstadt.
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"Das war kein besonderer Film. Ich lernte bei den Dreharbeiten aber die faszinierende Elma Karlowa kennen, die ich mit nach Deutschland nahm, wo sie dann ja auch Karriere machte." (4)
Es folgen meist Hauptrollen in verschiedensten, für die damalige Zeit typischen Unterhaltungsfilmen. Zeitgleich hatte Drache zahlreiche Auftritte beim Fernsehen, wo er vor allem in der Rolle des Studenten Jonval in dem Fernsehspiel IM SECHSTEN STOCK (1954) einem breiteren Publikum bekannt wurde.
Das Stück erwies sich als so erfolgreich, dass es gleich mehrmals mit zum Teil unterschiedlicher Besetzung wiederholt wurde.
"Zur Anfangszeit des Fernsehens gab es noch keine Aufzeichnungen. Alles wurde 'live' vor dem Fernsehpublikum gespielt, auch wenn es wiederholt wurde." (5)
Danach folgten u. a. Filme wie DIE STRASSE, MADELEINE TEL. 13 62 11 (beide 1958) oder MIT 17 WEINT MAN NICHT (1960).
1960 erhielt Drache die Rolle des Detektiv MIACHEL BRIXAN im Edgar Wallace-Film DER RÄCHER, den Kurt Ulrich im Fahrwasser der ersten Wallace-Rialto- Produktionen herstellte.
"Niemand dachte daran, dass ich später Auftritte in weiteren Edgar Wallace-Filmen bekommen würde." (6)
1962 spielte Heinz Drache die Rolle des Inspektor Yates in dem Francis Durbridge-Mehrteiler DAS HALSTUCH, der sich als enormer Publikumserfolg erwies und Drache bundesweit und über Nacht bekannt machte.
"Nach dem Erfolg des 'Halstuchs' sollte ich ganz unvorbereitet ein Interview geben. Der Journalist fragte mich nach allen möglichen Details, die in der Geschichte vorkamen und die Zuschauer nur vom Täter ablenken sollten.
Ich sagte immer: 'Ich weiß nicht, was mit den Zigaretten oder der Unterwäsche von dem oder der sein soll'.
Nach einiger Zeit kamen wir dann auf die Idee, uns zu jeder Sache eine richtige Geschichte einfallen zu lassen. Die Zuschauer dachten damals wirklich, dass das eine komplett durchdachte Kriminalgeschichte war." (7)
Nach DAS HALSTUCH bekam Heinz Drache einen Vertrag des Constantin-Filmverleihs, der zahlreiche Kriminal- und Abenteuerfilme vertrieb und schon im selben Jahr spielte er die Rolle des Inspektor DICK MARTIN in der EDGAR WALLACE Verfilmung DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN.
In weiteren sieben Filmen der EDGAR WALLACE-Reihe mimte Heinz Drache meist den Kommissar. Mit seiner lässig-forschen Spielart erwies er sich als Pendant zu dem smarten Joachim Fuchsberger. Am überzeugendsten waren seine Auftritte in den Wallace-Produktionen wie DER ZINKER (1963) , DAS INDISCHE TUCH (1963), DER HEXER (1964) sowie NEUES VOM HEXER (1965).
"Alfred Vohrer war sicher kein Genie, aber er verstand es ausgezeichnet spannende Krimis mit hervorragender Präzision zu drehen.
Auch das restliche Drehteam war angenehm und nach dem HEXER-Erfolg gab es ein großes Fest mit allen Darstellern. Wir haben sogar Statisten als englische Bobbies für den Empfang der Gäste engagiert." (8)
1968 hatte Heinz Drache in der Wallace-Verfilmung DER HUND VON BLACKWOOD CASTLE seinen letzten Edgar Wallace-Film und zog sich ein Jahr später aus dem Filmgeschäft zurück, war aber ab und zu noch im Fernsehen zu sehen.
"Mein Vertrag bei Constantin war ausgelaufen, so dass ich mich wieder ganz auf das Theater konzentrieren konnte. Das Filmen habe ich ja nie so richtig ernst genommen, aber allein vom Theater hätte ich meine Familie sicher nicht so gut ernähren können." (9)Drache spielte danach weiterhin Theater bis er sich in den 1990er Jahren auch von der Bühne zurückzog. Neben seiner Theaterarbeit nahm Heinz Drache auch die Gelegenheit wahr, in den TV-Serien DER ALTE und DERRICK als Gaststar aufzutreten.
Ab 1985 spielte Drache mit TOD MACHT ERFINDERISCH zum ersten Mal den Kommissar BÜLOW in der Serie TATORT. Doch aufgrund mangelhafter Drehbücher endete die Zusammenarbeit mit ARD 1989 mit ALLES THEATER.
Obwohl er sich auf dem Bildschirm in den letzten Jahren eher rar machte, übernahm Drache Gastrollen im ZDF-Mehrteiler STURMZEIT (1999) und in der Krimi-Serien wie DER ALTE (1977), DERRICK (1979) und SOKO 5113 (2000). Zuletzt wirkte er in der ersten Folge der ARD-Serie ADELSROMANZEN (2001) sowie in dem Fernsehfilm DIE KRISTALLPRINZESSIN (2002) mit.
Neben seinen Film- und Fernseh- und Theaterrollen war Drache seit den 1950er Jahren auch als Synchronsprecher tätig. So lieh er u. a. Schauspielern wie Richard Widmark, Glenn Ford, Laurence Harvey, Frank Sinatra, Kirk Douglas oder Christopher Lee seine markante Stimme.
Heinz Drache verstarb am 4. April 2002 an den Folgen seiner Lungenkrebserkrankung in einem Berliner Krankenhaus.
"Besonders stolz aber war der Darsteller auf die Höhepunkte in seiner Theaterkarriere mit einem breiten Rollenspektrum vom "sympathischen Lumpen" über den bösen Intriganten bis zum strahlenden Held.FILMOGRAPHIE
Dazu gehörten der Riccault in Lessings "Minna von Barnhelm", der Verteidiger in der "Meuterei auf der Caine", die Titelfigur in "Monsieur Ornifle" oder die Komödie "Hokuspokus" von Curt Goetz, in der er allein 700 Mal bei Tourneen auf der Bühne stand.
Den größten künstlerischen Erfolg hatte Drache gleich zu Beginn seiner Karriere am Deutschen Theater in Berlin, wo er vor über 50 Jahren im "Schatten" von Jewgeni Schwarz spielte." (10)
(1) Heinz Drache
(2) Rheinische Post
(3) Heinz Drache
(4) Heinz Drache
(5) Heinz Drache
(6) Heinz Drache
(7) Heinz Drache
(8) Heinz Drache
(9) Heinz Drache
(10) Rheinische Post
© by Ingo Löchlel
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Kommentare
Von dem Moment an, als er in seiner Rolle als James W. Wesby seinen ersten Satz sagt, war ich gebannt von ihm und bin es bis heute.
Neben seiner physischen Attraktivität, dem souveränen Auftreten sowie der Distinguiertheit seiner Erscheinung verdankt Heinz Drache die von ihm ausgehende Faszination in ganz erheblichem Maße seiner Stimme.
Er wurde von der Natur mit einem wundervoll sonoren Bariton beschenkt, mit dem er die kleinsten Nuancen auf vielfältigste Weise ausdrücken kann: von eisigem Zynismus und kühler Ironie bis zu sanftem Wohlklang und betörender Wärme.
Wenn Heinz Drache in seinen Filmen auf der Szene erscheint, geschieht das immer mit unvergleichlicher Grandezza und trägt dazu bei, die erhebliche Faszination, die von seinen Rollen ausgeht, noch zu steigern.
Heinz Drache hat in seinen Rollen bei weitem nicht immer nur den Vertreter des Gesetzes verkörpert.
Ein exzellentes Beispiel dafür ist das Fernsehspiel "Bei Anruf Mord" von 1959, in dem Heinz Drache als Tony Wendice eine brillante Charakterstudie liefert.
Der ehemalige Tennischampion Tony Wendice plant, seine Frau Margot umzubringen. Dazu treibt ihn weniger die Eifersucht, weil Margot ihn vor einem Jahr mit dem amerikanischen Schriftsteller Mark Halliday betrogen hat sondern die schlichte Existenzangst.
Der ebenso elegante wie selbstsichere Dandy kann und will nicht auf seinem gewohnten gehobenen Lebensstandard verzichten. Würde sich Margot jedoch von ihm scheiden lassen, wie Tony befürchtet, wäre es damit vorbei. Geeignete
Maßnahmen müssen ergriffen werden...
Tony Wendice dingt einen alten Bekannten aus der Schulzeit, der sich mittlerweile Lesgate nennt und in allerlei dunkle Machenschaften verwickelt ist, als Mörder seiner Frau und verschafft sich selbst ein Alibi, indem er mit Mark Halliday zu
einem ?Herrenabend? geht.
Während Tony seine Frau mit einem Telefonat aus der Sicherheit ihres Schlafzimmers locken will, soll Lesgate Margot erwürgen.
Doch Tonys Plan schlägt fehl. Das ist für ihn jedoch kein Grund, nicht auch weiterhin alles zu versuchen, sich seiner mißliebigen Gattin doch noch zu
entledigen.
Heinz Drache gibt den distinguierten Playboy Tony Wendice mit einem unwiderstehlichen, verdorbenen Charme, dem man sich einfach nicht entziehen kann.
Wie er den treusorgenden Gatten heuchelt und mit eisigem Lächeln und der verbindlichsten Miene die abstrusesten Lügen in die Welt setzt, um seine Frau zu belasten - all das ist ein Genuss zu sehen.
Die elegante Ruchlosigkeit von Tony Wendice manifestiert sich nicht nur durch sein distinguiertes Auftreten und sein verbrecherisches Handeln sondern auch im Gespräch mit dem vermeintlichen Captain Lesgate in jedem seiner mit größtem Genuss formulierten Worte - souverän, zynisch und verdorben, aber zugleich von unwiderstehlicher Faszination.
Doch möglicherweise ist selbst in Tony Wendice noch ein Funken Sehnsucht nach aufrichtigen und tief empfundenen Gefühlen. Als er den liebevollen Umgang zwischen seiner Frau Margot und ihrem Liebhaber Mark Halliday beschreibt, senkt er seine zuvor selbstsicher auftrumpfende Stimme zu einem weichen Timbre herab.
Parallel dazu läßt er auch den Kopf sinken und blickt versonnen ins Leere. Bei der Schilderung seiner Reaktion auf den Seitensprung findet er erst ganz allmählich wieder zu seinem gewohnten Sarkasmus zurück.
Bei all seiner Gefühlskälte ist auch Tony Wendice nicht gegen Anflüge von Entsetzen gefeit. Als er annehmen muss, dass sein meisterhafter Plan, mit dem er sich seiner Gattin entledigen wollte, gescheitert ist, spiegelt sich die Panik nicht
nur in seinen Augen wider sondern auch in seiner Stimme. Der sonst so brillant formulierende Mann ist zunächst lediglich dazu imstande, sich unendlich mühsam einige Worte abzuringen - immer wieder von Pausen unterbrochen, bis er sich zu
ganzen Sätzen überwinden kann. Während Tony Wendice seine Frau ermahnt, sich zusammen zu nehmen, ringt er selbst um Fassung. Sein unstet flackernder Blick geht einher mit dem Bemühen, seine Sprachlosigkeit zu überwinden.
Als er zu Margot nach Hause zurückkehrt, steht Tony Wendice ebenso vor einem psychischen Zusammenbruch wie seine Gattin - wenn auch aus völlig anderen Gründen. Fast scheint es, dass er sich in ihrer Umarmung ebenso festhalten muss
wie sie in seiner. Die Fassungslosigkeit, mit der er sich über das Ende von Lesgate äußert sowie sein Unvermögen, den an seine Frau gerichteten Satz zu Ende sprechen zu können, sind eindeutige Indizien dafür.
Erst die Gefahr, dass sein perfides Handeln durchschaut werden könnte, läßt Tony Wendice sich langsam wieder auf sich selbst besinnen. Mit stetig wachsender Energie formuliert er seine Sätze und signalisiert, dass dieser Mann seinen Plan,
seine Frau loszuwerden, lediglich modifizieren jedoch nicht aufgeben wird.