Thiemeyer, Thomas: Magma

Magma - Thomas ThiemeyerMagma
von Thomas Thiemeyer
Wissenschaftsthriller
Knaur Taschenbuch
erschienen: 2007 (gebundene Ausgabe), Frühjahr 2008 (Taschenbuch)
525 Seiten, 8.95 €
ISBN: 978-3-426-63648-0

Knaur

Wissenschaftsthriller gehören, meiner Meinung nach, zu den wohl faszinierendsten Romanen überhaupt. Die Mischung aus wissenschaftlichen Fakten, einer spannenden Handlung und ein paar fantastisch angehauchten Elementen hat schon immer eine ungeheure Anziehungskraft auf mich ausgeübt.

Doch Wissenschaftsthriller fesseln mich nicht nur dank ihres packenden Inhalts. Schon im Vorfeld der Lektüre entfachen sie meine Neugier, wie es kaum ein Roman aus einem anderen Genre schafft. Vor jedem neuen Buch stelle ich mir die Frage, welcher Forschungszweig diesmal im Zentrum des Geschehens steht, und wie es dem Autor diesmal gelungen ist, die ja oft recht trockenen Fakten in eine spannende Handlung zu packen. Medizin, Genetik, Geschichte, Anthropologie, Meteorologie, Informatik, Physik, Theologie, Nautik,... Alles Themen, von denen man nicht gedacht hätte, dass sie einmal den Mittelpunkt mitreißender Thriller bilden würden, doch Crichton, Gear & Gear, Brown und wie sie alle heißen mögen haben mich eines besseren belehrt.

Der neuste Wissenschaftsthriller, den ich mir zu Gemüte geführt habe, stammt aus der Feder von Thomas Thiemeyer. Zu meiner großen Freude durfte ich feststellen, dass sich Magma mit einem Bereich befasst, über den ich, zumindest in Form von Wissenschaftsthrillern, noch nichts gelesen habe: mit der Geologie.

Alles beginnt mit einer Reihe von schwachen Erdstößen, die in unerklärlicher Regelmäßigkeit mit immer gleich bleibender Stärke auftreten. Das Epizentrum der Beben liegt im Pazifik, an einem der tiefsten und damit lebensfeindlichsten Punkte der Erde. Doch die Verwunderung und die Besorgnis über das unerklärliche Ticken überwiegen die Risiken, die eine Expedition zum Meeresgrund mit sich bringt. An Bord eines hochmodernen U-Boots macht sich eine Gruppe von Wissenschaftlern, darunter die amerikanische Seismologin Ella Jordan, auf, das Rätsel zu lösen – Tausende Meter unter der Meersesoberfläche. Sie rechnen mit so einigem, doch auf das, worauf sie treffen, sind sie nicht vorbereitet, ebenso wenig wie auf die dunkle Schattenmacht, die den Erfolg ihrer Mission mit aller Kraft zu verhindern sucht und dabei auch vor Sabotage und Mord nicht zurückschreckt.

Unterdessen werden rund um den Globus geheimnisvolle, steinerne Kugeln entdeckt, die eine nach der anderen anfangen, unerklärliche Wellen auszusenden. Die Folge dieser Vorgänge sind leichte Erdbeben – überall auf der Welt.

Noch ahnt niemand, welches schreckliche Geheimnis hinter den Erderschütterungen und den Steinkugeln steckt. Doch schon bald stoßen Dr. Jordan und ihre Kollegen auf ein unglaubliches Phänomen, das das Ende der Menschheit bedeuten könnte...

Seismik und Tektonik, Vulkanausbrüche und Erdbeben, sind es diesmal, die im Fokus des Thrillers stehen. Keine leichte Aufgabe, wissenschaftliche Erkenntnisse aus diesen Bereichen möglichst genau, gleichzeitig aber verständlich und spannend zu schildern. So viel sei gesagt: Thiemeyer meistert diese Aufgabe mit Bravur. Man kann den Ausführungen seiner Protagonisten zu den tektonischen, seismischen und auch astronomischen Themen gut folgen, ohne nach ein paar Zeilen aufgrund unzähliger Fachausdrücke den Faden zu verlieren.

Gerade zu Beginn des Buches wird jedoch ein wenig zu viel Wert auf diese wissenschaftlichen Fakten gelegt. Erklärung reiht sich an Erklärung, einem Vortrag folgt gleich darauf der nächste. Es ist mir bewusst, dass dies durchaus notwendig ist, um alle Vorgänge des Romans zu erläutern und für den Leser verständlich zu machen, doch Notwendigkeit hin oder her, das ändert nichts daran, dass die Handlung unter all diesen Ausführungen ein wenig leidet. Es dauert einfach zu lange, bis endlich mal etwas Fahrt in die Geschichte kommt und Plot und Hintergrundwissen ein vernünftiges Miteinander gefunden haben.

Wirklich schade allerdings ist, und damit zu einem zweiten Kritikpunkt, dass die Handlung niemals wirklich atemberaubend wird. Keine Frage, die Ideen, die dem Plot zugrunde liegen, sind äußerst interessant, doch trotz einiger spektakulärer Beschreibungen und wirklich spannender Szenen gelingt es Thiemeyer nicht, seinem Roman durchgehend ein mitreißendes Tempo zu verpassen. Die Handlung des Buchs kommt zwar voran, ohne allzu lange auf der Stelle zu treten, doch für einen wahren Thriller ist das einfach noch zu wenig. Etwas mehr Dynamik und mehr packende Momente wie der Vulkanausbruch in Russland (eine der besten Stellen des Buches) wären schön gewesen.

Doch, und das möchte ich noch einmal betonen, die Handlung von Magma ist keineswegs langweilig. Es stimmt, ein wenig mehr Tempo hätte ihr nicht geschadet, doch nichtsdestotrotz ist der Plot mehr als nur interessant. Immer wieder gibt es neue, überraschende Enthüllungen und es tauchen Verbindungen auf, die verblüffen und die Geschehnisse ständig in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Die eigentliche Stärke des Romans sind seine Personen und die Art und Weise, wie der Autor mit ihnen umgeht. Die Protagonisten sind lebendig geschildert, allesamt haben sie Ecken und Kanten, die sie äußerst real und überzeugend wirken lassen. Thiemeyer verfällt nicht in Klischees, wenn er seine Figuren charakterisiert; stattdessen gelingt es ihm vorzüglich, originelle und glaubhafte Gestalten zu erschaffen.

Was seinen Umgang mit ihnen betrifft: Da geht es hin und wieder doch ganz schön zur Sache. Nicht jeder Figur ist ein angenehmes Schicksal bestimmt. Doch im Gegensatz zu anderen Schriftstellern, die ihre Protagonisten entweder konsequent alles schadlos überstehen oder aber durchweg einen Schicksalsschlag nach dem anderen durchleben lassen, gelingt es Thiemeyer, positive und negative Ereignisse zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden. Das sorgt für enorme Freude beim Lesen, denn schließlich weiß man zwar nie, was die einzelnen Charaktere auf den Folgeseiten erwartet und ob sie nicht vielleicht doch verfrüht das Zeitliche segnen, doch gleichzeitig kann man sich sicher sein, dass das Buch nicht mit einem unglaublich deprimierenden Schluss endet, an dem alle Personen tot sind.

Mit Medusa und Reptilia hat Thiemeyer bewiesen, dass er es versteht, interessante Romane zu schreiben. Mit Magma zeigt er nun, dass es immer noch eine Steigerung gibt. Keine Frage, Magma ist der bisher beste Roman, den ich von Thiemeyer gelesen habe. Fundierte wissenschaftliche Kenntnisse sowie originelle, lebensechte Charaktere machen das Buch zu einem Werk, wie man es leider viel zu selten findet. Wenn es dem Autor jetzt noch gelingt, ein klein wenig mehr Dynamik in die Handlung reinzubringen, erwartet uns im nächsten Roman ein Wissenschaftsthriller allererster Güte (sofern er denn einen solchen schreibt).

Magma ist allen zu empfehlen, die sich für Katastrophenszenarien in Film und Literatur interessieren. Wer Lincoln Childs Deep Storm gelesen und gemocht hat oder ein Fan von Ice Ship und Riptide aus der Feder von Child und Douglas Preston ist, der sollte auch mal einen Blick in Magma riskieren.

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