Greg Rucka, Steve Lieber: Whiteout

WhiteoutWhiteout
Autor: Greg Rucka
Zeichner: Steve Lieber
Hardcover, 128 Seiten, 16,- €
ISBN: 978-3-936480-80-1
Cross Cult


In der Kälte der Antarktis mag es so einiges nicht geben - Mord aber schon. Im ewigen Eis wird ein schwer identifizierbarer Toter gefunden. Marshal Carrie Stretko ist eine Frau mit Vergangenheit, und deswegen ist sie hier. Strafversetzt ins Polargebiet hat sie zwar die Befugnisse eines Marshals aber unter den in der eisigen Umwelt lebenden, meist männlichen Zeitgenossen genießt sie den Ruf einer frigiden Einzelgängerin. Dies ändert sich auch nicht wirklich, als Carrie mit der Aufklärung des Mordfalls betraut wird. Ihr Boss weilt gerade in wärmeren Gefilden, setzt sie aber dennoch unter Druck, so schnell wie möglich Ergebnisse zu liefern, denn die Zeit arbeitet gegen sie. Im bevorstehenden Winter wird es nicht nur noch kälter, sondern auch die möglichen Verdächtigen werden wahrscheinlich (wie viele andere auch) der dreimonatigen Dunkelheit entfliehen und somit wird sich der Fall dann kaum noch aufklären lassen. Als Carrie sich in Begleitung eines Piloten mit dem Flugzeug in die britische Forschungsstation Victoria Station begibt, um dort zwei mögliche Tatverdächtige zu suchen, muss sie feststellen, dass der Mörder schon vor ihr da war….. und damit nimmt eine spannende Kriminalgeschichte ihren Lauf.


Bevor ich auf Zeichnungen und Story eingehe, hier zunächst eine Anmerkung zum Titel: Unter Whiteout versteht man „ein Phänomen der Meteorologie, das vor allem in Polargebieten und im Hochgebirge auftritt. Als Whiteout wird die Helligkeit beschrieben, die bei schneebedecktem Boden und gedämpftem Sonnenlicht (durch Bewölkung, Nebel oder Schneefall) beobachtet werden kann. Es kommt dann aufgrund der starken diffusen Reflexion des Sonnenlichts zu einer sehr starken Kontrastverringerung, d. h. die empfundenen Helligkeitsunterschiede sind sehr gering. Das hat ein Verschwinden des Horizontes zur Folge; Boden und Himmel gehen nahtlos ineinander über. Es sind auch keine Konturen oder Schatten mehr erkennbar, der Beobachter hat das Gefühl, sich in einem völlig leeren, unendlich ausgedehnten grauen Raum zu befinden.“ (Quelle: Wikipedia)

Genau wie es das Wetterphänomen mit unvorsichtigen Bergsteigern tut, so lässt in Greg Ruckas Geschichte der Fall unsere Protagonistin Carrie Stetko im Dunkeln, oder eben besser gesagt im Hellen tappen. Immer verzwickter wird die Suche nach dem Mörder, Zeitdruck und Kampf gegen die Natur tun ihr übriges dazu, dass Carrie sich bald wie in einem Whiteout zu fühlen beginnt.

Jeder, der Filme wie „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder „30 Days Of Night“ gesehen hat, weiß, was für eine bedrückende Atmosphäre sich in solch unwirtlichen Regionen schaffen lässt. Und auch Greg Rucka gelingt es im Zusammenspiel mit Steve Liebers wunderbaren Zeichnungen, eine entsprechende Stimmung zu erzeugen. Die amerikanische Veröffentlichung von „Whiteout“ liegt zwar mittlerweile fast zehn Jahre zurück, doch dies merkt man der Geschichte nun wirklich nicht an. Vielmehr bietet sich dem Leser eine zeitlose, spannende und stets fesselnde Krimigeschichte, die auch und vor allem durch die regionalen Besonderheiten der Polarregion positiv beeinflusst wird. Nächstes Jahr wird „Whiteout“ übrigens als Hollywood-Produktion mit Kate Beckinsale als Carrie Stetko in die Kinos kommen – wobei interessant sein wird, ob es dem Film gelingen kann, die dichte Atmosphäre der Comicvorlage auch auf die große Leinwand zu transportieren.

In einer Zeit, in der alles möglichst grell und bunt sein muss, ist das komplett in Schwarz-Weiß gezeichnete „Whiteout“ eine gelungene Abwechslung. Liebers spartanische, old-schoolige Zeichnungen warten teils mit harten Kontrasten, teils mit verwaschenen Grautönen auf – immer passend zu den meteorologischen Bedingungen. Und trotz des (verständlicherweise) recht hohen Weißanteils auf den Seiten von „Whiteout“, gelingt es insbesondere Lieber immer wieder, eine beklemmende Stimmung aufkommen zu lassen. Und auch Ruckas eigentlich simple Kriminalgeschichte passt sich hervorragend in die geographischen Gegebenheiten ein.

Neben einem Nachwort von Steve Lieber präsentiert Cross Cult auch noch eine Sammlung der Originaltitelbilder (deren schönstes meiner Meinung nach von Frank Miller im typischen „Sin City“-Stil abgeliefert wird).

Fazit: Wer auf gute Kriminalgeschichten und gute Comics steht, kommt an „Whiteout“ nicht vorbei. Cross Cult liefert ein wirklich hochwertiges Produkt ab, dass aufgrund seines interessanten Settings und der überdurchschnittlichen Qualität von Story und Artwork für alle Freunde besonderer Comics in jedem Fall einen Blick (oder mehr) wert sein sollte.

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