Kalla, Daniel: Cold Plague
Cold Plague
In der Antarktis gelingt einer Gruppe von Wissenschaftlern ein sensationeller Erfolg: Es ist ihnen möglich, ein Süßwasserreservoir anzubohren, das seit Tausenden von Jahren unter Tonnen von Eis begraben liegt. Unberührt von der Verschmutzung, die der Mensch der Umwelt seit einigen Jahrhunderten angedeihen lässt, stellt das Wasser eine Sensation dar, ist es doch so rein und sauber wie kein anderes Wasser der Erde.
Dr. Noah Haldane von der WHO hat unterdessen ganz andere Probleme. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Duncan McLeod soll er in Frankreich das Auftreten einiger Fälle der gefürchteten Creutzfeld-Jacob-Krankheit, auch bekannt als Rinderwahn, untersuchen. Zu seinem Erschrecken muss er feststellen, dass neben einigen Kühen auch schon erste Menschen erkrankt sind.
Noahs Untersuchungen ergeben schon bald erste unerklärliche Unstimmigkeiten. Nicht nur, dass sich der Virus rascher ausbreitet als bei jedem anderen Ausbruch der Krankheit zuvor. Zudem scheint es, als gäbe es eine Verbindung zwischen allen Opfern, die der Krankheit bereits erlegen sind. Je mehr Hinweisen Noah nachgeht, umso undurchsichtiger wird das Ganze und umso gefährlicher, denn schnell wird offensichtlich, dass der Ausbruch alles andere als natürlich ist...
Da »Cold Plague« diverse Anspielungen auf die Geschehnisse aus »Pandemie« enthält, empfiehlt es sich, zunächst Kallas Erstling zu lesen, um den Nachfolger in seiner vollen Breite auskosten zu können. Dem Verständnis seines neusten Romans tut es allerdings keinen Abbruch, wenn man den Vorgänger nicht kennt.
»Cold Plague« erweist sich als sehr guter, kurzweiliger Medizinthriller, dessen spannende Handlung durchweg zu fesseln versteht. Im Mittelpunkt stehen, wie auch bei den übrigen Romanen Kallas, die Figuren, deren Ausgestaltung sich erneut als vorzüglich herausstellt. Mit Ausnahme der Figur des EU-Beauftragten Javier Montalva, der reichlich stereotyp und eindimensional wirkt, sind die Protagonisten allesamt gut gezeichnet und lebendig beschrieben. Besonders lobenswert ist dabei zu erwähnen, dass Kalla seine Figuren auch über die eigentliche Handlung hinaus ernst nimmt. So manches persönliche Problem, das der ein oder andere Charakter hat, ist für die Romanhandlung eigentlich unwichtig. Dass es trotzdem zur Sprache gebracht wird, mag dem ein oder anderen Thrillerfan unnötig erscheinen, doch es macht die Figuren des Romans umso glaubwürdiger und sympathischer.
Dass es sich bei »Cold Plague« nur um einen sehr guten und nicht um einen exzellenten Thriller handelt, liegt vor allem in zwei Dingen begründet. Zum einen ist die Handlung, anders als bei den vorangegangenen Werken Kallas, recht einfach gestrickt und leicht zu durchschauen. Spannung ist zwar reichlich vorhanden, doch über weite Strecken hinweg ist der Plot zu durchsichtig, um für handfeste Überraschungen zu sorgen.
Des weiteren fehlen »Cold Plague« echte Höhepunkte. Die Handlung ist zwar durchgängig packend, und auch tempomäßig gibt es nichts zu meckern. Langeweile kommt zu keiner Zeit auf, und man hat nie das Gefühl, die Handlung würde künstlich gestreckt werden. Doch trotz der zügig voranschreitenden, sehr interessanten Story wartet man vergeblich auf eine wirklich atemberaubende Szene. Mit Ausnahme der persönlichen Probleme der Protagonisten, die die Rahmenhandlung nur ansatzweise tangieren, läuft alles auf das Finale hin, ohne dass auf dem Weg dorthin echte Highlights zu finden wären.
Die beiden genannten Einschränkungen sollten aber niemanden zu dem Urteil verleiten, »Cold Plague« wäre ein allenfalls durchschnittlicher Thriller. Der zweite Einsatz von Noah Haldane mag nicht ganz mit seinem Vorgänger mithalten können, das ist richtig. Dennoch weiß das Buch bestens zu unterhalten und den Leser kontinuierlich in seinen Bann zu ziehen. Nicht zuletzt ist dies Kallas eingängigem Schreibstil zu verdanken, der auch diesmal wieder auf ganzer Linie zu überzeugen weiß.
»Cold Plague« ist ein sehr guter Medizinthriller, der nicht nur Genrefreunden einige spannende Lesestunden bescheren wird. Wem glaubwürdige Charaktere wichtig sind und wer Romane im Stile der Werke von Beat Glogger oder Phil Hawley zu schätzen weiß, der wird auch den zweiten Einsatz Noah Haldanes mit Freude verfolgen.