Lavender, Will: Tödlicher Gehorsam

Lavender, Will: Tödlicher GehorsamTödlicher Gehorsam
(Obedience)
von Will Lavender
aus dem Amerikanischen von Bea Reiter
Bertelsmann Best Quality (nur im Bertelsmann Buchclub erhältlich)
397 Seiten; 14,95 €
Bestellnummer: 01010230

Bertelsmann Buchclub

Kaum etwas ist ärgerlicher als ein Roman, der stark beginnt, nur um dann spürbar an Fahrt zu verlieren. Wenn das Buch nach kurzer Schwächephase allerdings wieder zulegen kann, wenn es sich gar mit jedem neuen Kapitel immer weiter steigert bis zu einem geradezu unglaublichen Finale, dann freut einen das nach der zwischenzeitlichen Enttäuschung umso mehr und man ist anstandslos gewillt, dem Werk seine Schwachstellen zu verzeihen.

Ein gutes Beispiel hierfür ist Will Lavenders Psychothriller »Tödlicher Gehorsam«. Nach einem hochinteressanten Auftakt folgt eine kurze Schwächephase, doch kaum ist diese überwunden, darf man sich freuen, einen der packendsten, ungewöhnlichsten und absolut faszinierendsten Thriller der letzten Jahre vor sich zu haben. Kein Zweifel: Lavender ist mit seinem Debütroman ein kleines Meisterwerk gelungen.

Die Handlung des Thrillers setzt ohne große Vorgeschichte ein: Die Studenten des Kurses Logisches Denken 204 der Universität von Winchester sehen sich mit einem bizarren Projekt konfrontiert. Professor Williams, der Dozent, veranstaltet kein gewöhnliches Seminar, sondern stellt seinen Kurs vor ein Rätsel. In diesem geht es um die achtzehnjährige Polly, die spurlos verschwunden ist. Die Studenten haben sechs Wochen Zeit, Polly alleine durch Logik zu finden – andernfalls würde sie ermordet.

Teils begeistert, teils skeptisch machen sich die Kursteilnehmer daran, das hypothetische Entführungsopfer aufzuspüren. Schon bald müssen sie erkennen, dass mehr hinter der Sache steckt als ein bloßes Planspiel. Kann es sein, dass das Rätsel einen wahren Kern hat? Oder gar durch und durch der Wirklichkeit entspricht? Je länger die Studenten an der Aufgabe arbeiten, umso mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität.

Ein teuflisches Spiel nimmt seinen Anfang ...

Der Auftakt von »Tödlicher Gehorsam« ist mehr als gelungen. Studenten wie Lesern wird ein hochinteressantes Gedankenexperiment präsentiert, das zum nachdenken und mitüberlegen einlädt. Doch kaum befasst sich der Roman mit der Vorstellung der drei Hauptprotagonisten, kühlt die anfängliche Begeisterung rasch ab. Zu langatmig, zu ausführlich ist die Einführung von Dennis, Brian und Mary geworden, und dass die Figuren sichtlich überzeichnet wirken, hilft auch nicht gerade weiter. Wäre da nicht die interessante Grundprämisse – das zu Beginn aufgeworfene Gedankenexperiment –, man wäre geneigt, den Roman bald wieder aus der Hand zu legen. So aber atmet man einmal kräftig durch und bleibt am Ball – glücklicherweise!!! Denn kaum hat man die Einführung der Hauptcharaktere hinter sich gebracht, erweist sich »Tödlicher Gehorsam« mehr und mehr als ungemein fesselnder und absolut unvorhersehbarer Thriller.

Man sollte an dieser Stelle vielleicht eine Warnung aussprechen: »Tödlicher Gehorsam« ist kein Buch, das man mal so auf die Schnelle lesen kann. Der Plot ist hochkomplex, und je weiter man vordringt, umso verschachtelter wird das Ganze. Überfliegen ist nicht! Wer den Überblick behalten will, der sollte sich Zeit nehmen und den Roman in aller Ruhe und mit größter Aufmerksamkeit lesen. Die Lektüre ist spürbar anstrengender, als man das von anderen Werken her gewohnt ist. Doch das Buch ist die Mühe wert!

Die Story, die Lavender seinen Lesern bietet, ist brillant. Was als Planspiel beginnt, entwickelt sich schnell zu einer regelrechten Verschwörung, die die allgemeingültigen Begriffe von Realität und Wahrheit mehr und mehr in Zweifel zieht. Seite an Seite mit den drei genannten Studenten taucht der Leser immer tiefer ein in eine Welt, in der nichts so ist, wie es scheint, in der Wahrheit und Lüge, Realität und Fiktion einfach nicht mehr zu unterscheiden sind. Ebenso wie die Protagonisten weiß auch der Leser bald nicht mehr, ob er sich jetzt noch in einem Planspiel befindet, oder ob sich dieses nicht schon längst verselbstständigt hat.

Es ist schier unglaublich, wie gekonnt Lavender immer neue falsche Fährten auslegt, und wie gerne man geneigt ist, diesen zu folgen. Doch immer, wenn man der Ansicht ist, man hätte den Plot durchschaut, gibt der Autor der Geschichte eine weitere, vollkommen unerwartete Wendung. Respekt; ein solch atemberaubendes Verwirrspiel bekommt man selten geboten.

Das wahre Highlight des Thrillers aber ist das fulminante Finale. Die Art und Weise, wie Lavender den Plot aufschlüsselt, kann man gar nicht anders als schlichtweg meisterhaft nennen. Mehr als nur eine unglaubliche Enthüllung wartet am Ende auf den Leser, und mehr als nur einen Schock gilt es zu verkraften.

Was für ein Showdown. Großartig!

»Tödlicher Gehorsam« ist ein Psychothriller der Spitzenklasse, den man unbedingt gelesen haben sollte. Wer Filme wie »Inside Man« oder »Lucky Number Slevin« mag, der wird an Lavenders Buch ohnehin nicht vorbeikommen, doch auch alle anderen, die exzellent durchdachte Handlungen zu schätzen wissen und nichts dagegen haben, wenn es mal ein wenig komplizierter wird, werden das Buch lieben. Ein exzellentes Werk, das man so schnell nicht mehr vergessen wird.

Eines noch: Es soll Menschen geben, die zuerst das Ende eines Buchs lesen, bevor sie mit der eigentlichen Lektüre beginnen. Im Falle von »Tödlicher Gehorsam« gilt: Lasst das!!! Andernfalls beraubt man sich nämlich einer einmaligen Leseerfahrung.

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