Mills, Kyle: Die Jägerin

Mills, Kyle: Die JägerinDie Jägerin
(Burn Factor)
von Kyle Mills
aus dem Amerikanischen von Bea Reiter
Heyne Taschenbuch
erschienen 2009 (Deutschland); 2001 (USA)
446 Seiten; 8,95 €
ISBN: 978-3-453-43357-1

Random House (Heyne Verlag)

Der von Anthony Hopkins gespielte Kannibale Hannibal Lecter ist ein echter Fluch für das Genre der Serienkiller-Thriller. Viele Krimiautoren, so hat es den Anschein, sehen in dem Charakter das Idealbild des perfekten Serienmörders. Was zur Folge hat, dass sie sich beim Versuch, einen ebenso brillanten und Furcht einflößenden Psychopathen zu erschaffen, bisweilen äußerst stark an der Darstellung Lecters orientieren.

Dumm nur, wenn sie dabei eines übersehen: Zu einem fesselnden Serienkiller-Roman gehört viel mehr als nur ein Massenmörder, der klassische Musik hört, einen hohen IQ besitzt und diverse möglichst abartige Vorlieben hat. Was geschehen kann, wenn man dies nicht beachtet und einfach mal so drauf los kopiert, zeigt eindrucksvoll Kyle Mills Thriller »Die Jägerin« – der mit Abstand schwächste Roman des amerikanischen Schriftstellers.

Zum Inhalt des Buchs: Die junge Programmiererin Quinn Barry arbeitet seit kurzem beim FBI. Zurzeit ist sie damit beschäftigt, eine neue Suchroutine in CODIS einzubauen, die bundesweite Datenbank für DNA-Signaturen. Dabei stößt sie auf eine Merkwürdigkeit. Immer, wenn ein ganz bestimmter DNA-Code in die bisher verwendete Suchmaschine eingegeben wird, wird dieser als nicht existent deklariert. Wie kann das sein?

Quinn ermittelt auf eigene Faust – und stößt auf eine Mordserie an jungen Frauen, die bislang unaufgeklärt ist. Es hat den Anschein, als würde jemand vom FBI mit allen Mitteln verhindern wollen, dass der Killer gefasst wird. Doch warum sollte jemand so etwas tun?

Mit wachsendem Unbehagen stellt Quinn weitere Nachforschungen an – und gerät dabei nicht nur in das Visier einer groß angelegten Verschwörung, sondern wird auch zum Zielobjekt eines brillanten Serienkillers ...

Zunächst einmal so viel: »Die Jägerin« ist im Grunde genommen kein schlechtes Buch. Kyle Mills versteht sein Handwerk; der Mann weiß, wie man einen spannenden Thriller schreibt. Der Plot ist temporeich inszeniert und bietet genau die richtige Mischung aus Action-, Spannungs- und Charaktermomenten, die es braucht, um Fans mitreißender Spannungslektüre an die Seiten zu fesseln. Auch das Figurenensemble ist im Kern gar nicht so übel. Mills legt bei der Erschaffung seiner Protagonisten zwar wenig Originalität an den Tag, dennoch hat er einen vielseitigen Cast mit sympathischen Hauptdarstellern entworfen. Hinsichtlich Mills' Erzählweise gibt es ohnehin nichts zu meckern, da unterschiedet sich »Die Jägerin« nicht von den übrigen Thrillern des Autors.

Keine Frage: Mills Serienkiller-Roman könnte ein hochgradig empfehlenswertes Stück Krimiliteratur sein. Wäre da nicht, ja wäre da nicht die ungemein lächerlich wirkende Darstellung des Serienkillers.

Zu sagen, Mills hätte sich hier einer Fülle von Klischees bedient, ist wohl die Untertreibung des Jahres. Selten habe ich eine Figur geboten bekommen, die in ihrer Darstellung wahrhaftig ALLE gängigen Vorurteile erfüllt wie der Psychopath aus »Die Jägerin«. Einige Beispiele gefällig?

  • Der Killer ist wahnsinnig intelligent, hoch kultiviert und liebt klassische Musik.

  • Natürlich schießt sich der Irre – wie könnte es anders sein – im Laufe der Geschichte immer mehr auf die Heldin des Romans ein.

  • Wenig überraschend: Der Psychopath ist ein Perversling durch und durch, der seine Opfer mit abartiger Freude zugrunde richtet.

  • Ebenso wenig überraschend: Ist die Darstellung dessen, was der Killer seinen Opfern antut, zu Beginn noch reichlich vage, so wird sie mit fortlaufender Handlung immer expliziter (wobei der Irre seine Gelüste natürlich auf immer bestialischere Art und Weise befriedigt).

  • Der Killer ist so klug, dass er absolut jede Person in seiner Umwelt, ja, im Grunde sogar die Umwelt selbst mühelos manipulieren kann.

    (Hm. So gesehen könnte das auch einfach daran liegen, dass sich die Personen aus dem Umfeld des Killers prinzipiell so verhalten, als wären sie Sinnbilder für Blödheit und Naivität ...)

    ACHTUNG, MASSIVE SPOILER

  • Wie zu erwarten gelingt es dem Psychopathen ganz selbstverständlich, eine rund um die Uhr überwachen Hochsicherheitsanlage mit einer Vielzahl von Sprengsätzen zu versehen, die im entscheidenden Moment all seine Verfolger ausschalten. Ist ja logisch, dass er dabei weder von der Security noch von elektronischen Überwachungseinlagen erfasst wird. Wie könnte es bei einem so hohen IQ auch anders sein?

  • Schlussendlich das überdramatische Finale: Mit letzter Kraft besiegt die Heldin den ungläubigen Irren in einem ebenso mörderischen wie lachhaft übertriebenen Showdown.

    SPOILER ENDE

Da mag der Thriller in allen übrigen Belangen noch so gelungen sein, was Mills dem Leser bezüglich der Darstellung des Serienkillers bietet, ist schlichtweg traurig. Eigeninitiative und eine durchdachte, selbst entwickelte Zeichnung des Psychopathen? Nicht vorhanden. Und das verleidet einem die Lesefreude ganz gewaltig!

Mills' Roman hat fraglos seine Momente, darunter einige wirklich packende Szenen, die einem beim Lesen den Atem stocken lassen. Dumm nur, dass »Die Jägerin« nun mal ein Serienkiller-Thriller ist und als solcher mit der Darstellung des Psychopathen steht und fällt. Und diese ist ein einziges Desaster.

»Die Jägerin« ist ein Roman, den man nur ganz eingefleischten Fans von Filmen und Romanen um Serienkillern empfehlen kann. Wer dagegen überzeugende und originelle Thrillerliteratur sucht, der sollte lieber zu den übrigen Werken von Mills greifen. Da beweist der Amerikaner, dass er es deutlich besser kann.

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