Brendt, Peter: Golden Gate
Golden Gate
von Peter Brendt
Weltbild Taschenbuch
erschienen: Frühjahr 2008
559 Seiten, 4.95
ISBN: 978-3-89897-818-7
Weltbild Verlag
Stau, genervte Fahrer, müde Verkehrspolizisten. Es ist ein ganz
normaler Morgen in San Francisco. Doch innerhalb weniger Minuten verwandelt
sich der Tag in einen einzigen Albtraum. Eine Gruppe bewaffneter Verbrecher
besetzt die Golden-Gate-Bridge und nimmt alle, die sich auf der Brücke
befinden, als Geisel. Kurz darauf haben die Gangster die gewaltige
Stahlkonstruktion in eine schier uneinnehmbare Festung verwandelt,
Granatwerfer, verminte Zufahrten und Kampfhubschrauber inklusive. Ihre
Forderung: zwei Milliarden Dollar, andernfalls drohen sie, ihre Gefangenen
einen nach dem anderen zu erschießen.
Dies ist der Ausgangspunkt für Peter Brendts
furiosen Actionthriller Golden Gate, doch es ist nur einer von
verschiedenen Handlungssträngen, die erst im Zusammenspiel das schockierende,
wahre Ausmaß des Verbrechens erahnen lassen.Die eigentliche Geschichte beginnt
schon Monate vor dem Geiseldrama. Überall auf der Welt verschwinden
professionelle Verbrecher, die zu den Besten ihres Faches gehören. Als auch
eine bekannte Kunstdieben urplötzlich nicht mehr auffindbar ist, wird der Versicherungsdetektiv
Mike Jourdan auf die Vorgänge aufmerksam. Er ist überzeugt davon, dass etwas
wirklich Großes bevorsteht, doch trotz einiger Fortschritte bei seinen
Ermittlungen kommt er nicht dahinter, was genau gespielt wird.
Die verschwundenen Kriminellen und Söldner finden
sich unterdessen, mehr oder weniger freiwillig, auf einer abgelegenen Ranch
wieder. Hier werden sie von dem geheimnisvollen Mr Dark in einen unglaublichen
Plan eingeweiht, der die speziellen Fähigkeiten jedes Einzelnen verlangt. Mit
der Aussicht auf eine geradezu ungeheure Beute beginnen die Vorbereitungen für
den spektakulärsten Coup des Jahrhunderts.
Zeitgleich befindet sich der Wahlkampf um das Amt
des Präsidenten der Vereinigten Staaten in vollem Gange. Drei Kandidaten sind
es diesmal, die die Position des mächtigsten Mannes der Welt erlangen wollen,
und die Geiselnahme auf der Hängebrücke wird zu einem entscheidenden
Ereignis...
Peter Brendt erzählt seinen Actionthriller auf zwei
unterschiedlichen Zeitebenen, die sich mit jedem Kapitel abwechseln. Während
die Handlung auf Ebene 1 mit dem Drama auf der Golden-Gate-Bridge beginnt,
setzen die Geschehnisse auf Ebene 2 knapp drei Monate vorher ein, mit dem
Verschwinden der ersten Top-Verbrecher. Im Wechsel erhält der Leser so Einblick
in den Verlauf der Geiselnahme und die Vorbereitung des Verbrechens bzw. die
Ermittlungen, die Jourdan im Zusammenhang mit den verschwundenen Gangstern
anstellt. Auch die Sicht der Personen wechselt ständig; mal erlebt man
Storylines aus der Sicht eines Verbrechers, dann wieder aus der Perspektive von
Ermittlungsbeamten oder Politikern.
Dieses zunächst etwas verwirrend erscheinende
Bündel aus Handlungssträngen ist zwar sehr komplex, bleibt aber immer
übersichtlich. In einzelnen Etappen erfährt der Leser immer mehr über die
verschiedenen Charaktere und die Hintergründe der Geiselnahme, während er
gleichzeitig deren Verlauf mitverfolgen kann. Die unterschiedlichen Sichtweisen
und Zeitebenen ergeben ein rasantes Gesamtbild, das mitreißt und niemals
Langeweile aufkommen lässt.
Bei einem Roman, der als Actionthriller gedacht
ist, sollte der Autor natürlich besonderen Wert auf die Actionszenen legen.
Brendt meistert diese Aufgabe mit Bravur. Die Actioneinlagen sind packend und
lebendig in Szene gesetzt, fast hat man das Gefühl, das Geschehen live am
Fernsehbildschirm mit zu verfolgen.
Etwas befremdlich wirken dagegen zunächst die
Handlungsteile, die sich mit dem Wahlkampf beschäftigen. Aber auch diese
Sequenzen erfüllen ihren Zweck (welcher das ist, wird hier nicht verraten), und
sie sind stimmig in die Gesamthandlung eingebaut, so dass ihr Auftauchen nicht
wirklich stört.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist Brendts Eigenart,
innerhalb der gleichen Szene die Charaktere zu wechseln. Erfährt man im ersten
Satz noch die Gedanken von Person A, bekommt man im nächsten Satz schon mit,
was Person B denkt und fühlt. Das führt schnell mal zu Verwirrung, da man sehr
genau darauf achten muss, aus Sicht welcher Person der Autor gerade schreibt.
Über den Schluss des Romans (ich meine das letzte
Kapitel) kann man geteilter Meinung sein. Es wirkt doch schon arg konstruiert
und an den Haaren herbeigezogen. Insgesamt allerdings tut es dem Lesevergnügen
keinen Abbruch.
Golden Gate ist ein fesselnder Actionthriller mit exzellent beschriebenen
Kampfszenen und einigen sehr interessanten Charakteren. Manchmal ist das Buch
zwar etwas sehr simpel aufgebaut und mit Vorurteilen beladen (beispielsweise
die internationalen Reaktionen auf die Geiselnahme, insbesondere in Palästina),
und besonders überraschend ist der Schluss nicht. Davon abgesehen ist der
Thriller jedoch wirklich empfehlenswert. Fans der TV-Serie 24 und von
Romanen, die Action und politische Geschehnisse miteinander verbinden, etwa die
Bücher von Vince Flynn, werden ihre helle Freude haben.