Child, Lincoln: Deep Storm
Deep
Storm
von Lincoln Child
Anchor Books
Taschenbuch
erschienen: 2007 (USA)
419 Seiten, 7.99 $
ISBN: 978-1-4000-9547-6
Anchor Books
Wer den Namen Lincoln
Child hört und sich ein wenig mit Spannungsliteratur auskennt, dem geht fast
automatisch ein zweiter Name durch den Kopf: Douglas Preston. Hinter diesen
beiden Namen verbergen sich zwei Autoren, die gemeinsam eine Reihe von erfolgreichen
(Wissenschafts-) Thrillern verfasst haben; ihre bekanntesten Romane dürften
jene um den exzentrischen FBI-Agenten Aloysius Pendergast sein.
Dass die beiden
Schriftsteller auch dann exzellente Werke abliefern können, wenn sie alleine
schreiben, haben sie mehrfach bewiesen, Preston etwa mit den Abenteuerthrillern
Der Codex und Canyon, Child mit den Romanen Das Patent und dem überragenden
Eden Inc.. Mit dem düsteren Wissenschaftsthriller Deep Storm ist nun Childs
neuste Einzelarbeit an den Start gegangen, die den Leser an einen der
geheimnisvollsten und gefährlichsten Orte der Welt führt: auf den tiefen
Meeresgrund...
Der ehemalige Militär und heute renommierte Arzt Peter Crane erhält einen ungewöhnlichen Auftrag: Auf der im Nordatlantik gelegenen Bohrinsel Storm King sind bei einigen Arbeitern merkwürdige Symptome aufgetreten, die zwar allesamt nicht lebensbedrohlich, aber dennoch unerklärlich sind. Kaum an Bord der Ölplattform wird Crane aber bewusst, dass seine eigentliche Aufgabe ganz wo anders liegt: Unter höchster Geheimhaltung gelangt er nach Deep Storm, einem Unterwasserlabor, das die Bohrinsel als Tarnung benutzt.
Was sich nicht ändert, ist sein Auftrag. Crane soll einige seltsame Krankheitsfälle untersuchen, die in Deep Storm aufgetreten sind. Seine Nachforschungen führen ihn schon bald in die Bereiche der Station, zu denen er eigentlich keinen Zugang hat, weil hier an einer Entdeckung gearbeitet wird, die die wissenschaftliche Sensation des Jahrhunderts ist: Die Forscher haben die Überreste von Atlantis entdeckt!
Doch so fantastisch und wundervoll diese Geschichte auch klingt, Crane bleibt skeptisch. Er ist sich sicher, dass in den gesperrten Bereichen von Deep Storm etwas ganz anderes vor sich geht als bloße archäologische Ausgrabungen. Zu seinem Schrecken behält er Recht. Denn unter Deep Storm liegt ein Geheimnis vergraben, dass das Schicksal der Welt für immer verändern könnte...
Deep Storm ist ein Wissenschaftsthriller durch und durch. Lincoln Child lässt durch die gesamte Story hindurch (mehr oder weniger wahre bzw. übertriebene) wissenschaftliche Fakten und Thesen einfließen, die die zunächst doch etwas abenteuerlich anmutende Situation erschreckend realistisch und plausibel erscheinen lassen. Leider übertreibt er es dabei ein wenig, so dass das Technogelabere im ein oder anderen Kapitel deutlich zu ausführlich ist, wodurch die Handlung merklich ins Stocken gerät. Überhaupt dauert es, bis die Geschichte richtig in Fahrt kommt, und erst die letzten 150 Seiten sind wirklich rasant und spannend. Diese haben es dann aber in sich und sind es Wert, sich durch das ein oder andere langweiligere Kapitel zu kämpfen.
Geradezu genial ist die Story an sich. Immer wieder gibt es neue, unerwartete Wendungen, und insbesondere die Ursache dafür, warum die Deep Storm-Station erbaut wurde, bleibt bis zum Epilog ein Geheimnis. Wer sich die Freude an einer nach und nach ablaufenden Aufklärung also nicht Verderben will, sollte keinen Blick ans Ende des Buches riskieren, bevor er es nicht wirklich durchgelesen hat. Nur so viel dazu: Der Gedanke, den Child hier aufwirft, ist äußerst faszinierend und sorgt für einen echten Aha-Effekt.
Die Charaktere des Romans bleiben, mit Ausnahme von Peter Crane, etwas blass und uninteressant. Das schient bei vielen Wissenschaftsthrillern aber die Regel zu sein. Man schaue sich etwa die Romane von Michael Crichton an. Auch hier wird deutlich mehr Wert auf den Einbau wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine fesselnde Handlung gelegt als auf detailliert ausgearbeitete Figuren. Mit Das Patent und Eden Inc. hat Child allerdings bewiesen, dass er es durchaus versteht, eine spannende Handlung, wissenschaftliche Befunde und gut gezeichnete Charaktere zu verbinden. Es ist schade, dass ihm das in Deep Storm nicht so gut gelingt wie in seinen früheren Romanen.
Auch wenn er nicht mit Eden Inc., Childs bisher bestem Roman ohne seinen Co-Autor Preston, mithalten kann, ist Deep Storm aufgrund eines wirklich packenden letzten Drittels und dem brillanten Grundgedanken, auf dem die Handlung basiert, ein Buch, dass jeder Fan von Thrillern und insbesondere Wissenschaftsthrillern unbedingt gelesen haben sollte. Wer Romane von Michael Crichton oder Dan Browns Meteor mag, der wird auch an Deep Storm seine helle Freude haben.