Sein alter Herr - »Falling«
Dass er zu den charismatischsten und vielfältigsten internationalen Darstellern seiner Generation gehört, hat Viggo Mortensen bereits hinlänglich unter Beweis gestellt. Nicht zuletzt durch seine Rolle als Aragorn in der „Herr der Ringe“-Trilogie hat der Schauspieler auch sein Starpotenzial entfacht, später dann insbesondere durch seine Rollen in Filmen von David Cronenberg („Tödliche Versprechen – Eastern Promises“, „Eine dunkle Begierde“) gezeigt, dass er auch mimisch nicht hinter seinem guten Aussehen zurückstehen muss. Nun hat sich Mortensen erstmals auf den Regiestuhl gesetzt, um mit „Falling“ sein Debüt zu inszenieren. Zweifellos ein sehr persönliches Projekt, auch wenn die hier dargestellte schwierige Vater-Sohn-Bindung nicht autobiografisch aus Viggo Mortensens Leben übernommen ist. Doch der persönliche Bezug zu dem, was in diesem Film verhandelt wird, lässt sich aufgrund der Authentizität, die in den Dialogen, Gesten und Handlungen abgebildet wird, keineswegs von der Hand weisen.
Johnny (Viggo Mortensen selbst) hat sein 50. Lebensjahr überschritten und in seinem näheren Umfeld Frieden geschlossen. Der Pilot ist mit dem etwa gleichaltrigen Eric (Terry Chen) verheiratet, und die beiden haben eine vorwitzige Adoptivtochter. Einer Bitte seines greisen Vaters Willis (Lance Henriksen) nachkommend, hat er seinen alten Herrn aus dem Staate New York zu sich und seiner Familie nach Kalifornien geholt, wo der Senior nun eine neue Bleibe beziehen möchte. Doch die Ansichten von Willis gehen durchweg in eine erzkonservative bis faschistische Richtung. Mit der Homosexualität seines einzigen Sohnes hat er ebenso ein Problem wie mit der asiatischen Abstammung von dessen Lebenspartner. Die Kinder seiner Tochter Sarah (Laura Linney) reizen ihn aufgrund ihres rebellischen Äußeren ebenfalls zu abfälligen und diskriminierenden Bemerkungen. Selbst an seinen beiden mittlerweile verstorbenen Ehefrauen lässt der alte Griesgram kein gutes Haar und beschimpft beide noch als geschmacklose Huren. Für Johnny ist es nicht leicht, Frieden mit seinem alten Herrn zu schließen, zumal er immer wieder an ähnliche demütigenden Erfahrungen zurückdenken muss, die er mit seinem Erzeuger schon in seiner Kindheit und Jugend erlebt hat.
„Falling“ ist wirklich kein einfacher Film, denn der von Lance Henriksen („Aliens“) mit erschreckender Intensität verkörperte Eigenbrötler dürfte den meisten Zuschauern schon nach wenigen Szenen abgrundtief unsympathisch sein. Mit einer abfälligen Geste oder einer Schimpftirade an Beleidigungen diskreditiert er so ziemlich alles und jeden, was das Leben von Johnny und seiner Familie ausmacht. Deswegen fällt es einem schwer, nachzuvollziehen, wieso der Sohn nach wie vor die Nähe zu seinem Vater sucht und diesen mit Respekt behandelt. Erst gegen Ende gibt es einige verhaltene Hinweise auf andere Facetten dieses reaktionären Griesgrams. Ein wunderbar gespielter und einfühlsam inszenierter Film, der gleichwohl nicht leicht zu verdauen ist. Die DVD bietet ein gutes Bild (im Widescreen-Format 2,40:1) und einen ruhigen, überwiegend dialoglastigen Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 5.1, optional mit deutschen und englischen Untertiteln), der ebenfalls zu überzeugen versteht. Die Extras bestehen aus einem Making Of (19 Minuten), einem Online-Q&A mit Werner Herzog, Viggo Mortensen, Laura Linney und Lance Henriksen (45 Minuten), einem Interview mit Viggo Mortensen (11 Minuten) sowie dem englischen Original- und dem deutschen Kinotrailer.