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Professor Zamorra 888 - Das etwas andere Jubiläum

Cover von Professor Zamorra 888PROFESSOR ZAMORRA Bd. 888 –
Das etwas andere Jubiläum

Wenn Heftserien noch jung sind, feiern sie ihre Jubiläen bei Erreichen des 50. und 75. Bandes. Behaupten sich die Serien dann einige Jahre auf dem Markt, werden nur noch die runden 100er oder 250er als etwas Besonderes angesehen. Kaffee und Kuchen bekommt der Leser aus Anlass der Feierlichkeiten dann zwar nicht, dafür fallen die Romane gerne mal länger aus oder es gibt Poster oder Aufkleber als Beigaben, eine besondere Aufmachung mit Variantcover etc. Der Einfallsreichtum der Verlage kennt hier kaum Grenzen.


Einen etwas anderen Weg beschreitet Professor Zamorra. Hier waren es die Schnapszahlen-Bände, denen besondere Beachtung geschenkt wurde. Denn es ist eine gute alte Tradition, dass mit Erscheinen eines solchen Bandes immer ein Mehrteiler startet, dessen Teilezahl den Ziffern der Schnapszahl entspricht. Klingt nach höherer Mathematik? Ist es aber nicht – und außerdem stimmt es so auch gar nicht!

Cover von Professor Zamorra 888Man schrieb den 7.12.1999, als der Meister des Übersinnlichen mit seinem 666. Band auf den Markt kam. Bezeichnenderweise hieß er „666 – Die Zahl des Tiers“ – und er war der Start eines Fünfteilers in sechs Bänden, wenn Sie verstehen, was ich meine. Zamorra-Redakteurin Susanne Picard sagt dazu: „Es ist wohl Ansichtssache, ob man die Bände rund um 666 als Sechsteiler oder als Fünfteiler bezeichnet. Der eine hing wirklich nur lose an der Handlung. Werner K. Giesa kam damals übrigens deshalb darauf, weil gerade die 666 als Zahl des Tiers in der Apokalypse in einer Horrorserie besonders gefeiert werden muss. Versteht sich ja von selbst!“

Wohl wahr! Und diese großartige Idee wurde 111 Bände später am 9.3.2004 wieder aufgegriffen. Mit Band 777 „Die dritte Tafelrunde“ startete nämlich ein Siebenteiler. Susanne Picard: „777 war einfach eine logische Folge. Ein Siebenteiler ist immerhin allein von der Zeichenzahl her dicker als zwei Zaubermond-Bücher!“

Es ist also überzogen, von Tradition zu sprechen, da es das Modell des Schnapszahl-Mehrteilers erst zweimal gab. Aber egal, wie man es nun nennen mag, es stellt sich die Frage, was am 10.6.2008 geschehen wird. Dann ist es nämlich wieder soweit: Die nächste Schnapszahl ist fällig. Schade übrigens, dass die Serie schon im Juli 1974 und nicht erst im September startete, denn dann hätte man (unter Missachtung des Dienstags als Veröffentlichungstages) am 8.8.08 Band 888 auf den Markt bringen können. Was für eine unsägliche Schlamperei damals vor beinahe 35 Jahren. Etwas vorausschauender hätte man da durchaus planen können!
Laughing

Susanne "Susie" Picard - Zamorra-RedakteurinIn der Zamorra-Redaktion wurde tatsächlich darüber nachgedacht, ob man nun einen Achtteiler bringen sollte. „Natürlich war auch einmal kurz im Gespräch, einen Achtteiler zu schreiben,“ verriet Susanne Picard dem Zauberspiegel, „aber das wäre im Hinblick auf die Tatsache, dass Zamorra ja alle 14 Tage erscheint, doch etwas lang geworden. Man bedenke: Die Geschichte hätte sich über 4 Monate hingezogen. Außerdem will so etwas auch gut geplant werden. Wir waren in der Planung bereits bei Band 882, als wir uns darüber unterhalten haben, was denn nun mit 888 ist. Es wäre - selbst wenn es eine Option gewesen wäre - viel zu spät gewesen, einen Achtteiler wirklich zufriedenstellend zu planen.“

Dieser Argumentation kann man nicht allzu viel entgegensetzen. Außerdem waren damals auch nicht alle Leser von den Bänden ab 666 bzw. denen ab 777 begeistert. Insbesondere der Tafelrunden-Siebenteiler wurde von den Fans zuweilen heftig kritisiert (wobei es natürlich auch sehr begeisterte Stimmen gab!). Insofern ist es sogar besser, einen guten, knackigen Einteiler zu bringen, als einen Achtteiler, an dem wieder einige rumzumäkeln haben. Sicher, auch an einem Einteiler kann man rummäkeln, aber den hat man nach längstens zwei Stunden hinter sich und kann hoffen, dass der nächste Band wieder besser wird.

Doch ich kann Entwarnung geben! An Band 888 gibt es nichts, aber auch gar nichts auszusetzen. Im Gegenteil! Ich durfte das Manuskript bereits lesen – und ich war begeistert! Als kleines Appetithäppchen darf ich hier schon mal den Eingangstext von Seite 3 verraten. (Da mir das noch unlektorierte Manuskript vorlag, kann dieser Text evtl. leicht von der endgültigen Fassung abweichen.)

Wie war er hierher gekommen? Verwirrt sah sich Zamorra um. Der riesige Saal kam ihm seltsam vertraut vor. Unzählige Gaslampen tauchten den Raum in ein fahles blaues Licht. Die Wände waren prunkvoll mit Mondsymbolen und stilisierten Wolfsköpfen verziert, der Duft fremdartiger Kräuter hing schwer in der Luft.
Der Saal war fast leer. Nur an seinem Ende stand auf einem Podest bizarr geformter Thron aus Elfenbein.
Und dann wusste er, wo er sich befand, und kalte Angst sprang ihn an wie ein Tier.
Dies war der Thronsaal Kuang-shis. Doch wie konnte das sein? Der Götterdämon war längst keine Gefahr mehr. Was machte er hier?
Ein leises, leicht spöttisches Lachen erklang hinter Zamorra. Der Dämonenjäger wirbelte herum. Eine Gestalt in einer schlichten dunklen Robe löste sich aus dem Schatten einer Säule und kam langsam auf ihn zu. Das Gesicht wurde von einer Kapuze bedeckt.
»Hast du mich vermisst?«, fragte der Fremde.
»Wie kann ich dich vermissen? Ich weiß nicht einmal, wer du bist.«
»Natürlich weißt du das.«
Der Andere schlug die Kapuze zurück und lächelte. Entsetzt sah Zamorra in sein eigenes Gesicht.
»Ich bin es, Tsa Mo Ra!«

Andreas BalzerWer das Bastei-Forum regelmäßig besucht, weiß von Band 888 bereits zwei wichtige Einzelheiten: Autor ist Andreas Balzer und er verschafft einer älteren Figur aus dem Zamorra-Universum ein Comeback. Stammlesern haben diese Infos vielleicht schon gereicht, um einen guten Tipp wagen zu können, wer denn diese Figur sei. Schließlich war Balzer auch der Autor, der dieser Figur ihren bislang letzten Auftritt im Zamorra-Universum gegeben hatte. Na? Kommen Sie drauf? Spätestens der obige Text sollte das Rätsel eigentlich lösen, oder? Richtig! Es ist Fu Long!

Es ist zwar nun ein einzelner Band geworden, aber der hat es in sich.



Schon der Titel des Romans, der „Angriff auf die Vampirstadt“ lauten wird, deutet an, dass es mehr als ein einfaches Comeback wird. So sieht es auch Susanne Picard: „Es ist zwar nun ein einzelner Band geworden, aber der hat es in sich. Ich bin sehr gespannt, wie er ankommt. Andreas Balzer hat sich damit besonders viel Mühe gegeben. Er hat sich sehr gefreut, als er hörte, was wir planen und sich sofort daran gesetzt, lang gehegte Wünsche in die Tat umzusetzen.“

Der Band hat in der Tat einiges an Dramatik zu bieten. Es ist keineswegs so, dass einfach nur eine alte Figur wieder mitspielt, sondern mit Band 888 wird dem Leser der Beginn eines Handlungsfadens in die Hand gedrückt, der sehr vielversprechend ist – und der Schluss des Romans lässt erahnen, dass da noch großes Kino auf den Zamorra-Leser zukommen wird. Man merkt Andreas Balzer förmlich an, wie sehr er es genossen hat, den Langzahn wieder aus der Versenkung zu holen. Er sagt dazu: „Die Figur selbst zu beschreiben – den richtigen Tonfall zu treffen, zu wissen, wie sie in einer bestimmten Situation reagiert –, ist mir immer leicht gefallen. Ich habe Fu Long schon geliebt, als ich noch nicht ahnen konnte, dass ich die Geschichte einmal weiterführen würde. Es gibt einfach Charaktere, die einem besonders liegen. Fu Long gehört dazu, sicher auch Gryf. Die Szenen in Band 888, in denen die beiden aufeinander prallen, haben mir deshalb besonders großen Spaß gemacht. Es hat allerdings eine Weile gedauert, mich wieder in die komplexe Kuang-shi/Choquai-Mythologie einzudenken. Das meiste hatte ich noch im Kopf, aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail. Deshalb habe ich viel nachgeschlagen.“

Und das hat sich gelohnt, denn das Ergebnis kann sich wirklich sehen (bzw. lesen) lassen. Die Idee zu der Story stammt übrigens von Balzer selbst. „Die grundsätzliche Idee, Fu Long zurückzuholen, ist in einer Autorenkonferenz entwickelt worden, an der ich leider nicht teilnehmen konnte. Damit hatte ich also nichts zu tun. Als Susie mir davon erzählt hat, war ich aber sofort Feuer und Flamme und habe angeboten, mir zu überlegen, wie wir Fu Long aus seinem selbst gewählten Exil zurückholen können. Schließlich war ich derjenige, der ihn in den Vorruhestand geschickt hatte, und damit gut im Thema. Ich habe ein ausführliches Exposé geschrieben und mich danach an den Roman gemacht. Das ist alles in enger Absprache mit Susie geschehen.“

Band 888 ist also ein Ergebnis der Autorenkonferenz im November des letzten Jahres, nach der immer wieder zu hören war, dass es bei PROFESSOR ZAMORRA nach Band 885 zu einer Straffung des Konzepts kommen werde. Ich kenne bisher die Bände 886 und 887 noch nicht, aber „Angriff auf die Vampirstadt“ ist ein eindrucksvoller Beleg für die neue Marschrichtung. So kann es von mir aus weitergehen!

Trotz des Wissens, dass Band 888 für die Fans etwas Besonderes ist, hat Balzer sich nicht unter Druck gesetzt gefühlt. „Man darf sich als Autor nicht zu sehr von so etwas beeinflussen lassen, das blockiert nur die Kreativität. Nachdem erst mal das Konzept stand, lief es eigentlich ganz rund. Tatsächlich habe ich mich weitaus mehr unter Druck gefühlt, als es damals darum ging, Fu Long von Claudia Kern zu übernehmen und den ursprünglichen Zyklus zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Schließlich hatten Claudias Romane die Messlatte ziemlich hoch gelegt, und ich wusste nicht, ob ich dem gerecht werden würde. Vor allem mein erster Fu-Long-Roman, „Angriff der Wölfischen“, den ich gemeinsam mit Geralt di Cordoba geschrieben habe, hat mich einige schlaflose Nächte gekostet. Im Vergleich dazu war die Arbeit an dem neuen Roman ziemlich entspannt.“

Fazit: „Angriff auf die Vampirstadt“ ist für Zamorra-Leser ohnehin Pflichtlektüre. Doch auch alle ehemaligen oder Noch-gar-nicht-Leser sollten unbedingt einmal einen Blick in diesen Band werfen. Es lohnt sich!

Ach ja, ich will Ihnen nicht vorenthalten, dass Susanne Picard auch noch eine gute Nachricht für mich als bekennenden Freund von Mehrteilern hatte. Und dabei gab sie gleich noch einen kleinen Ausblick auf die nähere Zukunft: „Die Bände 900 bis 902, also drei Bände hintereinander, werden wir als Dreiteiler konzipieren. Mit einem Thema: Die Hölle und ihre Hierarchie! Es wird zur Sache gehen und alle, die sich in den vergangenen Jahren darüber beschwert haben, dass sich da so wenig tut, werden voll auf ihre Kosten kommen.“

Ich freu mich drauf. Alles wird gut – vor allem Zamorra!

 

Kommentare  

#1 Cartwing 2008-05-03 11:09
sehr schöner Artikel! Kriegt man fast wieder Lust, in die Serie einzusteigen...
#2 Oliver Fröhlich 2008-05-03 11:50
Warum denn nur fast? :-*
#3 Rafael Hoppe 2008-05-03 13:57
Klingt ja sehr interessant. Den werde ich mir dann auch mal wieder zur Gemüte führen, nachdem ich lange die neuen Zamorras nur noch gesammelt, aber nicht mehr gelesen hab. ;-)
Nur schade, dass es für diesen besonderen Roman kein schöneres (und gezeichnetes) Titelbild gab. Nichts gegen Candys Können, aber ihre Bilder wirken auf mich immer noch sehr kalt - und in letzter Zeit gibt es ja fast nur noch Cover von ihr...
#4 Thomas Tippner 2008-05-03 17:24
Das liest man doch gerne

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