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The Wheel Of Time - The Great Hunt

Robert Jordans Wheel Of TimeThe Great Hunt
Phantastische Abenteuer in einer einzigartigen Welt

Im zweiten Teil der Artikelreihe zu Robert Jordans unsterblichem Fantasyepos »The Wheel of Time« möchte ich ein wenig auf die faszinierende Welt eingehen, in der die Saga um den Wiedergeborenen Drachen angesiedelt ist. Kaum ein anderer Aspekt entscheidet derart über die Akzeptanz eines Fantasyromans von Seiten der Leser, wie der Handlungsort, an welchem die Geschichte spielt.

Kein Wunder also, dass Autoren viel Zeit und Mühe in die Planung und Verwirklichung ihrer Welten stecken.

Im Laufe meiner langjährigen Karriere als Fantasyleser bin ich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Weltenentwürfe in Berührung gekommen, manche davon gelungen, andere weniger. Wenn es aber ein Konzept gibt, das es mir besonders angetan hat, dann ist es das von Robert Jordan. Wann immer ich das Wort „Fantasy“ höre, muss ich sofort an Emond's Field denken, an Andor, Illian und Tar Valon, aber auch an Trollocs, Myddrals und Seanchaner. Kurzum: Kommt das Thema „Fantasy“ zur Sprache, dann sind es Jordans Hinterlassenschaften, die mir zuerst in den Sinn kommen.

Wer »The Wheel of Time« kennt, den dürfte das wenig verwundern. Wer die Saga (noch) nicht kennt, dem sei gesagt: Jordans Weltenentwurf ist einer, den man so schnell nicht wieder vergisst, und das in vielerlei Hinsicht.

Doch bevor wir dieses Thema vertiefen, werfen wir einen kurzen Blick auf den zweiten Roman der Reihe, »The Great Hunt«, in welchem die dramatischen Geschehnisse aus Band eins fortgeschrieben werden und zu neuen Höhepunkten auflaufen.

(Wer Buch Eins, »The Eye of the World«, noch nicht kennt und nicht gespoilert werden möchte, der sollte den nächsten Abschnitt überspringen und gleich zu den Teilen des Artikels gehen, die sich mit der Welt aus Jordans Epos befassen; hier sollten dann auch keine größeren Spoiler auftauchen.)

The Great Hunt
Wir erinnern uns: Als wir die Helden der Reihe zuletzt gesehen haben, lag so manches gefährliche Abenteuer hinter und eine ungewisse Zukunft vor ihnen. Seit den dramatischen Geschehnissen im Schatten von Shayol Ghul ist mittlerweile ein Monat vergangen. Zeit genug für das Rad, sich weiter zu drehen und die Fäden von Rand, Mat, Perrin und ihren Freunden weiterzuspinnen.

Rand ist immer noch entsetzt von dem Gedanken, dass er der Wiedergeborene Drache sein soll, und weiß nicht, was nun zu tun ist. Ängste plagen ihn; die Angst, verrückt zu werden und alle, die er liebt, zu töten; die Angst, von den Aes Sedai benutzt zu werden oder sich einer Dämpfung unterziehen zu müssen und dadurch seinen Lebenswillen zu verlieren. Verzweifelt fragt er sich, wie er mit diesem Wissen umgehen soll, doch eine Antwort auf diese Frage findet er nicht.

Mat kämpft immer noch mit den Auswirkungen des Dolchs aus Shadar Logoth, der ihn seiner Lebenskraft beraubt. Es gibt nur einen Weg, wie er wieder gesund werden kann: Er muss nach Tar Valon, in die Burg der Aes Sedai. Hierhin wollen auch Egwene und Nynaeve, um ihre Ausbildung als Aes Sedai zu beginnen. Und Perrin ringt immer noch mit sich, ob seine neu gewonnene Fähigkeit, mit Wölfen zu reden, eine Gabe oder ein Fluch ist.

Doch es gibt auch gute Neuigkeiten zu vermelden. Nach dem Sieg Rands gegen Ba'alzamon haben sich die Trollocs wieder in ihre Heimat, eine riesige Einöde, zurückgezogen. Zudem ist es gelungen, das Horn von Valere zu sichern, ein mächtiges Artefakt, das, glaubt man den Legenden, eine entscheidende Rolle in der letzten Schlacht spielen soll.

Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Ein heimtückischer Überfall ermöglicht es den Anhängern des Dunklen Herrschers, das Horn von Valere an sich zu bringen und mit ihm zu entschwinden. Damit beginnt für Rand und seine Freunde ein Abenteuer, dessen Ausgangspunkt seit Jahrhunderten Teil der Legenden ist, die Spielleute und Barden immer wieder zum Besten geben: Die Große Jagd nach dem Horn von Valere...

Die Welt von Robert Jordans »The Wheel of Time«
Orte, Landschaften, Kulturen, klimatische Bedingungen – wer einen Beitrag zum Thema „Fantasywelten“ schreiben will, muss eine Menge beachten. Das gilt schon für Stand-Alone-Romane wie Brandon Sandersons »Elantris«, über dessen Konzeption man seitenweise schwadronieren könnte. Dass ein monumentales Epos wie »The Wheel of Time« einen Schreiberling wie mich da vor bedeutend größere Probleme stellt, dürfte nicht überraschen.
Robert Jordans Weltenentwurf ist schlichtweg zu gewaltig, um ihn mal eben so auf die Schnelle mit einigen wenigen Worten zu umschreiben. Aus diesem Grund möchte ich das Thema splitten. Im heutigen Beitrag sollen alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens der verschiedenen Völker und Kulturen der Saga ausgeblendet werden. Stattdessen möchte ich mich voll und ganz auf das konzentrieren, was man im eigentlichen Sinne unter dem Begriff „Welt“ versteht: auf die Landschaften, die Ausdehnung des Handlungsorts und auf einige andere Besonderheiten, die hiermit in Verbindung stehen.

Keine Angst, das Ganze wird nun nicht in eine hoch wissenschaftliche Diskussion über Niederschlagsmengen und geologische Eigenarten bestimmter Regionen ausarten. Alles, was dieser Artikel erreichen möchte, ist, neuen Lesern die Welt von Jordans Saga ein wenig näher zu bringen und zu zeigen, was die Konzeption dieser Welt so einzigartig macht. Altleser dagegen werden hoffentlich eine ihnen gut bekannte Welt aus einem Blickwinkel kennen lernen, der vielleicht ein klein wenig anders ist als ihr eigener.

Gewaltig
Das erste, was man tun sollte, wenn man über eine Welt und ihre Eigenarten redet, ist, sich eine Karte dieser Welt anzuschauen. Das kann mitunter ein Problem sein, denn obwohl Karten ein wichtiges Hilfsmittel bei der Lektüre von Fantasyromanen sind, verfügt nicht jedes Buch über entsprechende Abbildungen. Im Falle von »The Wheel of Time« hat man  in dieser Hinsicht jedoch keine Schwierigkeiten; in jedem der elf Bücher ist eine Karte der bekannten Welt abgedruckt.
Ein kurzer Blick offenbart es sofort: Schauplatz der Handlung ist ein fast schon rechteckiger Kontinent, der im Westen und Süden von Meeren sowie im Osten und Norden von riesigen Bergketten und wüstenhaften Einöden begrenzt wird. Im ersten Moment erscheint das etwas enttäuschend und man fragt sich unwillkürlich: Ist es überhaupt möglich, elf seitenstarke Romane in dieser doch recht begrenzt anmutenden Welt spielen zu lassen, ohne dass der Sense of Wonder nach Band fünf oder sechs vollkommen verloren geht (weil man ja schließlich spätestens dann alles gesehen hat, was es zu sehen gibt)?

Wer solche Bedenken hat, dem sei gesagt: Lasst euch vom ersten Eindruck nicht täuschen! Was auf der Karte durchaus groß, aber eben nicht wirklich ausgedehnt erscheinen mag, ist in Wahrheit ein gewaltiger Schauplatz, der in seinen Ausmaßen die Handlungsorte der meisten anderen Fantasyromane bei Weitem übertrifft.

Eine kühne Behauptung, ich weiß, aber sie lässt sich leicht belegen. Zum einen kann man hierzu eine Aussage heranziehen, die einer der Charaktere im Laufe von »The Great Hunt« fallen lässt: Um von Gebieten im Osten der Welt in die Küstenregionen des Westens zu gelangen, bräuchte man selbst mit einem ungemein schnellen und ausdauernden Pferd Monate.

Zum anderen muss man nur einmal den Weg der Protagonisten verfolgen, den diese im Laufe der Handlung zurücklegen. Schon in »The Eye of the World« reisten die Helden durch ein ungeheuer weites Land und betraten mit jedem Kapitel neue, ihnen (und damit dem Leser) bislang unbekannte Gebiete. In »The Great Hunt« setzte sich diese Tendenz ungebrochen fort; erneut kamen Rand, Mat, Perrin und ihre Gefährten durch eine Vielzahl fremder, faszinierender Gegenden.

Sieht man sich nun auf der Karte an, wo die Helden bereits überall gewesen sind, dann stellt man mit Erstaunen fest: So viele Orte die Gefährten auch bereist haben mögen, es gibt noch viel mehr Orte – bedeutend viel mehr! – in die sie noch keinen Fuß gesetzt haben.

Abwechslungsreich
Eine gewaltige räumliche Ausdehnung mag nun ein erstes Indiz für eine Welt sein, in der viel Abwechslung geboten wird; ein Beweis ist es aber noch lange nicht. Man könnte sich ja auch vorstellen, die komplette Handlung würde in einer eintönigen, endlos erscheinenden Wüste spielen. In diesem Fall hätten wir auch eine große Welt, doch allzu viel Variation bekäme man da nicht geboten.

Wüsten gibt es in »The Wheel of Time« auch, sogar mehr als genug. Doch Jordan war sich bewusst, dass er eine ziemlich umfangreiche Saga schaffen wollte und dass er seinen Lesern daher ein wenig Abwechslung bieten musste, um sie bei der Stange zu halten. So kommt es, dass man im Laufe der Geschichte nicht nur handlungsmäßig, sondern auch landschaftlich einiges erleben darf.

Glühend heiße Wüsten, üppige Wälder, raue Küstenabschnitte, geruhsame Grassteppen – Jordan greift in die Vollen und lässt seine Helden durch eine Vielzahl unterschiedlicher Landschaften reisen. Manche davon sind voller Menschen, andere dagegen nahezu unbewohnt. In manchen Gegenden kann man getrost unter freiem Himmel übernachten, während in wieder anderen hinter jeder Ecke neue Gefahren lauern.

Was diese Landschaften jedoch wahrhaft besonders macht, sind die vielen lokalen Eigenheiten, aufgrund derer die verschiedenen Gegenden wirklich einzigartig und unverwechselbar werden. Da gibt es verfluchte Orte, deren finstere Aura derart schrecklich ist, dass sich selbst die Diener des Dunklen Herrschers nur unter Zwang hinein wagen. In anderen Gegenden finden sich ebenso gewaltige wie mächtige Relikte aus einem lange vergessenen Zeitalter. Und immer mal wieder trifft man auf das ein oder andere Stedding. Hierbei handelt es sich um die Heimatstätten der Ogier, friedliche, ruhige Flecken Erde, in denen die Welt trotz der Gefahren, die ihr vom Erwachen Ba'alzamons drohen, noch in Ordnung zu sein scheint.

Grenzenlos
Schön und gut, mag der ein oder andere von euch nun denken, wir haben also einen großen Kontinent mit Bergen, Wäldern und Feldern. Doch was bitteschön ist daran nun so besonders? Das bieten andere Fantasyepen ebenfalls.

Darauf kann man zum einen antworten, dass es das Selbstverständnis ist, mit dem Jordan seine Helden durch die Welt ziehen lässt, die einen Teil dieser Besonderheit ausmacht. Egal, was geschieht, und egal, wohin die Gefährten reisen, niemals kommt es zu einem störenden Bruch. Die Welt aus »The Wheel of Time« wirkt wie aus einem Guss. Alles gehört zusammen, es gibt keine unwirklich anmutenden Übergänge zwischen Landschaften, und eine Gegend passt wunderbar an die nächste, auch wenn sie noch so verschieden sein mögen.

Zum anderen kann man argumentieren, dass Jordans Welt wahrhaft grenzenlos ist. Damit meine ich nun nicht die räumliche Ausdehnung des auf der Karte gezeigten Kontinents. Nein, ich spreche von echter Grenzenlosigkeit. Ein paar Beispiele gefällig?


Das Wegesystem
Viele Jahrtausende ist es her, da schufen die magisch begabten Vorfahren der heutigen Bewohner der bekannten Welt ein Netz aus Wegen, das auch die weitest entfernten Orte miteinander verbindet. Gelegen außerhalb der Schranken der realen bzw. bekannten Welt ermöglicht es eine Reise durch die Wege beispielsweise, innerhalb weniger Stunden oder Tage von Fal Dara im äußersten Nordosten des Kontinents nach Falme, dem westlichsten Punkt der Reiche, zu gelangen. Mittlerweile ist das Wegenetz dem Verfall preisgegeben, und in seinem Inneren haust eine furchtbare Kreatur...
Aber das ist eine andere Geschichte
.

Fremde Welten
Kennt Ihr die Idee, dass sich die Realität jedes Mal, wenn man eine Entscheidung fällt, aufspaltet? Dass also quasi jedes Mal, wenn ich eine Entscheidung treffe, eine neue Welt entsteht. In der einen Welt gehe ich an der Kreuzung nach links, in der anderen nach rechts, und von da ab verläuft mein Leben auf zwei verschiedene Arten und Weisen in zwei unterschiedlichen Dimensionen.
Jordan jedenfalls kannte diese Idee und macht sie sich in seinem Epos zunutze. Mit Hilfe geheimnisvoller Portalsteine ermöglicht er es seinen Figuren, den eigentlichen Schauplatz von »The Wheel of Time« zu verlassen und in andere, alternative Welten einzudringen, wo neue, phantastische Abenteuer auf sie warten.
Wer nun fürchtet, dass die Qualität der Story unter dem Einsatz einer solchen Technik leidet, der sei beruhigt. Jordan nutzt dieses Stilmittel nur in Ausnahmefällen. Wenn er es aber zum Einsatz bringt, dann bereichert es die Geschichte ungemein. Zum einen erweitert es die Welt der Saga um so manch interessante Facette, zum anderen sind die Handlungsbögen, die in diesen alternativen Welten spielen, zeitlich zwar eng begrenzt, aber dennoch sehr interessant.
Jenseits der kartographischen Grenzen
Alternative Welten sind nur eine Möglichkeit, die Grenzen der bekannten Welt zu sprengen. Eine weitere, viel offensichtlichere Methode ist die, einen Blick über die geographischen Grenzen des Kontinents hinaus zu werfen, dessen Karte einem vorliegt. Was liegt etwa jenseits des Westlichen Meeres, welche Geheimnisse bergen die Wüsten im Osten? Ohne zu viel verraten zu wollen: Auch hierauf gibt Jordan Antworten, und diese erweisen sich als wichtiger und vor allem faszinierender, als man es zunächst glauben mag...


Schon die Welt ist eine Reise wert...

Welten und Weltenentwürfe sind elementar für die Gestaltung von Fantasyromanen. Robert Jordan hat dies zweifellos erkannt und eine Welt geschaffen, wie es sie im Bereich des Fantasygenres kaum ein zweites Mal gibt. Abwechslungsreiche Landschaften und ein vielschichtiges Konzept, das immer wieder für neue Überraschungen gut ist, machen die Welt aus »The Wheel of Time« zu einem unvergesslichen Ort, der alleine schon um seiner selbst Willen den ein oder anderen Blick wert ist.

Ich kann aber verstehen, dass die Meisten von Euch nun nicht gleich vor Freude vom Hocker fallen. So interessant die Grundkonzeption der Welt nämlich auch sein mag, sie reicht in den seltensten Fällen aus, um einen Fantasyroman wirklich lesenswert zu machen. Dazu benötigt es noch einiger anderer Elemente, wie etwa spannender und exotischer Völker und Gesellschaften samt erstaunlicher Kulturen und verblüffender Eigenarten. Gerade in dieser Hinsicht hat »The Wheel of Time« wirklich eine Menge zu bieten, und wer Fantasyromane wie ich zu einem nicht unerheblichen Teil gerade wegen der Vielfalt fremder und fremdartiger Gesellschaften zu schätzen weiß, der kann gar nicht anders, als Jordans Saga staunend zu verfolgen.

Doch Gesellschaften und Kulturen in »The Wheel of Time« sind ein anderes, enorm vielschichtiges Thema, das in aller Ruhe an anderer Stelle behandelt werden soll...

 

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