Vampir Horror-Roman – Taschenbücher - Eine Abhandlung
Vampir Horror-Roman – Taschenbücher
Eine Abhandlung
Die Namen der Autoren lesen sich wie ein 'Who's Who' der Weird Fiction (und zum Teil auch der Science Fiction und Fantasy), und so bildet das VAMPIR-Taschenbuch ein ernst zu nehmendes Pendant zu so renommierten und auch von der seriösen Literaturkritik anerkannten Reihen wie der BIBLIOTHEK DES HAUSES USHER und der BIBLIOTHEK VON BABEL. Das VAMPIR-Taschenbuch erschien monatlich (zuletzt zweimonatlich) von Oktober 1973 bis März 1980 und kann einen Bestand von 81 Bänden vorweisen. Dieser Fundus gliedert sich in 42 Romane, 16 Kollektionen und 23 Anthologien.
Von den vorliegenden 42 Romanen stammt der verhältnismäßig geringe Anteil von sieben Bänden aus der Feder deutschsprachiger Autoren, die - mit Ausnahme von Hubert Straßls/Hugh Walkers BLUTFEST DER DÄMONEN (Bd. 17) - erst in der Spätphase der Reihe erschienen. Von diesen Romanen ragen nur DIE DISCO-HEXE von Ernst Vlcek (Bd. 65) und PARASITEN DER HÖLLE von Hans-Jürgen Raben/Miles Greene (Bd. 77) heraus, die von der Qualität sind, die Hugh Walker paradoxerweise in seinem Roman vermissen ließ. Das BLUTFEST ist Walkers untypischester Gruselroman, der nicht über die Werke minder talentierter Schreiber hinausgeht. Vlceks Roman hingegen zeigt einmal mehr, wie eindringlich ein Roman sein kann, wenn man nur konsequent genug ist, den gängigen Klischees aus dem Weg zu gehen. Charismatische Nebenpersonen, komplexe Handlung und ein lakonischer Schluss kennzeichnen diesen Band. Greenes PARASITEN DER HÖLLE wiederum erinnert in seiner sprachlich ausgefeilten und thematisch ähnlich gelagerten Struktur an diverse Romane von Hugh Walker (ohne diesen jedoch zu kopieren). Die Romane DIE HEXE ISABEAU (Bd. 74) und HÖLLISCHE MÄCHTE (Bd. 79) bringen soliden Grusel mit stark erotischen Tönen, die eine Veröffentlichung im VAMPIR-Taschenbuch durchaus rechtfertigen. Nur Durchschnitt hingegen bieten DAS ERBE DES MAGIERS von Susanne Wiemer/John Wyman (Bd. 75) und DER FLUCH DES ÄGYPTERS von Elisabeth Bulla/Nelly Hamilton (Bd. 47), die leider zu sehr von den üblichen Klischees durchsetzt sind.
Die Romanübersetzungen, allesamt aus dem Englischen und Amerikanischen, erweisen sich als wahre Fundgrube, die für jeden Leser etwas zu bieten hat. Die Spanne reicht vom ältesten Werk aus dem Jahre 1917 bis hin zu den Werken zeitgenössischer Autoren. Der größte Anteil stammt aus der Feder des Amerikaners Robert Lory, der mit einer siebenteiligen DRACULA-Serie (Bde. 5, 9, 13, 19, 25, 35 und 53) die Erlebnisse des vampirischen Grafen in der Gegenwart schildert. Es zeigt sich auch hier, wie deplatziert klassische Charaktere in der Gegenwart wirken, vor allem dann, wenn der Autor nicht in der Lage ist, Atmosphäre und Stimmung über tumbe Action und störende Anachronismen zu stellen oder gewisse Elemente des Gruselromans glaubhaft zu kombinieren. So bleibt nur eine sterile, nichtssagende und oberflächliche Serie, die kaum erwähnenswert ist (die Neuauflage des ersten Bandes in der Nachdruck-Reihe DÄMONENLAND des Bastei-Verlages ist auch heute noch nicht gerechtfertigt). Auch nicht interessanter ist Lorys SOTHON - TOD AUS DEM SCHWARZEN WASSER (Band 81), der zu dem ursprünglich im DÄMONENKILLER-Taschenbuch gestarteten Zyklus 'Horrorscope' gehört.
Der Engländer Wilfred McNeilly veröffentlichte unter zwei Pseudonymen im VAMPIR-Taschenbuch. Unter Peter Saxon brachte er zwei Werke (Bde. 27 und 31 um die Hauptpersonen Lionel Marks und Steven Kane, während in den fünf Romanen, (Bde. 15, 23, 33, 37 und 56, die er als Errol Lecale verfasste, der "Okkult-Spezialist" Eli Podram im Mittelpunkt steht. McNeilly zeichnet sich in seinen Romanen durch einen starken Hang zu Grausamkeiten aus, der in den VAMPIR-Bänden gemildert scheint, jedoch in anderen Werken (die im Anne Erber Verlag publiziert wurden) voll zum Tragen kommen. Pate für diese Romane stand vermutlich der englische Schriftsteller Dennis Wheatley, der in seinen reißerischen Thrillern um Satanismus und Okkultismus eine ähnliche Tendenz zeigt. Zumindest konnte man McNeilly nicht den Vorwurf machen, er wäre unvorbereitet an seine Werke herangegangen. Intensive Beschäftigung mit okkulten Themen und vor allem dem Voodooglauben lassen sich aus allen seinen Werken herauslesen, was sich negativ vor allem auf die Lesbarkeit auswirkt. Zudem ist McNeilly kein begabter Autor, dessen Werke einen so großen Lesegenuss vermitteln würden, um dieses Manko auszugleichen.
Unter dem Pseudonym Carl Dreadstone (hinter dem sich der englische Schriftsteller John Ramsey Campbell verbirgt) erschienen vier Romane (Bde. 63, 67, 69 und 71), die originalgetreue Nacherzählungen von klassischen UNIVERSAL-Filmen bilden. Diese Bände basieren auf den Originaldrehbüchern zu den Filmen THE MUMMY (USA 1932), CREATURE FROM THE BLACK LAGOON (USA 1954), THE WOLFMAN (USA 1941) und THE WEREWOLF OF LONDON (USA 1935). Die Romanadaption DER WOLFSMENSCH wurde, da der Roman nicht die ausreichende Seitenzahl aufwies, um die Erzählung DER WERWOLF VON LONDON von H. Warner Munn ergänzt. Diese Erzählung wurde bereits in der Anthologie EISKALT IST DIE TOTENHAND (Bd. 16) abgedruckt, allerdings unter Verwendung einer anderen Übersetzung. Die Adaptionen zu zwei weiteren UNIVERSAL-Filmen (THE BRIDE OF FRANKENSTEIN, USA 1935 und DRACULA'S DAUGHTER, USA 1936) erschienen im VAMPIR HORROR-ROMAN als Nrn. 389 und 383, ebenfalls unter Carl Dreadstone.
Mit dem VAMPIR-Taschenbuch Bd. 73 legte der Verlag die Romanfassung eines der einflussreichsten Filme des Genres vor: DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN wurde verfasst vom Drehbuchautor (John Russo) des gleichnamigen Filmes, der am Anfang einer ganzen Reihe von ähnlich gelagerten Streifen stand. Weniger anspruchsvoll ist der Film THE PACK/DIE MEUTE (1977), dessen Romanversion als VAMPIR-Taschenbuch Bd. 61 erschien.
Vom englischen Autor David Case stammt der Roman DER ENTFESSELTE DÄMON (Bd. 43), der die literarische Vorlage zu einem Gruselfilm (FENGRIFFEN, Großbritannien 1974) der Produktionsfirma AMICUS liefern sollte. Der Roman wurde in gekürzter Fassung erneut als VAMPIR HORROR-ROMAN Nr. 344 aufgelegt.
Einzelromane von unterschiedlicher Qualität werden dem Leser mit den Nummern 1, 21, 39, 45, 51 und 58 geboten. Darunter ein Frühwerk des mittlerweile zum Bestsellerautor avancierten "Ratten"-Autors James Herbert, eine wohldurchdachte Fortsetzung der Frankenstein-Thematik von Paul W. Fairman und der Zeitreise-Roman HORROR-TRIP INS HEXENLAND von Irving A. Greenfield, der später noch einmal als VAMPIR HORROR-ROMAN Nr. 444 aufgelegt wurde.
Von Brian Lumley wurde ein Roman (DIE HERRSCHAFT DER MONSTER, Bd. 29) aus seinem fünfteiligen 'Titus Crow'-Zyklus veröffentlicht, ein durchaus gelungener Beitrag zu Lovecrafts CTHULHU-Mythos (ein weiterer Roman um Titus Crow sollte 1979 bei Bastei in der HORROR-BIBLIOTHEK erscheinen).
Berühmte phantastische Autoren finden sich ebenfalls mit ihren Romanen im VAMPIR-Taschenbuch. Sax Rohmer (geistiger Vater von Fu Manchu) liefert mit dem Roman DIE MUMIENKÄFER aus dem Jahre 1917 das älteste in der Reihe veröffentlichte Werk, von Fritz Leiber hingegen folgte mit SPIELBALL DER HEXEN (Bd. 41) aus dem Jahre 1943 nicht nur ein "Höhepunkt der traditionellen Phantastik in Amerika" (Rein A. Zondergeld), sondern auch die Vorlage für zwei weitere unheimliche Filme (WEIRD WOMAN, USA 1944 und NIGHT OF THE EAGLE, Großbritannien 1961). Aus der Feder der vornehmlich als Fantasy-Autorin bekannten Evangeline Walton stammt der 1945 verfasste Roman DER HEXENKREIS (Bd. 7), die romantisch-unheimliche Geschichte um ein Spukhaus. Während Abraham Merritt in seinem Roman DIE KÖNIGIN DER SCHATTEN (Bd. 60) aus dem Jahre 1934 eher seinem Ruf als Verfasser von fantasynahen Abenteuerromanen gerecht wurde, lieferte er mit dem 1933 geschriebenen Roman FLIEH, HEXE, FLIEH (Bd. 3) einen interessanten Gruselroman, der in Stil und Aufbau an die Detektiv- und Kriminalgeschichten aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts erinnert. Die Qualität dieses Werkes wurde rasch erkannt und bald nach Erscheinen von Tod Browning verfilmt (THE DEVIL DOLL, USA 1936).
Von den Kollektionen, also Storysammlungen eines einzelnen Autors, stammt der Hauptanteil von sechs Bänden vom Engländer Ronald Chetwynd-Hayes (1919-2001). Seine Geschichten gehören mit zu den gelungensten Stücken schwarzen Humors, die vor allem in den späteren Bänden eine für diese Gattung ungewöhnliche lyrische Qualität und Tragik in der Schilderung der Personen aufweisen. Diese scheinbar widersprüchlichen Ingredienzien vermochte der Verfasser auf so spezifische Weise zu kombinieren, dass man eine Chetwynd-Hayes-Geschichte schon nach wenigen Zeilen erkennt. Zudem verfolgen manche Erzählungen in ihren parabelhaften Zügen eine durchaus ernste Absicht: Außenseiter und Sonderlinge sind in Wahrheit die "wertvolleren" Menschen, die scheinbare Moral ehrwürdiger Bürger wird als Blendung entlarvt, und vor allem das Verbrechen der "Unmenschlichkeit" rächt sich bei Chetwynd-Hayes gnadenlos. Zu keinem Zeitpunkt wirken die Geschichten jedoch belehrend oder moralisierend, man kann sie auch nur aus "Spaß an der Freud'" konsumieren. Die besten Geschichten finden sich in den Bänden DER DÄMON IN DER WIEGE (Bd. 80) und 6 x PANISCHE NÄCHTE (Bd. 57); dieser Band enthält seine vermutlich gelungenste Erzählung: EIN ORT NAMENS MANDERVILLE.
Eine ähnliche Absicht verfolgte auch der deutsche Autor Wolfgang Altendorf mit seinen Erzählungen, die in den Bänden HENKERSMAHLZEITEN (Bd. 72) und VOM KOCH, DER SICH SELBST ZUBEREITETE (Bd. 62) gesammelt wurden. Bedauerlicherweise leiden diese Texte zu sehr an der Geschwätzigkeit des Verfassers, um einen stärkeren Eindruck zu hinterlassen. Der Band VOM KOCH ... stellt die Neuauflage eines bereits 1973 im Diogenes Verlag erschienenen Hardcovers dar, allerdings fehlen bei VAMPIR gegenüber dieser Erstausgabe vier Erzählungen.
Die Erzählungen des Amerikaners Jack Oleck, die in den beiden Bänden 8 x GÄNSEHAUT (Bd. 38) und ACHT LECKERBISSEN FÜR VAMPIRE (Bd. 46) gesammelt wurden, zeichnen sich weniger durch ihre literarische Qualität aus, als durch die Tatsache, dass Berni Wrightson, einer der bekanntesten amerikanischen Comic-Künstler, jede der Erzählungen mit einer seiner detaillierten Zeichnungen ausgestattet hat.
Drei Kollektionen stammen von Schriftstellern, die sich vornehmlich in anderen Genres einen Namen gemacht haben. Der SF-Autor James Gunn lieferte mit dem Band DIE HEXEN SIND UNTER UNS (Bd. 48) drei eher erheiternde Geschichten, während der vornehmlich im Kriminalmilieu tätige Edward D. Hoch mit seinen fünf Erzählungen aus der Sammlung SCHOCK UM MITTERNACHT (Bd. 26) eher dem Reihensignet "Horror-Storys" gerecht wird. Der Band DAS HAUS DES GRAUENS (Bd. 52) von CONAN-Erfinder Robert Ervin Howard bildet einen Höhepunkt innerhalb der Reihe VAMPIR-Taschenbuch. Intensiver kann sich der Leser unheimliche Geschichten nicht wünschen, und wenngleich einige der Texte einer nochmaligen Überarbeitung bedurft hätten, bietet der Band Grauen von unverhüllter Intensität. Ein weiterer geplanter Band mit Erzählungen von Howard konnte durch die Einstellung nicht mehr im VAMPIR-Taschenbuch erscheinen, er wurde jedoch im April 1981 als Bd. 84 in der Reihe TERRA FANTASY unter dem Titel DAS UNGEHEUER AUS DEM SUMPF nachgereicht. Noch augenscheinlicher als dem HAUS fehlt diesem Band der 'finishing touch', an Intensität mangelt es aber auch diesen acht Erzählungen nicht.
Keine Anthologie ist die Sammlung WETTLAUF MIT DEM SENSENMANN (Bd. 32), denn hinter den fünf auf dem Titelbild angekündigten Autoren verbirgt sich der englische Schriftsteller R. Lionel Fanthorpe, der auch hier mit seinen harmlosen Erzählungen vertreten ist.
Mit dem Namen Richard Davis bringt man eher die Anthologien-Reihe THE YEAR'S BEST HORROR STORIES in Verbindung, jedoch hat sich der Herausgeber in dem Band 8 x WÜRGENDE ANGST (Bd. 44) einmal selbst als Autor versucht, mit durchaus respektablem Ergebnis.
Ein Band mit unheimlichen Erzählungen stammt schließlich noch von einem Autor deutscher Feder: MASKEN DES TODES (Bd. 12) vereint fünf Erzählungen von Hugh Walker, die sich mitunter wie Vorstudien zu seinen unheimlichen Romanen lesen (vier der Erzählungen wurden fast zwanzig Jahre später bei Bastei als DÄMONENLAND Nr. 70 unter gleichem Titel nachgedruckt).
Den wichtigsten und literarisch bedeutendsten Anteil beim VAMPIR-Taschenbuch stellen in jeder Beziehung jedoch die Anthologien, kaum einer der 23 Bände, der nicht mit berühmten Namen aufwarten könnte. Unter der Aufsicht des Herausgebers Michel Parry erschienen neun Anthologien, die man nur in den höchsten Tönen loben kann. Die Bände RARITÄTEN AUS DES TEUFELS KÜCHE (Bd. 34) und ACHT TEUFELSEIER (Bd. 42) bilden die deutschen Ausgaben der ersten zwei MAYFLOWER BOOKS OF BLACK MAGIC STORIES, während die Bände TEUFLISCHE KÜSSE (Bd. 64) und ZEHN TEUFELSKÜSSE (Bd. 68) die zweiteilige Anthologie DEVIL'S KISSES/MORE DEVIL'S KISSES mit erotischen Gruselgeschichten bilden.
Weitere themenspezifische Anthologien bringen TEUFLISCHE KATZEN (Bd. 55) und "Konkurrenten" berühmter Schauergestalten in der "Rivalen"-Reihe. Während sich in den Nrn. 66 und 76 unheimliche Kreaturen an den Vorbildern Frankenstein und King Kong messen wollen, bildet Bd. 70 mit DRACULAS RIVALEN zugleich eine der besten Anthologien mit Vampirgeschichten, die es gibt. Eine unabhängige Anthologie Parrys ist LAUTLOS SCHLEICHT DAS GRAUEN (Bd. 22).
Bände aus renommierten Anthologie-Reihen bilden SCHREIE AUS DER SCHRECKENSKAMMER (Bd. 28), herausgegeben von Herbert van Thal (PAN BOOKS OF HORROR) und DER TOTENVOGEL (Bd. 24), herausgegeben von Richard Davis (THE YEAR' S BEST HORROR STORIES). Kurt Singer, von dem auch bei anderen deutschen Verlagen Anthologien erschienen, betreute die Bände EISKALT IST DIE TOTENHAND (Bd. 16) und SATANSBRATEN À LA CARTE (Bd. 59), während vom bekanntesten und anspruchsvollsten Herausgeber unheimlicher Anthologien bei VAMPIR lediglich ein Band erschien: Peter Haining wählte die VISIONEN DES GRAUENS (Bd. 2) aus.
Vier weitere Anthologien sind noch erwähnenswert. Neben drei Anthologien, die er für den Heyne Verlag herausgab, zeichnet DÄMONENKILLER-Autor Kurt Luif auch für GRÜSSE AUS DER TOTENGRUFT (Bd. 18) verantwortlich, während der vor allem durch seine HENKER-Romane (im VAMPIR HORROR-ROMAN und GESPENSTER-KRIMI) bekannte Uwe Voehl die sehr gelungene Anthologie DIE GALGENPUPPE (Bd. 78) mit Beiträgen deutschsprachiger Autoren herausgab. Leider wurden hier die im Vorwort erwähnten Illustrationen des Zeichners Udo Linke nicht gedruckt. Die Anthologie EXKLUSIVE ALPTRÄUME (Bd. 4), die offensichtlich vom Verlag selbst zusammengestellt wurde, beinhaltet fast ausnahmslos Material aus dem legendären Magazin WEIRD TALES.
Eine kleine Sensation bot der Verlag mit der Veröffentlichung des Bandes RENDEZVOUS MIT DEM WÜRGEENGEL (Bd. 36), wurde hier eine, wenngleich gekürzt, Ausgabe der von August Derleth im berühmten Verlag Arkham House herausgegebene Anthologie DARK MIND, DARK HEART offeriert. Eine erstaunliche Leistung.
Die Galerie der Schriftsteller, die in den Anthologien mit ihren Beiträgen vertreten sind, umfasst aus dem Bereich der unheimlichen Phantastik Namen wie Montague Rhodes James, August Derleth, Howard Phillips Lovecraft, William Hope Hodgson, Cynthia Asquith, Algernon Blackwood, Ambrose Bierce, Jean Ray und John Ramsey Campbell, während von den Science-Fiction und Fantasy Autoren wie James Graham Ballard, Catherine Lucille Moore, Brian W. Aldiss, Theodore Sturgeon, Philip K. Dick und Herbert George Wells kommen. Schriftsteller mit anderer Reputation sind Henry Slesar, Angela Carter und Conrad Aiken, Jerome K. Jerome und Fjodor Sologub.
Das VAMPIR-Taschenbuch endete mit dem Vermerk ...
"Liebe Leser ! Dies ist der letzte Vampir-Band, da die Romanserie, der Sie so lange die Treue gehalten haben, vorerst eingestellt wird."
... mit Band 81. Grund für diese Einstellung waren auch hier die schlechten Verkaufszahlen. Laut Aussage von Rainer Delfs, damals verantwortlicher Redakteur, wurde jedoch alles angekaufte Material veröffentlicht. Die Bände 1-5 hatten einen Umfang von bis zu 160 Seiten, der von Nr. 6 bis 45 auf 144 Seiten reduziert wurde, um ab Nr. 56 auf 161 Seiten anzuwachsen. Der Preis steigerte sich von 2,80 DM (Nrn. 1-42) über 3 DM (Nrn. 43-54) auf 3,80 DM (Nrn. 55-81).
Die Titelbilder, die sich bis Bd. 50 auch auf der Rückseite fortsetzen oder dort verkleinert abgedruckt wurden, stammen von einer Vielzahl von Künstlern. Besonders die frühen Bände unterscheiden sich angenehm von den üblichen Illustrationen, auch wurden auf den Nrn. 10, 12, 28, 58 und 59 zum Teil recht eindrucksvolle Fotografien oder Montagen abgedruckt (wobei sich religiöse Puristen wohl am Cover zur Anthologie SATANSBRATEN À LA CARTE empört haben dürften), während die Illustration auf Band 34 heute wohl kaum mehr den Jugendschutz passieren dürfte.
Zehn Bilder stammen vom Holländer Karel Thole (entgegen den Vermerken in den Bänden 26-30, 36, 37, 42-47, 49 und 50 wurden die Illustrationen nicht von ihm gefertigt) und acht weitere vom Russen Nikolai Lutohin. Band 37 trägt ein nachcoloriertes Filmfoto (aus PLAGUE OF THE ZOMBIES, Großbritannien 1965), während auf Band 60 das ursprünglich für den DÄMONENKILLER-Roman COCOS OPFERGANG (Nr. 149) geplante Titelbild gedruckt wurde. Die Illustrationen auf den Bänden 71 und 73 waren bereits zuvor auf VAMPIR HORROR-ROMAN Nrn. 287 und 285 zu sehen. Weitere Titelbilder wurden von Künstlern wie Manuel Prieto, Frank Frazetta und Dieter Ziegenfeuter gestaltet. Eine erstaunliche Sorgfalt wurde bei den Übersetzungen gewaltet, hier ist vor allem die Arbeit von Jürgen Saupe und Eva Malsch zu nennen. Eine besondere Erwähnung muss auch noch der (oder die) Verfasser der Klappentexte zu den Anthologien und Kollektionen erfahren, denn diese Einführungen und Inhaltsangaben sind in ihrer ironisch-sarkastischen Wortwahl meist ebenso amüsant wie die Geschichten selbst oder stehen bei "ernsthafteren" Texten in genauem Gegensatz dazu.
In seiner thematischen Vielfalt und ansprechenden Aufmachung verdient es das VAMPIR-Taschenbuch, in jedem Bücherregal mit phantastischer Literatur präsent zu sein, und noch heute, über dreißig Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes, ist es möglich, die Reihe ohne Anstrengung zu komplettieren. Eine lohnende Aussicht, auch für die Zukunft.
(Dieser Artikel erschien bereits bei gruselromane.de)
Kommentare
Aber ein paar Punkte fordern wirklich Widerspruch heraus, und das nicht nur weil man vielleicht einen anderen Geschmack hat.
1)
Man muss Robert Lory nicht mögen. (Auch wenn das mit dem Dämonenland witzig war; wenn der Roman nicht "gerechtfertigt war, dann waren es diverse andere erst recht nicht!) Aber ihn so pauschal abzuqualifizieren ist dann doch übertrieben.
Die Dracula-Serie war zweifellos Taschenbuchpulp, der für ein ganz bestimmtes amerikanisches Marktsegment entwickelt wurde, die Vigilantenserien. Natürlich lag da die Action im Vordergrund. Aber sowohl Lorys Dracula-Interpretation wie auch das Serienkonzept (Dracula als fremdbestimmte Waffe, was kann da wohl schiefgehen?) ist origineller als so mancher andere Dracula-Roman, von denen es so viele gibt. (Von den gaanz schlichten deutschen Heftcheninterpretationen ganz zu schweigen.) Ich will mich jetzt nicht über die Details der Serie auslassen, das wäre ein eigenes Thema, aber der Autor hat viel Arbeit und eigenständige Ideen in die Romane investiert. Was die Atmosphäre angeht, so ist das Geschmacksache. Ich persönlich finde die gerade die verbalen Machtkämpfe zwischen diesem Dracula und seinem "Bezwinger" Harmon hervorragend entwickelt. Aber wie gesagt, das ist Geschmacksache.
Trotzdem, nichtssagend und oberflächlich trifft hier wirklich nicht zu.
2)
Peter Saxon war ein Sammelpseudonym. Die Serie "The Guardians" war das geistige Kind von Howard Baker und George Mann. Und so ist McNeilly nur der Autor von VHT 31. VHT 27 ist von Rex Dolphin verfaßt.
"The Specialist", die Eli-Podgram-Romane, sind aber allein McNeillys Kind. Interessant an der Serie ist, dass es eine frühe historische Horrorserie ist, die in viktorianischen Zeiten spielt. Ich stimme mit dir überein, dass die Romane im Original recht handfeste Gewalt haben, wie alle englischen Horrorromane der Zeit, aber die sind in der Übersetzung wahrlich geglättet. Darüber hinaus ist das nicht einmal im Ansatz mit den späteren Splatterromanen zu vergleichen. McNeilly mag kein großer Stilist sein, aber ihn als "unbegabt" abzuqualifizieren ist reichlich übertrieben.
Übrigens fehlt auch hier wie bei Dracula (da waren es noch mehr) ein Roman der Serie, was ziemlich unverständlich ist, wenn man ihn liest. Da ist nichts Anstößigeres drin als in anderen.
3)
Von den vielen Anthologien sind eigentlich die meisten nicht vollständig, nicht allein der Derleth. Da fehlen immer ein paar Geschichten, was der Umfangbegrenzung zuzuschreiben ist. Aber manchmal war es wohl auch der Zensurteufel. Leider fehlt in "Zehn Teufelsküsse", einem Vorläufer der "Hot Blood"-Reihe, ausgerechnet die Geschichte, wegen der man den Verlag in England zwang, das Buch aus dem Handel zu nehmen, wenn er nicht wegen "Verbreitung obszöner Schriften" vor Gericht landen wollte. Auch von dem Originalpseudonym "Linda Lovecraft", unter dem Parry die Bände veröffentlicht hat, war Pabel nicht angetan. Schade
Der Rest ist Geschmacksache. Ich persönlich finde z.b. Chetwynd-Hayes größtenteils öde und seine "humoristischen" Stories unlesbar und peinlich. Aber da gehen die Meinungen auseinander
Die Rezension (einigen wir uns vielleicht auf diese Bezeichnung) entstand etwa 1987-90, jedenfalls noch an der Schreibmaschine getippt, und ist seither unbearbeitet geblieben (von einem einzigen Satz abgesehen). Diese Arbeit sei also hiermit "zum Abschuss freigegeben", was heißen soll, dass jeder seiner Meinung und sein Wissen (was ich damals zum Teil wegen fehlenden Internets und der Weisheit, die man bekanntlich mitunter erst im Alter erreicht, nicht hatte)einfließen lassen kann und soll (siehe den VHR im Heft).
Und wenn man dann irgendwann auf dem neuesten Stand ist, wird daraus vielleicht wirklich so etwas wie ein Standardwerk. Wie heißt es doch so schön: Teamwork ist das, wenn alle das tun, was ich will.
Und seid bitte gnädig mit mir und meinen unschuldigen Kind...
Leider - oder Gott sei Dank ? - kenne ich die Story von Chris Miller eben nicht. Bloß um da mal reinzublättern ist mir das Teil im Original zu teuer. Ich fand das Ganze nur erstaunlich, wenn man mal ein paar Masterton-Romane oder auch Laurence James-Romane gelesen hat, fragt man sich natürlich, was die Leute so aufgebracht hat
Aber eigentlich hast Du das toll recherchiert. Ich wollte, ich hätte vor 25 Jahren so viel über die Originale gewusst. Infos über Peter Saxon sind ja nun wirklich esoterischtes Nerdwissen, und ich weiß nicht, ob ich die Gehirnzellen nicht für was Besseres hätte verbrauchen sollen
Für die Zeit in der Tat starker Tobak. Heutzutage ist so was ja leider schon Mainstream.
"Als VAMPIR-Taschenbuch Band 71 erscheint:
Carl Dreadstone
Der Werwolf von London
Horrorroman (in Vampirzeichen)"
Ich in meiner jugendlichen Naivität dachte damals, der Roman wäre in einer Art Hexenalphabet gesetzt, wie es auch im DK-Roman Der Spinnenküsser erwähnt wird. Die Enttäuschung war einen Monat später natürlich groß, als sich der Hinweis als verlagsinterner Hinweis entpuppte, der versehentlich abgedruckt worden ist und sich lediglich darauf bezogen hat, den Roman unter dem VAMPIR-Signet erscheinen zu lassen; da hat der Setzer schlicht und einfach gepennt...und der Roman war natürich normal gedruckt.