Ein ehernes Gesetz gerät ins Wanken. Am 15.2.2005 erschien im Bastei-Verlag eine neue Science-Fiction-Serie. Ihr Schicksal schien vorprogrammiert. Gegen die übermächtige Konkurrenz von Perry Rhodan konnte sich in den letzten 48 Jahren im Heftbereich keine andere Serie für längere Zeit behaupten. Zuletzt hatte es die Serie Bad Earth, ebenfalls aus dem Hause Bastei erwischt. Trotz eines gut durchdachten Konzepts war nach nur 45 Bänden Schluß.
Inzwischen hat Sternenfaust alle Rekorde gebrochen. Genau vier Jahre lang erfreut die Serie ihre Leser und hat es dabei auf mittlerweile 105 Romane gebracht. Zeit einmal genauer hinzusehen und nach dem Grund für diesen erstaunlichen und unerwarteten Erfolg zu suchen. Was macht Sternenfaust besser als die anderen Konkurrenten des übermächtigen PR? Liegt es am Konzept oder eher an den Autoren? Oder macht man beim Erben des Universums etwas falsch?
Werfen wir zuerst noch einen Blick auf die gescheiterten Konkurrenten. Als erstes versuchte M
ark Powers aus dem Hause
Pabel, dem Erben des Universums Paroli zu bieten. Nach nur 48 Heften zwischen 1962 und 1964 war dann Schluß.
1966 wollten es gleich zwei Konkurrenten wissen.
Ren Dhark von
Kelter und
Rex Corda von
Bastei erschienen auf dem Markt. Beide im Vergleich zu dem lange Zeit ohne Exposé und Abstimmung zwischen den Autoren publizierten Mark Powers handwerklich hervorragend gemacht. Für Corda kam das Aus trotzdem noch im gleichen Jahr nach 38 Heften, der gänzlich auf die Person Kurt Brands ausgerichtete Ren Dhark war zäher, brachte es immerhin auf 98 Romane und war bis ins Jahr 1969 präsent.
Danach versuchte es Brand 1972 mit der neuen Serie Raumschiff Promet (Arn Borul - Von Stern zu Stern) bei einem kleinen Verlag. Ein gänzlich neues Konzept fernab von Militär und Raumschlachten begeisterte zwar die Leser, trotzdem war nach nur zwei Jahren und 65 Bänden Schluß, weil zwei Verlage wirtschaftlich scheiterten.
Mit einer amerikanischen Serie, die von deutschen Autoren ergänzt wurde, versuchte es 1975/76 noch einmal der Bastei-Verlag. Das Aus für nur locker verküpfte Einzelabenteuer bei Commander Scott kam mit Band 42. Es folgten 1977-81 die Zweitauflage von Ren Dark und 1978/79 Erde2000 aus dem Marken-Verlag. Aber auch die Fortsetzung der erfolgreichen Zeitkugelromane mit eher kritischen Ausblicken in die Zukunft brachte es nur bis Band 44. Ein letzter ambitinierter Anlauf kam dann wieder aus dem Hause Bastei. Die Terranauten verbanden solides Serienhandwerk mit grünem Gedankengut. Immerhin 99 Hefte lang behaupteten sie sich zwischen 1979 und 1981 auf dem Markt. Danach war erst mal Schluß. Zu erwähnen sind nur noch die dritte Auflage von Ren Dhark 1987-90 und das kurzlebige Star Gate 1986. Egal ob zyklische Serie oder lose verbundene Einzelromane, das Ergebnis war bisher immer gleich: Es kann nur einen geben!
Auch Sternenfaust hatte zunächst einen holprigen Start. Ursprünglich sollten drei Autoren die Serie schreiben. Einmal Alfred Bekker, der über große Erfahrung aus anderen SF-Serien verfügte, und dann Christian Montillion und Christian Schwarz, die den meisten eher aus ihren Beiträgen bei Professor Zamorra bekannt waren. Dazu sollte Luc Bahl, im Bereich Heftroman ein noch ziemlich unbeschriebenes Blatt, gelegentlich ein Heft beitragen. Doch schon nach weniger als einem Dutzend Romanen musterten Montillion und Schwarz ab. Mara Laue (M'Raven) wurde dafür ins Boot geholt. Dieses Trio, zeitweise unterstützt von Volker Krämer, schrieb dann bis zur Nummer 75 alle Sternenfaustromane. Bekker, der zusammen mit dem Redakteur Holger Kappel das Sternenfaustuniversum und seine technisch-physikalischen Grundlagen entwickelt hatte, war bestimmend für die technische Seite und den allgemeinen Überblick, Laue entwickelte viele interessante Charaktere und Bahl bewegte sich mit Vorliebe in exotischen Kulturen und ausgefallenen Szenarien.
Der Erfolg der Serie führte dazu, dass der Zaubermond-Verlag eine HC-Reihe herausgab, die zeitlich einige Jahre vor der Heftserie angesiedelt ist. Hier wurde die Vergangenheit einiger Charaktere näher beleuchtet. Alleiniger Autor war Bekker, der dadurch aber auch sein Engagement in den Heftromanen einschränkte. Mitte der 50er Bände wandte sich Kappel anderen beruflichen Zielen zu und Sascha Venneman trat an seine Stelle als Lektor. Kurz darauf übernahm Susanne Picard die redaktionelle Leitung. Nach Band 75 schied Bahl aus, dafür traten Picard, Vennemann und Michelle Stern als Autoren auf. Seit Ende letzten Jahres erscheint eine gebundene Zweitauflage im Mohlberg-Verlag.
- a) Es fällt auf, dass Sternenfaust ist nicht nach einer Person benannt wurde, wie sonst allgemein bei den Heftreihen üblich. Nein, hier ist ein Raumschiff der Namenspatron. Gut bei Raumschiff Promet gab es dies auch schon mal. Aber damit ergeben sich für die Gestaltung einer Serie schon ganz andere Möglichkeiten als bei der Fixierung auf einen einzigen Hauptcharakter.
- b) Der Kommandant des Schiffes und damit die eigentliche Hauptperson ist mit Dana Frost eine Frau. Damit betritt man im Heftbereich absolutes Neuland. Bei allen anderen Serien waren es gut aussehende, intelligente Männer vorzugsweise mit einigen herausragenden Fähigkeiten. Dana Frost mit ihren 1,70 cm kann sich schlecht vor ihren Besatzungsmitgliedern aufbauen und sie allein durch ihre Größe einschüchtern. Allerdings wurde nicht versäumt sie ansonsten mit allen für die Hauptpersonen grundlegenden Eigenschaften auszustatten. Sie ist kompetent, in Kampfsportarten geübt und hat sich bei den Besatzungsmitgliedern einen Ruf als "Eisbist" verschafft.
- c) Die Technik im Sternenfaustuniversum bewegt sich auf einem eher bodenständigen Niveau. Unterschiedliche technische Gegebenheiten der einzelnen Völker wurden (zumindest am Anfang) akribisch herausgearbeitet. Die Darstellung der Technik erinnerte zunächst an die alten Zeiten der frühen PR-Romane unter der Ägide von K.H.Scheer.
- d) Die Völker im Sternenfaustuniversum waren überschaubar und klar herausgearbeitet. Mit den J'ebeem, den Kridan, den Starr, den Mantiden und den Menschen gab es fünf einflußreiche und annähernd gleich starke Gruppierungen. die miteinander konkurrierten. Dazu kamen einige mehr oder weniger unbedeutende kleinere Zivilisationen. (Dies änderte sich allerdings in Bekkers HCs, wo er noch eine Anzahl anderer Völker hinzufügte).
- e) Die unterschiedlichen Schreibstile und thematischen Schwerpunkte der Autoren schufen eine abwechslungsreiche Serienhandlung.
- f) Man verzichtete weitgehend auf Mutanten und Überwesen, wenn es auch mit den Relikten der Toten Götter von Anfang an Hinweise auf eine frühere hoch entwickelte Zivilisation gab.
- g) Bei Sternenfaust gab es zumindest zeitweise Raumschlachten zuhauf. Insgesamt fällt der im Vergleich zu PR unbefangenere, selbstverständlichere Umgang mit militärischen Auseinandersetzungen auf.
- h) Der Rote Faden der Serie war zunächst gar nicht vorhanden und dann auch nur sehr dezent gesetzt. Das Ganze verlief eher nach dem Muster "Abenteuer der Woche". Erst zwischen Band 52 und Band 75 gab es einen mit PR vergleichbaren "Zyklus".
- i) Kennzeichen der Serie ist auch die wechselnde Besatzung. Immer wieder wurden liebgewonnene Charaktere herausgeschrieben. Im günstigsten Fall wurden sie versetzt, aber etliche starben auch den Serientod und es ging der Spruch unter den Fans um: "Es kann jeden erwischen!"
Zusammenfassend lässt sich sagen, Sternenfaust hat sich mit einer bodenständigen Technik, einem zwar ausgefeilten, aber doch überschaubarem Universum und einer originellen Hauptfigur klar positioniert. Zwar wurde damit nichts völlig Neues kreiert, aber man hat offensichtlich eine Nische gefunden und deckt Bedürfnisse ab, die durch PR mit seinen ausgeprägten und langwierigen Zyklen nicht befriedigt werden. Beim Erben des Universums hat man zwischenzeitlich reagiert und versucht, mit PRA eine ähnliche Zielgruppe zu erreichen. Auch hier verzichtet man auf langwierige Zyklen und setzt auf verhältmismäßig überschaubare Technik und einen höheren Anteil von Schlachten und Kämpfen.
Wie wird es weitergehen mit Sternenfaust? Mit Band 100 hat man einen Zeitsprung gemacht und ein völlig neues Konzept entwickelt. Man arbeitet jetzt stärker mit den Charakteren und schildert das Leben an Bord des nun größeren Schiffes. Alfred Bekker hat die Serie inzwischen verlassen, neue Autoren wie Simon Borner und James Halske dürfen sich beweisen. Striktere Exposévorgaben bewirken ein einheitlicheres Erscheinungsbild der Serie. Bleibt abzuwarten, wie dies bei den Lesern ankommt! Ob wir uns auf weitere 4 Jahre Sternenfaust freuen dürfen? Es liegt sicher nicht allein in der Hand von Susanne Picard und ihrer Mannschaft. Viel wird auch davon abhängen, wie PR in Zukunft auf die Konkurrenz reagiert. Momentan heisst es jedenfalls: Es kann auch zwei geben!