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Geister jagen mit Sinn und Verstand - Kuegler und sein Morus

Geister jagen mit Sinn und VerstandGeister jagen mit Sinn und Verstand
Kuegler und sein Morus

Wer - wie ich - in Sachen Horror zunächst vom Heftroman sozialisiert worden ist, der kennt in erster Linie einen Typ Geisterjäger, der mit vielerlei Waffen ins Gefecht zieht, dazu zählen auch Schusswaffen jeder Art oder auch Schwerter, Säbel, Peitschen und nicht zuletzt magische Artefakte jedmöglicher (oft mehr schlecht als recht) erfundener Herkunft. Der Verstand und das Wissen spielt zumeist eine der Feuerkraft untergeordnete Rolle (wenn überhaupt).


0Dietmar Kuegler kennt die Typen auch, wenn er diese Sorte der Geisterjäger auch nur am Rande wahrgenommen haben dürfte, denn er hatte ja auch mehr Cowboys und Indianern und einem Typen namens Ronco zu tun, dessen Geschichte er zu erzählen hatte.

Als das Geschäft mit den Heftromanen für ihn mit Fernfahrerabenteuern (320PS Jim und Trucker King) so langsam zu Ende ging und der Verlag für Amerikanistik den Mann noch nicht so recht nährte, schrieb Kuegler noch Jugendbücher. Da war was über einen Inspektor, der seine Fälle mit Hilfe von Edgar Wallace bzw. dessen Romanen zu lösen pflegte.

Die Jugendbücher waren in den Achtzigern noch nicht notwendigerweise so dick wie Bohlen (und damit ist nicht der Dieter gemeint), sondern konnten auch kürzer oder ebensolang sein wie ein Heftroman.

Zum Zeitvertreib (und vermutlich gegen gutes Honorar) schrieb Kuegler aber auch Kurzgeschichten. Einige davon erschienen in »Vanessa - Herrin der Geister«, einem Comic für Mädchen mit übernatürlichen Elementen. Da war dann auch die Geschichte über Die Gestalt auf der Klippe. Diese Geschichte wurde dann zur Vorlage des ersten Abenteuers des Kuegler'schen Geisterjäger Daniel Morus. Zur Mitte der Achtziger Jahre erschien der erste und einzige Morus-Roman dann im Verlag A. Weichert, Hannover.

Geisterjäger M jagt das PhantomDer Roman trug den aufsehenerregenden und schrillen Titel Geisterjäger M jagt das Phantom. Dieser Titel wird dem Roman so gar nicht gerecht und verspricht eher für das Kinder-/Jugendbuch angepassten John Sinclair oder einen seiner Artgenossen. Dem ist aber ganz und gar nicht so.

Morus ist keiner dieser Einmann-Armeen um die 30, die im Zweifel ganze Waggons voller Ghouls niedermetzeln oder mittels Amuletten Dämonen Antlitz der Erde fegen und mit Monstren in physische Auseinandersetzungen geraten. Morus ist ein anderer Typ, der nicht auszieht wie jemand, der Omaha Beach erstürmen will, sondern einer dessen wichtigste Waffe der Verstand und sein Wissen um die Welt des Übersinnlichen ist. Morus ist auch nicht mehr nicht mehr der Jüngste und von Kampfkünsten und Waffenkenntnissen ist bei ihm nicht die Rede. Das klingt nicht besonders spannend. Ist es aber.

Geister jagen mit Sinn und VerstandSehen wir uns einmal den Klappentext der Neuauflage unter dem Titel Die Klippen der Angst (wesentlich treffender) bei der Edition Bärenklau an.

Sein Name ist Daniel Morus. Er kennt die Bedrohung durch die Mächte die Schattenwelt, die nur darauf lauern, im geeigneten Augenblick die Welt der Menschen zu betreten und Unheil zu verbreiten. Zusammen mit dem Inder Rashpur ist Morus immer dort, wo den Menschen von den Dämonen aus der Schattenwelt Gefahr droht.
Diesmal führt ihn sein Weg in die kleine Stadt Treen. Ein Mädchen namens Rosanna Fernes hat sich verändert. Es heißt, sie sei vom Teufel besessen, und ihre Eltern sind ratlos. Daniel Morus findet heraus, dass ein alter Fluch über der Familie Fernes liegt, der bis ins Jahr 1826 zurück geht. Und diese Schatten der Vergangenheit sind wieder gegenwärtig: in der Gestalt eines Mannes namens Benbow, der schon lange tot ist...

Ein alter Fluch bedroht das Leben eines Teenagers. Gegen rationale Argumente wird Daniel Morus und sein indischer Assistent Rashpur herbeigerufen. Morus weiß um die Zwischenwelten, Geister und Gespenster. Er versucht - auch gegen den Widerstand der Eltern das Mädchen vor dem Fluch zu retten.

Dass es ihm gelingt dürfte bei einem Jugendbuch dieser Zeit außer Frage stehen, aber das ›Wie‹ ist entscheidend. Morus' Waffe ist sein Verstand und den setzt er ein. Er entschlüsselt das Geheimnis, warum ausgerechnet das Mädchen vom Fluch befallen war und bricht denselben.

Kuegler hat diesen Weg nicht zufällig gewählt. Auch nicht, weil er eine Alternative zu den schwer bewaffneten Hefthelden suchte oder weil im Jugendbuch der Achtziger noch eher wenig und wenn erst recht nicht gewalttätig gestorben wurde.

Als ich mich damals wegen der Hefte mit allem möglichen Kram befasste habe ich so manches Sachbuch gelesen. Auch welche über Spiritismus und Geisterglaube. Manche der Erklärungen, die Kuegler seinem Morus in den Mund legt, kommen mir bekannt vor. Der Plan scheint also in der Tat gewesen zu sein, dass Morus sich mit nicht-physischen Wesen aus dem Bereich des Übersinnlichen auseinandersetzen sollte. Kuegler hat sich wie immer in seinen Stoff eingelesen zu haben. Egal, ob Western, Ritterabenteuer vor historischem Hintergrund oder Krimi, Kuegler hat sich schlau gemacht und lieber Dinge adaptiert als sie schlecht selbst zu erfinden. Das macht den Roman um Daniel Morus noch heute zu einer spannenden und abwechslungsreichen Lektüre.

Was mir Sorgen macht, dass da ein Autor ohne diese Sach- und Fachkenntnis und wenig Einfühlungsvermögen, sich an Fortsetzungen versuchen könnte. Einer, ders ich eben nicht mit Spiritismus befasst und dann munter drauflos fabuliert was der Vorgabe Kueglers dann kaum gerecht werden dürfte. Dem Roman gerecht zu werden bedarf fundierter Kenntnisse und einer Phantasie, die nicht auf den Pfaden mit Vampiren, Dämonen und Werwölfen wandelt, sondern körperlose, aber nichtsdestotrotz gefährliche Widersacher erfinden kann, die man mit Wissen und dem Geist bezwingen kann.

Ich kann diesen Gruselroman jedem zur Lektüre empfehlen. Er hat meine Erwartungen übertroffen und ist eine wunderbare Lektüre. Kuegler bewährt sich auch auf dem Gebiet des Unheimlichen. Inzwischen finde ich es fast schade, dass er so sehr dem amerikanischen Westen verhaftet ist.

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