Sub- und Miniserien in Terra und Utopia: Flaggschiffe, Flottenkadetten und Flops - Keine Power gegen Perry - MARK POWERS
Flaggschiffe, Flottenkadetten und Flops
Folge 2:
Keine Power gegen Perry - MARK POWERS
Nachdem beim damaligen Konkurrenten Moewig Perry Rhodan 1961 mit gigantischem Erfolg abgehoben hatte, wollte man bei Pabel nicht zurückstehen und brachte als ersten Versuch, PR Konkurrenz zu machen, ab 1962 nach kurzer Vorbereitungszeit „Mark Powers – der Held des Weltalls“ auf den Markt. Zuerst kam Mark Powers aber nicht als eigenständige Serie, sondern die ersten 17 Hefte erschienen im Utopia Kleinband, beginnend mit der Nr. 320 abwechselnd mit serienunabhängigen Romanen.
Grundsätzlich hieß es über Mark Powers:
"Ehemals Offiziere, wegen zuviel Zivilcourage gegangen, jetzt quasi als Privaterkunder hinter Sachen her, die der Staatsapparat nicht schnell genug untersuchen kann. Staatliche Stellen werden dann natürlich zu gegebener Zeit eingeschaltet."
(Zitiert aus: Markus R. Bauer: Nachwort zu H. K. Schmidt/Höllenbrut; siehe Titelliste)
Nach diesen Heften wurde Mark Powers ausgekoppelt, es erschienen dann insgesamt 48 Bände in der eigenständigen Serie. In der Spätphase wurde Mark Powers wieder in Utopia integriert. In jedem zweiten Utopia-Heft zwischen Nr. 404 und 420 erschienen noch neun Bände, davon ein Doppelband. Im „letzten“ Band ging Mark Powers samt der gesamten Besatzung seines Raumschiffes „Meteor“ bei einer gefährlichen Rettungsaktion gegen Außerirdische scheinbar hoffnungslos „im Zeitstrom verschollen“. Damit endete die Serie durch das Verschwinden der Helden mit einem Knalleffekt. Allerdings erschienen im darauffolgenden Jahr noch drei weitere Bände, in denen der „Ausbruch aus der Ewigkeit“ und die Rückkehr der Helden in die Gegenwart der heimatlichen Galaxis geschildert wurde. Damit wurde der Serie noch ein zweiter, versöhnlicher Abschluss vergönnt. Diese drei Bände hatten allerdings auf der Titelseite keinen Hinweis auf Mark Powers mehr.
Mark Powers konnte Perry Rhodan nie annähernd das Wasser reichen. In den ersten Bänden gab es kein durchgehendes Exposé, so hatten die Bände außer den Namen der Hauptpersonen Mark Powers und Al Bighead „Biggy“ (man beachte die Ähnlichkeit des Spitznamen mit Reginald Bull „Bully“ aus PR), kaum einen gemeinsamen Handlungshintergrund. Die erste Staffel in den Utopia-Zukunftsromanen und die ersten 16 Bände der eigenständigen Serie beruhten auf einem Konzept des anfänglichen Hauptautors Paul Alfred Müller alias Freder van Holk. Dieses Konzept beschrieb nur sehr grob den Serienhintergrund. Als bevorzugtes Thema wurde die Abwehr von Invasoren aus dem Weltall vorgeschlagen.
Solange die Bände von Müller und seinem Schüler und Freund H. K. Schmidt alias I. v. Steen geschrieben wurden, ging das noch relativ problemlos, aber als weitere Autoren dazukamen, waren grobe Widersprüche zwischen den einzelnen Bänden nicht mehr zu übersehen.
„Die mangelnde Koordination war so schlimm, dass die Menschheit in einem Heft gerade den Mond erreicht, im nächsten die halbe Milchstraße erforscht hatte, und im übernächsten eben dabei war, eine Raumstation zu konstruieren.“
(Alpers/Fuchs/Hahn/Jeschke: Lexikon der Science Fiction-Literatur Teil 2, Heyne Verlag 1980)
Hinzu kam, dass der ironische Unterton der Romane von Müller sowie die Versuche, Elemente der Hohlwelttheorie in den Romanen zu platzieren, deren Anhänger Müller und Schmidt waren, beim Verlag nicht gut ankamen. Die beiden Autoren schieden daher mehr oder weniger in Unfrieden aus dem Autorenteam aus.
Neuer Chefautor wurde der von „Jim Parker“ bekannte Alf Tjörnsen, ihn löste später Manfred Wegener ab. Die weiteren Autoren zusätzlich zu den vorweg genannten, die für Mark Powers schrieben, waren W. P. Hoffmanns, J. E. Wells (Eberhard Seitz), Jay Grams (Jürgen Grasmück), H. G. Francis, Peter Theodor, W. W. Shols (Winfried Scholz), H. G. Neubert, Hermann Peters unter den Pseudonymen Staff Caine und Jeff Mescalero sowie Axel Nord. Die Mark Powers-Romane des Autors J. E. Wells waren in Wirklichkeit Nachdrucke von bereits früher erschienenen Romanen, bei denen die Hauptpersonen einfach umbenannt wurden, um in die Serie zu passen. Da der Schreibstil von Wells äußerst gewöhnungsbedürftig war (z. B. waren seine Romane teilweise im Präsens geschrieben) und seine Themen auch im Vergleich mit anderen Durchschnittsautoren einfach unterirdisch waren, ging diese Vorgangsweise komplett in die Hose und trug kräftig dazu bei, den Seriencharakter von Mark Powers als reine Karikatur zu sehen.
Diese gravierenden Probleme wirkten sich natürlich auf die Verkaufszahlen aus, und so wurde Mark Powers ab Band 17 der eigenständigen Serie ein „Reboot“ verordnet. Das Handlungsexposé wurde erweitert, die Anzahl der Protagonisten erhöht und mit der „Meteor“ ein eigenes Raumschiff samt Stammbesatzung für Mark und Biggy eingeführt. Bei den zusätzlichen Hauptpersonen konnte man in dem marsianischen Wissenschaftler Chrech Acham unschwer einen Crest-Verschnitt erkennen, außerdem erdreistete man sich, mit dem telepathischen Eichbären Smarty (!!!) PRs Mausbiber Gucky unverhohlen zu kopieren. Es wurde außerdem eine Leserkontaktseite eingeführt und die Namen der Autoren genannt, denn die bisherigen Romane waren anonym erschienen. Auch die neuen Romane hatten trotz der Verbesserungen keine wirklich durchgehende Linie, denn jeder der Autoren verfolgte mehr oder weniger seine eigene Subserie. Deutlich wird dies z. B. bei den Romanen um den Pyrotiker Sangar vom Planeten Wega IX, der nur bei den von H. G. Francis geschriebenen Romanen in den Bänden 27, 36, 41 und 44 die Hauptrolle spielt. Die Themen der Romane insgesamt wurden zwar vielfältiger als bei den früheren Bänden, konnten aber das Ruder nicht mehr herumreißen.
Nicht ganz so krass wie bei den Wells-Romanen war das Recycling bei den Bänden 33 und 34, da hier nur das gleiche Thema ein zweites Mal aufbereitet wurde. Die beiden Hefte mit den Titeln „Planet der Finsternis“ und „Transpluto schlägt zu“ von Alf Tjörnsen wecken nämlich Erinnerungen an den Transpluto-Dreiteiler desselben Autoren um Captain Wilkens in den Utopia-Bänden 231, 235 und 249. Es handelt sich aber in diesem Fall definitiv um keinen Nachdruck, wenngleich das Grundmotiv der Invasion durch die unheimlichen Transpluto-Bewohner aus der Captain-Wilkens-Serie wiederverwendet wurde. Es wurden ganze Textpassagen ähnlich geschrieben. In U 249 heißt es am Schluss des Bandes: „Da Menschen und Transplutonier so verschieden sind, dass sie nicht miteinander leben können, sollen sie ihre Lebenssphären für alle Zukunft voneinander abgrenzen.“ Die Schlussfolgerung in MP 34 ist analog:
„Aus der Erkenntnis heraus, dass Terraner und Transplutonier von zu verschiedener Wesensart sind, um zu einer wahren Partnerschaft zu kommen, sieht der Vertrag vor, dass jeder Planet den anderen respektieren und den Lebensraum seiner Bewohner nicht mehr verletzen soll.“
Der Großteil der Mark Powers-Titelbilder wurde von Rudolf Sieber-Lonati gestaltet. Obwohl Lonati ein begabter und bei vielen Lesern beliebter Künstler war, konnten seine Cover für meinen Geschmack nicht mit den technik- und actionbetonten Bildern von Johnny Bruck bei PR mithalten. Lonati hat einen düsteren, oft surrealistischen Touch in seinen Bildern, nach meiner Meinung passen sie wesentlich besser zu Krimis oder Gruselromanen. Das ist natürlich Geschmackssache!
Eine Ausnahme bilden für mich die Titelbilder der Nummern 37 und 42. Das Bild mit den grünhäutigen Außerirdischen mit gelben geschlitzten Katzenaugen, die sich über das gestrandete Raumboot beugen sowie das andere mit dem knienden gestrandeten Raumfahrer, der verzweifelt die Faust gegen „die gnadenlose Sonne“ hebt, von der eine Materiespirale wegführt, haben mich schon als Jugendlichen begeistert. Die Aufmachung der Titelbilder der eigenständigen Serie lehnte sich unverkennbar an den großen Konkurrenten PR mit dem Titellogo in der oberen linken Ecke sowie dem Streifen unten mit dem Romantitel, Untertitel und Preis an.
Trotz der beschriebenen Mängel scheint Mark Powers eine gewisse Faszination ausgestrahlt zu haben, denn lange nach dem Serienende erschienen wieder Romane um unseren Protagonisten. Der Sammler Heinz Wipperfürth brachte 2004 mit „Die Sternseherin von Gedd“ eine liebevoll geschriebene Hommage heraus, die in der Neuauflage im gleichen Jahr mit einer umfangreichen Werkaufstellung versehen wurde, der dieser Artikel einiges schuldet. 2004/05 erschienen bei Hary-Production 2 Romane von Thomas Pensator, die ebenfalls wie die „Sternseherin“ in der Phase spielten, in der Powers im Zeitstrom verschollen war. Im Schweizer SSI-Verlag, in dem unter anderem auch eine umfangreiche Biografie des Sun Koh-Autors und Mark Powers-Gründers Paul Alfred Müller erschienen ist, wurde 2006 mit „Höllenbrut“ ein Roman von H. K. Schmidt alias I. v. Steen in der Aufmachung der früheren Heftserie publiziert. Dieser Roman war seinerzeit vom Verlag abgelehnt worden und musste deshalb viele Jahrzehnte auf sein Erscheinen warten. 2008 – 2011 brachte der Mohlberg-Verlag schließlich eine Sammelausgabe in 27 Bänden heraus, damit ist das Kapitel Mark Powers wohl endgültig abgeschlossen!
PS: Mit großem Interesse und Vergnügen habe ich hier im Zauberspiegel den überaus exakt recherchierten Artikel von Uwe Weiher über eine Parallelwelt gelesen, in dem glasklar aufgezeigt wird, warum Mark Powers ein Riesenerfolg wurde und mittlerweile dem 2500sten Band entgegenstrebt (Gewinner und Verlierer. Was macht eine SF-Serie erfolgreich?). Perry Rhodan dagegen musste nach 199 Bänden eingestellt werden, wird aber immerhin jetzt in einer Sammlerausgabe im Mohlberg-Verlag herausgebracht, sodass auch diese Serie glücklicherweise nicht endgültig vergessen wird.
Von Paul Alfred Müller alias Freder van Holk erschien in der Utopia-Reihe übrigens noch eine vierteilige Serie über den Helden Bert Pratt. Hier wurde eine ähnliche Vorgehensweise wie bei den J. E. Wells-Romanen gewählt: Der Name des Hauptprotagonisten wurde für diese Ausgabe umbenannt. Im Original handelte es sich um niemand anderen als den berühmten Helden Sun Koh! Für die Heftausgabe wurden 4 Romane aus der früheren Leihbuchausgabe der Sun-Koh-Heftserie stark gekürzt, um sie auf Heftlänge zu bringen. Die Leihbuchausgabe ihrerseits war eine Auswahl von 37 Sammelbänden aus der ursprünglichen Heftserie, die in den dreißiger Jahren mit 150 Heften erschienen war. Dabei wurden für jede Buchausgabe 4 – 5 Hefte verwendet, mit Überleitungen zusammengefasst und weniger interessante Hefte ausgelassen. Somit war Bert Pratt die Heftausgabe einer Buchserie, die wiederum auf einer Heftserie beruht. Alle Klarheit beseitigt?
Das gleiche Konzept wie in der Sun Koh-Leihbuchausgabe wurde bekanntermaßen später bei den Perry Rhodan-Leihbüchern (die aber nur jeweils 2 Hefte enthielten) und noch später bei den Silberbänden erfolgreich wiederverwendet.
Kommentare
Das geht in dem Fall leider nicht, weil ich nur die Heyne-Bibliotheksausgabe besitze, aber tatsächlich habe ich zum Thema Übersetzungen bereits einen Absatz über die "Lensmen" im Köcher, Das passt auch sehr gut, zumal es auch um die gleiche Ära geht.