Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Die Blutsauger
Der Vampir-Horror-Roman
Die Blutsauger
Die Blutsauger
Mein Senf
Hurra, der Vampir Horror-Roman feiert Jubiläum. Seit fünfzig Nummern unterhält er nun schon die Leser mit Geschichten aus der Welt des Phantastischen. Scheinbar hat man bei Pabel auf das richtige Pferd gesetzt. Im Herbst des Jahres 1974 löste sich der Dämonenkiller, wurde zur eigenen Serie und Anfang `75 kam dann das Taschenbuch auf den Markt. Von alter Tante VHR konnte man noch lange nicht sprechen aber auf ihrem Rücken wuchsen schon die ersten Ableger. Pünktlich zur Jubelnummer erhöhte man auch gleich mal den Preis um 20 Pfennig. Ein satter Anstieg den der Leser aber wohl verschmerzt hat, denn von Protesten und Umsatzeinbußen habe ich nichts gehört. Zu dieser Zeit dürfte noch alles im grünen Bereich gewesen sein und die Zukunft sah für die Heftromanbranche mehr als rosig aus. Mindestens noch 10-15 Jahre sollte es dauern, bis die Luft für die Gruselhefte so langsam dünner wurde und der Markt überschaubar wurde. Der VHR starb 1981 eigentlich viel zu früh und blieb bis dahin seiner Linie treu. Zwar gab es nicht mehr so viele Übersetzungen, und schon gar nicht aus Frankreich (schade), aber es gab sie. Zur Qualität kann ich noch nichts schreiben (und ich bezweifle dass ich jemals so weit kommen werde), aber ich denke mal ( und was man so hört), dass die glorreiche Zeit der ersten 100 Romane später nicht mehr erreicht wurde. Oder bröckelte das Niveau jetzt schon nach 50 Nummern ein wenig, denn jetzt kommt Lionel Fanthorpe. Mal sehen, ob er die 20 Pfennig Preiserhöhung wert ist.
Nach dem Lesen war ich ernüchtert. Ich hoffe nicht, dass dieses die Beste der drei Fanthorpe Geschichten zwischen Band 50 und 60 war. Seine schnarchige Dracula und Tochter Story hat bei mir jedenfalls nicht gezündet oder besser gesagt: was haben die Macher vom Vampir-Horror da bloß auf die Leser losgelassen? Musste deshalb sein Pseudonym geändert werden, denn seine zweite Nummer bei den Vampiren von Pabel erschien unter John E. Muller. Ich übertreibe wieder, aber die Nr.50 war kein wirkliches Glanzstück. Dabei fing alles noch recht spannend an. Ein alter Weg über das Moor, eine nächtliche Begegnung mit einer schönen Frau, eine alte Burg im Hintergrund sind zwar nicht immer ein Muss, aber warum nicht mal wieder so eine klassische Kulisse ala Draculas Transylvanien. Der stand übrigens auch kräftig Pate wenn es im Roman um die Vampire ging. Sie konnten nicht über fließendes Wasser, warfen keinen Schatten, waren im Spiegel nicht zu sehen und pennten in Särgen. Angst hatten sie vor Kreuzen, Silber und Weihwasser. Soweit alles in Ordnung, aber als sich später Vater und Tochter um Leroy kloppten wie eine Horde Hausfrauen beim Schlussverkauf (1974), kamen sie mir doch etwas seltsam vor. So richtig ausgeklügelt handelten sie eigentlich nicht. Lilette brauchte ewig lange um ihren Geliebten zu becircen und Dad schreckte die Leute schon mit seinem Aussehen ab. Zudem kannten sie sich nicht besonders gut in ihrer eigenen Burg aus. Als sie ihr Opfer endlich in die Enge getrieben hatten, war es schon wieder Zeit zum schlafen und sie mussten zurück in ihre Särge. Kein Wunder also, dass sie am Ende nur eine halbe Seite bekamen um sich vom untoten Leben zu verabschieden. Zwei Treffer mit Silberkugeln besorgten dann etwas schnell den Rest. Überhaupt war der Schluss des Romans der langweiligste und zugleich verworrenste Teil der Geschichte und die letzte Seite wirkte zudem noch unheimlich komprimiert und hektisch zu Ende geschrieben. Zwischen öden Traumerklärungen und abermaligen Ablaufen des immer gleichen Gangs fanden die Vampire ihr Ende und Leroy wurde...zack, zack, zack... befreit.
Die Figuren die Fanthorpe neben den Protagonisten Leroy in die Arena schmiss, waren eigentlich durchgehend ehrbare Leute und immer bereit zu helfen. Das tat fast schon weh, denn nebenbei glaubte jeder jedem alles. Mabels Traum wurde sofort ernst genommen, die Leute von den Vampiren überzeugen...kein Problem. Zudem müssen die zwei Doktoren, Chambers und Foster, immensen Einfluss gehabt haben, denn ein Anruf genügte um die Staatspolizei auf den Plan zu rufen. Sie waren auch die Helden des Romans, die nebenbei noch den weinerlichen Leroy an den Hacken hatten. Dieser brachte sich bis zur Schmerzgrenze des Lesers in bedrohliche Situationen um dann anschließend um Hilfe zu rufen. Eigentlich haben solche Rollen in Heftromanen immer nur Frauen, hier war es mal andersrum. Dazu passt dann auch, dass Mabel ihn findet. Sie ist mit ihrer unerschütterlichen Liebe der Fels in der Brandung des Romans, auch wenn von ihr auf den ersten ca.50 Seiten nichts zu lesen war.
Wie schon erwähnt, das war mit Abstand das abrupteste Ende eines Gruselromans, das ich jemals gelesen habe. Und dabei hätte Barton/Fanthorpe eigentlich genug Zeit gehabt, die Geschichte bequem zu Ende zu erzählen. Spätestens mit dem Auftauchen von Mabel Sinclair schien sich die Story förmlich im Kreis zu drehen. Woher Mabel kam, frage ich mich immer noch. Ohne Ansatz war die verliebte Büroangestellte plötzlich an der Front und rettete mal eben ihren Helden. Einen Traum hat sie gehabt, der ihr genau zeigte, wo ihr heimlich geliebter Chef nun zu finden sei. Man bedenke, dass weder die Staatspolizei noch die Feuerwehr oder gar die ortsansässige Polente den armen Leroy ausfindig machen konnte, obwohl sie wie die Wikinger (original Ton) über die Burg herfielen. Die Liebe hat mal wieder alles gerettet, auch wenn es nur eine Einseitige war. Die kleine Tippse hat nebenbei die letzten 10-15 Seiten fast für sich alleine gehabt, denn zuerst erlebte der Leser ihren Traum 1:1 mit, dann erzählte sie das Gleiche nochmals der Polizei und dann bekam Dr. Chalmers noch mal eine ausführliche Extra-Beschreibung.
Aber das waren nicht die einzigen Längen. Die Begegnungen im Moor zwischen Lilette und Leroy waren auch recht zahlreich und langatmig beschrieben und hätten sicherlich ein paar Seiten weniger ausmachen dürfen. Zudem kam noch das Gefühl, in der Burg immer nur die gleichen Gänge präsentiert zu bekommen. Das war Zeilenschinderei der härtesten Gangart, aber dafür ist Fanthorpe ja unter anderem bekannt. Dem Vielschreiber und immer noch aktiven Allrounder (Lektor, Autor usw.) aus England störte es allerdings wenig, wenn man sich über seine Geschichten und seinen Schreibstil mokierte, denn er fand immerhin zahlreiche Abnehmer für seine Werke. Er schrieb, oder besser gesagt diktierte seine Romane ja nicht unbedingt schlecht, halt ein wenig bieder und spannungsarm. Wenn man auf sehr seichte Unterhaltung steht, mit ein wenig guten Manieren und Moral drumherum, und mit dem ganzen Logikkram eh nicht viel anfangen kann, ist man bei ihm genau an der richtigen Adresse. Ich glaube auch nicht, dass Biggy Winter hier viel geradebiegen konnte. Irgendwann stoßen Übersetzer wohl auch an ihre Grenzen. Warum man nicht zu viel Fanthorpe auf einmal lesen sollte und warum, wenn man es doch tut, einem das Gehirn aus den Ohren läuft, kann man in einem Artikel über das Dämonenkiller Taschenbuch Nr.16 von Andreas Decker hier beim Zauberspiegel nachlesen. Es lohnt sich. Auf den nächste Fanthorpe/Muller in ein paar Wochen bin ich gespannt, denn man kann sich ja steigern. Langweiliger als DIE BLUTSAUGER kann es eh nicht werden... denkt man vorher immer.
Was gab es sonst noch?
Tholes Titelbild reißt das Ganze dann wieder ein wenig raus. Eigentlich alles drauf um in ein zünftiges Vampir-Abenteuer zu starten, wenn einem Fanthorpe nicht alles versaut hätte. Für Lilette hätte ich übrigens auch angehalten
Manfred Knorrs Seiten sind heute ganz dem Schauspieler Vincent Price gewidmet. Neben der Aufzählung seiner Filme gab es noch ein Bühnenfoto in gewohnt verschreckter Pose. Meine Mutter sagte über Price immer: „… der sieht immer so aus, als hätte er einen neben sich herlaufen“. Auf ihre Art hatte sie recht, aber für mich war er früher immer ein Garant dafür, dass es gruselig wurde. Komisch, wir hatten nur drei Programme, aber irgendwo lief immer etwas mit Vincent Price.
Irgendwie hat sich der Vampir Horror-Roman von einer Menge Annoncen auf dem Umschlag getrennt und bewirbt jetzt lieber eigene Produkte. Perry Rhodan, Vampirella, Colt Western, 3mal kurz Gelacht usw. Es lief sozusagen. Da konnte man dem Leser ruhig noch eine Franz Berthold Zeichnung und ein Alfons Comic spendieren, wofür sonst die zwei Groschen.
Kommentare
Am besten gefällt mir da noch "Die mordenden Leichen", die im VHR 74 spuken.
Oder Badger Books waren richtig billig, was die Rechte anging
Ich habe auch nie verstehen können, warum die so häufig genommen wurden. Vielleicht weil sie so schön längenkompatibel gewesen waren. Die Qualität kann es nun wirklich nicht gewesen sein.
Größter WTF: Die Vampir Horror Taschenbuchreihe ausgerechnet mit einem Badger Book zu eröffnen.
Übrigens, ist Fanthorphe eigentlich tatsächlich der Autor von 74? Bei Clute ist das als Roman von John Glasby gelistet.
www.isfdb.org/cgi-bin/ea.cgi?2161
Vermutlich ist beides geraten
Und auch wenn Glasby vielleicht ein besserer Autor als Fanthorpe war, sagt das nicht viel über seine Qualitäten aus.