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Die Novelization - Der Roman zum Film: Schief gewickelt

Die Novelization - Der Roman zum FilmSchief gewickelt

Üblicherweise entsteht ein Film nach einer Vorlage, sei es nun ein Buch, ein Comic oder gar ein Spiel. Meist handelt es sich aber um literarische Vorlagen, also ein Buch oder eine Erzählung. Manchmal aber ist es genau umgekehrt: Nicht die Henne war zuerst da, sondern das Ei, sprich: der Film. War dieser erfolgreich, folgte posthum oft eine literarische Fassung. Das nennt man dann eine Novelization. In dieser Reihe stelle ich in loser Folge einige Nacherzählungen aus dem phantastischen Genre vor.


Die Mumie (The Mummy)Die Mumie (The Mummy)
von Carl Dreadstone (?)
Über den Film:
Gedreht 1932 unter der Regie von Karl Freund, dem Kameramann von Dracula. Da Boris Karloff mit seiner Paraderolle in Frankenstein berühmt und der Film ein Kassenschlager wurde, war man auf der Suche nach einem neuen Stoff für ihn. Zuerst war gar eine ganz andere Figur für die Story der Jahrhunderte überdauernden Liebe vorgesehen: Cagliostro. Daraus wurde aber nichts, und man verlegte die Rahmenhandlung ins alte Ägypten, das zur damaligen Zeit wohl gerade sehr in war.

Die männliche Hauptrolle spielte „Karloff the uncanny“, den weiblichen Part übernahm die aus Ungarin stammende Actress Zita Johann, die für die Rolle prädestiniert war - hatte sie doch einen ausgeprägten Hang zum Esoterischen und Mystischen. Die Dreharbeiten waren äusserst mühsam, und Karloff musste gewaltige Strapazen beim Anlegen und Abnehmen der Maske  durch Jack Pierce erdulden. Das Drehbuch stammt von Nina Wilcox Putnam, Richard Schayer und John L. Balderston. Letzterer war unter anderem auch an Frankenstein, Frankensteins Braut und Draculas Tochter beteiligt.

Die Mumie (The Mummy)Das zentrale Thema sind Liebe, die Jahrhunderte überdauert, sowie Wiedergeburt. Ursprünglich gab es weitere Szenen, in denen Reinkarnationen von Ardath Bey´s  Geliebter gezeigt wurden. So drehte man kurze Episoden, die sie in der Römerzeit, im Reich der Wikinger (typisch klischeehaft mit Hörnerhelmen), in der Zeit der Kreuzzüge und im Rokoko und zeigten. Übrig davon blieb allerdings nur erst genannte Sequenz: Zita Johann wird als Märtyrerin den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Aber leider fiel auch dieser Teil im letzten Moment der Schere zum Opfer. Karl Freund entscheid, dass die Reinkarnations-Szenen den Fluss der Handlung störten. Ein Hinweis auf diese nicht gezeigten Teile ist Die Angabe von Henry Victor als Sächsischer Krieger in den Credits.

Die Mumie (The Mummy)Von den gedrehten und verworfenen Wiedergeburten existieren lediglich Standfotos, die aber Beweis genug sind, dass die Szenen tatsächlich gedreht wurden. Erwähnenswert ist auch die Besetzung einer Nebenrolle. Noble Johnson ist in der Rolle des Nubischen Dieners Ardath Beys zu sehen. 2 Jahre später sollte er den Eingeborenenhäuptling in King Kong verkörpern. Johnson war übrigens ein Leben lang eng befreundet mit Lon Chaney Sr., dessen Sohn später die Rolle der Mumie Kharis in weiteren Fortsetzungen übernahm. 1959 starteten die Britische Hammer Production´s eine eigene Mumien-reihe, die aber nicht auch dem Original basierte, sondern sich an die erste Fortsetzung anlehnte. So hieß die von Christopher Lee dargestellte Mumie dann auch Kharis. 1999 folgte ein weiteres Remake, das aber fast nichts mehr mit dem Original  zu tun hat.

Die Mumie ist übrigens bis heute noch nicht auf Deutsch synchronisiert worden.

P.S.: Die mir vorliegende DVD stammt aus der „The Monster Legacy Box“ mit 18 Filmen und sehr viel Bonusmaterial.

Die Mumie (The Mummy)Die Story:
Die schöne Halbägypterin Helen Grosvenor gerät zunehmends in den Bann des geheimnisvollen Ardath Bey, hinter dem sich ein uralter, wieder zu unheiligem Leben erwachter Nekromant verbirgt. Vor 3700 Jahren wurde er für den Frevel, seine verstorbene Geliebte Anck-es-en-Amun wieder zum Leben zu erwecken, grausam bestraft: lebend einbalsamiert und mumifiziert überdauerte er die Jahrtausende, bis er im Jahre 1921 im Zuge einer bislang erfolglosen Expedition zusammen mit einer geheimnisvollen Schriftrolle aus dem ewigen Sand befreit wurde…

Die Romanfassung:
Dieser Roman wurde diesmal von einem dritten Autor unter dem Pseudonym Carl Dreadstone verfasst. Wer sich dahinter verbirgt ist leider unbekannt. Die deutsche Ausgabe erschien 1978 als Vampir Horror Roman Taschenbuch Nr. 63, übersetzt von Eva Maisch. Das Taschenbuch ist mit seinen 161 Seiten fast genauso lang wie das Original. Leider wird es völlig überteuert im Handel angeboten. Wer das Büchlein gerne sein eigen nennen möchte, sollte sich also etwas in Geduld üben!

Die Mumie (The Mummy)2006 erschien eine neue Romanfassung unter dem Titel The Mummy: Dark Resurrection, geschrieben von Michael Paine. Erschienen ist der Roman bei Dark Horse. Erwähnenswert ist die sehr schöne Covergestaltung. Das Buch ist leider nicht auf Deutsch erschienen.

Zu dem 1999er Remake gibst es ebenfalls eine Novelization, verfasst von Max Allan Collins, einem US Autor der bei uns unbekannt ist.

Flott geschrieben und  der Handlung folgend ist Dreadstones Romanfassung. Gut verständlich ist der Bezug der jungen Helen zum rätselhaften Ardath Bey. Geschickt wird dieser bereits in der Einleitung, die zeitlich 11 Jahre vor der eigentlichen Handlung spielt, hergestellt.
Die Mumie (The Mummy)
Der Autor bringt auch ein wenig Humor, bzw. Sarkasmus mit ins Spiel, der zwar leidlich gut passt, die Akteure aber stellenweise lächerlich erscheinen lässt. Gegen Ende werden auch Helens Reinkarnationen geschildert, die im Film der Schere zum Opfer fielen. Allerdings nimmt die Spannung nach knapp der Hälfte rapide ab und der Roman verfällt zunehmends in langatmiges, bedeutungsloses Geschwafel. Ich hatte den Eindruck, der Autor ist beim Tippen selbst fast eingeschlafen.

Zum Cover der deutschen Ausgabe:
Ein sehr gelungenes Bild von Nikolai Lutohin, da er sich bei der Farbwahl ausnahmsweise Mal sehr zurück hält. Das Motiv ist gut gewählt und passt zum Roman: der Künstler hat sich Boris Karloff in seiner Maske als Vorbild genommen, was man am Gesicht erkennen kann.

Bewertung:
Ich vergebe 3 von 5 Mullbinden.

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Kommentare  

#1 Heiko Langhans 2017-05-21 11:38
Max Allan Collins ist in Deutschland keineswegs unbekannt; seit 1983 sind von ihm zahlreiche Krimis und Filmromane erschienen. Zum Beispiel: Nolan, Quarry, Mallory (alle Bastei), Nate Heller (Bastei, Dumont), CSI-Romane (vgs), Road to Perdition, Die Mumie (Heyne) ... - unbekannt ist was anderes. Oder ein Tippfehler ;-).
#2 Andreas Decker 2017-05-21 14:11
Das ist tatsächlich der einzige von den Universal-Romanen, dessen Autor unbekannt blieb. Merkwürdig. Vielleicht war er so lausig, dass ihn der Redakteur umgeschrieben hat. Oder das Ende hat ein anderer geschrieben. Hätte das Ding ein bekannter Autor verfasst, der dringend Kohle brauchte, wäre es mittlerweile bestimmt rausgekommen.

Ich mag den Film. Karloff ist wirklich außergewöhnlich gut hier, und Zita Johann war hübsch. Eigentlich schade, dass ihre Karriere so kurz war. Das mit den Inkarnationsszenen war mir neu. Freund hatte recht. Das hätte wirklich nur gestört.

Und die Story hat so gut wie jeder Mumienfilm nachgeäfft, egal in welcher Dekade. Mumie - Reinkarnation - Jagd auf das Mädel, das zufällig in der Nähe ist. Stalking durch die Jahrhunderte ;-)

Und das mit MAC kann nur ein Vertipper sein :lol:
#3 Erlkönig 2017-05-21 20:57
Mumien machen immer Spaß. Carl Dreadstone ist übrigens ein Pseudonym von Ramsey Campbell.
#4 Ringo Hienstorfer 2017-05-26 19:28
zitiere Erlkönig:
Mumien machen immer Spaß. Carl Dreadstone ist übrigens ein Pseudonym von Ramsey Campbell.

In diesem Fall eben nicht ;) Dreadstone war ein Verlagspseudonym das er sich mit Walter Harris teilte. Der "Dreadstone" hinter der Mumie ist bis heute unbekannt geblieben.
#5 Erlkönig 2017-05-26 20:49
Estrangain

Du hast natürlich recht. Sorry, da war ich wohl "schief gewickelt".
#6 Ringo Hienstorfer 2017-05-27 16:37
zitiere Erlkönig:
Estrangain

Du hast natürlich recht. Sorry, da war ich wohl "schief gewickelt".

Macht nix, das war ja auch der Leitgedanke ;)
Der Dreadstone in all seinen Inkarnationen ist ja auch nicht gerade leicht zu durchschauen...

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