Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Josephas Henker
Der Vampir-Horror-Roman
Josephas Henker
Josephas Henker
Mein Senf
Irgendwann 1973 fing Walter Appel an Heftromane zu schreiben. Krimis wie Cotton und KX, ein paar SF und natürlich jede Menge Gruseliges floss zu dieser Zeit aus seiner Feder, öhem Schreibmaschine. Ziemlich schnell baute Pabel ihn dann in die Vampir Horror Serie ein und als der Dämonenkiller selbständig wurde, war er ebenfalls dabei. Er hat... ach was soll´s. Ich komme mir gerade so vor, als würde ich über einen VW Käfer oder ein Brötchen mit Holländer bzw. Ahlewurst referieren. Natürlich kennt jeder Heftromanleser Walter Appel, ob wissentlich oder nicht. Kelter, Pabel und Bastei – Walter war dabei.
Nach meiner langen John Sinclair-Phase, wo Walter übrigens auch Spuren hinterlassen hat, war ich schwer beeindruckt von den Geschichten rund um den Dämonenkiller Dorian Hunter. Irgendwie hatte ich immer das Glück, mit sehr Einsteiger freundlichen Romanen in eine Serie zu stolpern. Bei Sinclair war es das Geisterroulette und beim Däki „Die Geliebte des Teufels“ von Neal Davenport, welcher mich jetzt nicht unbedingt umgehauen, aber zumindest neugierig gemacht hat. Einmal Blut geleckt, fing ich an die Serie rückwärts zu lesen und griff mir „Bei Vollmond wird gepfählt“ von Earl Warren. Schnell merkte ich, dass hier einiges gravierend anders war als bei meinem John, was aber mit Sicherheit auch am Jugendschutz und den Jahren dazwischen lag. Dorian traute sich einfach mehr zu, war authentischer und wollte nicht unbedingt zu Mister Sympathisch gewählt werden. Mit anderen Worten – nach der Pfählerei bei Vollmond war ich vollends begeistert und ging auf die Jagd nach älteren Nummern. Der Rest war Sammlerglück und dürfte bei dem ein oder anderen hier ähnlich gelaufen sein. Ab da hatte Walter Appel bei mir ein Stein im Brett. Umso mehr freute ich mich, dass bei den günstig geschnappten Vampiren von Pabel auch ein paar von Earl Warren dabei waren.
Zur Zeit von VHR Nr. 54 teilten sich Vlcek und Luif noch den Dämonenkiller alleine, doch das sollte sich ändern. Knapp nach der Eigenständigkeit des Däkis holte man Earl Warren mit ins Boot und der ruderte munter drauf los. Dafür, dass er 1974 ja noch ein Neuling im Gruselgeschäft war, hat er es schnell verstanden seinen Geschichten eine eigene Note zu geben. Eine Vorliebe zu geschichtlichen Hintergründen, paarte sich oft mit einer Prise Humor und nicht selten mit recht derben Szenen, wenn die Unholde mit ihren Opfern ihre Spielchen trieben. Solche Sachen wie abgetrennte, sprechende Vampirköpfe in Reisetaschen, Hippies denen der Teufel vergammelten Hasch angedreht hat oder die schlagkräftige Zirkustruppe aus Osteuropa (wo es auch des öfteren im familiären Kreis eins auf die Omme gab) gaben seinen Dämonenkiller-Romanen etwas sehr menschlich/humoriges und waren alles andere als flach oder fehl am Platz. Mir haben sie zumindest sehr gefallen. Eine andere Seite von Walters Schreibe war dann wiederum sehr brutal und wenig zimperlich. Da räumte auch schon mal ein Seemonster ganze Schiffsdecks mit Menschen ab, um sie dann unter deren Geschrei genüsslich zu zerkauen. Dazu kamen noch seine Gehirnknoten fördernden Namenskreationen wie Padmasambambam...battwa oder der Statthalter aus dem heutigen Roman Don Esteban Diego Soundso Souza – wo wir jetzt auch schon bei Josepha und ihren Halsschmerzen wären.
Die Reise durch Länder und Zeiten fängt bei einer lauschigen Hexenprobe im Süden von Deutschland des frühen 17. Jahrhunderts an. Damals hatten es die Einwohner der Städte und Dörfer noch einfach ihre ungeliebten Nachbarn los zu werden. Jahrelanges Gezanke rund um den Gartenzaun hieß damals noch kurz:“...verbrennt sie! Die Hexe hat mein Vieh verzaubert...“ Allmählich wurde man dann zusammen mit den Warringers in die Geschichte gezogen und fand sich schließlich neben dem Feldherrn Tilly, auf Sklavenschiffen und im zweiten Weltkrieg wieder. Dass sich Walter in den Geschichtsbüchern auskannte, konnte man hier wunderbar erkennen.
Fassen wir noch mal kurz zusammen. Paul Warringer, Nachfahre von Josephas Henker, kommt auf seiner Hochzeitsreise just an dem Ort vorbei, wo vor über dreihundert Jahren das Dilemma geschah und sollte jetzt dafür büßen. Ein paar seiner Verwandten sind schon auf der Hexenwiese verscharrt und er soll der Nächste sein. Vorher spielt Josepha aber noch ein wenig mit ihm und lässt die Schicksale seiner Vorgänger in Form von wilden Alpträumen auf ihn einprasseln. Die schöne Josepha ist an ihrer Misere ein Stück weit selber Schuld, denn sie hat sich im Dorf so ziemlich jeden „standhaften“ Kerl zum Schoßhündchen gemacht. Sogar der Pfarrer war dabei. Beim Söldner und Henker Warringer biss sie sich zunächst die Zähne aus aber irgendwann hatte es dann doch gefunkt. Zu dumm, dass Albert Warringer ein gottesfürchtiger Langweiler mit wenig Sinn fürs Abwegige war. Er brachte es doch tatsächlich fertig, seine Geliebte eigenhändig zu köpfen. Spießer. Macht aber nichts, denn Josy lebte trotzdem weiter und hatte die volle Unterstützung ihrer Hexenschwestern. Ich liebe solche Sachen, wo die Hexe am Ende nochmal richtig Gas gibt und dem blutrünstigen Mob das Fürchten lehrt - um dann zur nächsten Verbrennung zu fliegen.
Überhaupt waren die Hexen im Roman gut vernetzt, denn Josephas langer Arm reichte bis in den letzten Winkel der Erde und wurde auch über die Jahrhunderte nicht kürzer. Dass ihr Paul zum Finale einfach an der perforierten Stelle den Kopf abriss, kam zwar etwas schnell und unerwartet, aber irgendwo muss der Platz für die beschriebenen Länder und Epochen ja herkommen. Außerdem bekam der Leser am Schluss noch ein Happy End präsentiert. Da brach aus Walter wohl dann doch der Romantiker hervor.
Ein wenig 70er Jahre Feeling gab es auch, denn die Zeitwechsel wurden oft an den Klamotten festgemacht. Langer Rock und weite Bluse = Vergangenheit, Minirock und Lacklederstiefel = Gegenwart. Zudem wurde dezent auf die Triebe und Bedürfnisse eines frisch verheirateten Paares zur Zeit der frühen Beate Uhse Shops eingegangen, aber ohne Detailbeschreibungen. Nur wild muss es zugegangen sein. Lädt man den Plattenspieler dann noch z.B. mit Uriah Heep`s ...very ´eavy...very ´umble, klappt´s noch besser mit dem beamen in die Zeit der Plateauschuhe und Schlaghosen.
So ein Fluch über mehrere Generationen ist schon eine üble Sache, aber andersrum waren die meisten der Warringer echte Kotzbrocken die unter anderem Angst davor hatten sich Krankheiten bei den Eingeborenen-Weibern zu holen oder eben mal der Geliebten den Kopf abschlugen. Meine Sympathien lagen deshalb eher bei der Hexe.
Nicht ganz unvoreingenommen muss ich sagen, dass mir der Roman nach den halbgaren Sachen von Fanthorpe richtig gut gefallen hat. Ich mag und mochte Walter Appels Art zu schreiben sehr. Da trifft das mehr oder weniger lehrreiche Abenteuer auf Gruselelemente und ein wenig Augenzwinkerei. Gut, dass ich ihn auf meiner Lesereise noch ein paar mal treffe.
Was gab es sonst noch?
Jede Menge, denn diesmal sind alle wieder mit dabei. Aber zuerst zum Cover. Wenn die hübsche Rothaarige auf dem Titelbild Josepha ist, hätte ich dem Gericht und dem Klerus damals in die Suppe gespuckt. Hexe hin oder her. Nein, im Ernst. Tolles Portrait von Josephas Kopf. Ich weiß nicht, wie Thole damals bei den Motiven die er so drauf hatte, einschlafen konnte... aber die Augen.
Zum Abrunden des Gesamtpakets VHR kam diesmal noch Berthold mit einer tollen Innenzeichnung dazu (wenn man auf abgetrennte Köpfe steht) und Alfons mit seinem lachenden Vampir. Dazu noch eine Seite Vampirella (15.Teil) und obendrauf die Knorrschen Gedanken zum phantastischen Film, die uns heute in das Reich der vergammelten Mullbinden führen. Zur Zeit, als die an den Plünderungen von ägyptischen Gräbern beteiligten Expeditionsmitglieder umfielen wie die Fliegen, entstand der Mythos vom „Fluch des Pharaos“. Die Filmindustrie ist früh auf diesen Zug aufgesprungen und so gab es zwischen 1909 und 1917 sechs Streifen zu diesem Thema. Die in ihrer Bewegung (meist steifbeinig und mit nach vorn gestreckten Armen) stark eingeschränkte Horror-Ikone, wurde in den folgenden Jahrzehnten immer wieder auf Celluloid gebannt und wird auch heutzutage noch aus ihrem Sarkophag gezerrt. Das haben sich die ägyptischen Könige mit der Totenruhe sicherlich anders vorgestellt.
… letzten Samstag in den 80ern!
Als das Gruselroman-Fandom noch so richtig am laufen war und die Jugend sich nicht dafür schämte in Bussen und Bahnen ein Sinclair, Zamorra usw. Heft aus dem Ranzen, Bundeswehrrucksack oder der Jeansshop-Tüte zu kramen, lernte ich Walter persönlich kennen. Wenn ich mich recht erinnere, war das in Meerbusch-Osterrath, einem beschaulichen Ort irgendwo jenseits von Düsseldorf. Damals stürmte er den Saal mit einer Horde gruselbegeisterter Hessen und einem Ghettoblaster (schrankgroßes Gerät zum abspielen von Kassetten) auf der Schulter, aus dem der Gassenhauer... von den Rodgau Monotones erschallte. Die ganz schüchternen Conbesucher duckten sich erst einmal ab und suchten sich ein sicheres Plätzchen. Dazu hätten sie etwas später einen triftigeren Grund gehabt, denn Walter prügelte sich mit unserem Clubzeichner Yakup Yalcinkaya, beide bekleidet mit Kampfsportanzügen, durch den gefüllten Saal. Was für eine Vorstellung, zumal der Wirt nicht eingeweiht war und er wohl Angst (zu Recht) um sein Mobiliar hatte. Ob das der Grund war warum man uns kurze Zeit später aus der Gaststätte warf, weiß ich nicht mehr, aber der Abend ging danach lustig weiter. Ein paar Straßen entfernt fanden wir uns dann in einer Kneipe unter Schützenbrüdern wieder, die den Vogel schon abgeschossen hatten. Na ja, das Treffen hatten wir uns zwar anders vorgestellt, aber immerhin konnte man da ein paar Gespräche führen. Herausgekommen ist die Zusage für ein Interview mit Walter Appel. Auch auf anderen Clubtreffen zeigte der immer freundliche und ansprechbare Autor meiner Lieblingsgruselserie seine hessische Frohnatur, sorgte für Stimmung und war neben Giesa, Michael und Co. immer ein Garant für kleine Showelemente und Spaß. Die Fandomwelt war nie bunter und abwechslungsreicher als in den 80er Jahren und ich bin nachträglich noch dankbar, dass ich dabei sein durfte (schnüff).
Neben seinen Conbesuchen versorgte Walter die zahlreichen Clubs auch mit Leserbriefen zu ihren Magazinen und gab einem das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Einen Leserbrief aus dem Jahr 1985 (Hexenhammer 11), bei dem man merkt dass er die Fanzines auch wirklich gelesen hat, habe ich mal rausgesucht. Es gab übrigens nicht nur Lob von ihm... aber meistens.
Earl Warren: Das Cover und die lindgrüne Aufmachung sind Spitze. Grün ist die Hoffnung, grün ist der Ghul, rosa druckt keiner, denn rosa ist schwul. Die Story „Down“ von Peter Arnold ist originell. Hat mir gut gefallen. Der Sonntag bei Jason und die Zeichnung auch. Die Buchtipps sind aktuell. Mit der kritischen Beleuchtung über die Art, Clubtreffen zu veranstalten, von Ingo Dierkschnieder kann ich nicht mehr ganz übereinstimmen. Es hat sich was geändert, wie man mittlerweile feststellte.
Kino-Show gut, wenn auch die Besprechung des zweiten Films mit zwei Seiten arg lang war. Leserbriefe, Comic „Blutmatsch“ (von Höreth) sowie die Werwolf-Story von Werner Kurt Giesa, sowie das Interview mit ihm sind prima, die News aktuell. So geht’s auch weiter, ich kann nur loben. Besonders hat mir die Story „Der Götterspringer“ von Christian Schwarz gefallen. Die Zeichnung davor habe ich auch bewundert. Zu der Story kann ich nur sagen, dass ich vor dem Autor für diese Leistung meinen Hut ziehe und schon gespannt auf die Fortsetzung bin. Die lockere Schreibweise, sowie die Sachkenntnisse, die aus der Story „Götterspringer“ sprechen, würde von mir glatt die Note Eins mit Sternchen erhalten. Ich kenne mich selbst recht gut in der Geschichte des Altertums und auch mit den Hethitern aus und weiß,wovon ich spreche. Grüße an den Autor des Götterspringers, es würde mich freuen, einmal etwas von ihm zu hören.
So long, Earl Warren.
P.S.: Jetzt hätte ich fast die Extrabeilagen vergessen. Das Poster von Ingo Preisner habe ich mir an die Wand gehängt. Zu dem Brief von Dieter Hoven möchte ich keinen Kommentar abgeben. Mittlerweile hat ja wohl eine Aussöhnung stattgefunden zwischen dem Verfasser des Briefes und dem darin Erwähnten. Also lassen wir`s gut sein.
Christian Schwarz (Fast noch ein Fanboy... - Members: Chris Schwarz) hat sich über die positive Bewertung seiner Story damals sicherlich gefreut und wurde etwas später dann ja auch Autor für verschiedene Verlage. Ob Walter seine Finger im Spiel hatte? Wenn Dieter damals mit einem Brief mal wieder aus dem Fandom verbannen wollte, weiß ich nicht mehr genau. Da gab es so einige, aber ich glaube es ging um Carsten Scheibe und Norbert Schulz die damals mit frischen Ideen aus dem SF-Fandom kamen. Der nächste Hexenhammer war übrigens Pink/Rosa...
Die erwähnten Interviews mit Appel (Ein Interview mit Earl Warren) und Giesa (Ein Interview mit W.K. Giesa), sowie „Der Sonntag bei Jason“ (Ein Sonntag bei Jason) und einen etwas längeren Con-Bericht [Conbericht Meerbusch Con (12. – 14.10.1984)] findet ihr übrigens (wer es noch nicht kennt) unter „Fanzine Classics“ in den Fanwelten im Zauberspiegel [»Fanzine Classics« in den Titelfilter eingeben].
Kommentare
Ich bin wirklich gespannt auf deine nächsten beiden Beiträge. Der von manchen am wenigsten geschätzte Autor auf dem Gruselgebiet - um es mal nett ausdrücken - und ein Roman, der bei vielen sehr geschätzt wird.
Wie gut, dass man sich an Coverart nie rangetraut hat als Indizierungsgrund. Da wäre die halbe Serie drangewesen. Ein schönes Cover. Dabei muss ich immer an die berühmte Aussage von EC-Comics William Gaines vor dem Senatsausschuss denken, als man ihm das EC-Cover mit dem abgetrennten Frauenkopf in der einen und der blutigen Axt in der anderen Hand vor die Nase hält und ihn fragt, ob er so was für geschmackvoll hält.
Ja, Randa und Kelasker - eine spannende Sache...
Das war der Senatsausschuss 1954, bei dem es um Jugendkriminalität ging. Für deren Ansteigen man Krimi- und Horrorcomics verantwortlich machte, insbesondere die von EC. Also "Geschichten aus der Gruft" usw. . Danach führten die Comicverlage die freiwillige Selbstzensur ein. Was Gaines fast in die Pleite trieb.
Gaines hat die Frage so beantwortet: Ja, Sir, meiner Meinung nach ist das für ein Horror Comic ein geschmackvolles Titelbild . Geschmacklos wäre es, wenn der Kopf ein Stück höher gehalten würde und man sehen könnte, wie das Blut heruntertropft.
Hat ihm keine Punkte eingebracht, die Antwort.
Thole hat den Kopf zumindest ein Stück höher gehalten.