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Keine simple Gruselgeschichte - Lovecrafts Berge des Wahnsinns

Berge des WahnsinnsKeine simple Gruselgeschichte
Lovecrafts Berge des Wahnsinns

Der Nikol-Verlag präsentiert uns hier  Lovecraft´s Meistererzählung BERGE DES WAHNSINNS als sehr schönes, kleines gebundenes Büchlein in neuer Übersetzung.

Auf ca. 200 Seiten wird die Geschichte einer Antarktis-Expedition erzählt, und was sie dort vorfand.

Berge des WahnsinnsLovecraft schildert die Geschehnisse meisterhaft und anschaulich. Was zunächst wie ein simpler Abenteuerroman beginnt, entwickelt sich sehr schnell zu einer wahrhaft phantastischen Erzählung kosmischen Ausmaßes.  Gekonnt setzt der Autor hier und da Andeutungen ein, um den Spannungsbogen immer weiter zu spannen.

Wer aber eine simple Gruselgeschichte erwartet, sieht sich aber getäuscht. Lovecraft benützt den Rahmen der Geschichte nämlich  dazu, seinen ganzen Mythos des Kosmischen Grauens in eine neue Perspektive zu setzen. Er schildert uns anhand der Darstellungen auf vorzeitlichen Reliefs, wie vor Äonen die Großen Alten von den Sternen auf die Erde herabsickerten und nebenbei das irdische Leben – zum Spaß oder aus Versehen – erschufen.  Im weiteren Verlauf dieser  Erzählung-in-der-Erzählung geben sich auch Cthulhu und seinesgleichen die Ehre, und es wird klar, welche Rolle sie in diesem kosmischen Puzzle spielen. Lovecraft entmystifiziert seinen kompletten  Mythos allerdings weitgehend  und nimmt ihm dadurch seine Aura des Übernatürlichen und Unnennbaren. Der Kosmos der Großen Alten wird objektiviert und aufgeräumt. Der Kosmische Schrecken kommt so zu seiner eigentlichen Bedeutung: er ist eben rein kosmisch, wie der Name schon sagt.

Dass Lovecraft ein Bewunderer Edgar Allan Poe´s war, kommt durch das zitierte ULALUME, sowie der  Erwähnung des rätselhaften ARTHUR GORDON PYM zum Ausdruck, der gegen Ende ja ebenfalls in der Antarktis spielt (und übrigens auch Jules Verne beeinflusste. Schrieb dieser mit DIE EISSPHINX ja eine Quasi-Fortsetzung)

Kommen wir nun aber zum Büchlein selbst. Wie eingangs bereits  erwähnt, ist es sehr schön aufgemacht und mit 6,99€ auch günstig.  Die Übersetzerin Dr. Hannelore Eisenhöfer hat auch gute Arbeit geleistet, allerdings hat sie die Sprache des Quelltextes teilweise sehr vereinfacht.  Die Ausdrucksweise wirkt recht  modern, die Sätze sind selten  ausufernd und kaum verschachtelt.  Die Größenangaben in Fuß wurden- im Gegensatz zur Festa-Ausgabe - beibehalten.  Gekürzt wurde nicht, soweit ich dies beurteilen kann. Vergleiche ich  diese Übersetzung mit der der Suhrkamp-Ausgabe,  erscheint mir letztere in all ihrer geschraubten und leicht angestaubten Altertümlichkeit dennoch quirliger und dadurch auch dem Urtext angemessener und somit passender.

Eisenhöfers Version  liest sich insgesamt aber sehr flüssig und gibt auch die Atmosphäre sehr gut wieder, allerdings gibt es dann doch  einen Wermutstropfen, nämlich das Lektorat.

Das lässt nämlich zu wünschen übrig. Der Textfluss wird durch einige Setzfehler, falsche Kommasetzung und ärgerliche Das/Dass Verwechslungen gehemmt.  Zwar werden  Inhalt und Aussage des Textes dadurch nicht entstellt, allerdings stört es das Auge – zumindest meins – beim Lesen.

Aber eigentlich  ist das schon Wohlstandsjammern, drücken wir also ruhig ein rudimentäres Auge zu.

Berge des WahnsinnsIch vergebe 4 von 5 Sternsteinen (für die Story selbst  5 von 5)


Berge des Wahnsinns
(At the Mountains of Madness, 1936)
von H. P. Lovecraft
Gebundene Ausgabe
Aus dem Amerikanischen Englisch von Dr. Hannelore Eisenhofer
200 Seiten
Erschienen 2016
ISBN: 978-3-86820-324-0
Nikol-Verlag.de

Kommentare  

#1 AARN MUNRO 2017-12-11 09:32
Auch hier hatte ich die alte Suhrkamp-Ausgabe gerade erst wieder gelesen. Eine grundsätzlich immer noch interessante Story, wie ich finde. (Ähnlich wie "The Thing" also, "Who goes there?" könnte man die Story eigentlich ganz gut verfilmen).
#2 Ringo Hienstorfer 2017-12-11 10:01
Guillermo del Toro hatte bereits vor Jahren angekündigt, den Stoff zu verfilmen. Leider wurde nichts daraus. Vieleicht ist es aber auch gut so, denn womöglich wäre die Enttäuschung groß gewesen.
#3 Larandil 2017-12-11 12:12
Einspruch, Meister. Wer da in "Die Berge des Wahnsinns" zur Erde herabsickerte, das waren mitnichten die Großen Alten, sondern die Alten Wesen. Wobei man sagen muss, dass die Große Rasse - die zeireisenden Kegelleute in Australien - und ihre Nemesis, die Flugpolypen, damals schon auf der Erde lebten. Cthulhu und seine Brut kamen erst später, und noch später die Mi-Go von ihrer Basis auf Yuggoth/Pluto.
#4 Andreas Decker 2017-12-11 12:34
Florian Schoemer ist auch noch als Übersetzer angegeben.

Das ist schon eine radikale Umgestaltung des Konzepts. Aus Griechischen Göttern wird sozusagen Erich von Däniken, und der Höhepunkt der Demystifizierung ist der Augenblick, an dem unser Erzähler doch tatsächlich Mitleid mit den armen Mohrübenmännern hat, die der Blob gefressen hat. Aber HPL sah das alles nicht so eng wie seine Nachfolger. Ich persönlich bevorzuge die Wesenheiten-Version, Cthulhu als kleines Krakenmonster, das man wie in den späteren Versionen mit dem richtigen Werkzeug in seine Schranken verweisen kann, ist mir zu phantasielos und klein gedacht.

zitiere Estrangain:
Guillermo del Toro hatte bereits vor Jahren angekündigt, den Stoff zu verfilmen. Leider wurde nichts daraus. Vieleicht ist es aber auch gut so, denn womöglich wäre die Enttäuschung groß gewesen.


Ja, das glaube ich auch. Im Grunde hat del Toro ja viele der visuellen Konzepte bereits in Hellboy umgesetzt; am Ende wäre die Heldin vermutlich wie Ripley von Monstern durch irgendwelche Korridore gejagt worden. Was keiner braucht.
#5 Ringo Hienstorfer 2017-12-11 13:09
Yo, es waren die "Alten Wesen". Aber etwas verwirrend ist das bei Lovecraft schon: Alte Wesen, Große Alte, Große Rasse, etc.
Ist wie bei K´naan und K´nyan.
Klingt auch ähnlich
#6 AARN MUNRO 2017-12-12 09:51
Ja, die NOmenklatur wirkte oft tewas wirr, aber wenn man sich das dann ordnete, dann ging es auch. Ich glaube, HPL hatte hier auch keine wirklich systematischen Vorgaben entwickelt, sondern sie je nach Gusto entstehen lassen, wie man schon in seinem von Dunsany beeeinflussten früheren Werk merkt (etwa in "die Reise nach Kadath"; Klett-Cotta).Dort kommt ja bereits Nyarlathotep vor als Chaosgott zwischen den Welten.

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