Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Das Mörderspiel
Der Vampir-Horror-Roman
Das Mörderspiel
Das Mörderspiel
Mein Senf
Heißa, endlich mal wieder ein französischer Beitrag beim Vampir Horror-Roman. Ich merke schon, es geht auf Weihnachten zu. Und wie der Zufall es will, spielt auch dieser Roman, wie sein Vorgänger, in einer verschneiten Kulisse. Wir brauchen uns zumindest nicht über zu wenig Schnee beschweren, denn das Wetter draußen spielt auch mit. Heute Nachmittag kam die weiße Pracht ausnahmsweise mal zu uns ins Flachland und verwandelte sich ruckzuck in eine grau/matschige Katastrophe. Für mich gibt es da nichts schöneres als in der Bude zu sitzen und Gruselromane zu lesen. Besonders dann, wenn der Roman mal wieder übersetzt wurde und der Autor für Fleuve Noir geschrieben hat. Die Erwartungshaltung war hoch. Pabel bediente sich gerne beim französischen Verlag für populäre Literatur und für den Leser bedeuteten die gekürzten Werke immer eine (meist) schöne Abwechslung. Andre Caroff feierte seine Premiere! Leider hat der 1924 in Paris geborene Schriftsteller 2009 den Stift für immer aus der Hand gelegt. Eigentlich hat er überwiegend Horror und SF geschrieben, aber mit dem Krimi LE BATTANT (der Kämpfer) die Vorlage zum gleichnamigen Gangsterfilm mit Alain Delon geliefert. Ein gestandener Autor also, der nun beim VHR gelandet ist und für 1,20 in gekürzter Fassung über die Kiosk-Tresen ging. Das hört sich so an, als wenn man heimlich Socken aus dem Kofferraum heraus verkaufen müsste um über die Runden zu kommen, aber ich denke mal, dass sich die Sache für alle gelohnt hat, denn schließlich war der Roman beim Ankauf schon vier Jahre alt. Das Original von 1970 hatte 234 Seiten und wurde eindeutig dem Genre Horror zugeschrieben, obwohl mir die Geschichte doch sehr SF lastig daherkam. Mich würde wirklich mal interessieren, wie viel Pabel damals für die Auslandsankäufe auf den Tisch gelegt hat, die Sache musste sich ja schließlich rechnen.
Es hat mich schon etwas gewundert, dass Saturn als Roboter bezeichnet wurde, obwohl er ja eher ein zusammen gebastelter Wiederbelebter war. Roboter haben für mich immer etwas eisenhaltig/öliges, aber vielleicht war es nur eine Metapher von Tauern oder es lag an der Übersetzung von Biggy Winter, die den Roman für den deutschsprachigen Leser auf die richtige Heftromanlänge brachte. Saturn reihte sich auch nicht unbedingt nahtlos in die Riege der Trauergestalten ein, die im Laufe der Lesereise aus diversen Laboren gekrochen kamen. Er zog lieber sein eigenes Ding ab und irgendwie konnte ich seine Gründe und Motive im Laufe der Handlung auch nachvollziehen. Waren die dreiviertel möchtegern Frankensteine der anderen Autoren mit ähnlichen Themen meistens arme Tröpfe mit Blutdurst und empfindlicher Haut, machte sich Saturn/Jensen berechtigte Sorgen um seine weitere Zukunft. Wie man bei Frauen ankommt hat er dabei wohl mehr oder weniger von seinem Erbauer gelernt, der eigentlich recht menschlich und feinsinnig beschrieben wurde. Vielleicht war Elisabeth deshalb unterbewusst nicht ganz abgeneigt. Das hat Caroff/Tauern gut hinbekommen und wenn mal einer an meinen Schädel zwecks Austausch des Gehirns möchte, dann hoffe ich, dass Professor Tauern noch einen Termin frei hat. Eigentlich wollte Saturn nur ein normaler Mensch sein und dabei standen ihm halt ein paar Leute im Weg. Durch die Reihe waren seine Opfer gestandene Wissenschaftler mit einer Kopfnarbe an der richtigen Stelle. Laut Caroff gibt es jede Menge Neurologen, die solche Narben haben. Er brauchte nur die richtige Auswahl treffen um die Bude in Tirol voll zu bekommen. Zumindest muss er damals gut vernetzt gewesen sein, denn solche Dinge wie Operationen und Ähnliches wird man nicht groß breit getreten haben. Wenn ich da an die heutigen Datenschutzbestimmungen denke... Egal, es geht um eine phantastische Geschichte.
„...die alte Frau soll aufhören in meiner Handfläche zu krabbeln...“ hieß es im Film EINE LEICHE ZUM DESSERT von 1976. Mehr oder weniger versnobte und von sich selber überzeugte Krimidetektive des letzten Jahrhunderts kamen dort zusammen, um eine Menge Klamauk zu veranstalten und wieder auf den Boden der Tatsachen geholt zu werden. Das Buch von 1970 und könnte daher als Vorlage gedient haben, aber ich vermute mal, dass das Grundmotiv der tödlichen Raterunde noch viel älter ist. Der Roman ging zwar in die gleiche Richtung, war aber keinesfalls eine spaßige Parodie. Gut, Saturn hat zwischendurch die Leiche von Tauern umgebettet und damit die anderen etwas geschockt, dass Haus hatte ein paar bauliche Besonderheiten wie versteckte Treppen und Durchgänge, aber das war´s auch schon mit spaßigen Verwirrungen.Warum Eli und Berger außen vor waren und nicht verdächtigt wurde, bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht hatte der Wissenschaftler aus Frankreich keine Kopfnarbe oder Caroff wollte seinen Landsmann nicht als Buhmann hinstellen.
Elisabeth, die einzige Frau im Roman (Martha lassen wir mal außen vor, sie war schon älter und fast zwei Meter groß) stand schon nach wenigen Seiten ohne Schutz von Professor Berger da.Warum er sie überhaupt in die Männerrunde mitschleppte? Nun, irgendjemand muss die Sache ja überleben und zwischendurch mal beschützt werden. Dass sie im Laufe der Handlung zweimal/dreimal unfreiwillig zum Höhepunkt kam, klang ein wenig nach Erotik-Welle der frühen 70er und passte eigentlich nicht so richtig in die Handlung. Die selbstbestimmte Frau wurde durch Elisabeth nur ganz zart angedeutet. Okay, sie musste irgendwie an Saturn drankommen, um ihm die Haarnadel ins Köpfchen zu stoßen, was auch nicht ganz einfach gewesen sein dürfte. Übrigens war auch die weibliche Periode bei Caroff kein Tabuthema, was mich mehr gewundert hat als der beschriebene Beischlaf.
Ab Heftmitte hatte ich schon diesen kernigen Jensen unter Verdacht. Er war fit wie ein Turnschuh, starrte Elisabeth dauernd auf die Beine und tat ansonsten auf besorgt. Als er Martha hinterher lief und die Lawine abging, habe ich mir schon gedacht, dass man noch von ihm hören wird. Auf den letzten 20 Seiten deutete alles auf den Dänen hin und das Rätselraten war irgendwie vorbei. Aber der Schluss war auch so spannend und alles andere als gewöhnlich. Hier konnte man schön sehen, dass sich Saturn ein wenig zu viel zugemutet hat und das geerbte Wissen von Tauern eher praktischer Natur war. Mit der List und Tücke einer verzweifelten Frau hat er nicht gerechnet.
Warum wachen Protagonisten in Gruselromanen eigentlich so oft in sauberen und hell gestrichenen Krankenzimmern wieder auf? Sind das alles Privatpatienten? Ich kann mich an 6-20 Mann Schlafsäle und dem Kasernenhofton der „barmherzigen Schwestern“ erinnern, wenn sie das Putzwasser mit Nudeln hereinbrachten. Na, ganz so krass war es dann auch wieder nicht und schließlich leben wir ja noch.
Zusammengefasst kann ich nur wieder sagen, dass mir der zwei Stunden-Trip in die siebziger Jahre wieder gut gefallen hat. Die Schreibe von Caroff und die Übersetzung von Biggy Winter passten „knorke“ zusammen und waren ihr Geld allemal wert. Die Romane, wo das Titelbild besser als der Inhalt ist, gab es noch nicht oder waren, besser gesagt, absolute Ausnahmen. Grusel und Horror im klassischen Sinne haben zwar gefehlt, und Caroff deutete Actionszenen nur milde an, aber das intensive und vom Autor gewollte Mitraten, zumindest auf den ersten 30-40 Seiten, war mal was anderes. Seefeld in Tirol ist jetzt nicht unbedingt DER zentrale Ort für Geister und Dämonen (vielleicht zu Walpurgis), aber als Versteck für abgehobene Wissenschaftler auf Ego-Trip...warum nicht.
Was gab es sonst noch?
Thole hat sich wahrscheinlich auch über den Begriff „Roboter“gewundert und kreierte deshalb dieses seltsame Gebilde aus Blutbahnen und transparenten Fertigbausteinen (wahrscheinlich aus Plastik – dem Material der 70er). Wieder mal ein geniales Bild, das den Roman wunderbar einleitete und den Roman ins richtige Licht rückte. Hier ging es um künstliche Intelligenz mit menschlichen Schwächen, denn irgendwie wirkte das Monster von Thole sehr zerbrechlich und fragil. Gut dass ich kein Kunstkenner bin und für meine Meinung bezahlt werde...
Dank Manfred Knorr und VAMPIR INFORMIERT weiß ich jetzt auch, dass Sitges in Spanien liegt. Schon in den 70ern war das Sitges Film Festival das weltweit bedeutendste Festival des fantastischen Films. In Spanien schossen zu dieser Zeit die Horror-Filme wie Pilze aus dem Boden und sogar Paul Naschy spielte wieder mit. So langsam kam auch die Kannibalismus-Welle ins rollen, worüber Knorr nicht lachen konnte. Ihm war das alles ein wenig zu sadistisch und blutrünstig. Ich kann ihn verstehen, ist auch nicht unbedingt meins.
Ansonsten wünsche ich euch noch ein paar ruhige Festtage. Ruhe und Socken kann man ja bekanntlich immer gebrauchen.