Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Der Geisterreiter
Der Vampir-Horror-Roman
Der Geisterreiter
Der Geisterreiter
Mein Senf
Bei dem Blick in die Leseprobe vom „Geisterreiter“ (siehe letzter Artikel) hatte ich schon so ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, was das nächste Machwerk von Hivar Kelasker alias Hanns (Hans, Hannes) Kneifel anbelangte. Nach den ersten zwanzig Seiten musste ich mein vorschnelles Urteil doch ein wenig zurücknehmen, denn das Erwachen der Hunnen hat der Autor recht klasse beschrieben. Die Musiker aus dem Blechkasten hätte Fürst Torras direkt vierteilen lassen und die erhofften Pferde und Weiber gab es auch nicht. Das Feiern war über die Jahrhunderte ein anderes geworden. Nach diesen recht fantasievollen Seiten versuchte Kneifel dann die Kurve zum Horror-Genre zu kriegen. Irgendwie hat er die Kurve aber verpasst und ist in verschiedene Richtungen gleichzeitig weiter geritten.
Hanns Kneifel, deutscher Heftroman-Pioneer in Sachen Fantasy, schrieb schon seit ca. einem Jahr bei DRAGON (erste deutsche Fantasy-Serie ) mit und wollte sich jetzt bei den Vampiren aus dem Hause Pabel einen Namen machen. Sein Erstling (VHR 56 DER WERWOLF) war so lala, aber auch nicht wirklich schlecht. Die zweite Nummer konnte also nur besser werden, denn schreiben konnte der Autor. Das merkte man auf den ersten zwanzig Seiten deutlich, aber irgendwie lief bei ihm alles zu mechanisch ab. Heute tauchten zwei Krieger aus dem Moor wieder auf, die sich zur Zeit des Hunnen-Sturms ( 4. Jahrhundert) wohl in der Gegend von Sammerath/Stalberg vergaloppiert hatten. Die Erde hatte sie sprichwörtlich wieder ausgespuckt, samt ihrer zahlreichen Waffen, die seltsamerweise alle frisch vom Schleifenstein kamen. Der Teufel und seine Kumpane hatten Pause, denn der Autor bemühte kurz die alten Hunnen-Götter und die Mächte des Himmels, um das Erwachen der Krieger zu erklären. Immer noch im Kriegsmodus, schlachteten sie das Ausgrabung-Team ab, wobei Kneifel teilweise richtig ins Detail ging. Eine Stärke des Autors - wer´s mag. Danach zogen sich die Krieger ins Hinterland zurück, besorgten sich Pferde, Nahrung und wohl einen Langescheidt in „Hunnisch-Deutsch“. Sie sprachen dann in etwa wie in dem Lied von Reinhard Mey: „...du wohl Hunne nix Bla-Bla, neu in Allemania“ oder wie die Indianer aus alten s/w Western. In kürzester Zeit konnten sich die beiden Jungs mit den Charles Bronson-Schnäutzern mit der Bevölkerung verständigen und Forderungen stellen. Zudem lachten sie ständig wie in der wilden Kosaken-Kaffee Werbung der 70er, falls sich noch jemand daran erinnern kann.
Aber sie waren nicht nur Sprachgenies, sondern konnten auch, nach ein paar Probeschüssen, super mit den modernen Waffen unserer Zeit umgehen. Die Pistolen und Schnellfeuergewehre besorgten sie sich direkt bei der Polizei, wobei sie sich wunderten, dass diese armen, spärlich gepanzerten Leute überhaupt Waffen hatten. In den kargen Amtsstuben unserer Gesetzeshüter hat sich seit `74 auch nicht so viel getan. Kommissar Schlüter und seine Kollegen trottelten sich durch die Geschichte und waren mit dem 2-Mann-Hunnensturm völlig überfordert. Nachdem Verstärkung eingetroffen war, hörte man auch nichts mehr von ihnen.
Kneifel versuchte mit diesem Roman mal was ganz anderes, denn die Geschichte wurde aus der Sicht von Ille, genannt Illemädchen, erzählt. Sie ging ihrem Freund Jürgen während der Handlung zur Hand (und auch woanders hin) und dem Leser (zumindest mir) auf die Nerven. Andauernd wollte sie kuscheln und beschützt werden und ließ sich dummerweise zweimal entführen. Den Polizeibeamten gegenüber tat sie auf oberklug, wirkte seltsam arrogant und hatte immer die besten Ideen. Der Jugend sei´s verziehen, muss jeder mal durch.
Leider nutzte sich die „Menschen aus einer anderen Zeit treffen auf die Gegenwart“ - Geschichte jenseits von Seite dreißig so langsam ab, und meine Befürchtungen ob der Leseprobe wurden wieder aktuell. Die Hunnen schossen mit Schnellfeuergewehren aus der Hüfte, stanken nach altem Schweiß der alt geworden ist und klauten Hunde- und Katzenfutter, weil sie mit den Bildern auf den Dosen mehr anfangen konnten als mit der Beschriftung. Die aufgeschreckte Bevölkerung vermutete hinter den Überfällen deshalb verkleidete „Gastarbeiter“, die in der Gegend ihr Unwesen trieben. Aha, das erinnert mich an alte Klischees und Vorurteile anno ´74.
Noch ein wenig 70er Jahre Feeling kam auf, als Kneifel explizit den Farbfernseher erwähnte, der noch nicht in allen Wohnzimmern Einzug gehalten hatte. Zu den Sendungen in bunt wurde (wieder) Sekt getrunken. Das waren aber nicht die einzigen Parallelen zu seinem Erstling, denn es gab auch ein kleines Umspannwerk. Hier griff der Autor dann auch tiefer in die magische Trickkiste. Der Hunnenfürst konnte mit seinen Händen den Starkstrom umleiten und gebündelt auf seine Feinde lenken. Das wirkte extrem aus dem Hut gehoben, denn von Zauberkräften war bis dahin nicht die Rede, wenn man von der Erweckung der Krieger absieht. Klar, wir sind beim Horror-Heftroman für 1,20 DM, aber mit Horror hatte das Geschehen bis jetzt nichts zu tun und mit Grusel noch weniger. Sieht am Ende des Romans immer blöd aus, wenn doch etwas dämonisches aus der Ecke gekrochen kommt. Das hat Kneifel wohl auch gemerkt und kam wieder auf Kurs, denn das Ende von Torras von Nyrmada war dann wieder recht modern und wenig magisch – passend zum Roman. Auf einer viel befahrenen Schnellstraße ist er mit seinem Pferd irgendwie in den Gegenverkehr geraten und hat den Zusammenprall nicht überlebt. Ende. Von links und rechts schauen hatte der Hunne wohl noch nichts gehört. Überhaupt kamen wieder so einige Vierbeiner ums Leben, vorzüglich Pferde und Hunde. Der Tierschutz hätte den Roman wahrscheinlich auf die schwarze Liste gesetzt.
Insgesamt gesehen war DER GEISTERREITER kein Glanzstück der Serie und wirkte an manchen Stellen etwas fremd im Genre. Den Hunnen-Sturm verlegte Hanns Kneifel um das Jahr 1.000 herum. Das Volk der Hunnen machte zwar über ein paar Jahrhunderte von sich Reden, aber ihre große Völkerwanderung fand ca. 600 früher statt. Atilla, der bekannteste König von ihnen, tauchte erst Ende des 4. Jahrhunderts auf. Torras war demnach ein Vorläufer von ihm. Die Geschichte aus der Sicht von Illemädchen holperte nach den ersten zwanzig Seiten stark und irgendwie hätte ich mir gewünscht, dass die wilden Krieger sie bei ihrer zweiten Entführung einfach behalten hätten. Klar, die Spitznamen/ Utznamen/ Nicknames der 70er klangen etwas anders als zu heutiger Zeit. Da gab es Kallemänner, Helmis oder auch Hänschen´s und Rosi`s in Massen, aber wenn du auf jeder zweiten/dritten Seite damit konfrontiert wirst, kann das den Lesespaß mindern. Zudem nannte Illemädchen ihre Eltern Vati und Mutti, wie herzallerliebst. Jetzt hätte nur noch der Pudel aus seiner ersten Nummer gefehlt. Von Horror/Grusel war, wie schon erwähnt, nicht viel zu lesen, wenn man von dem bisschen Hokuspokus am Stromhäuschen mal absieht. Die Götter der alten Hunnen blieben gänzlich im Hintergrund, dafür schaltete sich der amtierende Innenminister, damals Hans (Hänschen/Hansi)-Dietrich Genscher, persönlich ein und schickte Polizei und Grenzschutz (darunter machte es Kneifel nicht) in die Gegend von Sammerath und Stalberg, oder meinte er Simmerath und Stolberg bei Aachen. Egal, Heftroman.
Ich weiß, dass Hans Kneifel ein guter Fantasy und SF- Autor war und bestimmt eine Menge Fans hatte, aber Grusel/Horror lag ihm irgendwie nicht so ganz, auch wenn er diesmal versucht hat, diese Genres zu vermengen. Ein wenig wilder Westen war auch dabei. Gut, es gab schon einige Ausreißer bei den Vampir-Horror Romanen, aber der GEISTERREITER war doch etwas ideenlos erzählt und der Autor hat ein wenig bei sich selber abgekupfert. Nur wurde kein Werwolf durch die Botanik gejagt, sondern ein paar wilde Krieger. Die Hunnen würden sagen: „Nix guter Roman, viel langweilig... “
Was gab es sonst noch?
Das Titelbild von Thole zeigt einen Reiter mit dämonischen Augenglühen auf einem mumifizierten Pferd. Da hatte man ihm wohl falsche Angaben nach Spanien geschickt, denn die Hunnen aus dem Roman kamen doch recht normal daher und das Pferd lag auch nicht Jahrhunderte im Moor, sondern wurde frisch aus einem Stall gestohlen. Die nackte Entführte könnte eine großgewachsene Kriegerin, Typ helle Amazone, sein. Illemädchen war es jedenfalls nicht. Trotzdem ein starkes Cover – und diesmal ohne Begleittext. Der tauchte auch auf anderen Romanen der Serie nicht mehr auf. Ein Spoiler weniger, dafür hatte sich das Kästchen auf Seite drei festgekrallt.
Die Vampir-Redaktion lässt diesmal ein paar Gedanken zu dem Thema Parapsychologie und Grenzwissenschaften fallen. Mehr oder weniger bedeutende Experten, hier Geisterjäger genannt, kamen bei VAMPIR INFORMIERT diesmal zu Wort und versuchten dem gewöhnlichen Feierabendleser ein wenig Wissen auf diesem Gebiet zu vermitteln. Am Ende der sehr kurzen Einführung in dieses doch recht komplexe Thema, blieb mir der Satz vom Parapsychologen Hans (Hansi) Holzer hängen: „Zu viel Unglauben ist ebenso unwissenschaftlich wie zu viel Glauben“. Also, die Mitte macht´s. Ich freue mich schon wieder auf Manfred Knorr und seine Filminfos.
Der nächste Vampir-Roman kommt mal wieder aus dem Amerikanischen und da spielt immer der Teufel eine Rolle. Nach den Geschichts-Schmökern von Warren und Kelasker freue ich mich schon ein wenig auf diese Abwechslung. Egal was, Hauptsache nichts mit Geschichte. Wird Zeit, dass wir die dummen Spitznamen jetzt mal so langsam hinter uns lassen...euer Toni.
Kommentare
Das Titelbild ist trotzdem Klasse.
Bis zur Mitte ging´s ja auch und manche Leute haben mehr technischen Verstand als andere. Die Hunnen konnten nach ein paar Schießübungen einer Fliege das Auge wegpusten... aus dem Sattel heraus. Ich denke auch, dass die Menschen früher geschickter in manchen Dingen waren. Die technischen Hilfsmittel waren geringer und es ging ums Überleben. Ziege melken... das arme Tier.
Aber einem Hunnen zuzutrauen, dass dieser nach relativ kurzer Zeit mit einer Pistole einer Fliege das Auge wegpustet (und das auch noch im vollen Galopp), verlangt vom Leser schon eine gewaltige Menge an vorurteilsfreiem Glauben. Das Krieger begreifen sollten, was eine Waffe ist, bezweifele ich dabei nicht. Aber das schützt den Krieger nicht davor, sich im Eifer des Gefecht mit Sachen, die er ansonsten nicht kennt, selbst über den Haufen zu pusten.
Ich hatte da eher das Bild vor Augen, wie ein neugieriger Hunne sehen will, wie eigentlich die Kugel da aus dem Lauf kommt, wenn er den Abzug betätigt. So etwas gibt halt nicht nur schmutzige Ränder ums Auge.
Auf das du während deiner abgrundtiefen Reise in die Heftromanhistorie auch mal den wahren Horror erlebst, Toni.....
Was die Knarren in Hunnenhänden angeht: Seit Ihr alle bescheuert? Zitiere sehr frei nach Lovecraft: „Nilpferde dürfen keine Hände haben und Fackeln tragen“. ....!!!