Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Marionetten des Satans
Der Vampir-Horror-Roman
Marionetten des Satans
Marionetten des Satans
Mein Senf
...ich hoffe, er hat es nicht geschafft. Eine Fortsetzung würden meine angespannten Nerven nicht vertragen. Ganz vorsichtig habe ich mich durch die Seiten bewegt, denn diese doch eher ruhige und seichte Geschichte war mal wieder etwas für zartere Seelen, die mit Blut und Gedärmen nicht so viel anfangen können. Das Grauen schlich sich dezent von Baum zu Baum und mutierte zu einem aalglatten Frauenschmöker mit Spitzenkleidern und Eheproblemen. Spätestens nach den ersten zehn Seiten wusste der Leser, dass es im Grunde nichts zu lachen gibt und die Protagonistin, Julie Wallace, eigentlich ein Opfer der amerikanischen Scheidungs- und Unterhaltsgesetze war. Vom Ehegatten betrogen und ins finanzielle Chaos gestürzt, musste sich Julie irgendwie durchschlagen und geriet dabei an eine Teufelssekte, die ihre Lage für eigene Zwecke ausnutzte.
Nach ROSEMARIES BABY (1967) von Ira Levin war alles anders. Hausgemeinschaften und Ehemännern traute man nicht mehr so recht über den Weg, der Teufel kam nicht mehr mit Schwefel und Getöse aus irgendwelchen Erdspalten gekrochen und der Horror fand mitten am helllichten Tag in megabelebten Großstätten statt. In New York hatte Satan ein Penthouse mit Dachterrasse und Swimmingpool, sowie jede Menge entrückter Anhänger, die mit dem netten Menschenfreund aus Nazareth nichts anfangen konnten. Ann Loring hing sich einfach dran und verlagerte die Geschichte von Rosemarie ins Theater. Eine Baby gab es nicht, dafür aber ein schulpflichtiges Kind, was aber in der Story keine große Rolle spielte und die meiste Zeit in Sicherheit war. Der Teufel trat, ich denke mal dass Davilla der Leibhaftige persönlich war, mit fiel Charme und Raffinesse auf. Diese Rolle stand ihm gut, denn wie über die Jahrhunderte oft dargestellt, war der Gehörnte ja eher ein Typ windiger Versicherungsvertreter, der seine Opfer einlullte und Verträge, meistens mit Blut geschrieben, unterzeichnen ließ. Als Ann Loring THE MARK of SATAN: A Modern Novel of Gothic Horror - wird im Internet (Taschenbuchformat) für stolze 49,10 Euronen angeboten und dürfte etwas länger sein als die zusammengekürzte Fassung von Pabel – veröffentlichte, war dieser Teufelstypus gerade angesagt. Von amerikanischen Kirchenkreisen und speziell der NCOMP (National Catholic Office for Motion Pictures) wurde allein schon Rosis Baby wegen „Perversion fundamentaler Christlicher Glaubensvorstellungen“ und „Verhöhnung religiöser Persönlichkeiten und Gebräuche“ mit dem Prädikat C für „Condemned“ ((„Missbilligt“) belegt. Der Film wurde ein Kassenschlager und Vorreiter für weitere psychedelische Religions-Schocker ala Exorzist und Omen.
1969 legte dann Ann Loring nach und verquickte das Ganze mit den Themen Frauenrechte und Scheidungsschlacht. Kein schlechter Zug, denn Frauen machen einen großen Teil der Welt-Leserschaft aus und in den 60/70ern war man als geschiedene Frau mit Kindern noch ein Dorn im Auge der Gesellschaft. „Schuldig geschieden“ hieß es auch bis 1977 bei uns in Deutschland. Wer den besseren Anwalt bezahlen konnte, hatte meistens Recht und sparte sich entweder Unterhalt oder bekam die Kinder. In Amerika dürfte es ähnlich gewesen sein, zumindest kommt es in den Gothic´s bei den Vampiren so rüber.
Wie schon in Gimone Hall´s Roman IM BANN DER HEXE (VHR 8) stand die Protagonistin in New York vor den Trümmern ihrer Ehe und musste bei Null anfangen. Damals war es die Modebranche und diesmal die Schauspielerei. Der Teufel kam bei Hall auch auf leisen Sohlen und Kleider spielten ebenfalls eine große Rolle. Der platonische Freund aus glücklicheren Tagen durfte natürlich auch nicht fehlen. Ich möchte nicht wissen, wie viele moderne Gothic-Novellen aus dieser Zeit ähnlich gestrickt waren. Ein paar sind dann halt auch bei Pabel gelandet.
Jetzt könnte man sagen: „Kennst du einen, kennst du alle...“, aber ein/zwei Unterschiede, zumindest zu Hall, gab es doch. Eigentlich fing die Geschichte recht fröhlich und hoffnungsvoll an, denn nach der Scheidung ging´s für Julie bergauf. Beruf und Bude waren gesichert und Davilla/Satan war ein recht knackiger Bursche mit grauen Schläfen und Hinkebein. Eigentlich alles, was ein romantisch mitfühlendes Frauenherz zum schmelzen bringt. Die Ernüchterung kam beim Einzug, denn ab da fühlte sich Julie gar nicht mehr wohl. Sie wurde von Nachbarn und Theater-Kollegen eingekreist, welche die Rolle der Hausgemeinschaft von Rosies Baby übernahmen. Dann wurde der Platz so langsam eng im Pabelheft. Das merkte man ziemlich krass auf den letzten zwei Seiten, denn ab da ging es ziemlich zackig von statten. Der Freund aus alten Tagen hatte natürlich die ganze Zeit ein Auge auf Julie gehabt und Davilla nicht über den Weg getraut. Er hat dann auch gleich die Rettung eingeleitet. Gekrönt wurde der Schluss mit dem Auftauchen der Kirche, die mit Bruder Donelly und dem Läuten der Glocken gleich doppelt vertreten war. Vielleicht wollte Loring dem NCOMP im Vorfeld, falls es zur Verfilmung kommt, schon mal etwas beschwichtigen.
Wirklich schön war, dass man so ein seltsames New York Feeling beim lesen bekam, auch wenn man selbst noch nicht dort war. Die Übersetzerin, Dr. Eva Sander, hat ganze Arbeit geleistet und neben dem Wesentlichen auch ein wenig vom farbigen Umfeld übrig gelassen.
So richtig brutal war in diesem Roman eigentlich gar nichts, außer, dass wahrscheinlich (blieb irgendwie offen) wieder ein Hund dran glauben musste und ein Kleid zerschnitten wurde. Die Satansjünger sind still im Theater verbrannt und der Teufel hat sich rechtzeitig auf die Hufe geschwungen. Für Laurie schien wieder die Sonne, auch wenn der Retter nicht der Prinz auf dem weißen Pferd war. Seltsamerweise ging es auch hier wieder auf die Walpurgisnacht zu (dieser „Feiertag“ verfolgt mich jetzt schon über mehrere Romane). All zu viel Frauenkram wie Lippenstift und Puderdose gab es nicht, was dem männlichen Leser entgegen gekommen sein dürfte. Einen Frauen-Grusler kann Mann schon mal vertragen – es sind noch keinem Brüste davon gewachsen.
Was gab es sonst noch?
Ein seltsames Titelbild von Thole. Wen hat das teuflische Widder-Schwein da im Auge bzw. hinter dem Auge, oder handelt es sich um eine Theatermaske aus Davillas letztem Stück? Irgendetwas hat sich der Holländer dabei gedacht - wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Bei VAMPIR INFORMIERT ließ man diesmal den jungen Rolf Giesen zu Wort kommen. Der 1953 geborene R. Giesen hat sich (laut Wiki) als Filmwissenschaftler/Filmjournalist und Sachbuchautor auf dem Gebiet des Fantastischen Films, den Ruf eines Experten erarbeitet und erhielt in den 80ern den Titel „Dr. Horror“. Der hoch studierte Rolf dürfte damals noch auf der Uni gewesen sein und hat sich wohl bei Pabel ein wenig dazu verdient. Ich hoffe, dass er anständig bezahlt wurde, denn seine Filmkritik zu ANDY WARHOLS FRANKENSTEIN war klasse. Von Mary Shelley und ihrem traurigen Unhold blieb nicht soviel übrig und Warhol hat wohl nur mal am Set „Hallo“ gesagt und seinen Kaiser Wilhelm da gelassen. Giesen bezeichnete den Streifen an manchen Stellen als pervers und war auch kein Fan von anderen filmischen Erzeugnissen unter dem Namen des angesagten Künstlers. Aber man brauchte Warhol, um das ganze zumindest als Kunst verkaufen zu können. Giesen geizte nicht mit Worten wie Dekadenz und Kleinbürgerlichkeit, aber genau der Ton passte in die Zeit der dauerqualmenden Intellektuellen im braunen Cordanzug. Damals wurde noch gelebt.
Der nächste Vampir Horror-Roman führt uns wieder in die Welt von Dorian Hunter, weshalb ich die Leseprobe heute mal links liegen lasse. Schließlich habe ich die Serie zweimal gelesen... Wenn ich ehrlich bin, habe ich keinen Dunst mehr, was damals in der Pestgrube passiert ist.
Kommentare
Diese Satan Gothics sind manchmal recht unterhaltsam.
Die Giesen-Rezi ist interessant. Ich habe mal reingesehen, da ich den Film erst kürzlich in der restaurierten Fassung gesehen habe. Ziemlich ausgewogen, kann man nicht anders sagen. Auch wenn der Zahn der Zeit am Film genagt hat, ist er doch noch immer sehr unterhaltsam.