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Perry Rhodan 2500 - Ein Rückblick

Perry Rhodan 2500 PR 2500 - Ein Rückblick

Es muss irgendwann im Jahre 1980 gewesen sein, als ich mein erstes PERRY RHODAN Heft in die Hände bekam. Ich verschlang damals alles, was sich auch nur ansatzweise nach SF anhörte. PERRY RHODAN war eindeutig SF. An das Heft kann ich mich noch erinnern, es war die Nummer 447 »Der Terraner und der Gläserne« von William Voltz. Auf dem Titelbild war ein Pferd in einem Raumanzug zu sehen - sehr seltsam. Ich wusste damals nicht, dass PERRY RHODAN eine »Fortsetzungsgeschichte« ist und ging vorbehaltlos an das Heft heran.

Und: Ich verstand nichts.

Absolut nichts! Da waren Leute, irgendwo auf einem Planeten oder Mond und machten Dinge, die nicht verstand und unterhielten sich über Dinge, die ich nicht verstand. PERRY RHODAN war bei mir unten durch und ich nahm mir fest vor, nie wieder ein solches Heft zu lesen.

 
Titelbild PR 447Ein paar Monate später kam es dann zum nächsten prägenden Erlebnis. Im Deutschunterricht hatten wir das Thema »Trivialliteratur am Beispiel PERRY RHODAN«. In unserem Deutschbuch gab es dazu einen Auszug aus einem PERRY RHODAN Heft; ich habe keine Ahnung mehr, um welches Heft es sich gehandelt haben mag. Dieser Auszug war etwa drei Seiten lang, also nicht sonderlich viel. Es gab wieder diesen Mausbiber und sie taten wieder Dinge, die ich nicht verstand und unterhielten sich über Dinge, die ich nicht verstand. Das war eine Erfahrung, die ich schon gemacht hatte und ich hielt vor versammelter Klasse eine flammende Rede, in der ich PERRY RHODAN abgrundtief verdammte. Ich erhielt eine gute Note für diese mündliche Leistung und war mit der Welt zufrieden.

Zu jener Zeit hatte ich zwei Klassenkameraden, mit denen mich meine Wertschätzung der SF verband: Ralf B., genannt »Captain Future«, und Michael »Micky« S. Eben jener Captain Future sprach mich in der Pause nach meiner »PR-Verdammung« darauf an:
»Sag mal, weißt du eigentlich wie PERRY RHODAN anfing?«
»Wie, anfing?«
»Der landet im Jahre 1971 als erster Mensch auf dem Mond.«
»So'n Quatsch, die sind 1969 auf dem Mond gelandet!«
»Ja, aber in der Serie landen sie erst 1971 auf dem Mond.«
»Serie? Wie, Serie?«

Und so begann es. Die nächsten Wochen verbrachten Micky und ich jede große Pause und jede Sportstunde mit Captain Future, der uns detailliert die Geschichte der »Dritten Macht« erzählte. Captain Future hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis und konnte teilweise die Dialoge wiedergeben. Micky und ich lauschten mit großen Augen dieser unglaublichen Geschichte. Immer wollten wir wissen, wie es weiter ging. Irgendwann hatte Captain Future aber keine Lust mehr uns von Perrys Abenteuern zu erzählen. Er schlug vor, wir sollten das doch einfach selber lesen. Es stellte sich heraus, dass er im Besitz der ersten 14 »Silberbände« war, die er bereitwillig auslieh.

Ich bekam Band eins, den ich innerhalb von zwei Tagen gelesen hatte. Reichte diesen an Micky weiter und erhielt Band zwei. Und so weiter. Ein Fest! Nun erlebte ich den Aufbau der Dritten Macht, den Ärger mit dem Robotregenten, das Auftauchen von Atlan aus seiner unterseeischen Kuppel, die Druuf in ihrem »Rotem Universum«  und Thomas Cardif, Rhodans Sohn. Und irgendwann war Band 14 gelesen und die Freude war vorbei.

Captain Future hatte aber erzählt - und es stand ja auch in den Silberbänden - dass einige Hefte weggelassen worden waren, weil sie für die Handlung nicht relevant seien. Irgendwann im Jahre 1982 hatte ich dann durch einen Zufall mitbekommen, dass nun die 5. Auflage von PERRY RHODAN in den Handel kommen würde. Ich war auf die »weggelassenen Hefte« gespannt und für mich war klar: Ich muss die alle lesen. So stand ich, Taschengeld bereit, am fraglichen Tag in der Bremerhavener Bahnhofsbuchhandlung und erwarb Heft 1 der 5. Auflage von PERRY RHODAN. Ich kannte das ja im wesentlichen alles schon, trotzdem erwartete ich jede Woche mit Spannung das nächste Heft. Ein Erscheinungsrhythmus von einmal wöchentlich erschien mir unmenschlich lang und ich hatte schnell erkannt, das es nun fast drei Jahre dauern würde, bis ich meinen Kenntnisstand der Serie erreicht haben würde.

Ich hielt durch. Eisern! Nun lernte ich die Posbis und ihre Hundertsonnenwelt kennen, die Hornschrecken und die Blues. Ich freute mich auf die Meister der Insel, hatte ich doch auf den Leserkontaktseiten gelesen, dass es sich dabei um etwas Besonderes handeln sollte. Noch immer war ein Heft pro Woche viel zu wenig, es ging zu langsam voran. Wie ein Fußballbundestrainer sagte: »Es muss weiter gehen, immer weiter gehen.« Die Meister der Insel waren besiegt und OLD MAN erschien, die Kristallagenten und die Zeitpolizei. Irgendwann hatte ich mir Heft 900 der 2. Auflage gekauft, »Laire«, und ich war fasziniert. DAS war eine Handlung.

Ich beschloss, mein kärgliches Taschengeld in eine weitere Auflage zu investieren. Die dritte Auflage. Und irgendwann wurde der Anreiz übermächtig. Ich kaufte auch die Erstauflage. Drei PERRY RHODAN Hefte pro Woche, kein Problem, eigentlich immer noch zu wenig. Die Cappins waren aufgetaucht und ich hatte 447 erreicht. Diesmal verstand ich die Handlung und wunderte mich, was ich damals an diesem Heft eigentlich nicht verstanden hatte. Und Pferde in einem Raumanzug waren völlig normal.

1986 fuhr ich zum WeltCon nach Saarbrücken, lachte über Sensus, skandierte von der Tribüne »Kampf dem Kommerz«, lernte Robert Feldhoff kennen. Der Schwarm erschien und verdummte die Bewohner der Milchstraße, die Altmutanten hockten in ihrem PEW-Metall. Ich war immer dabei. Mit dem Beginn des Zyklus »Chronofossilien« hatte sich meine finanzielle Lage soweit verschlechtert, dass ich mir keine drei Hefte pro Woche mehr leisten konnte. Die dritte und fünfte Auflage mussten dran glauben, aber der Erstauflage blieb ich treu.

Die Gänger des Netzes, Tarkan und ESTARTU. Irgendwann, es muss im Cantaro-Zyklus gewesen sein, war der Punkt erreicht. PERRY RHODAN war mir zu eintönig geworden, es ging eben nicht mehr voran. Ich wollte die kosmischen Rätsel gelöst wissen und genau das geschah nicht. Damals habe ich den Satz gesagt, der für mich noch heute Gültigkeit besitzt: »Das nächste PERRY RHODAN Heft interessiert mich nicht, das ist bestimmt blöd; mich interessieren die nächsten 30 Hefte.«

Ich verließ PERRY RHODAN mit seinen Abenteuern, wenn der keine kosmischen Rätsel löst, dann soll er seinen Krempel doch alleine machen.

Titelbild PR 1900 Die Jahre vergingen. PERRY RHODAN war für mich erledigt. Bis dann eines Tages ein gewisser Holzi zu mir sagte: »Man kann das jetzt wieder lesen. Ist gar nicht so schlecht.« Also las ich. Das muss etwa mit Heft 1900 gewesen, der THOREGON-Zyklus begann. Da war er wieder: Der kosmische Überbau. Superintelligenzen folgen undurchschaubaren Plänen und sind orakelhafter als das Orakel von Delphi. Andreas Eschbach schreibt einen wunderbaren »Lückenfüller« - ich bin wieder dabei.

Im Dezember 1999 fuhr ich nach Mainz, »schon wieder« WeltCon. PR 2000 erschien. Mittlerweile hatte ich nahezu alle Hefte der Serie gelesen, nur die Linguiden fehlen bis heute. Wieder ein furioser Auftakt, wieder dieser kosmische Überbau. PERRY RHODAN hatte für mich eine neue Qualität erreicht, der kosmische Überbau wurde immer größer und immer gewaltiger. Tradom, der Sternenozean von Jamondi. Es galt zwar immer noch, dass mich das nächste Heft nicht interessierte, aber die Essenz von 50 bzw. 100 Heften konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Dann das Auftauchen der Terminalen Kolonne. Endlich ein Gegner, der sich nicht nach 200 Heften als Gummibärchen herausstellen konnte. Der kosmische Überbau ist mittlerweile so gewaltig, Negasphären, Chaotarchen, Superintelligenzen geben sich ein Stelldichein. Ich bin zufrieden.

Allerdings: Es ist gut, dass mit 2500 wohl ein Neubeginn gemacht wird. Die Serie läuft Gefahr von ihrem eigenen Überbau erdrückt zu werden. Und es ist auch nicht gut, alle offenen Fragen der Vergangenheit zu beantworten. »Sense-of-Wonder-Woman« sieht es nicht gerne, wenn die Entstehung von ES ziemlich platt wirkt oder das Rätsel der Cynos dann doch recht simpel gelöst wird. Aber ganz davon lösen sollte sich die Serie nun auch wieder nicht. Für mich ist der Reiz an PERRY RHODAN nun seit über 20 Jahren das kosmische Rätsel, nicht die Raumschlachten und technischen Entwicklungen. Mir ist es egal, ob eine Galaxie 200000 Lichtjahre oder 10 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Gleichgültig ob im Bereich von 10 hoch 16 Megakalup eine Hyperimpedanz ist. Das Rätsel steht im Vordergrund.

Und ich bin zuversichtlich.

 

Bildquellennachweis:
die Nutzungsrechte der PR-Cover 447 und 1900 liegen bei VPM

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