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Heyne Science Fiction Classics 17 - John Wyndham

Heyne Science Fiction ClassicsDie Heyne Science Fiction Classics
Folge 17: John Wyndham
Die Reise zum Mars & Das versteckte Volk

Von den sechziger bis Anfang der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts erschienen als Subreihe der Heyne Science-Fiction-Taschenbücher mehr als hundert Titel unter dem Logo „Heyne Science Fiction Classics“. Diese Romane und Kurzgeschichten werden in der vorliegenden Artikelreihe vorgestellt und daraufhin untersucht, ob die Bezeichnung als Klassiker gerechtfertigt ist.

In der ersten Folge dieser Artikelreihe habe ich einige Kriterien definiert, welche die Einordnung eines Werkes als Klassiker rechtfertigen können. Die Werke des in der heutigen Folge vorgestellten Autors geben ein gutes Beispiel dafür ab, wie man es machen könnte oder wie man es auf keinen Fall machen sollte, nämlich nur aufgrund der Tatsache, das ein Werk älteren Datums ist, es bei den Klassikern einzureihen.

Heyne Science Fiction ClassicsDer englische Autor John Wyndham (1903 – 1969) hieß in Wirklichkeit John Wyndham Parkes Lucas Beynon Harris. Er nützte diesen langen Namen in seiner schriftstellerischen Karriere, indem er von ihm verfasste Werke unter Teilen seines Namen publizierte. Als John Wyndham trat er erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Bei seinem Roman The Outward Urge (Griff nach den Sternen) schob er sogar eine Kooperation von John Wyndham und Lucas Parkes vor, beides Bestandteile seines Namens. Nachdem er unterschiedliche Berufe ausgeübt hatte, versuchte er sich ab 1925 schriftstellerisch zu betätigen. Seine erste Kurzgeschichte erschien 1931, sein erster Roman 1935. Mit Die Triffids (The Day of the Triffids) gelang ihm 1951 der Durchbruch. Der Roman über die Invasion durch mutierte Pflanzen nach einer kosmischen Katastrophe wurde auch verfilmt. Ebenfalls filmisch umgesetzt wurde The Midwick Cuckoos, auf Deutsch als Das Dorf der Verdammten bzw. Es geschah am Tage X..., später auch als Kuckuckskinder in den deutschen Romanübersetzungen. In den Heyne Science Fiction Classics erschienen mit Die Reise zum Mars und Das versteckte Volk zwei von Wyndhams Frühwerken. Das versteckte Volk ist Wyndhams erster Roman und erschien ursprünglich unter dem Autorennamen John Beynon.

Heyne Science Fiction ClassicsZusammen mit vier Gefährten startet der Brite Dale Curance, Raketenbauer, Multimillionär und Abenteurer, von Salisbury aus ins All. Das Ziel der Rakete „Gloria Mundi“ ist der Mars. Obwohl der Plan geheimgehalten wurde, muss irgendetwas durchgesickert werden, denn es werden seltsame Anschläge auf die Raketenanlage verübt. Dale vermutet, dass die amerikanischen Keuntz-Werke dahinterstecken könnten, denn Dale möchte den mit fünf Millionen ausgesetzten Keuntz-Preis holen. Das von diesem gegründete Werk würde das Geld wohl gern im eigenen Unternehmen lassen und mit einer eigenen Rakete den Preis holen. Dales Gefährten sind der Kopilot Geoffrey Dugan, der Bordingenieur James Burns, der Arzt Dr. Grayson und der Journalist Froud, denn bei einem epochemachenden Ereignis darf die Presse nicht fehlen. Der Start glückt und das stählernde Projektil strebt seinem Ziel entgegen.

Dass der Autor eine Ahnung von utopischen Geschichten hat, beweist folgende Passage:

„Es wird höchst amüsant sein festzustellen, welche Geschichtenerzähler der Wahrheit am nächsten gekommen sind. Wells mit seinen gelee-artigen Kreaturen? Weinbaum mit seinen seltsamen Vögeln? Burroughs mit seinem Kuriositäten-Kabinett? Stapledon mit seinen intelligenten Wolken? Aber auch, welche Theoretiker: Lowell, der die Sache mit den Bewässerungs-Kanälen aufbrachte? Luyten, der behauptete, daß die Umweltbedingungen gerade, aber auch nur gerade für die Existenz von Leben ausreichen? Shining, der …?“

(Zitiert aus: John Wyndham: Die Reise zum Mars. München 1973, Heyne SF 3359, S. 54)

Die Reise zum Mars verläuft aber nicht ohne Schwierigkeiten denn eine vorerst unerklärliche Kursabweichung alarmiert die Besatzung. Die Nachkontrolle ergibt, dass das Raumschiff Übergewicht hat. Dale forscht nach und entdeckt einen blinden Passagier. Es handelt sich um eine junge Frau, die Joan Shirning heißt und behauptet, dass sie den Raumreisenden helfen kann. Ihr Vater war ein bekannter Wissenschaftler, der ausgelacht und verfemt wurde, nachdem er behauptet hatte, dass er eine intelligente Maschine entdeckt hätte, die vom Mars gekommen sei. Doch er konnte das nicht beweisen, weil sich die Maschine selbst zerstört hätte, bevor sie der Öffentlichkeit hätte präsentiert werden können. Joan sagt, dass sie die Sprache der Marsianer schreiben lernen hätte können und deshalb die Raumreisenden bei der Kommunikation unterstützen könnte. Sie hat sich an Bord geschlichen, weil sie ihren Vater rehabilitieren will. Obwohl blinde Passagiere in der Seefahrt oft einfach von Bord geworfen werden, entschließt sich Dale unwillig, Joan mitzunehmen.

Die riskante Fahrt glückt und die Marsfahrer landen sicher auf unserem Nachbarplaneten in einer kargen Landschaft, die hauptsächlich von Büschen bewachsen ist. Es gibt alsbald Schwierigkeiten mit dem Ingenieur Burns, der seine Hormone nicht mehr unter Kontrolle hat, seine Kameraden mit der Waffe bedroht und Joan in die Büsche zerrt. Bei der Verfolgung entdecken die anderen den toten Burns, der schrecklich zugerichtet ist. Joan ist verschwunden. Sie stoßen aber tatsächlich auf solche Metallmaschinen, wie sie von Joan geschildert wurden, und geraten in einen Kampf mit den alptraumhaften Kreaturen. Als sie sich wieder zum Schiff durchgeschlagen haben, beobachten sie die Landung einer weiteren Rakete, deren Besatzung aus russischen Kommunisten besteht. Auch eine dritte Rakete setzt zur Landung an, zerschellt aber nach einer Explosion auf dem Boden. Die Russen nehmen mit den Briten Kontakt auf und wollen deren Besitznahme des Mars für das Empire zunichtemachen. Sie fallen aber den Marsmaschinen zum Opfer. Die dritte Rakete war eine amerikanische Expidition, die durch eine russische Sabotage knapp vor dem Ziel gescheitert ist. Joan ist am Leben und unversehrt. Die Maschinen haben ihren Entführer exekutiert und sie in eine Marsstadt geführt, deren Herr der äußerst menschenähnliche Marsianer Vaygan ist. Die Marsianer sind eine aussterbende Rasse, ihre Roboter, die Intelligenz erworben waren, werden die Herrschaft übernehmen. Der Marsianer und die Erdenfrau verlieben sich ineinander. Doch sie können nicht zusammenbleiben, denn die Krankheitserreger, welche beide in sich tragen, wären für die andere Spezies zu gefährlich. Sie muss mit den anderen Erdmenschen zurückfliegen. Nach der ersten Begeisterung wird der Erzählung der Raumreisenden wenig Glauben geschenkt, weil sie keine Beweise mitbringen konnten. Die Amerikaner murren wegen des Absturzes ihres Raumschiffes. Es nach fünf Jahren wird Dale Curtance ein Platz in der Geschichte neben Christoph Kolumbus zugewiesen. Sechs Monate nach der Rückkehr der „Gloaria Mundi“ stirbt Joan bei der Geburt ihres Kindes. Doch die Geschichte von Vaygans Sohn ist eine ganz andere.

Der Roman ist zweifellos nicht uninteressant. Als Klassiker kann man das schmale Werk (die deutsche Übersetzung hat nur 128 Seiten) aber keinesfalls einstufen, dazu sind die Personen zu klischeehaft, und die Marsreise wird dargestellt, als handelte es sich „nur“ um einen Rekordflug wie viele andere auch in den Anfangsjahrzehnten der Luftfahrt.

Heyne Science Fiction ClassicsMark Sunnet und seine Freundin machen mit seinem Stratokreuzer, einem modernen Flugzeugtyp mit Raketentriebwerken, von Algier aus einen Vergnügungsflug über die Sahara. Die Landschaft hat sich gegenüber der früheren Wüste drastisch geändert, denn das Neue Meer ist im Inneren Nordafrikas entstanden, und der Wüstenboden ist blühendem Land gewichen. Durch einen technischen Defekt muss der „Sun Bird“ notwassern. Die Flugzeugzelle bleibt zwar glücklicherweise dicht, aber Matt und Margaret werden durch einen riesigen Wasser nach unten gezogen. Es ist eine Decke unter dem Boden des Neuen Meeres gebrochen, und die beiden landen in einem riesigen unterirdischen Höhlensystem. Mark wird von pygmäenartigen, bleichhäutigen Menschen gefangengenommen und von Margaret getrennt. Er wird zu anderen Gefangenen gebracht und über die herrschenden Verhältnisse aufgeklärt. Die Pygmäen, Das versteckte Volk,  sind die Herren der Höhlen. Immer wieder haben aber Menschen von oben sich in die Höhlen verirrt und wurden ohne Rückkehrmöglichkeit eingesperrt, denn die Einheimischen wollen mit der Oberwelt nichts zu tun haben. Obwohl die Verhältnisse primitiv sind, werden die Höhlen von Leuchtkörpern mit einem unbekannten Leuchtstoff erhellt. Die Menschen ernähren sich hauptsächlich von riesigen Pilzen, die in dieser Umgebung gut gedeihen. Die Pygmäen sind in Sorge, denn durch das Neue Meer kommt es immer wieder zu Wassereinbrüchen, welche die niedrig gelegenen Höhlen unbewohnbar machen. Die Zahl der Eingeborenen sinkt. Die Gefangengen, welche sich mit der Situation nicht abfinden wollen, bauen seit vielen Jahren an einem Schacht, der schräg nach oben führt. Einer von ihnen verrät aber den Plan an die Pygmäen, weil er sich davon die Freiheit für sich selbst erhofft. Es kommt zu einer Schlacht zwischen den Pygmäen und den Gefangenen, die ethische Fragen aufwirft:

Einige Pygmäen rührten sich nicht mehr.

Mark dagegen war nicht zum Lachen zumute. Er war genauso erleichtert wie die anderen, daß der Kampf so harmlos verlaufen war, aber er erkannte etwas, das die anderen offenbar nicht verstehen konnten. Die Pygmäen, diese armseligen bleichen Zwerge, kämpften verzweifelt um das Überleben ihrer Rasse. Sie waren ein primitives Volk, hatte Gordon gesagt. Nun, wie oft hatte es sich herausgestellt, daß zwischen Primitiven und den Menschen des 20. Jahrhunderts keine Koexistenz möglich ist. Tödliche Krankheiten, Lethargie und Gleichgültigkeit dezimierten letztlich jedes primitive Volk, sobald es aus seiner Isolierung gerissen wurde.

(Zitiert aus: Johny Wyndham: Das versteckte Volk. München 1974, Heyne SF 3371, S. 75)

Die Schlacht zwischen den Alteingesessenen und den unfreiwillig neu Zugewanderten findet ein unerwartetes Ende, denn ein riesiger Wassereinbruch verursacht ein unvorstellbares Chaos. Mark versucht, sich mit einigen Leidensgenossen zum Wrack des „Sun Bird“ durchzuschlagen. Dabei stoßen sie auf Margaret, die von den Pygmäen als Göttin verehrt worden war, weil sie eine Katze mitgenommen hatte. Die Pygmäen haben eine Religion, die an die des alten Ägypten erinnert, in der tierköpfige Götter angebetet werden. Margaret ist übel zugerichtet, denn Miguel, der Verräter der Gefangenen, hat sie gefoltert und ist mit ihr ebenfalls auf der Suche nach dem Flugzeugwrack. Die Fliehenden machen Manuel unschädlich, und es gelingt ihnen, nach langem Irrweg durch Felsspalten und unterirdische Gänge wieder das Tageslicht zu erreichen. Die Entdeckung und kommerzielle Nutzung des Kaltlichts wird die Überlebenden reich machen. Aber das Ende der Pygmäen und aller, die noch in den Höhlen gehaust hatten, ist gekommen. Über Nacht hat sich der Meerespiegel des Neuen Meeres um 24 Zentimeter gesenkt. Abermilliarden Liter Wasser haben den armen Teufeln ein grausames Ende bereitet.

Der Roman lässt sich in die Kategorie der Lost World bzw. Lost Race-Abenteuer einordnen, wie sie bereits beim Artikel über Conan Doyle vorgestellt wurden. Obwohl es sich für einen Erstling um eine ordentliche Geschichte handelt, die neben der Actionhandlung auch das Thema der Vernichtung von autochthonen „primitiven“ Gesellschaften durch den moderenen Menschen kritisch hinterfragt, ist Das versteckte Volk für mich kein Klassiker. Wyndham hat noch wesentlich interessantere Werke geschaffen.

Heyne Science Fiction ClassicsWesentlich mehr klassikerverdächtig als die beiden Titel in den Heyne Science Fiction Classics sind vier Werke Wyndhams, die erst nach dem Krieg in den fünfziger Jahren erschienen sind, allen voran The Day of The Triffds (Die Triffids). Die weiteren Romane sind Es geschah am Tage X... (The Midwich Cuckoos), Kolonie im Meer? (The Kraken Wakes) und Wem gehört die Erde? (The Chrysalids). Deswegen werfen wir auch auf diese Romane einige Blicke. Die deutsche Ausgabe von Die Triffids leitete eine neue Ära in der Geschichte deutscher SF-Publikationen ein, denn sie war das erste SF-Taschenbuch, welches der Heyne-Verlag 1960 publizierte. Der Roman wurde in seiner Neuauflage als Nr. 1 in die Heyne Science-Fiction-Reihe eingereiht und steht somit am Anfang der mit Abstand umfangreichsten SF- und Fantasy-Taschenbuchreihe in deutscher Sprache.

Der Biochemiker Bill Masen hat ein Riesenglück, weil er eigentlich Pech hatte. Er wurde von einem Schlag eines Triffids nur gestreift und ist durch die damit verbundene Ätzung seiner Augen nur vorübergehend erblindet. Als er die Binde abnimmt, kann er im Unterschied zu den meisten anderen Menschen sehen. Ein riesiger Komet ist an der Erde vorbeigezogen und hat ein farbenprächtiges, grün leuchtendes Schauspiel am Himmel abgegeben. Wer sich das Ereignis nicht entgehen hat lassen und das Wunder beobachtet hat, ist auf Dauer erblindet. Dazu kommt die Gefahr durch Die Triffids. Sie sind riesige, bis mehr als zwei Meter hohe Pflanzen, die ursprünglich im Labor entstanden sind und als Öllieferant gezüchtet wurden. Doch sie können ihre Wurzeln aus der Erde ziehen und sich fortbewegen. Sie sind fleischfressend und verschmähen auch Menschen nicht. Mit ihrem Giftstachel können sie tödliche Stiche austeilen. Es scheint, als könnten sie sich untereinander verständigen. Sind sie irgendwie intelligent, das ist doch nicht möglich? Bill verlässt das Krankenhaus, in dem er behandelt wurde, und trifft auf ein unvorstellbares Chaos, das sich in den Straßen und den Gebäuden Londons abspielt. Blinde tappen auf der Suche nach Hilfe oder nach Nahrung umher. Dazwischen schreiten die Triffids mit ihren Wurzeln, die ihnen als Beine dienen, und teilen ihre Schläge aus. Bill weiß sich der Mörderpflanzen zu erwehren, denn er hat den Umgang mit ihnen zu seinem Beruf gemacht. Er rettet die junge Josella vor einem Blinden, der sie als Augen für ihn verwendet und mit Schlägen gefügig gemacht hat. Die beiden tun sich zusammen. Sie stoßen inmitten des Chaos auf eine Gruppe von Menschen, welche versuchen, sich neu zu organisieren:

„Ich erwähne das, weil die Welt, die wir gekannt haben, nicht mehr besteht – sie ist verschwunden.

Und mit ihr die Bedingungen und Voraussetzungen, auf die sich unsere Standards gründen. Da unsere Bedürfnisse andere geworden sind, müssen sich auch unsere Ziele ändern. Ein Beispiel. Wir alle haben heute mit vollkommen ruhigem Gewissen Dinge getan, die man vorgestern noch als Einbruch und Diebstahl bezeichnet hätte. Die alte Ordnung ist zerstört; unsere Aufgabe ist es nun, die für die neue Lage zweckmäßgste Lebensform zu finden. Nicht nur aufbauen müssen wir, sondern auch denken – was schwieriger ist und weitaus unangenehmer. […]

In Zukunft werden viele der uns anerzogenen Vorurteile fallen, oder doch von Grund aus geändert werden müssen. Ein fundamentales Vorurteil allerdings können und müssen wir aufrechterhalten: die menschliche Gemeinschaft müß weiterleben.“

(Zitiert aus: John Wyndham: Die Triffids. München 1960. Heyne TB 39, S. 70f)

Bill und Joselle wollen sich der Gemeinschaft anschließen, die von einem Professor und einem Oberst angeführt wird und aus der Stadt London weg auf das Land ziehen will, weil sich dort bessere Überlebensmöglichkeiten bieten. Doch die beiden fallen in die Hände einer anderen Gruppe, die die andere angreift. Sie werden voneinander getrennt. Bill kann sich befreien, findet aber Joselle auch nach langem Suchen nicht mehr. Er fährt mit einem natürlich gestohlenen LKW aufs Land, denn er möchte die Gruppe des Obersten wiederfinden, andererseits hat Joselle von einem Landhaus einer Familie gesprochen, wo sie bereits öfter war und wieder hinmöchte. Nach langem Suchen, bei dem Bill auf andere kleine vesprengte Gruppen von Menschen trifft und immer wieder von den teuflischen Triffids attackiert wird, rettet er die zehnjährige Susan vor dem Tod und findet endlich das Landhaus. Die Bewohner sind auch erblindet, aber Joselle ist da, heil und gesund! Bill baut mit den Überlebenden eine kleine Gemeinschaft auf und wird notgedrungen Farmer. Vieles muss neu erlernt werden:

Was wir jetzt erleben, ist eine Pause – eine gottgeschenkte Pause -, während der wir über den ersten Schock inwegkommen und uns sammeln können, aber es ist nur eine Pause. Später werden wir pflügen müssen, noch später lernen, wie man Pflugscharen macht, und noch später, wie man das Eisen für die Pflugscharen gewinnt. Wir sind nun auf einer Straße, die uns weiter und weiter zurückführt, immer weiter zurück, bis wir wieder imstande sind, alles herzurichten, was wir verbrauchen. Erst wenn wir so weit sind, können wir auf diesem Rückzug in die Urzeit haltmachen und vielleicht wieder langsam aufwärtskriechen.

(Zitiert aus: John Wyndham: Die Triffids. München 1960. Heyne TB 39, S. 134)

Nach sechs Jahren hat sich die Situation einigermaßen stabilisiert. Bill und Joselle sind Eltern eines Sohns geworden. Doch die Triffids, vor der sich die Farm mit einer Barriere aus Stacheldraht schützt, werden immer mehr, zerstören die Barriere und dringen ein. Sie reagieren auf die Geräusche der Menschen und ihrer Geräte. Mühsam können die mörderischen Gewächse wieder zurückgedrängt werden. Dann kommt eine andere Gefahr durch andere Menschen, die eine Diktatur aufgebaut haben und die Überlebenden ihrer Herrschaft einverleiben wollen. Mit einem Trick lockt Bill die Abgesandten in eine Falle, in der sie den Triffids zum Opfer fallen. Die Rettung kommt in Gestalt eines Hubschraubers, der von der Gemeinschaft des Professors und des Obersts ausgesendet ist und nach Überlebenden sucht, welche sich ihnen anschließen wollen. Sie haben ihr Domizil auf der Insel Wight aufgeschlagen und dort alle Triffids in mühevollen Kämpfen ausgerottet. Die Bewohner des Landguts nehmen das Angebot an und ziehen um. Irgendwann werden ihre Kindeskinder wieder die Meeresenge überschreiten und einen unerbittlichen Vernichtungsfeldzug gegen die Triffids beginnen, der nicht eher enden wird, als bis die letzte vom Antlitz der Erde gefegt ist.

Heyne Science Fiction ClassicsEs geschah am Tage X..., dass alle Bewohner – menschlich und tierisch – des Städtchens Midwich innerhalb eines kreisförmigen Gebiets von zwei Meilen Durchmesser bewusstlos wurden. Nach einem Tag ist der Effekt wieder weg, und die Bewohner erwachen wieder. Es hat zwar einige tödliche Unfälle gegeben, weil Fahrzeuge führerlos geworden oder Menschen an Unterkühlung gestorben sind. Auch die Milch ist sauer geworden, weil die Stromversorgung ausgefallen ist. Das herbeigerufene Militär und der Geheimdienst können das Rätsel auch nicht aufklären. Die Auswertung einer Luftaufnahme ergibt, dass sich im Zentrum des Kreises ein unbekanntes löffelförmiges Objekt befunden hat, das mit dem Ende des Phänomens spurlos verschwunden ist. Die Toten werden begraben, die Verletzten versorgt, das Leben im Dorf geht wieder seinen Gang. Einige Wochen später gesteht die junge Ferrelyn ihrer Stiefmutter Angela, dass sie schwanger ist. Angela, die um viele Jahre jünger ist als ihr Ehemann, antwortet ihr glücklich, dass auch sie ein Kind erwartet, nach so vielen Jahren des Wartens. Im Unterschied zu Angela wirkt Ferrelyn überhaupt nicht glücklich. Angela beschwichtigt:

„Angst, Kind?“ wiederholte sie. „Du brauchst doch keine Angst zu haben. Sicher, ganz korrekt ist es nicht, aber... Nun ja, es ist doch sinnlos, puritanisch zu sein. Zuerst müssen wir mal feststellen, ob es überhaupt stimmt.“

„Es stimmt“, sagte Ferrelyn düster. „Aber ich versteh's einfach nicht. Bei mir ist das anders als bei dir. Du bist verheiratet.“

Angela überhörte das und fuhr fort: „Also gut. Dann must du als nächstes Alan benachrichtigen.“

„Ja, das muß ich wohl“, stimmte Ferrelyn ohne Begeisterung zu.

„Natürlich. Und davor brauchst du auch keine Angst zu haben. Alan läßt dich bestimmt nicht im Stich. Er betet dich an.“

„Bist du sicher? meinte Ferrelyn zweifelnd.

„Ganz sicher, du Dummchen. Man braucht ihn doch nur anzusehen. Es ist zwar nicht sehr erfreulich, aber ich wäre nicht überrascht, wenn er trotzdem selig wäre. Es wird natürlich... Aber Kind, Ferrelyn! Was ist denn los“? unterbrach sie sich, bestürzt über Ferrelyns Gesicht.

„Aber du verstehst mich nicht, Angela. Es war nicht Alan.“

Der mitfühlende Ausdruck auf Angelas Gesicht erlosch. Ihr Blick wurde kühl. Sie wollte aufstehen.

„Aber nein!“ reif Ferrelyn vezweifelt. „Du verstehst mich nicht, Angela.“ So ist es doch nicht. Es war niemand! Darum habe ich Angst!“

(Zitiert aus: John Wyndham: Es geschah am Tage X... München 1968, Heyne SF 3039, S. 39)

In den puritanischen fünfziger Jahren war es vielerorts noch ein Problem, wenn eine junge Frau ein lediges Kind bekam. Doch dieses Mal ist es ganz anders. Alle Frauen in gebärfähigem Alter sind gleichzeitig schwanger. Der Zeitpunkt der vermuteten Empfängnis trifft mit dem Tag X zusammen. Neun Monate nach der Empfängnis werden insgesamt 61 Kinder geboren, 31 männliche und 30 weibliche. Sie sehen einander ähnlich wie eineiige Zwillinge. Sie haben dunkelblondes Haar und seltsame Augen, denn ihre Iris ist vollkommen gleichmäßig golden. Die Kinder entwickeln sich ungewöhnlich rasch und verhalten sich seltsam. Aufgrund verschiedener eigenartiger Ereignisse taucht der Verdacht auf, dass sie geistige Kräfte besitzen, mit denen sie Erwachsene psychisch beeinflussen können. Der Doktor will das nicht glauben und argumentiert mit hysterischen Reaktionen der Mütter. Einige Bewohner, darunter Ferrelyns Vater Gordon Zellaby, erkennen, dass eine Xenogenese passiert ist, dass den Frauen also befruchtete Eier eingepflanzt wurden und auf diese Art Kuckuckskinder entstanden sind. Die Kinder werden nicht normal eingeschult, sondern es wird für sie eine eigene Schule im Ort im Herrenhaus errichtet. Mit neun Jahren sehen sie bereits fast wie Erwachsene aus. Die Situation eskaliert, als eines der Kinder von einem Auto gestreift wird und der Unfallenker von den Kindern mit ihren suggestiven Kräften gezwungen wird, mit dem Auto auf eine Mauer zu fahren und Selbstmord zu begehen. Sein Bruder schießt als Rache auf eines der Kinder und wird ebenfalls getötet. Daraufhin bildet sich ein Mob aus Einheimischen, welche die Schule samt den Kindern anzünden wollen. Doch sie können es nicht, niemand kann mehr den Ort verlassen, dem die Kinder es nicht erlauben. Gordon Zellaby, dem die Kinder vertrauen, ist noch psychisch frei. Er gibt vor, einen Film im Schulhaus vorführen zu wollen, platziert eine Kofferbombe und fliegt mit allen Kindern in die Luft. Er hat für das Überleben der Menschheit sein Leben geopfert. Zum Schluss wird bekannt, dass im fernen Sibirien die Sowjets eine Stadt mit einer Atombombe ausgelöscht haben, in der weitere Kuckuckskinder gelebt hatten. Auch bei Eskimos soll es einen ähnlichen Fall gegeben haben, die Einheimischen haben sich aber gleich nach der Geburt der unheimlichen Kinder entledigt. Aber gibt es noch woanders Kuckucke, welche die Spezies der Stiefeltern verdrängen wollen?

Heyne Science Fiction ClassicsTypisch für Wyndham ist, dass es nie eine Erklärung dafür gibt, wer die Außerirdischen sind und was sie beabsichtigen. Thematisiert wird nur der ungleiche Kampf zwischen zwei Spezies, die einander nicht verstehen können, weil ihre Denkweisen zu unterschiedlich sind. Der Roman wurde zweimal unter dem Titel Das Dorf der Verdammten verfilmt. Die Verfilmung von 1960, in der die Zahl der Kinder aus Budgetgründen auf 12 reduziert wurde, beindruckte durch den visuellen Effekt, dass die Augen der Kinder zu glühen begannen, wenn sie ihre hypnosuggestiven Kräfte wirken ließen. Die weißblonden Perücken und die Tatsache, dass die Kinder im Gegensatz zu anderen Altersgenossen starr dastanden, wenn sie ihre Kräfte wirken ließen, verstärkten den Eindruck der Fremdheit.

Heyne Science Fiction ClassicsKolonie im Meer? ist ein Roman, der das Thema der außerirdischen Invasion fortsetzt. Mike und Phyllis Watson sind Journalisten. Sie befinden sich auf Hochzeitsreise auf einem Schiff Richtung Azoren, als Phyllis vermeintlich den Mars beobachtet, der besonders hell strahlt. Doch rot leuchtende Punkt wird immer größer und es kommen weitere vier dazu, die sich als Flugobjekte entpuppen, welche ins Meer stürzen. Eine Suchaktion bleibt erfolglos. Später erfahren die beiden, dass es eine Reihe von ähnlichen Beobachtungen gibt. Ganze Schwärme von unbekannten Flugobjekten stürzen immer in einen der großen Ozeane, nie eines aufs Land. Mike und Phyllis werden eingeladen, an einer Forschungsfahrt teilzunehmen, bei der mittels einer neu konstruierten Tauchkugel den Dingen auf den Grund gegangen werden soll. Die Kugel wird samt zwei Mann Besatzung in die Tiefe gelassen, bis plötzlich die Verbindung abreißt und als die Trosse eingeholt ist, erweist sich das Ende als Haufen geschmolzenen Metalls. Auch andere Expeditionen enden mit Totalverlusten. Dann kommt es zu unerklärlichen Verlusten von Schiffen. Mike und Phyllis werden von ihrem Sender, der EBC, immer wieder als Spezialisten für Berichte von ähnlichen Vorgängen eingesetzt, weil sie Zeugen der ersten Sichtung der unbekannten Objekte waren. Sie nehmen Kontakt mit Alistair Bocker auf, einen Geographen, der einige gewagte Theorien zum Ursprung der Objekte aufgestellt hat und von einem Großteil der ignoranten Öffentlichkeit verlacht und verspottet wird.

„Aber“, widersprach Bennett, „wenn, wie Sie vorhin ebenfalls meiten, man offiziell der Überzeugung ist, daß diese Verluste an Schiffen auf das Konto ungekannter intelligenter Wesen gehen, dann besteht wirklich Grund zur Furcht, und Sie können die heutige Angelegenheit nicht als bloße Vergeltungsmaßnahme abtun.“

Mallarby schüttelte erneut den Kopf. „Mein lieber Bennett, das kann ich nicht nur, ich tue es. Nehmen wir mal an, etwas kommt in einem Seil aus dem Weltraum auf uns herunter, und nehmen wir weiter an, dieses Ding sendet Strahlen aus auf einer Wellenlänge, die uns heftiges Unbehaben verursacht, vielleicht sogar körperliche Schmerzen. Was würden wir tun? Ich würde meinen, daß wir als erstes das Seil durchschneiden und das Ding außer Betrieb setzen würden. Dann würden wir dieses merkwürdige Objekt untersuchen und herauszufinden versuchen, was darüber herauszufinden ist. Und wenn weitere dieser Dinger folgen würden, dann würden wir Schritte unternehmen, um sie zu entmutigen. Das kann geschenen mit der einfachen Absicht, ein Ärgernis zu beseitigen, vielleicht aber auch aus einem Gefühl der Feindseligkeit heraus – und dann könnte man es Vergeltung nenne. Träfe nun uns oder das Ding da oben die Schuld an dieser Entwicklung?“

(Zitiert aus: John Wyndham: Kolonie im Meer? München 1961, Goldmann Zukunftsromane 19, S. 42f)

Bocker vermutet, dass es sich tatsächlich um intelligente Wesen handelt, welche die Erde kolonisieren und als den für sie geeigneten Lebensraum den Meeresboden ausgewählt haben. Er glaubt, das die Invasoren möglicherweise vom Jupiter kommen. Nach weiteren Vorfällen, welche immer mehr Opfer an Schiffen fordern, reagieren die Großmächte und lassen einige Atombomben in Gegenden fallen, wo die Invasoren vermutet werden. Doch das schlägt zumindestens zum Teil fehl, denn die Bomben explodieren nicht wann und wie gewünscht. Eine Bombe geht in 2000 Meilen Entfernung vom Abwurfort in die Luft und verursacht riesige Schäden auf der Pazifikinsel Guam. Die Situation eskaliert soweit, dass der interkontinentale Schiffsverkehr größtenteils eingestellt werden muss. Der Welthandel wird empfindlich eingeschränkt, Flugtransporte können die Verluste nur teilweise auffangen. Dann beginnt die zweite Phase der Invasion. Geheimnisvolle Objekte, einem Tank ähnlich, rollen auf verschiedenen Inseln auf den Strand und fangen mit klebrigen Ranken Menschen ein. Bocker stellt wiederum eine Theorie auf, dass es sich um Erntegeräte handelt, welche wie Fischtrawler Nahrung für die neuen Meeresbewohner besorgen. Er wird aufs Neue verlacht. Nachdem eitliche kleine Dörfer auf entlegenen Inseln entvölkert wurden, treffen weitere Angriffe die Britischen Inseln und die spanische Küste. Das Militär marschiert auf und eine Reihe von weiteren Attacken werden abgewehrt. Aber die Angriffe nehmen zu, und eine weitere Bedrohung taucht auf. Die Invasoren haben den Meeresgrund in den Polgegenden aufgeheizt, riesige Eisberge stoßen in die wärmeren Gebiete vor und der Meeresspiegel steigt unaufhaltsam. Die Menschen kämpfen verzweifelt gegen die Fluten. New York, London und viele weiter Millionenstädte werden zu Wasserwüsten. Die britische Regierung zieht sich aufs Land zurück, aber der Niedergang ist nicht mehr aufzuhalten und das Staatsgefüge bricht endlich zusammen. Viele Menschen fallen Seuchen zum Opfer. Jahre nach der Invasion haben nur noch fünf Millionen Menschen in Großbritannien überlegt, als endlich Hoffnung aufkommt. Die Japaner haben eine Ultraschallwaffe erfunden, mit der sie die Invasoren töten können. Sie beginnen mit der Säuberung des Meeresgrundes rund um ihr Inselreich. Nachdem sie die Konstruktionsunterlagen an die anderen Nationen weitergegeben haben, ist die Hoffnung groß, dass in einigen Jahren die Erde wieder komplett frei ist. Aber bis sich das Klima wieder erholt hat, werden noch viele Jahrzehnte vergehen.

Man erfährt nie, wer die Invasoren waren, woher sie kamen und ob die Vermutungen, die aufgestellt wurden, wirklich stimmen. Immer wieder wird im Roman, personifiziert durch Alistair Bocker, die Frage aufgeworfen, ob die Menschen den Invasoren nicht zu menschliche Verhaltensweisen unterstellen. Die ignorante Reaktion der Öffentlichkeit solange, bis die Tatsachen nicht mehr abgeleugnet werden können, teilt der Roman mit Es geschah am Tage X..., aber auch mit Robert C. Sherriffs Der Mond fällt auf Europa. Eine typisch britische Verhaltensweise? Die Schilderung der Erderwärmung zeigt drastisch auf, was mit unseren Küstengebieten passieren, wenn wir nichts gegen den Klimawandel unternehmen. New York? London? Hamburg? Amsterdam? Jakarta? Manila? Tokyo? Hongkong?

Heyne Science Fiction ClassicsEin beeindruckendes Werk Wyndhams ist auch Wem gehört die Erde (The Chrysalids), ein Roman über den Überlebenskampf mutierter Menschen. Manche Kritiker meinen, es sei Wyndhams bester Roman. In der kleinen Siedlung Wakmuk wächst der junge David heran. Es ist eine harte Zeit, in der harte Menschen das Sagen haben. Lange Zeit vorher, wann weiß niemand, hat ein verheerender Krieg den Großteil der Erde verwüstet. Hinterlassenschaften der Altvorderen glühen in der Nacht, wer sich ihnen nähert, stirbt eines erbärmlichen Todes. Der Erbe dieser Menschen ist vergessen, die Verwüstung wird als ein Strafgericht Gottes angesehen. Alle Tiere und Pflanzen, welche nicht der Norm entsprechen, werden vernichtet, Babies gleich nach der Geburt getötet und falls man erst später auf die Mutation kommt, werden diese Menschen ausgestoßen. Sehr langsam dehnt sich das von Menschen kultivierte Gebiet wieder aus und die Wildnis wird zurückgedrängt. Bei einem kleinen Ausflug in die Umgebung rettet David das Mädchen Sophie, das ihren Fuß zwischen zwei Felsbrocken eingeklemmt hat. Doch Sophie will ihren Schuh nicht ausziehen, was das Problem leicht lösen könnte. Denn sie hat sechs Zehen an jedem Fuß, damit entspricht sie nicht der Norm. Sophies Vater nimmt David das Versprechen ab, das Geheimnis niemand weiterzuerzählen. Davids Vater ist ein sittenstrenger, engstirniger Mann, der als Friedensrichter gnadenlos jede Abweichung verfolgt. Doch auch David ist anders, denn er kann mit seinem Geist Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen, welche die gleiche Gabe besitzen. Mit Onkel Axel hat er eine Vertrauensperson, welcher die Dinge ganz anders sieht als die orthodoxe herrschende Schicht.

Er erzählt von einer Schiffsexpedition, die unbekannte Gebiete aufgesucht hat:

„Man kann Inseln finden, wo die Leute alle dick, und andere, wo alle dünn sind; man behauptet sogar, es gibt Inseln, wo alle Männer und Frauen als wahre Ebenbilder gelten könnten, wenn sie nicht durch irgendeine seltsame Abweichung schwarz geworden wären.

[…] Man muß auf alles gefaßt sein. Manchmal, wenn die Leute freundlich sind, kann man kein Wort verstehen, und sie verstehen dich nicht, aber meistens wird man feststellen, daß viele ihrer Worte den unseren gleichen und sie nur anders ausgesprochen werden. Und man kommt auf seltsame, beunruhigende Dinge. Sie haben alle ungefähr die gleichen Legenden über die Frühen Menschen wie wir – daß sie fliegen konnten, daß sie Städte bauten, die auf dem Meer schwammen, daß sie auch über weite Entfernungen miteinander sprechen konnten, und so weiter. Aber das Merkwürdigste ist doch die Tatsache, daß sie allesamt glauben, gerade ihre Art sei die einzig richtige und alles andere müsse als Abweichung gelten.

(Zitiert aus: John Wyndham: Wem gehört die Erde? München 1961, Goldmann Zukunftsromane 15, S. 59/60)

Wem gehört die Erde?

David gerät in große Schwierigkeiten, als Sophies Abweichung bekannt wird und sie mit ihrer Familie fliehen muss. Er hat eine unverzeihliche Sünde begangen, weil er ihre Abweichung nicht gemeldet hat. Vater ist zutiefst ergrimmt und schlägt ihn erbarmungslos. Davids Weltbild bekommt weitere Risse, als er eine Schwester bekommt. Denn Tante Harriet, welche auch gerade ein Baby bekommen hat trifft bei ihnen ein. Sie bittet, es kurz gegen Davids Schwester Petra auszutauschen dürfen, damit sie die Urkunde bekommt, denn das Baby hat eine winzige Abweichung. Davids Eltern lehnen empört die Manipulation ab. Harriet ist gebrochen, denn sie hat bereits zwei Kinder weggeben müssen. Ihr Leichnam wird wenig später gefunden.

Doch Davids Abweichung – und die seiner Freunde - wird lange nicht entdeckt, denn sie ist unsichtbar. Das Geheimnis der acht Telepathen wird erst entdeckt, nachdem sie bereits junge Erwachsene sind. Denn die kleine Petra hat ebenfalls telepathische Kräfte, und diese sind gewaltig. Sie kann andere Menschen psychisch beeinflussen, und als sie bei einem Ausritt von einem Raubtier bedroht wird, holt sie mit einem geistigen Hilfeschrei ihre Freunde zu Hilfe. Die anderen Menschen werden misstrauisch, denn sie haben nichts gehört. Die Telepathen müssen fliehen. Der Weg führt sie in die Randgebiete, wo die Ausgestoßenen wohnen, die Mutierten, dessen Anführer ein Bruder von Davids Vater ist. Die Normalen können zwei von Davids Gefährten gefangennehmen und ihnen durch Folter alle Geheimnisse entreißen. Sie haben Angst, denn diese Mutanten könnten mit ihren geistigen Kräften die Herrschaft übernehmen und sie auf die Seite drängen. Bei der Verfolgung der Flüchtigen entbrennt eine Schlacht zwischen den Verfolgern der Telepathen und den Ausgestoßenen. Die Rettung für die überlebenden Telepathen kommt durch ein Flugzeug, das sie aufnimmt. Denn weit entfernt hat sich bereits eine Gemeinschaft telepathischer Menschen gebildet, die trotz der großen Entfernung von Waknuk mit Petra geistigen Kontakt aufnehmen konnte. Diese Menschen nehmen die jungen Flüchtlinge bei ihnen auf. Ihnen wird die Zukunft gehören.

Zusammenfassend kann nur noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die Redaktion nicht den Fehler begehen hätte sollte, Werke als Klassiker zu bezeichnen, nur weil sie älteren Datums waren. Die Werke Wyndhams sind ein gutes Beispiel dafür. Es hätte genügend Material von ihm gegeben, das die Aufnahme als Heyne Science Fiction Classics verdient hätte. Die Reise zum Mars und Das versteckte Volk waren es jedenfalls nicht, auch wenn es sich um ganz ordentliche Abenteuergeschichten handelte. Wyndham jedenfalls ist ein Autor, der mit etwa zehn Romanen und mehreren Kurzgeschichtensammlungen zwar kein breites Werk hinterlassen, sich aber mit einigen herausragenden Romanen einen Ehrenplatz in der SF-Geschichte gesichert hat.


Titelliste von John Wyndham

Anmerkung:
Es werden die Ausgaben in den Heyne Science Fiction Classics sowie die Erstausgaben der Werke angeführt.

1973

3359 Die Reise zum Mars
Originalausgabe unter dem Titel Stowaway to Mars, 1936

1974

3371 Das versteckte Volk
Originalausgabe unter dem Titel The Secret People, 1935


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Tags: Science Fiction and Fantasy

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