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Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Rebellion der Regenwürmer

Dirk und die VampireDer Vampir-Horror-Roman
Rebellion der Regenwürmer

Der Vampir-Horror-Roman ist eine Legende des Heftromans. Ich bin leider erst nach Einstellung der Reihe auf die Serie gestoßen und habe in den achtziger Jahren jede Menge davon gelesen.

Dreißig Jahre später wiederhole ich das Experiment Vampir-Horror-Roman lesen nochmals. Ob es immer noch gefällt?

Rebellion der RegenwürmerRebellion der Regenwürmer
von
Cyril F.Toncer (???)
Vampir Horror-Roman Nr. 95
Dezember 1974 / DM 1,20

Pabel Verlag
Dr. Laparouse ist nicht zum Feiern zumute. Er gehört zu einem Trupp französischer „Regenmacher“, die in der Wüstensteppe, im Grenzgebiet zwischen den westafrikanischen Republiken Mali und Niger, ihr Camp aufgeschlagen haben. Die ersten Versuche sind geglückt und der ausgedörrte Sandboden der Region ist nach über sechs Jahren von einem frischen Grün überzogen. Zwei chemische „Wetterbomben“ haben das erlösende Nass gebracht und wenn die Versuche abgeschlossen sind, hofft man, weitere Trockenzonen in blühende Landschaften zu verwandeln. Der Meteorologe Patoux ist bester Laune, aber auch er kann Laparouse, der intensiv in die Linse seines Mikroskops starrt, nicht von dessen Arbeit wegreißen. Die ekligen Würmer, die jetzt seine Bodenproben bevölkern, waren vorher nicht da... und sie scheinen größer zu werden.

In der Nacht hört Laparouse seltsame Geräusche. Neben dem Lärm des strömenden Regens vernimmt er ein Trippeln wie von kleinen Füßen und ein besorgniserregendes Hecheln, einhergehend mit Kaugeräuschen. Plötzlich schreit der schlafende Molard, der wissenschaftliche Assistent des Trupps, vor Schmerz auf. Ein etwa 20 Zentimeter langer, scheußlicher Wurm mit einem hässlichen Kopf, hat ihm in den Oberarm gebissen. Auch Patoux ist jetzt wach und muss mit ansehen, wie etwa zwei Dutzend Würmer ins Zelt eingedrungen sind und angreifen. Die Männer wehren sich mit allen vorhandenen Kräften und Gegenständen, sogar Feuer, doch die Biester lassen sich nicht zerstören. Plötzlich ändern sie ihre Farbe von Sattgrün auf  Blassrot und erstarren. Laparouse verliert die Besinnung.

Als er wieder zu sich kommt, sieht er in das übelgelaunte Gesicht von Commandant Legrand, dem Expeditionsleiter. Scheinbar hat er sich die Sache mit den Würmern nur eingebildet, denn selbst Molard und Patoux wissen nichts von einem Angriff.  Laparouse ist von den Socken und steht jetzt unter Beobachtung von Legrand. Er sieht durch das Verhalten des Arztes die Sicherheit der Expedition gefährdet.

Im Laborzelt sieht Laparouse nach der Sandprobe mit den Würmern und stellt fest, dass jemand Wasser in die Petrischale geschüttet hat. Wahrscheinlich tauchen die Biester nur in Verbindung mit Feuchtigkeit auf. Dann kommt Patoux dazu und gesteht, dass er die Schlangenwürmer auch gesehen hat, aber nichts sagen konnte. Irgendwie hat Legrand Patoux und Molard geistig beeinflusst. Das Auftauchen und Verschwinden der Würmer wird ebenfalls von Legrand gesteuert, wenn er nicht sogar selbst zu ihnen gehört. Laparouse versteht die Welt nicht mehr, zumal auch das Wetter verrückt spielt und sich unnatürlich verhält: Mal ist es trocken vor dem Zelt, dann wieder völlig Nass.

Am anderen Tag geschehen seltsame Dinge. Zuerst verschwindet eine Bodenprobe aus einer verschlossenen Kassette, dann tauchen bei Patoux und Molard seltsame „Insektenstiche“ auf, genau an den Stellen wo die Würmer zugebissen haben, und schließlich ist auch noch Legrand verschwunden. Als zwei Einheimische vom Stamm der Harak Dada das Camp aufsuchen und von seltsamen Dingen in ihrem Dorf berichten, ist das Chaos perfekt. Angeblich sind die Würmer auch bei ihnen und haben ein Opfer gefordert. Ihre Bisse haben sich zu großen Geschwüren verwandelt und der Betroffene sonderte eine stinkende Flüssigkeit ab, bevor er starb. Kurz darauf tauchte der Tote als Vampir (Dracula) wieder bei ihnen auf und holte sich zwei Kinder. Laparouse will sich den Fall vor Ort ansehen. Molard zeigt mittlerweile die selben Symptome, es steht schlecht um ihn.

Die Fahrt zum Dorf bringt nichts Neues. Die armen Menschen sind auch ohne die Würmer schon genug bestraft. Ihr Häuptling bittet den Arzt um Hilfe beim Kampf gegen den Unhold. Als ein Anruf aus dem Camp den Tod von Molard meldet, machen sich die Männer wieder auf den Rückweg. Molards Leiche ist nicht mehr aufzufinden. Legrand scheint auch wieder aufgetaucht zu sein. Angeblich war er die ganze Zeit in seinem Zelt. Über dem Gebiet, wo die nächste Wetterbombe hochgehen soll, sieht Laparouse plötzlich eine Erscheinung am Himmel. Zuerst die Gesichter von Legrand, Professor Juillard und dem Nomadenhäuptling, dann eine menschliche Gestalt. Im Camp befinden sich nur noch Dr. Farvieu und Dr. Patoux, dem es wieder besser geht. Der Rest des Expeditions-Teams ist mit Legrand zur Abschussrampe.

Am Barabuich-Arazeff-Massiv trifft man die letzten Vorkehrungen für den nächsten Abschuss einer Wetterbombe. Legrand ist voll in seinem Element und kommandiert die Leute nach seiner Fasson. Laparouse ist ihm dabei ein tiefer Dorn im Auge. Angeblich ist Molard gar nicht verschwunden, sondern man hat ihn beigesetzt. Wieder steht der Arzt wie ein Trottel da, denn seine Kollegen können sich zu der Sache nicht äußern. Beeinflusst von Legrand? Als Dr. Partoux reuig auftaucht und erklärt, dass die Leiche von Molard erwacht ist und mit dem Vampir vom Dorf im Bergmassiv haust, wird Laparouse hellhörig. Schließlich geht er mit Partoux in den Berg und spürt die zwei Unholde auf. Molard hat sich zu einer Schreckensgestalt verwandelt und der Harak Dada Vampir sieht auch nicht besser aus. Plötzlich schießt Wasser ein und Partoux schüttet den Sand hinein. Die Würmer wachsen und stürzen sich auf die Verwandelten. Der Harak Dada Unhold wird aufgefressen doch Molard kann entkommen. Dann holen sich die inzwischen meterlangen Bestien Partoux. Laparouse gelangt durch einen Abfluss wieder an die Oberfläche zu seinen Leuten und berichtet von seinen Erlebnissen. Legrand schickt ihn zurück nach Paris. Seine Wahnvorstellungen seien unzumutbar, denn angeblich ist Partoux unter Krämpfen im Camp gestorben. Auf dem Rückflug sieht der Arzt, wie ein Riesiger Wurm dem Flugzeug folgt. Was hatte ihm Partoux verraten: Die beiden Unholde wurden von den Würmern erschaffen und sind gleichzeitig ihre Herren und ihre Diener. Ein geheimnisvoller Obermeister soll dabei die Fäden in der Hand halten. Sein Ziel ist wohl, die Wetterexperimente zu stoppen. Warum nur? Die Menschen der Region sind so glücklich wie nie und hoffen auf eine bessere Zukunft.

In Paris unterhält sich Laparouse mit Professor Juillard ausführlich über die Mission und erhält Rückendeckung von seinem Vorgesetzten. Juillard war mit Legrands Berufung zum Expeditionsleiter auch nicht glücklich, hält sich aber zum Thema Würmer und Vampire zurück. Er will Laparouse mit auf die nächste Mission, die Begrünung der algerischen Wüste, nehmen und hält ihn für einen fähigen Arzt. Auf der Rückfahrt hat Laparouse starke Visionen. Vampirfratzen und Würmer wollen ihm an den Kragen. Die Fahrt endet schließlich abrupt auf einer Kreuzung und Laparouse wacht im Krankenhaus wieder auf. Er hat sich beide Beine gebrochen.

… Bis jetzt hat mir das Zusammenfassen eines Heftromans immer Spaß gemacht, aber jetzt bin ich an meine Grenzen gestoßen. Mehr dazu unten. Fasse den Rest nur kurz zusammen:
Im Südwesten der algerischen Wüste werden jede Menge Wetterbomben gezündet. Es schüttet wie aus Kübeln. Legrand hat sich aus dem Camp gestohlen und geht eigene Wege. Die Würmer greifen an und verwüsten das Camp. Viele sterben. Prof Juillard flieht und nimmt Laparouse mit. Mit einem Heli geht es in eine Berghöhle die weit verzweigt ist. Sie verlieren sich. In einem saalartigen Abschnitt findet er Juillard wieder, aber der nennt sich jetzt Professor Satanicus und will die Welt unterjochen bzw. die Menschheit ausrotten. Seine Würmer machen die Menschen zu Draculas (Vampire) und anderen Monstern?!? Legrand und der vermeintlich tote Patoux sind seine unfreiwilligen Marionetten. Laparouse hat bei seinem Besuch bei Juillard einen schwarzen Fleck unter dessen Ellbogen entdeckt und injiziert ihm so ein Anti-Teufels-Serum. Ein halbmondförmiges Amulett taucht dann auch noch auf und gibt Satanicus den Rest. Alle sind wieder munter und mehr oder weniger am leben. Der echte Juillard hat sich als Patoux getarnt und will weiter Wetterbomben in den Himmel schießen um der Menschheit zu helfen...

Dirk und sein SenfMein Senf
Ich habe noch nie eine Zusammenfassung auf meiner Lesereise abgebrochen. Ich versuche immer, aus den ca. 65 Seiten eine kleine Geschichte zu basteln, die vielleicht den Roman ein wenig wiedergibt. Manchmal ist die Vorlage schon recht speziell, aber in den meisten Fällen kommt man mit zwei Seiten, bei Schriftgröße 12, ganz gut hin. Vielleicht mal zweieinhalb, wenn die Geschichte spannend ist und zu Ende erzählt werden „muss“. Aber diesmal ging die Handlung eindeutig etwas in die Breite. Da hätte ich mir die Finger fusselig geschrieben und die Leser, die sich regelmäßig durch die Zusammenfassung quälen, wären wahrscheinlich auch noch abgesprungen. Ihr Tapferen...

„So ein Regenwurm hat´s gut, so ein Regenwurm hat´s fein, ach könnt ich doch ein Regenwurm, ein Regenwürmchen sein...“ heißt es in einem Lied gesungen von Heinz Rühmann. Doch die bittere Heftromanwahrheit sieht anders aus.

Meine Fresse, was war dass denn? Da freut man sich auf eine Horde übergriffiger Regenwürmer, die einen zu Tode schleimen, und bekommt eine frühe Version von Klima-Aktivismus geboten. Aber ganz ehrlich, mir hat diese schräge Nummer irgendwie gefallen... zum Teil... mit kleinen Abstrichen.  Klar, eine gute Story lebt von Drehungen und Wendungen, aber wenn du beim Lesen das Gefühl hast, du steckst in einem Wäschetrockner der auf Hochtouren läuft, kann einem leicht das Gyros vom Mittag wieder hochkommen. Oder wollte Toncer dem Leser nur seinen Standpunkt zum „Eingreifen in die Natur“ klarmachen, verpackt in einem Horror-Roman?  Jedenfalls war REBELLION DER REGENWÜRMER Toncers einzige Nummer bei den Vampiren. Da hätte noch was kommen können, obwohl er, was anzunehmen ist, höhere Ziele im Auge hatte.

Der Verfasser des Romans macht es einem diesmal ziemlich leicht, was die Recherche zu seiner Person anbelangt. Es gibt wohl wirklich nur diese eine Nummer von Cyril F. Toncer - auch wenn man die Suchmaschinen noch so schüttelt. Kennt man die Sachen von Bruss, Limat und Co., könnte man annehmen, dass es sich bei seinem Beitrag um eine Übersetzung aus dem Französischen handelt. Was nicht abwegig wäre, denn an manchen Stellen wirkte die Story wirklich etwas holprig ins Deutsche übertragen. Dagegen spricht die Tatsache, dass Pabel den Roman als deutsche Erstveröffentlichung angegeben hat und keinen Übersetzer nannte. Die Erwähnung des Pariser INSTITUT DES RECHERCHES ECONOMIQUES lassen zumindest den Schluss zu, dass der Autor mit dem Vorgang „Wettermachen“ durch das Beschießen von Wolken mit Silberiodid, oder Natrium-, Magnesium und Calciumchlorid, und deren Folgen vertraut war. Über die Zusammensetzung der eingesetzten „Wettersuppe“, ließ der Autor sich leider nicht aus. Vielleicht war Cyril F. Toncer ein Meteorologie-Student im dritten Semester, der ein zweites Standbein suchte und nebenbei Romane schrieb? Eventuell zweisprachig, wenn es die Rebellion... auch auf Französisch gab und er sie selber übersetzt hat. Schon in den frühen Siebzigern schoss man Chemikalien in die Wolken, um die üblen Trockenzonen unseres Planeten zu begrünen. So ganz ausgereift und anerkannt ist das Wettermachen aber bis heute noch nicht. Die Natur lässt sich nur ungern ins Handwerk pfuschen und ist mitunter etwas rachsüchtig und unberechenbar - siehe das Begradigen und Stauen von Flüssen, Abholzen von Wäldern oder eben Wetterexperimente, um Niederschläge hervorzurufen bzw. sie zu vermeiden.

Ein weiteres Indiz für einen Autor aus Frankreich gibt uns die Zweitverwertung des Romans in der Dämonen-Land Serie von Bastei. Hier äußerte sich Michael Schönenbröcher (Red.) wie folgt: Starker Titel, was? Einer der Gründe, warum ich diesen Roman eingeplant habe. Aber bestimmt nicht der einzige. Denn von diesem alptraumhaften, bizarren und erschreckenden Werk des französischen Autors Toncer geht eine ganz eigene Atmosphäre aus, die den Leser unweigerlich in ihren Bann schlägt. Erleben sie mit, was passieren kann, wenn der Mensch in die Natur eingreifen will – und namenloses Grauen heraufbeschwört. Bizarr – dem stimme ich voll zu, denn mit einer normalen Nummer aus der VHR-Reihe kann man Toncer wirklich nicht vergleichen. Und Schöni hat voll recht, der Roman war wirklich eine krasse Ausnahme. Von der Idee her ganz weit weg vom Horror-Roman, aber mit ein paar „Draculas“ dran konnte man ihn vielleicht besser verkaufen,

Die rasante Fahrt durch den heutigen Vampir-Roman fing noch ganz gemütlich an, aber aus dem 2 CV wurde schnell ein Renault Alpine und etwas später sogar ein Bugatti Chiron auf Schussfahrt. Die würmerbelasteten Bodenproben sorgten für ordentlich Stimmung in den Zelten der Forscher, denn die Lumbricidae aus der Familie der Regenwürmer hatten durchwegs miese Laune. Mal tauchten sie auf, dann wieder nicht oder bekämpften den Feind. Sie wahren der ausführende Arm des Natur-Gesetzes, wenn man so will. Sie verwandelten Menschen in „Draculas“. Ja, richtig gelesen, Toncer nannte seine Wesen Draculas oder schlicht Vampire, weil sie ihren Opfern ans Blut wollten. Hä? Das war aber bei weitem nicht die einzige verwirrende Verwirrung der Geschichte, denn zwischendurch wimmelte es vor Fratzen und anderen Erscheinungen am Himmel, unheimliche Kinder mit giftigen Fingernägeln tauchten auf oder Godzilla-Würmer verfolgten Flugzeuge bis nach Frankreich. Habe ich die komisch schmeckenden Getränke schon erwähnt, die wahrscheinlich alle mit einer halluzinogenen Droge versetzt waren? Alles etwas zu schnell aus dem Zylinder gezogen, für meinen Geschmack - aber ich bin eh langsam. Dabei ist das Sammelsurium an Wendungen und Erklärungen noch lange nicht vollständig. Trotzdem war der Drive der Story immens und nie langweilig, sondern eher zack zack. Ähnlich wie ein leicht hektischer Film mit Louis de Funes oder Adriano Celentano.

Laparouse, der Protagonist und Arzt des Wetter-Teams, machte im Laufe der 63 Seiten mindestens drei Nahtoderfahrungen, bis sich die Sache so langsam in der Höhle von Professor Satanicus aufdröselte, der den guten Prof Juillard irgendwann körperlich übernommen hat und später Patoux hieß und gestorben ist, gemetzelt von den Würmern, aber wieder auftauchte - in seiner eigenen Gestalt... wäre da nicht... dann hatte er aber... ich glaube, ich werde so langsam zu alt für die ganz komplizierten Zusammenhänge. Ob der Autor jenseits von Seite 40 noch einen hundertprozentigen Überblick hatte, wage ich zu bezweifeln. Trotz des ernsten Themas und der Tatsache, dass Toncer es sogar in die „Dämonenland“-Serie schaffte, bleiben meine Jubelrufe doch eher verhalten. Was stimmt nicht mit mir? Manchmal holt einen die Story aber auch einfach nicht ab, wobei wir bei den verschiedenen Geschmäckern wären...

Zu erklären ist der  geschriebene Alptraum zum Teil wohl mit den Getränken (Wasser, Wein, Whisky usw.) die Laparouse so zu sich nahm. Sie schmeckten seltsam nach Chemikalien. Okay, beim Whisky hätte ich es noch verstanden, denn so mancher „getorfte“ Single-Malt erinnert an einen Zahnarztbesuch, aber spätestens beim seltsam schmeckenden Wasser hätte sich mein Durst erledigt gehabt. Toncer schmiss die vermutlich halluzinogene Droge auch erst ziemlich zum Schluss in den Ring bzw. Gläser. Ebenso die Sache mit Professor Satanicus und der höheren Macht, die eigentlich nur die Natur selber sein konnte, welche mit dem Aberglauben und der Angst der Menschen spielte um sie so von ihrem Vorhaben, dem Wettermachen, abzubringen. Die Einheimischen hätten gegen ein wenig Nass nichts gehabt. Sie beschrieb Toncer nicht gerade auf Augenhöhe, sondern eher wie eine Horde Leprakranker: Daraufhin brüllten sie einige unverständliche Worte und wie auf einem Schlag verebbte das vielstimmige Geschnatter, die hautbedeckten Skelette wichen zurück. Gerade zur rechten Zeit dachte Laparouse. Er war nicht zimperlich, aber der Gestank ließ ihn beinahe bewußtlos werden (Seite 25). Weichei, geh mal in eine „Bergmannskaue“ (Umkleide) nach Feierabend.

Insgesamt gesehen war VHR Nr.95 ein rasantes Umwelt-Abenteuer mit einer leicht verwirrenden Abfolge von Geschehnissen bis hin zu sich überstürzenden Metzeleien mit unfassbaren Monsterhorden. Wenn man den Roman als reine Feierabend-Literatur gelesen hat, war er vielleicht ein wenig zu kompliziert, aber mit ein wenig Umweltbewusstsein und Sinn für die Fragilität unseres Planeten, funktionierte er ganz gut. So richtig ließ sich der Autor darüber nicht aus, welcher Teil des spukhaften Treibens nun der halluzinogenen Droge zuzuschreiben war, oder ob es die aufploppenden Monster wirklich gab. Irgendwie alles zusammen. Die letzten zehn Seiten dienten der Erklärung, brachten aber auch nochmal eine Menge zusätzlicher Verwirrung in die Seiten. Der Mensch hatte über die Natur gesiegt, denn die Experimente werden von dem wahren Professor Juillard fortgesetzt. Fast alle Akteure des Romans lebten am Schluss wieder und die Sonne brannte weiter vor sich hin. Die Sahel-Benin-Zone oder der Südwesten der algerischen Sahara, sind mal ganz andere Schauplätze für einen Grusel-Roman und recht bildhaft und exotisch beschrieben. Die Bewohner und ihre Belange waren dabei zweitrangig, auch wenn man deren Lebensbedingungen verbessern wollte. Hier traf der „sogenannte“ zivilisierte Teil der Menschheit auf einen Rest indigener Stämme, die noch mit einem Bein in der Steinzeit standen. Plus Dracula, Nachzehrer, Riesenwürmer, Drogen, Naturgötter, Satan, unheimlichen Kindern und einem Anti-Teufels-Serum.  

„Ob schön jetzt, ob hässlich, ein Wurm macht sich nichts daraus, es sieht ja jeder Regenwurm so wie der and`re aus!“

Was gab es sonst noch?
Bei Tholes Titelbild stockt einem diesmal sprichwörtlich der Atem. Zumindest der Mann mit Tropenhelm dürfte einige Probleme hinsichtlich der Luftzufuhr haben. Auf dem Dämonen-Land Cover (JAD) sind die Würmer zwar etwas kleiner, aber nicht weniger alptraumhaft. Das Bild von Thole hatte im Original aber bestimmt mehr Strahlkraft. Da konnte Thomas Mühlbauer immer etwas zu sagen. Thomas?

Jetzt wird es richtig schaurig bei VAMPIR-INFORMIERT. Manfred Knorr präsentiert nichts für schwache Gemüter. Gibt es den Satan und seine Dämonen wirklich? Sind sie greifbar und Teil unseres Daseins? So mancher Filmfreund wird sich diese oder ähnliche Fragen gestellt haben, als ihn das Kino nach DER EXORZIST wieder ausgespuckt hat. Wenn schon die katholische Kirche nochmals, 1972 durch Papst Paul VI, ausdrücklich bestätigt hat, dass der Teufel durchaus real ist, kommen einem vielleicht Bedenken. Die Zuschauer sollen reihenweise in Ohnmacht gefallen sein und im Kinosaal stand man bis zu den Knöcheln in Kotze. Naja, so geht Werbung, wahrscheinlich hat nur jemand sein Popcorn wieder hochgewürgt. Aber der Film nahm einen schon mit und er trat eine religiöse Welle in Amerika los. Obskure Sekten, die sich mit okkultem Kram beschäftigten, schossen wie Pilze aus dem Boden. Linda Blair gab sich alle Mühe, den Zuschauern einzuheizen. Mal spuckte sie Erbrochenes in Würfelform, wobei sie das Gesicht auf dem Rücken gedreht hatte, weit über dem Bett schwebte und mit der Stimme von Bruce Low (Das Kartenspiel) sprach. Ihr körperlicher Verfall und die Maske, wenn der Dämon sie beherrschte, sind bis heute bei mir hängen geblieben und wurden erst beim „Tanz der Teufel“ leicht getoppt. Pünktlich zum Start des Films in Amerika berichtet Regisseur Friedkin von schrecklichen Dingen, die während der Dreharbeiten passiert sind: ...drei Todesfälle (darunter der mitwirkende Schauspieler Jack McGowran), neun Erkrankungen, drei schwere Unfälle, ein Großbrand, der die Hauptdekoration zerstörte, und ein Fehler im Löschsystem, der die wieder aufgebauten Dekorationen unter Wasser setzte. Die im Film benutzte, drei Meter hohe Teufelsstatue wurde unter allen erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen zu den Dreharbeiten im Irak geflogen – sie landete in Hongkong. Und schließlich zeigen sich auf manchen Filmrollen unglaubliche Doppelbelichtungen, bei denen ein technischer Fehler ausgeschlossen ist. Wie man sieht, hat sogar Satan persönlich die Werbetrommel für den Film gerührt. Aber trotzdem, man erkennt an der Reaktion der Kinobesucher, oder vielleicht ein wenig an sich selber, dass man den Aberglauben, den die Menschheit seit Jahrtausenden mit sich rumschleppt, nicht einfach abwerfen kann. Der Teufel ist in der Neuzeit angekommen und wohnt schon lange unter uns...

Aus der nächsten Nummer von Earl Warren KREUZFAHRT DES GRAUENS wird leider nichts. Habe komplett verdrängt, dass ich den Roman noch besorgen muss. Wird dann mit den anderen KLINIK DER VERLORENEN und DRACULAS RACHE irgendwann nachgereicht. Schade, hatte schon das „Taps-Klong Taps-Klong“ in den Ohren, wenn der Kaptain mit Holzbein übers Deck läuft. Es geht wohl in die Vergangenheit zu den Piraten. Dafür gibt es IN DEN KLAUEN DES DÄMONS von W.A. Travers alias W.A. Hary. Scheint ein Dschungel-Abenteuer zu sein, wenn man kurz querliest. Ob Hary`s Debüt gezündet hat, erfahrt ihr im nächsten Artikel.

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Kommentare  

#1 Cartwing 2021-12-20 06:31
Wieder ein sehr schöner, lustiger Beitrag...
Ich habe ja damals die Dämonenland - Reihe gesammelt, aber an diesen Roman erinnere ich mich gar nicht mehr.
Manchmal sind die Titel ja etwas irreführend.
Aber origineller als "In den Klauen des Dämons" ist das auf jeden Fall...
#2 Andreas Decker 2021-12-20 16:40
Ich konnte den in Frankreich auch nicht finden. Ich schätze, das ist ein deutscher Roman. Offenbar war der Autor nicht so wirklich mit dem Format vertraut, so wirr wie es am Ende wurde. Manchmal las sich das wie ein langes Exposé. Für mich hat das auch nicht funktioniert.

Übrigens, du hast Post, Dirk!
#3 Toni 2021-12-20 18:47
Danke Cartwing. Ich kann in letzter Zeit gar nicht mehr so richtig ernst bleiben, bewundere das aber bei anderen Kommun... äh Kolumnisten. Zumindest Schönenbröcher hat der Roman damals gefallen. Okay, er musste es ja eigentlich wissen. Bei "In den Klauen des Dämons" sind wir wieder bei ganz normaler Gruselkost... vielleicht sogar etwas darunter. Habe noch eine mächtig verschwommene Erinnerung an den W.A.Hary Nummer 1.

Und danke Andreas fürs Weiterleiten. Hatte schon Angst, ich stehe mit meiner Meinung alleine da und Bastei meldet sich bei mir. Diesmal war das Highlite des Romans der Beitrag von Manfred Knorr.

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