Kürzlich angeschaut und für ... gut ... befunden: Carrie - Des Satans jüngste Tochter
Kürzlich angeschaut und für ...
... gut ... befunden
Carrie - Des Satans jüngste Tochter
Eine Klassenkameradin will Carrie Gutes tun und überredet ihren Freund Tommy sie zum Abschlussball der Schule einzuladen. Doch einige der anderen Schüler meinen es gar nicht gut mit ihr und planen einen üblen Streich.
Carrie wird gedemütigt und entfesselt mit ihren telekinetischen Fähigkeiten ein Inferno...
Brian de Palma drehte den Film 1976 als ersten je verfilmten Roman von Stephen King. Der Roman selbst lag zunächst wie Blei in den Regalen. Doch De Palma war von der Story überzeugt und zauberte einen gar ungewöhnlichen und reichlich popigen Horrorfilm auf die Leinwand. Ein gewisses 70er Jahre-Flair schwingt mit, was diesen Film besonders macht. Einige witzige Szenen wurden eingebaut und noch eines ist bemerkenswert: Die Gewalt in diesem Film geht ohne körperliche Berührungen vonstatten. Abgesehen davon, dass man hier ziemlich gerne ohrfeigt und ein armes Schwein erschlägt um an dessen Blut zu gelangen. Eigentlich ist die Hauptstory recht einfach. Gedemütigtes Mädchen verfügt über telekinetische Kräfte. Aus diesem Grundgerüst galt es eine Geschichte zu zaubern. Das konnte Stephen King in seinem Erstling so gut wie nie wieder. Denn der Film hat eine Klasse und eine Farbe die man in den nachfolgenden Verfilmungen und auch den Büchern schmerzlich vermisst. Den King von Carrie gab es nie wieder. Auch wenn der Meister die Story mit "Feuerkind" nochmal aufwärmte. Dieses Werk kam an Carrie nicht heran.
Carrie zeigt auf was auch heute noch Thema auf Schulhöfen ist. Intoleranz. Eine oft von Jugendlichen propagandierte Feststellung, nämlich tolerant zu sein, wird von der gleichen Gruppe mit Füßen getreten. Sich da rächen zu wollen schwillt wohl als Wunschgedanke in jedem Opfer. Carrie hat die Macht dazu. Auch wenn der Hintergrund wie ein Klischee daherkommt - in diesem Film verfehlt die Botschaft seine Wirkung nicht. Der Schrecken nach dem infernalen Ende sitzt tief.
Viele sehen es als Manko, dass der Film nur auf einen Höhepunkt hinaus läuft - auf das Inferno am Ende. Doch so ganz stimmt das nicht. Wenn man Horrorfilme mag in denen ständig Blut spritzt und immer wieder Schockmomente einsetzen, dann dürfte man frustiert sein, wenn man Carrie schaut. Doch andersherum, wenn man Wert auf gut erzählte Geschichten legt und der Horror auch mal nebensächlich sein darf, dann schaut man mit ganz anderen Augen zu.
Der in Kalifornien gedrehte Streifen kommt fast wie ein Fernsehfilm daher. Kein Wunder bei einem Low-Budget von 1,8 Millionen Dollar. Er spielte dafür aber mehr als 33 Millionen ein. King war ein gefeierter Mann und das Genre hatte einen neuen Stil. Unweit davon wurde der Teenie-Horror geboren.
Für die Rolle der Carrie wollte man eine junge Darstellerin. Doch Sissy Spacek kämpfte derart ernergisch um die Hauptrolle, dass die 27jährige schließlich den Zuschlag bekam. In einem ähnlichen Alter waren die anderen Schüler-Darsteller: Amy Irving, John Travolta, Nancy Allen und William Katt, die kurz darauf gefragter waren dennje. Piper Laurie und Spacek wurden sogar für den Oscar nomminiert. Alle bekannten Darsteller des Films leben noch und gaben anlässlich der DVD-Veröffentlichung ein Interview. Auch die Macher äußerten sich. U.a. darüber, dass viele Szenen gestrichen wurden und sie im Produtionsplan soweit hintenlagen, dass der Produzent de Palma feuern wollte.
In einigen Sequenzen wurde mit Musik aus Hitchcocks "Psycho" gearbeitet.
Kommentare
Der Film hat mich lange beschäftigt, weil ich es Carrie so gut nachfühlen konnte. Ich habe mir in der Schule auch immer geheime Kräfte gewünscht, um mich an den fiesen, mobbenden Mitschülern und den daran desinteressierten Lehrern rächen zu können. Oder ihnen wenigstens Einhalt gebieten zu können, wenn sie mal wieder ihre eigene "Überlegenheit" demonstrieren mussten, indem sie sich an vermeintlich Schwächeren vergriffen. Auch die Sache mit der durchgeknallten Mutter, die das eigene Kind ins Abseits prügelt, kenne ich: Meine Mutter war schizophren und hochgradig narzistisch. Genau wie Carrie hatte ich keinerlei Erholung von der Anspannung, unter der ich permanent stand: Es gab keinen Platz, wo keiner fies war zu mir. Das Dasein war eine ständige Bedrohung, ein Mehrfrontenkampf, in dem es keine verlässlichen Waffenstillstände gab.
Die Darstellung dieser Szenerie war schon wirklich gut gemacht in dem Film, wobei King ja der Meister für das Subtile ist. Was mich bei ihm immer wirklich beeindruckt hat, sind nicht so sehr die großen, actiongeladenen Finale, sondern die vielen kleinen Andeutungen, bei denen man nicht sicher ist, ob sie überhaupt wirklich stattgefunden haben und wenn ja, was sie bedeuten.
Daumen hoch, für deinen Mut, zu diesen offenen Worten.
Von diesen Filmen, die den wahren Horror ohne großartig aneinandergereihte Schockelemente zu einem furiosen Finale führen, gibt es leider nur wenige. Das Schweigen der Lämmer ist für mich, wenn auch von der Thematik her ganz anders, ebenfalls ein Klassiker.
Wirklicher Horror ..., ist mittlerweile das schauen der Nachrichten geworden.
DePalma hat aus Kings Buch, das ja aus fiktiven Interviews und verschiedenen Berichten besteht einen intensiven Film gedreht. Alleine der dramaturgische Kniff der Splitscreen um verschiedene Handlungen parallel zu zeigen ist genial. Von der rotierenden, schwindelerregenden Kamerafahrt bei Carrie & Tommy's Tanz ganz zu schweigen.
Ja, ich gestehe, ich liebe diesen Film.
Auch seines Aufbaus wegen. Der schöne mit Weichzeichner und Zeitlupe gefilmte Anfangstitel und der sich immer mehr steigernde Spannungsbogen. Und die Schauspieler, allen voran Sissy Spacek und Piper Laurie, sind einfach hervorragend.
Ein sehr gelungenes Horror-Drama und fast schon Geheimtipp.
das Remake (?) ist übrigens auch nicht sooo schlecht und übernimmt teilweise Kameraeinstellungen und Dialoge.