Visuell eindrucksvolle Starschau - »Alice im Wunderland« (1999)
Visuell eindrucksvolle Starschau
»Alice im Wunderland« (1999)
Die bekannteste Variante ist dabei sicherlich der Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1951, der eine wilde Farborgie entfachte und die skurrilsten Figuren präsentieren konnte, da mit dem Zeichenstift so gut wie alles möglich ist. Aber bereits 1933 hatte Norman Z. McLeod eine Realfilmversion des Buches mit einer wahren Schar an Schauspielstars jener Zeit in Szene gesetzt (siehe Alice im Wunderland (1933), die künstlerisch zumindest teilweise scheitern musste, weil die Schauspieler in ihren wenig flexiblen Masken allzu sehr in ihrer Darstellung eingeschränkt wurden. Ein ähnliches Problem hatte der Fernsehzweiteiler aus dem Jahr 1985, der seinen prominenten Stars zwar mehr mimische Freiheiten zugestand, die verschiedenen Fantasyfiguren dabei aber kaum mehr erkennen ließ. Insofern ist der 1999 von Hallmark Entertainment („Gullivers Reisen“, „Merlin“) gemeinsam mit den Babelsberg Studios produzierte Fernsehfilm „Alice im Wunderland“ so ziemlich der erste, der seinen Schauspielern Entfaltungsmöglichkeiten bot und trotzdem die Eigenheiten der berühmten Figuren erkennbar bleiben ließ.
Alice (Tina Majorino) soll einer Teegesellschaft ihrer aristokratischen Familie ein Liedchen darbringen, was das kleine Mädchen abgrundtief verabscheut. Sie flüchtet sich vor ihrer Gouvernante (Dilys Laye) in den weitläufigen Garten des Anwesens, wo sie einem aufgeregten weißen Kaninchen begegnet, dem sie in seinen Bau folgt. Dort tut sich eine wundersame Parallelwelt auf, in der man schrumpft, wenn man von einem geheimnisvollen Getränk probiert, oder überdimensional groß wird, wenn man von Keksen mit der Aufschrift „Iss mich“ kostet. Alice begegnet den absurdesten Wesen und Gestalten, u.a. der Grinsekatze (Whoopi Goldberg), die sich unsichtbar machen kann, Major Raupe (Sir Ben Kingsley), dessen Pilz einen ebenfalls wachsen oder schrumpfen lässt, dem Hutmacher (Martin Short) und seiner verrückten Teeparty, oder dem Greif und seinem besten Freund, der falschen Suppenschildkröte (Gene Wilder). Doch im Wunderland geht es nicht nur arglos und verspielt zu, denn die Herzkönigin (Miranda Richardson) regiert ihr Reich mit eiserner Hand. Wer ihr nicht in den Kram passt, den lässt sie von ihrem Chefscharfrichter, der Pik-Eins (Murray Melvin), gerne einen Kopf kürzer machen.
Der Film stellt alle bisher dagewesenen Verfilmungen des absurden Kinderbuch-Klassikers in den Schatten. Die Computereffekte und die liebevollen Figuren aus Jim Hensons Puppenschmiede ermöglichen eine detailgenaue Umsetzung, die selbst die Möglichkeiten des Disney-Zeichentrickfilms übertrifft. Hinzu kommt, dass für Bauten und Ausstattung größtmögliche Sorgfalt und Liebe aufgewendet wurde, die sich in jeder Szene widerspiegelt. Die zahlreichen Stars haben in ihren exzentrischen Rollen offensichtlich ebenso viel Spaß wie die Zuschauer, was den Mammutfernsehfilm kurzweilig und interessant macht. Auch der Clou, dass Alice in der Rahmenhandlung den meisten der Fantasygestalten als Gästen auf dem Empfang ihrer Eltern begegnet, stellt eine abwechslungsreiche Variation des Themas dar. Die DVD-Wiederveröffentlichung in der Reihe „Pidax-Film-Klassiker“ bietet ein sehr gutes Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einen ebenfalls nicht zu beanstandenden Ton (Deutsch, Englisch und sogar Französisch in Dolby Digital 2.0 Stereo). Auf die Beigabe von Bonusmaterial hat man in dieser Version nun allerdings komplett verzichtet.