Der skrupellose Schönheitschirurg - »Circus of Horrors«
Der skrupellose Schönheitschirurg
»Circus of Horrors«
Eine hervorstechende Besonderheit ist bereits die Besetzung der Hauptrolle mit dem gebürtigen Koblenzer Anton Diffring (1916-1989). Der war mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs aus Deutschland geflohen und hatte sich ab den frühen 1950er Jahren im britischen Film als Nebendarsteller etabliert. Die Ironie des Schicksals bestand bei ihm darin, dass er als großer Blonder mit blauen Augen gerne als arischer NS-Mann besetzt wurde und dieses Image zeitlebens nicht mehr loswurde. Seine Hauptrollen sind rar gesät, eine davon spielte er mit Bravour in „Circus of Horrors“. Dass er sich anno 1960 sogar für die deutsche Sprachfassung selbst synchronisierte, ist ein weiteres Kuriosum, da er erst ab Mitte der 1960er Jahre wieder in Deutschland vor der Kamera aktiv wurde. Darüber hinaus gehört „Circus of Horrors“ zu drei ungewöhnlichen britischen Filmen, die um 1960 herum gedreht wurden und der Zensur erfolgreich ein Schnippchen schlugen, was in Folge zu einer drastischen Verschärfung der britischen Freigaberegelungen führte. Darüber erfährt man im Bonusmaterial der Ostalgica-Veröffentlichung noch etliche Details.
Dr. Rossiter (Anton Diffring) ist ein innovativer Schönheitschirurg, dessen neumodische Ansätze erstaunliche Ergebnisse zeitigen. Doch bei der Operation an einer jungen Frau ist etwas schiefgelaufen, weswegen sich der Arzt mit seinen guten Freunden Martin (Kenneth Griffith) und Angela (Jane Hylton) von Großbritannien aufs Festland absetzt. Dort hilft er dem erfolglosen Zirkusbetreiber Vanet (Donald Pleasence), dessen Tochter aufgrund einer Kriegsbombardierung ein entstelltes Gesicht hat. Aus Dankbarkeit überschreibt Vanet ihm seinen Zirkus und stirbt kurz darauf durch einen Angriff seines Tanzbären. Jahre später ist aus Nicole Vanet (Yvonne Monlaur) eine reizende junge Frau geworden, die im mittlerweile sehr erfolgreichen Zirkus des Arztes, der sich nun Dr. Bernhard Schüler nennt, eine der Hauptattraktionen darstellt. Seine weiteren Artistinnen rekrutiert Schüler aus dem halbseidenen Milieu, wo er gut gebaute, aber im Gesicht verunstaltete junge Frauen aufgabelt, um sie mit Hilfe seiner Operationsmethoden wieder schön zu machen. Mit dem Wissen über ihre zumeist kriminelle Vergangenheit bindet er sie an seinen Zirkus. Wenn eine der Damen trotzdem ihren eigenen Weg gehen will, ereignen sich in der Manege schreckliche Unfälle…
Die abstruse Ausgangsidee von George Baxts Drehbuch muss man erst einmal schlucken, um sich auf den Film einlassen zu können. Dann erlebt man einen akzeptablen Horrorfilm, der gelegentlich recht effektvoll und spannend inszeniert ist, und mit einer hübschen Leistung Anton Diffrings als irrem Chirurgen aufwarten kann. Zwischendurch geht dem Film zwar immer wieder die Puste aus, aber die nach wie vor sehenswerten Artistikeinlagen, die in Kooperation mit Billy Smarts Zirkus entstanden, lohnen ebenfalls noch ein Anschauen. Bei den deutschen TV-Ausstrahlungen und der Video-Veröffentlichung fehlte jeweils ein ganzer Akt, so dass der Film um rund neun Minuten gekürzt war. 2005 schuf die DVD-Erstveröffentlichung von Anolis Abhilfe, auf der erstmals wieder der komplette Film mit der durchgehenden Kinosynchronisation aus dem Jahr 1960 enthalten war.
In der Classic Chiller Collection von Ostalgica ist nun als Beitrag Nummer 10 „Circus of Horrors“ als Special-Edition erschienen, die den Klassiker hierzulande erstmals in HD präsentiert, natürlich ebenfalls wieder ungekürzt. Das Bild (im Widescreen-Format 1,78:1) ist auch wirklich von einer brillanten Schärfe und beeindruckt mit kräftigen Farben. Der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 1.0 Mono, optional mit deutschen und englischen Untertiteln) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Bonusmaterial besteht aus einem Audiokommentar von Lars Dreyer-Winkelmann (bei dem der Filmton im Hintergrund leider viel zu laut beigemischt ist!), neu produzierten Video-Essays der „35 Millimeter“-Autoren Lars Johansen (8 Minuten) und Marco Koch (21 Minuten), zwei englischen Trailern und drei englischen TV-Spots zum Film, einem „Trailers from Hell“-Beitrag mit John Landis (3 Minuten), einer sehr umfangreichen animierten Bilder- und Werbematerialien-Galerie (ca. 90 Motive), dem kompletten Skript als Galerie (ca. 80 Seiten) sowie einem sechzehnseitigen Booklet mit einem Text des „35 Millimeter“-Autoren Carsten Henkelmann. Hinzu kommt eine Bonus-CD, auf der sich der Soundtrack zum Film befindet (ca. 50 Minuten).