Kein Bett in stürmischer Nacht - »Das alte finstere Haus« (Das Haus des Grauens)
Kein Bett in stürmischer Nacht
»Das alte finstere Haus« (Das Haus des Grauens)
Dass „The Old Dark House“, wie der Film im Original betitelt ist, heutzutage nicht dieselbe Bekanntheit genießt wie der blutsaugende Vampir oder das Monstrum, das aus Leichenteilen zusammengesetzt wurde, liegt vielleicht in erster Linie darin begründet, dass der Film in den USA lange Zeit aus dem Umlauf verschwunden war und zeitweise sogar als verschollen galt. Es ist den Bestrebungen des Regisseur Curtis Harrington (1926-2007; „Wer hat Tante Ruth angezündet?“) zu verdanken, dass das Negativ des Films aus den Archiven geholt und restauriert wurde. Danach konnte der düstere Schwarz-Weiß-Film mit der herausragenden Besetzung schließlich doch noch eine kleine Fangemeinde erobern. Immerhin sieht man darin Boris Karloff in einer weiteren unheimlichen Hauptrolle, nur wenige Monate, nachdem er als Frankensteins Kreatur zum neuen Horrorstar bei Universal aufgestiegen war. Auch Charles Laughton war dabei, sich in Hollywood einen Namen zu machen und drehte noch im selben Jahr die gelungene H.G.-Wells-Verfilmung „Insel der verlorenen Seelen“ . Melvyn Douglas (1901-1981) hatte sich mit „Wie du mich wünschst“ an der Seite der „Göttlichen“ Greta Garbo gerade als neuer Leading Man in der Traumfabrik etabliert. Ebenfalls am Beginn ihrer Karriere stand Gloria Stuart (1910-2010), deren zweiter Filmauftritt „Das alte finstere Haus“ markiert, und die 65 Jahre später durch den Kassenschlager „Titanic“ von James Cameron im hohen Alter noch in den Genuss einer Oscar-Nominierung kommen sollte.
Philip (Raymond Massey) und Margaret Waverton (Gloria Stuart) sind gemeinsam mit Roger Penderel (Melvyn Douglas) in Wales mit dem Auto unterwegs, als sie in einen unheimlichen Sturm geraten, der die Straßen unpassierbar macht und sie zwingt, bei einem einsam gelegenen Landhaus um Unterschlupf zu ersuchen. Ein vernarbter und stummer Butler (Boris Karloff) öffnet den dreien die Tür zum Femm-Haus, in dem die resolute Rebecca (Eva Moore) den Haushalt führt. Ihr Bruder Horace (Ernest Thesiger) reagiert etwas gastfreundlicher, aber Rebecca Femm macht unmissverständlich klar, dass den Besuchern kein Bett für die Nacht zur Verfügung gestellt werden kann. Aber die drei sind schon mit einem Platz am warmen Kamin zufrieden. Kurz darauf klopft es schon wieder an der Tür. Auch Sir William Porterhouse (Charles Laughton) und seine Begleitung Gladys Ducane (Lillian Bond) sind gestrandet und erbitten die Gastfreundschaft der Femms. Widerwillig werden auch sie eingelassen. Als aufgrund des Gewitters schließlich auch noch der Strom im Haus ausfällt, bittet Horace Philip Waverton, aus dem obersten Stockwerk einen Leuchter zu holen. Offensichtlich traut er sich selbst nicht, diese Etage des Hauses zu betreten. Was mag dort oben wohl lauern?
„Das alte finstere Haus“ ist ein atmosphärisch unglaublich dichter und straff inszenierter Gruselfilm der goldenen Hollywoodära, der fast nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat und weiterhin effektvoll zu unterhalten versteht. Den meisten Zuschauern dürfte sich Boris Karloffs Darstellung selbstverständlich am nachhaltigsten einprägen, doch auch die restliche Besetzung sucht ihresgleichen. Besonders nachhaltig sind darüber hinaus auch die Leistungen von Eva Moore und Brember Wills, die viel zum Grusel der Geschichte beitragen. Dreißig Jahre später entstand übrigens bei den Hammer-Studios in Großbritannien auch zu diesem Film ein Remake. Die DVD-Wiederveröffentlichung bei „Pidax Film-Klassiker“ wurde mit einer neuen 4K-Abtastung erstellt, die ein sehr gutes Schwarz-Weiß-Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einen stets gut verständlichen Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0) präsentiert. Als Extras gibt es einen Audiokommentar mit Gloria Stuart und einen weiteren mit dem Filmhistoriker James Curtis, einen Trailer zur restaurierten Fassung des Films von 2017, eine nette animierte Bildergalerie sowie die beiden Kurzdokumentationen „Daughter of Frankenstein – Interview mit Sara Karloff“ (14 Minuten) und „Curtis Harrington Saves The Old Dark House“ (7 Minuten).