Operation Ganymed - Ende einer Weltraumreise
Operation Ganymed
Ende einer Weltraumreise
Rainer Erler (1933-2023) stellte im deutschen Filmschaffen eine absolute Ausnahmeerscheinung dar. Kaum ein anderer Filmemacher nahm sich im Laufe seiner Karriere so vielen kontroversen und teilweise heiß diskutierten Themen an und schaffte es, diese publikumswirksam in spannende und mitreißende Geschichten zu transferieren. Viele von ihnen kann man dem Genre der Science-Fiction zurechnen, wobei Erler immer einen wesentlich größeren Wert auf „Science“ legte und seine Szenarien oftmals gar nicht weit von der Realität entfernt waren. Er schrieb Romane und Original-Drehbücher, inszenierte und produzierte seine Filme, die zumeist originär fürs Fernsehen entstanden, dort aber oftmals derart erfolgreich waren, dass sie hinterher noch den Weg in die Kinos fanden, nicht selten sogar im Ausland. Angefangen hatte Erler in den 1960er Jahren, seine Fernsehverfilmung des Edgar-Wallace-Romans „Der Hexer“ oder den Film „Orden für die Wunderkinder“ dürften auch heute noch viele kennen. Doch seine richtig erfolgreiche Phase setzte in den 1970er Jahren ein, als seine Werke zunehmend politisch wurden und das Publikum dort trafen, wo es weh tut. Von der innovativen Pseudodokumentation „Die Delegation“ über den dystopischen Umweltverschmutzungsfilm „Die Halde“, von der zum Kult gewordenen Wissenschafts-Spielfilmreihe „Das blaue Palais“ bis hin zu der Mockumentary „Plutonium“ oder dem Thriller „Fleisch“ reicht hier die Palette. Zwischendrin entstand auch „Operation Ganymed“, der als erster deutscher Beitrag beim Science-Fiction Festival in Triest mit dem Goldenen Asteroiden als bester SF-Film ausgezeichnet wurde.
Mehr als vier Jahre waren insgesamt 21 Astronauten aus den unterschiedlichsten Ländern zum Jupiter-Mond Ganymed unterwegs. Nur fünf von ihnen haben überlebt und nähern sich nun wieder der Erde. Doch bereits seit mehreren Monaten haben sie keinen Kontakt mehr zu den Bodenstationen. Commander Mac (Horst Frank) gibt schließlich aufgrund des knapp werdenden Sauerstoffs den Befehl, die Kapsel mittels Fallschirmen notzulanden. Die Astronauten können nach der Wasserung zwar schon bald festen Boden erreichen, die Gegend ist aber vollkommen unbewohnt. Der Russe Oss (Jürgen Prochnow), die Amerikaner Dug (Claus Theo Gärtner) und Steve (Uwe Friedrichsen) sowie der ESA-Mitarbeiter Don (Dieter Laser) müssen nun gemeinsam mit ihrem Commander versuchen, möglichst rasch auf andere Menschen zu treffen. Denn die Sonne über dem unwirtlichen Gebiet laugt die ohnehin schon geschwächten Männer zusätzlich aus, und so langsam beginnt auch ihr Wasservorrat dahinzuschmelzen. Ahnt überhaupt jemand auf der Erde, dass die gefeierte Weltraummission wieder zurückgekehrt ist aus dem All?
Auch hier wird wieder ziemlich schnell deutlich, wie akribisch genau Rainer Erler die technische Seite seiner Geschichte umgesetzt hat. Das erste Filmdrittel spielt noch an Bord des Raumschiffes, wo nicht nur die Schwerelosigkeit exzellent eingefangen wurde, sondern auch die maschinellen Abläufe vorzüglich geschildert sind. Im weiteren Verlauf verlagert sich die Handlung dann mehr und mehr auf die zwischenmenschlichen Aspekte und wird darüber hinaus zu einer Survival-Abenteuergeschichte, bei der ebenfalls wieder sämtliche Details stimmen. Von der renommierten Besetzung durchweg exzellent gespielt, hat „Operation Ganymed“ in den fast fünfzig Jahren seit seiner Entstehung nichts von seiner Wirkung eingebüßt.
Die BluRay-Erstveröffentlichung setzt sich zusammen aus der restaurierten internationalen Kinofassung, die mit dem einzig vorhandenen Material der längeren deutschen Fernsehfassung aufgefüllt wurde (so ergibt sich eine Gesamtlaufzeit von 123 Minuten auf BluRay bzw. 118 Minuten auf DVD), die entsprechend in der Qualität des Bildes (Vollbildformat 1,37:1) variiert, aber sicherlich das Beste aus den vorhandenen Quellen herausgeholt hat. Der Ton (Deutsch im DTS HD Master Audio 2.0 Mono) ist ebenfalls in Ordnung. Als Extra kann man auch die internationale Kinofassung (109 Minuten, in den Tonformaten Deutsch, Englisch, Italienisch und Spanisch in Dolby Digital 2.0 Mono) anschauen. Hinzu kommen ein Audiokommentar von Benedikt Wilken und Leonhard Elias Lemke, zwei Interviewfeatures mit Rainer Erler (zu „Operation Ganymed“, 7 Minuten, und zu seiner Karriere von der Bavaria zur Pentagramma in den Jahren 1952-1973, 39 Minuten), ein Interview mit Dieter Laser (23 Minuten), der italienische Abspann und die Aktwechseltafeln (zusammen 2 Minuten) sowie der deutsche und italienische Kinotrailer. Im Internet hat man darüber hinaus Zugriff auf ein digitales Booklet von Jens Uwe Bauer (32 Seiten).
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