Ich bin Römer - Über ein verrücktes Hobby (Teil 6)
Ich bin Römer
Über ein verrücktes Hobby
(Teil 6)
Über ein verrücktes Hobby
(Teil 6)
In jedem Zelt waren acht Mann untergebracht, das sogenannte contubernium, allerdings waren nicht immer alle acht Mann gleichzeitig im Zelt. Manche mussten Wache halten, andere waren gerade irgendwo anders beschäftigt, z. B. Essen kochen. Für die Nahrungsbeschaffung und zubereitung waren die Soldaten nämlich selbst verantwortlich. Im Kastell hatten die Soldaten es noch ein Stückchen besser, da konnten sie in ihren Kasernen auf Stockbetten schlafen. Auch dort waren die acht Soldaten in einem Raum untergebracht. Nur dem Centurio und höheren Offizieren stand eine eigene Wohnung zu. Ein teilweise rekonstruierter Kasernenblock ist in der Stadt Windisch (früher Vindonissa) in der Schweiz zu besichtigen.
Ich begebe mich aus dem Zelt und sehe schon, dass ein Kaffee für mich bereit steht. Ich genieße ihn und werde nun endgültig wach und denke mit Schaudern daran, was die Soldaten damals trinken mussten: Essigwasser! Oder wie im Lateinischen genannt: posca. Jeder, der sich jetzt fragt, warum man so was trinkt, dem sei gesagt, in den teilweise unhygienischen Zuständen, in denen die Soldaten hausen mussten, verbreiteten sich leicht Krankheiten. Das Essigwasser war durch die enthaltene Säure relativ keimfrei und führte deshalb weniger leicht zu Durchfallerkrankungen als normales Wasser.
Nun ist aber Eile geboten; die ersten Zuschauer stürmen das Gelände. Schnell werden die unauthentischen Dinge verräumt. Nachdem dies erledigt ist, wird der Gürtel (cingulum militare) angezogen und nach der Ausrüstung geschaut. Nebenher werfe ich einen Blick auf den Aktionsplan. In einer halben Stunde findet ein Schaukampf zwischen den Alemannen und den Römern statt. Die Alemannen sollen den wieder aufgebauten Eingangsbereich erobern und das zweimal! Beim ersten Mal sollen wir gewinnen und beim zweiten Mal die Alemannen. Nun gut, denke ich mir. Ich ziehe den Gürtel direkt wieder aus und hole mein Kettenhemd aus dem Zelt. Ich streife es über und spüre die acht Kilo eigentlich gar nicht, da sich das Gewicht über den Oberkörper verteilt. Wieder ziehe ich den Gürtel an und befestige meinen pugio, einen Dolch, am Gürtel. Bevor ich dann meinen Helm aufsetze, ziehe ich meine Helmpolsterung in Form einer lustigen Mütze auf. Den Helmschmuck, zwei Mäusebussardfedern, nehme ich ab, da dieser im Gefecht ja nicht beschädigt werden soll und auch damals im Kampf nicht getragen wurde. Nun suche ich nur noch das Holzschwert. Mit einem echten Schwert zu kämpfen, wäre zu gefährlich, jedoch gibt es Römergruppen, die trotzdem mit echten Waffen kämpfen. Dies kommt aber mehr bei Gladiatoren-Gruppen vor, diese kämpfen wirklich mit scharfen Waffen. Um damit umgehen zu können, müssen sie fast täglich üben. Eine echte Leistung, wie ich finde. Da bin ich froh, dass ich mit meinem Holzschwert keine so große Verantwortung habe. Ich greife nach dem Schild, und genau in diesem Moment kommt das Trompetensignal, dass sich alle Soldaten versammeln sollen. Ich eile sofort zum Treffpunkt. Nun wird besprochen, wer wo steht. Irgendwie habe ich Glück und komme direkt in die erste Reihe. Aber erst mal marschieren wir nur so ein bisschen, um das Interesse der Besucher zu erregen. Währenddessen versammeln sich draußen vor den Toren die Alemannen. Dann kommt das Signal, dass wir uns in Verteidigungsposition begeben sollen. Mit sichtlich viel Spaß kommen die Alemannen auf uns zu. Ich und einige andere lösen sich kurzzeitig aus der Formation und preschen vor, um unsere iacula (kleine Wurfspeere) in unserer Funktion als antesignani (Plänkler) zu werfen. Nachdem dies geschehen ist, begeben wir uns zurück in die Schlachtreihe und zücken unsere Schwerter. Nun folgt ein ziemlich spaßiges Gemetzel. Die Alemannen fallen fast reihenweise um, aber in ihren Gesichtern sieht man schon das Grinsen, dass es uns nicht anders ergehen wird in der zweiten Runde. Irgendwann liegen alle Alemannen auf dem Boden, Römer sind nur wenige gefallen. Nun wird man Zeuge einer Wunderheilung, denn alle vermeintlich Getöteten stehen wieder auf.
Die zweite Runde beginnt damit, dass man die Alemannen fast viermal töten muss, damit sie umfallen. Wir jedoch sterben bei einer Berührung. Dieses Mal falle ich gleich zum Beginn. Geschickt begebe ich mich aus dem Gefahrenbereich, ich möchte ja nicht übertrampelt werden. Nach erfolgreicher Runde für die Alemannen kommt der Veranstalter mit der Bitte zu uns, dass er gerne noch ein Gruppenfoto mit Römern und Alemannen machen möchte. Plötzlich stehen auch einige Kelten herum. Nach fast einer Viertelstunde Fotos machen und dem Kampf davor würde ich gerne meine Sachen ablegen und etwas anderes tun. Jedoch vereitelt unser Centurio diesen Plan. Er meint, ein bisschen exerzieren wäre noch angebracht. So marschieren wir um das gesamte Veranstaltungsgelände herum. Dies lässt sich aber gut überstehen, mit einem abite werden wir entlassen. Die Rüstung stelle ich auf einen Strohballen vor unserem Zelt. Mittlerweile kommen einige Interessierte zu uns ans Lager, jedoch nicht ins Lager, da wir eine Absperrung haben, um uns zu befragen. Gefragt wird alles. Standardfragen sind zum Beispiel: Wie schwer ist Ihr Kettenhemd, wie schwer die Rüstung, was bekamen die Soldaten zu essen? Aber ich habe auch schon manch komische Frage erlebt, ob ich Ritter sei oder ob ich Nazi sei, weil ich so etwas tue. Aber solche Fragen ignoriere ich dann einfach.
Nach fast einer Stunde lassen die Besucher endlich von mir ab und wenden sich den Essensständen zu. Endlich komme ich auch dazu, mal etwas zu trinken. Aber nun habe ich ein wenig Pause. Zu meiner Freude darf ich gleich für das Feuer Holz hacken. Währenddessen kommt eine befreundete Gruppe und bietet uns an, bei ihrem Puls mitzuessen. Sie hätten zu viel gemacht, sagen sie. Dankend lehne ich ab. Ich kann Puls nämlich nicht ausstehen. Das schmeckt für mich nach nichts und ist einfach eine klebrige Pampe.
Und so etwas soll in der Antike das Hauptnahrungsmittel der Soldaten gewesen sein. Da bin ich froh, in der heutigen Zeit leben zu können. Obwohl ungesund ist das Zeugs nicht. Es stillt den Hunger, aber es schmeckt nicht.
Daher gehe ich nun zum Essensstand und hole mir Kartoffeln nach römischem Rezept. Das Blöde dabei ist nur, dass in diesem Essen Sonnenblumenkerne und Kartoffeln enthalten sind. Und beide kommen aus Amerika. Also nichts mit nach römischen Rezept. Allerdings schmeckt das Essen doch relativ gut.
Gesättigt gehe ich zurück zum Lager und darf meiner Mutter direkt mehrere Eimer mit Wasser holen. Sie legt mittlerweile einen Grillrost auf das Feuer und stellt darauf wiederum unseren Kessel. Fluchend laufe ich mehrmals Wasser holen, da der Holzeimer noch undicht ist. Erst wenn sich das Holz mit Wasser vollgesaugt hat, ist er dicht. Nächstes Mal werde ich daran denken, den Eimer vorher zu wässern, schwöre ich mir. Trotzdem füllt sich der Kessel relativ schnell. Jedoch braucht das Wasser seine Zeit, um sich hochzuheizen. Zur gleichen Zeit schüttet meine Mutter Holzasche und Kalkmehl ins Wasser, damit die Färbebrühe den richtigen pH-Wert besitzt, bei dem sich die richtigen Pflanzenbestandteile lösen. Ich hole die ungefärbten, aber bereits mit Alaun gebeizten Halstücher aus dem Zelt und werfe sie ins Wasser. Nach einiger Zeit kommt eine bestimmte getrocknete Pflanze ins Wasser. Diese Pflanze ist Krapp; von ihr nimmt man die klein geschnittene Wurzel, die mit wasserlöslichen Aluminiumsalzen ein leuchtendes Rot ergibt.
Dass wir Halstücher färben hat einen bestimmten Sinn. In jedem Römerfilm werden die Römer in roten Tuniken dargestellt. Ob dies stimmt, ist aber nicht belegt. Wenn eine rote Krappfärbung, die mit Aluminiumsalzen ausgeführt wurde, mit Eisensalzen in Berührung kommt, verwandelt sich der Farbton langsam in braun. Der Rost, der sich an einem Kettenhemd aus Eisen bildet, ist ein Eisensalz. Deshalb wollen wir es selber ausprobieren, ob die rot gefärbte Kleidung rot bleibt, oder sich die Farbe der Kleidung durch das Tragen von Kettenhemden mit der Zeit verändert.. Das ist experimentelle Archäologie pur. Bisher wissen wir das Ergebnis noch nicht, da dies seine Zeit braucht (bei Interesse werde ich das Ergebnis mitteilen!). Die Färbung verläuft erfolgreich. Jedoch ruft schon der nächste Auftritt. Als Erstes wird wieder Exerzieren geübt. Erst wird quer über das ganze Feld marschiert. Dann begeben wir uns auf den Kampfplatz. Zuerst werden Formationsübungen gemacht. Rechtsschwenk und Linksschwenk werden geübt, weiterhin eine Schildkröte (testudo), welche uns vor feindlichen Beschuss von oben schützen soll. Um das Ganze noch ein bisschen spannender für das Publikum zu machen, nimmt der Centurio die Übungsspeere und wirft diese auf unsere Formation. Auch läuft er gegen uns und versucht die Formation zu durchbrechen. Jedoch kommt er nicht dagegen an. Unsere Schlachtreihe hält. Um das Publikum nicht zu langweilen, machen wir Übungskämpfe immer zu zweit. Ich erwische einen, mit dem ich immer kämpfe. Er haut mir immer mit dem Holzwert auf die Finger, während ich ihm immer auf den Kopf schlage, aber er ist durch seinen Helm geschützt. Meine Finger sehen nach den Kämpfen immer etwas mitgenommen aus, aber das ist egal. Allen, die bei solchen Kämpfen mitmachen, ist im Vorhinein klar, dass sie schon etwas abbekommen können. Schlimmstenfalls gibt es mal eine Platzwunde, aber auch das ist nicht so schlimm. Der schlimmste Unfall, den ich bisher mitbekam, war, dass ein Soldat keine genagelten Schuhe besaß und am Hang stand beim Gruppenfoto und ausrutschte in voller Kampfrüstung. Dabei kugelte er sich die Schulter aus. Und er befand sich im Kettenhemd; soweit ich weiß, musste es aufgeschnitten werden, um die Schulter wieder einzurenken. Mittlerweile ist er aber wieder vollkommen gesundet.
Nach dem Kampf darf ich direkt wieder meiner Mutter helfen. Diese malt gerade den neuen Legionärsschild (scutum) meines Vaters mit Farben an, die in der Antike gebräuchlich waren. Die meisten Schilde, die man sieht, sind mit Baumarktfarbe angemalt. So sind wir auf die Idee gekommen, einen Schild so wie in der Antike zu bemalen. Plinius schreibt in seiner Naturalis Historia, in einem Buch über die Malerei, Band 35, dass mit Ei gemalt wurde. Die Farben sind wasserunlösliche Farbpulver, das kann farbige Erde sein, die es in grün, gelb und rot gibt, oder gemahlene Steine, auch Halbedelsteine, Ruß, Indigopulver, buntes Glas, das gemahlen wird, oder Farbpulver, die aus Alaun oder Eisensalzen, pflanzlichen Farbstoffbestandteilen und Asche hergestellt werden. Die Farbe wird mit verquirltem Ei und Walnussöl angemischt. Mit dieser Mischung (eine sogenannte Ei-Tempera) wird der Schild dann bemalt. Es sieht wirklich sehr gut auf dem Schild aus. Den Schild lassen wir in der Nachmittagssonne trocknen. Als dieser relativ bald trocken ist, machen wir eine Schutzschicht aus Mastix, dies ist ein Baumharz, und echtem Terpentinöl auf den Schild, damit die Farbe nicht abgeht. Diese Schutzmittel verwendete man auch früher schon.
Ich begebe mich aus dem Zelt und sehe schon, dass ein Kaffee für mich bereit steht. Ich genieße ihn und werde nun endgültig wach und denke mit Schaudern daran, was die Soldaten damals trinken mussten: Essigwasser! Oder wie im Lateinischen genannt: posca. Jeder, der sich jetzt fragt, warum man so was trinkt, dem sei gesagt, in den teilweise unhygienischen Zuständen, in denen die Soldaten hausen mussten, verbreiteten sich leicht Krankheiten. Das Essigwasser war durch die enthaltene Säure relativ keimfrei und führte deshalb weniger leicht zu Durchfallerkrankungen als normales Wasser.
Nun ist aber Eile geboten; die ersten Zuschauer stürmen das Gelände. Schnell werden die unauthentischen Dinge verräumt. Nachdem dies erledigt ist, wird der Gürtel (cingulum militare) angezogen und nach der Ausrüstung geschaut. Nebenher werfe ich einen Blick auf den Aktionsplan. In einer halben Stunde findet ein Schaukampf zwischen den Alemannen und den Römern statt. Die Alemannen sollen den wieder aufgebauten Eingangsbereich erobern und das zweimal! Beim ersten Mal sollen wir gewinnen und beim zweiten Mal die Alemannen. Nun gut, denke ich mir. Ich ziehe den Gürtel direkt wieder aus und hole mein Kettenhemd aus dem Zelt. Ich streife es über und spüre die acht Kilo eigentlich gar nicht, da sich das Gewicht über den Oberkörper verteilt. Wieder ziehe ich den Gürtel an und befestige meinen pugio, einen Dolch, am Gürtel. Bevor ich dann meinen Helm aufsetze, ziehe ich meine Helmpolsterung in Form einer lustigen Mütze auf. Den Helmschmuck, zwei Mäusebussardfedern, nehme ich ab, da dieser im Gefecht ja nicht beschädigt werden soll und auch damals im Kampf nicht getragen wurde. Nun suche ich nur noch das Holzschwert. Mit einem echten Schwert zu kämpfen, wäre zu gefährlich, jedoch gibt es Römergruppen, die trotzdem mit echten Waffen kämpfen. Dies kommt aber mehr bei Gladiatoren-Gruppen vor, diese kämpfen wirklich mit scharfen Waffen. Um damit umgehen zu können, müssen sie fast täglich üben. Eine echte Leistung, wie ich finde. Da bin ich froh, dass ich mit meinem Holzschwert keine so große Verantwortung habe. Ich greife nach dem Schild, und genau in diesem Moment kommt das Trompetensignal, dass sich alle Soldaten versammeln sollen. Ich eile sofort zum Treffpunkt. Nun wird besprochen, wer wo steht. Irgendwie habe ich Glück und komme direkt in die erste Reihe. Aber erst mal marschieren wir nur so ein bisschen, um das Interesse der Besucher zu erregen. Währenddessen versammeln sich draußen vor den Toren die Alemannen. Dann kommt das Signal, dass wir uns in Verteidigungsposition begeben sollen. Mit sichtlich viel Spaß kommen die Alemannen auf uns zu. Ich und einige andere lösen sich kurzzeitig aus der Formation und preschen vor, um unsere iacula (kleine Wurfspeere) in unserer Funktion als antesignani (Plänkler) zu werfen. Nachdem dies geschehen ist, begeben wir uns zurück in die Schlachtreihe und zücken unsere Schwerter. Nun folgt ein ziemlich spaßiges Gemetzel. Die Alemannen fallen fast reihenweise um, aber in ihren Gesichtern sieht man schon das Grinsen, dass es uns nicht anders ergehen wird in der zweiten Runde. Irgendwann liegen alle Alemannen auf dem Boden, Römer sind nur wenige gefallen. Nun wird man Zeuge einer Wunderheilung, denn alle vermeintlich Getöteten stehen wieder auf.
Die zweite Runde beginnt damit, dass man die Alemannen fast viermal töten muss, damit sie umfallen. Wir jedoch sterben bei einer Berührung. Dieses Mal falle ich gleich zum Beginn. Geschickt begebe ich mich aus dem Gefahrenbereich, ich möchte ja nicht übertrampelt werden. Nach erfolgreicher Runde für die Alemannen kommt der Veranstalter mit der Bitte zu uns, dass er gerne noch ein Gruppenfoto mit Römern und Alemannen machen möchte. Plötzlich stehen auch einige Kelten herum. Nach fast einer Viertelstunde Fotos machen und dem Kampf davor würde ich gerne meine Sachen ablegen und etwas anderes tun. Jedoch vereitelt unser Centurio diesen Plan. Er meint, ein bisschen exerzieren wäre noch angebracht. So marschieren wir um das gesamte Veranstaltungsgelände herum. Dies lässt sich aber gut überstehen, mit einem abite werden wir entlassen. Die Rüstung stelle ich auf einen Strohballen vor unserem Zelt. Mittlerweile kommen einige Interessierte zu uns ans Lager, jedoch nicht ins Lager, da wir eine Absperrung haben, um uns zu befragen. Gefragt wird alles. Standardfragen sind zum Beispiel: Wie schwer ist Ihr Kettenhemd, wie schwer die Rüstung, was bekamen die Soldaten zu essen? Aber ich habe auch schon manch komische Frage erlebt, ob ich Ritter sei oder ob ich Nazi sei, weil ich so etwas tue. Aber solche Fragen ignoriere ich dann einfach.
Nach fast einer Stunde lassen die Besucher endlich von mir ab und wenden sich den Essensständen zu. Endlich komme ich auch dazu, mal etwas zu trinken. Aber nun habe ich ein wenig Pause. Zu meiner Freude darf ich gleich für das Feuer Holz hacken. Währenddessen kommt eine befreundete Gruppe und bietet uns an, bei ihrem Puls mitzuessen. Sie hätten zu viel gemacht, sagen sie. Dankend lehne ich ab. Ich kann Puls nämlich nicht ausstehen. Das schmeckt für mich nach nichts und ist einfach eine klebrige Pampe.
Und so etwas soll in der Antike das Hauptnahrungsmittel der Soldaten gewesen sein. Da bin ich froh, in der heutigen Zeit leben zu können. Obwohl ungesund ist das Zeugs nicht. Es stillt den Hunger, aber es schmeckt nicht.
Daher gehe ich nun zum Essensstand und hole mir Kartoffeln nach römischem Rezept. Das Blöde dabei ist nur, dass in diesem Essen Sonnenblumenkerne und Kartoffeln enthalten sind. Und beide kommen aus Amerika. Also nichts mit nach römischen Rezept. Allerdings schmeckt das Essen doch relativ gut.
Gesättigt gehe ich zurück zum Lager und darf meiner Mutter direkt mehrere Eimer mit Wasser holen. Sie legt mittlerweile einen Grillrost auf das Feuer und stellt darauf wiederum unseren Kessel. Fluchend laufe ich mehrmals Wasser holen, da der Holzeimer noch undicht ist. Erst wenn sich das Holz mit Wasser vollgesaugt hat, ist er dicht. Nächstes Mal werde ich daran denken, den Eimer vorher zu wässern, schwöre ich mir. Trotzdem füllt sich der Kessel relativ schnell. Jedoch braucht das Wasser seine Zeit, um sich hochzuheizen. Zur gleichen Zeit schüttet meine Mutter Holzasche und Kalkmehl ins Wasser, damit die Färbebrühe den richtigen pH-Wert besitzt, bei dem sich die richtigen Pflanzenbestandteile lösen. Ich hole die ungefärbten, aber bereits mit Alaun gebeizten Halstücher aus dem Zelt und werfe sie ins Wasser. Nach einiger Zeit kommt eine bestimmte getrocknete Pflanze ins Wasser. Diese Pflanze ist Krapp; von ihr nimmt man die klein geschnittene Wurzel, die mit wasserlöslichen Aluminiumsalzen ein leuchtendes Rot ergibt.
Dass wir Halstücher färben hat einen bestimmten Sinn. In jedem Römerfilm werden die Römer in roten Tuniken dargestellt. Ob dies stimmt, ist aber nicht belegt. Wenn eine rote Krappfärbung, die mit Aluminiumsalzen ausgeführt wurde, mit Eisensalzen in Berührung kommt, verwandelt sich der Farbton langsam in braun. Der Rost, der sich an einem Kettenhemd aus Eisen bildet, ist ein Eisensalz. Deshalb wollen wir es selber ausprobieren, ob die rot gefärbte Kleidung rot bleibt, oder sich die Farbe der Kleidung durch das Tragen von Kettenhemden mit der Zeit verändert.. Das ist experimentelle Archäologie pur. Bisher wissen wir das Ergebnis noch nicht, da dies seine Zeit braucht (bei Interesse werde ich das Ergebnis mitteilen!). Die Färbung verläuft erfolgreich. Jedoch ruft schon der nächste Auftritt. Als Erstes wird wieder Exerzieren geübt. Erst wird quer über das ganze Feld marschiert. Dann begeben wir uns auf den Kampfplatz. Zuerst werden Formationsübungen gemacht. Rechtsschwenk und Linksschwenk werden geübt, weiterhin eine Schildkröte (testudo), welche uns vor feindlichen Beschuss von oben schützen soll. Um das Ganze noch ein bisschen spannender für das Publikum zu machen, nimmt der Centurio die Übungsspeere und wirft diese auf unsere Formation. Auch läuft er gegen uns und versucht die Formation zu durchbrechen. Jedoch kommt er nicht dagegen an. Unsere Schlachtreihe hält. Um das Publikum nicht zu langweilen, machen wir Übungskämpfe immer zu zweit. Ich erwische einen, mit dem ich immer kämpfe. Er haut mir immer mit dem Holzwert auf die Finger, während ich ihm immer auf den Kopf schlage, aber er ist durch seinen Helm geschützt. Meine Finger sehen nach den Kämpfen immer etwas mitgenommen aus, aber das ist egal. Allen, die bei solchen Kämpfen mitmachen, ist im Vorhinein klar, dass sie schon etwas abbekommen können. Schlimmstenfalls gibt es mal eine Platzwunde, aber auch das ist nicht so schlimm. Der schlimmste Unfall, den ich bisher mitbekam, war, dass ein Soldat keine genagelten Schuhe besaß und am Hang stand beim Gruppenfoto und ausrutschte in voller Kampfrüstung. Dabei kugelte er sich die Schulter aus. Und er befand sich im Kettenhemd; soweit ich weiß, musste es aufgeschnitten werden, um die Schulter wieder einzurenken. Mittlerweile ist er aber wieder vollkommen gesundet.
Nach dem Kampf darf ich direkt wieder meiner Mutter helfen. Diese malt gerade den neuen Legionärsschild (scutum) meines Vaters mit Farben an, die in der Antike gebräuchlich waren. Die meisten Schilde, die man sieht, sind mit Baumarktfarbe angemalt. So sind wir auf die Idee gekommen, einen Schild so wie in der Antike zu bemalen. Plinius schreibt in seiner Naturalis Historia, in einem Buch über die Malerei, Band 35, dass mit Ei gemalt wurde. Die Farben sind wasserunlösliche Farbpulver, das kann farbige Erde sein, die es in grün, gelb und rot gibt, oder gemahlene Steine, auch Halbedelsteine, Ruß, Indigopulver, buntes Glas, das gemahlen wird, oder Farbpulver, die aus Alaun oder Eisensalzen, pflanzlichen Farbstoffbestandteilen und Asche hergestellt werden. Die Farbe wird mit verquirltem Ei und Walnussöl angemischt. Mit dieser Mischung (eine sogenannte Ei-Tempera) wird der Schild dann bemalt. Es sieht wirklich sehr gut auf dem Schild aus. Den Schild lassen wir in der Nachmittagssonne trocknen. Als dieser relativ bald trocken ist, machen wir eine Schutzschicht aus Mastix, dies ist ein Baumharz, und echtem Terpentinöl auf den Schild, damit die Farbe nicht abgeht. Diese Schutzmittel verwendete man auch früher schon.
Da es sehr heiß ist und die meisten Besucher etwas trinken, komme ich nun etwas zur Ruhe. Ich setze mich an den Wollstand, an dem meine Mutter ihre nach antikem Vorbild gefärbte Wolle vorzeigt und erkläre den Leuten ein bisschen, die daran interessiert sind. Nebenher bastele ich ein wenig an einem Kettenhemd. Manche Leute stricken, ich stricke ein Kettenhemd. Ich werde immer wieder gefragt, wie viele Ringe in solch einem Kettenhemd verbaut sind, und ich antworte, dass das von der Größe und dem Körperumfang des Trägers abhängt. Auf jeden Fall sind es über 16 000 Ringe.
So langsam wird es Spätnachmittag, und die meisten Besucher gehen entweder nach Hause oder zu den Bierständen. Das Interesse an uns lässt immer mehr nach. Jedoch nicht bei allen. Immer wieder muss ich Leute ermahnen, die einfach über die Absperrung gehen und unsere Sachen nicht einfach anschauen können, sondern sie einfach in die Hand nehmen. Außerdem schauen sie uns in die Zelte hinein, und dort befinden sich alle unauthentischen Dinge, die der oder die Besucherin eigentlich nicht zu Gesicht bekommen sollte. Manche sehen ein, dass sie dies nicht machen dürfen, aber es gibt auch welche, die sich dann bei mir beschweren, dass sie dafür gezahlt hätten, also dürften sie das auch sehen.
Ich bin ganz froh, dass dieser Tag sich dem Ende zuneigt, da er schon ziemlich anstrengend ist. Dabei war es bei den Römern damals viel anstrengender. Täglich mussten die Soldaten Kampfübungen machen und dreimal im Monat einen Übungsmarsch absolvieren. Und das mit 48 Kilogramm Zusatzgewicht, wovon sich 30 kg auf Kleidung, Waffen und Ausrüstung und die restlichen 18 kg auf das Marschgepäck und Lebensmittel verteilen. Beschrieben ist dies in Vegetius; Epitoma rei militaris: quantum spatium ire vel redire debeant vel quotiens in mense exerceri cum educuntur milites ambulatum. Dieses Gewicht ist das maximale Gewicht, welches ein Soldat tragen kann. Dabei hatte das contubernium, also die acht Soldaten, immer ein Maultier, welches das Zelt der Gemeinschaft, Werkzeuge und Schanzpfähle (pila muralia) beförderte.
So langsam verlassen die Besucher das Gelände. Nun bricht das Lagerleben an. Es wird viel gegrillt bei den Truppen. Ich selber spüre jetzt langsam auch den Hunger. Gemütlich setzen wir uns an unser Feuer und grillen selbst. Dabei reden wir sehr viel über unser aller gemeinsames Hobby. Wir reden darüber, was wir uns als nächstes Ausrüstungsstück zulegen wollen und ob die Preise für diese Sachen gerechtfertigt sind.
Auch reden wir über unsere lustigsten Römerereignisse. Ich erzähle, dass eine Frau im rosa Hasenkostüm das Schlachtfeld in Kalkriese zum 2000-jährigen Jubliäum der Varusschlacht im Jahr 2009 stürmte und mit einer Wasserpistole auf uns schoss. Daraufhin wurde sie von polnischen Germanendarstellern eingekreist und verprügelt. Auf youtube gibt es ein Video dazu zu finden, der Link ist im Anhang aufgeführt.
Es wird abends auch viel gesungen bei anderen Gruppen, aber auch viel getrunken. Zum Spaß kämpfen ich und mein Freund noch mal gegeneinander und üben so für den nächsten Tag.
Doch der Tag fordert langsam seinen Tribut; ich werde müde und will mich hinlegen und schlafen. Vorher räume ich noch meine Ausrüstung ins Zelt. Der nächste Tag wird wieder anstrengend, denke ich mir. Draußen wird immer noch viel gelacht oder geredet, aber man kann trotzdem relativ gut einschlafen.
Literaturquellen zur römischen Militärgeschichte:
Ich bin ganz froh, dass dieser Tag sich dem Ende zuneigt, da er schon ziemlich anstrengend ist. Dabei war es bei den Römern damals viel anstrengender. Täglich mussten die Soldaten Kampfübungen machen und dreimal im Monat einen Übungsmarsch absolvieren. Und das mit 48 Kilogramm Zusatzgewicht, wovon sich 30 kg auf Kleidung, Waffen und Ausrüstung und die restlichen 18 kg auf das Marschgepäck und Lebensmittel verteilen. Beschrieben ist dies in Vegetius; Epitoma rei militaris: quantum spatium ire vel redire debeant vel quotiens in mense exerceri cum educuntur milites ambulatum. Dieses Gewicht ist das maximale Gewicht, welches ein Soldat tragen kann. Dabei hatte das contubernium, also die acht Soldaten, immer ein Maultier, welches das Zelt der Gemeinschaft, Werkzeuge und Schanzpfähle (pila muralia) beförderte.
So langsam verlassen die Besucher das Gelände. Nun bricht das Lagerleben an. Es wird viel gegrillt bei den Truppen. Ich selber spüre jetzt langsam auch den Hunger. Gemütlich setzen wir uns an unser Feuer und grillen selbst. Dabei reden wir sehr viel über unser aller gemeinsames Hobby. Wir reden darüber, was wir uns als nächstes Ausrüstungsstück zulegen wollen und ob die Preise für diese Sachen gerechtfertigt sind.
Auch reden wir über unsere lustigsten Römerereignisse. Ich erzähle, dass eine Frau im rosa Hasenkostüm das Schlachtfeld in Kalkriese zum 2000-jährigen Jubliäum der Varusschlacht im Jahr 2009 stürmte und mit einer Wasserpistole auf uns schoss. Daraufhin wurde sie von polnischen Germanendarstellern eingekreist und verprügelt. Auf youtube gibt es ein Video dazu zu finden, der Link ist im Anhang aufgeführt.
Es wird abends auch viel gesungen bei anderen Gruppen, aber auch viel getrunken. Zum Spaß kämpfen ich und mein Freund noch mal gegeneinander und üben so für den nächsten Tag.
Doch der Tag fordert langsam seinen Tribut; ich werde müde und will mich hinlegen und schlafen. Vorher räume ich noch meine Ausrüstung ins Zelt. Der nächste Tag wird wieder anstrengend, denke ich mir. Draußen wird immer noch viel gelacht oder geredet, aber man kann trotzdem relativ gut einschlafen.
Literaturquellen zur römischen Militärgeschichte: