Wann ist der Western ein Western? - Dietmar Kueglers »Kriegstrommeln am Mohawk«
Wann ist der Western ein Western?
Dietmar Kueglers »Kriegstrommeln am Mohawk«
Die Zeit seit Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent bis zum Bürgerkrieg und die Zeit der Jahrhundertwende waren nahezu Paria des Western. Es gab Romane aus diesen Zeiten selten bis gar nicht. Wurde dann Coopers Lederstrumpf erwähnt wurde der gern, auch hier, als Abenteuer und nicht als Westen klassifiziert. Denn Coopers Roman spielt ja vor der Zeit des Western.
Nun gibt es aber den Roman von Dietmar ›John Gray‹ Kuegler aus den Achtzigern des vorigen Jahrhunders, der da heißt »Kriegstrommeln am Mohawk«. Da tragen die Soldaten die roten Röcke der Briten, die Indianer leben im Waldland und nicht auf der Prärie und die Idee der Unabhängigkeit beginnt sich gerade erst in den Köpfen weniger zu formen. Die von Europäern und deren Nachfahren besiedelten Gebiete waren noch nicht weit ins Inland vorgedrungen. Da wo später der Western spielen sollte war im Grunde für den 'weißen Mann' noch Terra inkognita. unentdecktes Land.
Hier der Klappentext der Neuauflage bei Blitz von Frühjahr 2019.
Sam Brannigan sah die englischen Soldaten in ihren roten Uniformen und den hohen Mützen heranmarschieren. Im Dunkel der Wälder dröhnten die Trommeln. Er sprang in sein Kanu. Kugeln peitschten das Wasser hoch. Dann waren die Irokesen da. Von ihren kahlen Schädeln ragten die borstigen Haarbüschel auf. Ein Pfeilregen folgte Brannigan.
Sie sind Rebellen gegen die englische Herrschaft in den amerikanischen Kolonien. Eine Handvoll Familien, die hoffen, in der tiefen Wildnis ihre Freiheit zu finden. Der Waldläufer Sam Brannigan führt sie in die düsteren Wälder am Mohawk. Dort soll die Kolonie New Hope entstehen. Der Zorn der Briten folgt ihnen.
Geheimnisvolles, unbesiedeltes, wildes Land. Die Heimat der Irokesen, Huronen und Mingos. Noch gehört Amerika den Briten. Aber der Kampf der Siedler in der Neuen Welt um ihre Unabhängigkeit hat begonnen.
Mit einem Nachwort des Autors über die Geschichte der Waldindianer
In seiner Autorenreihe »John Gray« erschienen nicht nur Neuauflagen, sondern Dietmar Kuegler schrieb auch neue Romane. Eben so erschien seine Westwind Miniserie, um den Mountain Man Abe McNott in dieser Autorenserie. Auch hier siedelte Kuegler die Geschchten vor der Zeit des Western an. In diesen Romanen wurde Westen entdeckt und erkundet, Wege in den äußersten Westen gesucht und die Siedlertrecks zogen jenseits des Mississippis. (Als der Westen noch richtig wild war ... - Dietmar Kueglers Westwind, ›Clash of the Cultures‹ im ›Wilden Westen‹ - Dietmar Kueglers Westwind Bände 3 und 4 und ›Mountain Men‹ und ›Indianer‹ im ›Wilden Westen‹ - Dietmar Kueglers »Westwind« Bände 5 - 7). Also waren auch die Westwind-Romane nach der verbreitenen Definition und zeitlichen Einordnung keine Western. Doch es sind Western. Sie erzählen wie der Westen der USA besiedelt wird, wie die Siedler den Weg finden und dort den Boden für de klassischen 25 Jahre des Wilden Westen bereiten, obschon der Westen in der Zeit des Western gar nicht mehr so wild war, sondern bereits zivilisiert war.
In Kriegstrommeln am Mohawk gesteht Kuegler im Nachwort ein, dass er wie auch mit Westwind eine Miniserie beginnen wollte, die den Weg der britischen Kolonien zu den USA schildern sollten, also die Gründung der USA und den Unabhängigkeitskrieg schildern sollte. Damit wollte er also den Gründungmythos der Vereinigten STatten von Amerika erzählen. Ein Western? Folgt man Kuegler ist es natürlich ein Western, denn Kuegler stellt sich auf den Standpunkt, dass der Western immer da wo die Frontier war, sprich der Punkt der Besiedlung. Folgt man dem, so ist es natürlich ein Western, auch wenn nicht alle Klischees und Mythen bedient werden.
Liest man den Roman, der mitreißend erzählt ist, so bemerkt man erst recht im Licht des Nachwortes wie Kuegler die Grundlagen dieser Miniserie legt, wie er schon die anstehenden Konflikte andeutet. Ich für meinen Teil sage: Diese Miniserie hätte ich gerne gelesen.
Der Roman an sich ist eine toll erzählte Geschichte um Sam Brannigan, seiner Gefährtin, deren Mann (ein britischer Offizier) und eine Gruppe Quäker, die in Schwierigkeiten mit der Kolonialmacht gerät. Grundlage für eine Serie, die aber auch als Einzelroman funktioniert. Das Ganze ist authentisch und stimmig geschrieben. Da macht das Lesen Spaß und als langjähriger Verfechter der Definition des Westens, die sich auf knappe 25 Jahre beschränkt, bekommt man eine Ahnung, dass der Western durchaus hätte vielfältiger sein können, las er sich darstellt. Die Kriegstrommeln am Mohawk ebenso wie die Westwind-Romane heben den Vorhang über ein viel bunteren Western.
Ich kann diesen Roman nur jeden Interessierten ans Herz legen, denn er bietet gute Unterhaltung und zeigt auch, dass der Western und seine Klischees einmal neu diskutiert werden sollten.
Kriegstrommeln am Mohawk
Kommentare
(spätestens wenn ich WESTWIND und RONCO durch habe ...)
"Exklusiv nur im BLITZ-Shop" stimmt nicht. Kueglers Bücher kann man auch direkt in seinem "Verlag für Amerikanistik" bestellen. Versandkostenfrei.
Schade eigentlich, das man hier so viel interessantes weggelassen hatte, nur weil es nicht in das 08/15-Schema der üblichen Western passte.