›Mountain Men‹ und ›Indianer‹ im ›Wilden Westen‹ - Dietmar Kueglers »Westwind« Bände 5 - 7
›Mountain Men‹ und ›Indianer‹ im ›Wilden Westen‹
Dietmar Kueglers »Westwind« Bände 5 - 7
Es scheint fast, als wäre der General Philip Sheridan zugeschriebene Ausspruch
Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer
Programm in den Stuben deutscher Verlage geworden.
Dietmar Kueglers siebenbändige Miniserie, deren erste vier Bände ich schon besprochen habe (»Als der Westen noch richtig wild war ...« und »›Clash of the Cultures‹ im ›Wilden Westen‹«) bildet da eine dieser wenigen Ausnahmen. Vorteil der Romane ist, dass Kuegler darin nicht die Hollywood-Version der Indianer auffuhr, die überall irgendwie gleich sind und sich im Verhalten, ihrer Kultur und Religion nur in Details unterscheiden. Dazu sind ihre Sprachen dann Dialekte. Diese Beschreibung aus den Hollywood-Filmen ist dann für den deutschen Heftroman von den allermeisten Autoren 1:1 übernommen worden. Dabei sind indianische Kulturen sehr vielfältig. Davon findet man im deutschen Westernheft eher wenig. Ein weiter herausragender Vertreter ist Werner Egli. Aber die Regel in der Darstellung der Indianer ist der ›Reichseinheitsindianer‹, bevorzugt in der Schurkenrolle.
Kuegler machte aus seiner Beschäftigung mit der Geschichte Nordamerikas ein echtes Pfund für diese Romane. Er hat damals auch noch kleine Fehler gemacht. Das Wort ›Squaw‹ verwendet er nicht mehr, weil das nicht etwa die Gefährtin/Frau bezeichnet, sondern in etwa ›Fotze‹ bedeutet. Kuegler lernt eben nicht nur nie aus, sondern bringt auch neu gewonnenes Wissen in die Bearbeitung seiner Romane ein. In allen sieben Bänden der Serie, die im Blitz Verlag für den stolzen Preis von 12,95 in der gedruckten Ausgabe vorliegen, wird man das Wort vergeblich suchen.
Im Gegensatz zu den allermeisten Westernautoren, auch von jenen, die von sich behaupten, historische Western zu schreiben, ist bei Kuegler nahezu alles stimmig. Dabei hört der geneigte Leser von Kuegler selbst in keiner Weise, dass er historische Romane schreibt. Er zieht den Begriff ›Authentic Western‹ vor. Denn soviel vom Hintergrund seiner Geschichten auch stimmig und im besten Sinne historisch ist. Seine Geschichten vor diesem Hintergrund sind frei erfundenes Abenteuergarn. Aber sie hätten so passieren können. Das ist seine große Stärke.
Der Roman »Der Ruf der Wölfe«, in der von Kuegler bestimmten, Reihenfolge der fünfte Roman der »Westwind«-Serie, ist nahezu exemplarisch für seine vom Hintergrund stimmigen Texte, die die Abenteuer des Trappers Abe McNott, seines Sohnes Young Tree und seines Freundes Tulipe bei den Cheyenne erzählen.
Der Klappentext:
Alle zehn Winter wählen die Cheyenne neue Häuptlinge in ihren Stammesrat. Der mächtige Krieger Black Hawk will die Führung an sich reißen. Abe McNott weiß, dass sich Black Hawk mit den skrupellosen Agenten der großen Pelzcompagnie verbündet hat, die den neuen Häuptling mit Waffen und Feuerwasser ködern und zu ihrem Werkzeug machen wollen.
Es ist eine harte Welt, in der Trapper und Indianer ums Überleben kämpfen. Der Schatten der weißen Eroberer verdunkelt bereits die Prärien und die Welt der roten Stämme.
Kuegler erzählt eine sehr amüsante und unterhaltsame Abenteuermär Jim McNotts und seiner Gefährten, die einen weiteren Pyrrhussieg gegen die vordringenden europäischen Siedler erringen. Obwohl der Kampf gegen die Weißen und ihres verbündeten spannend geschildert ist, so ist dieser Roman nicht der beste der Serie. Ich kann noch nicht einmal den Finger in die Wunde legen und genau sagen, was dem Buch »Der Ruf der Adler« fehlt, was ihn in meinen Augen einen Hauch schwächer macht als den Durchschnitt der Serie. Aber gegenüber dem Folgeband fällt er gar recht deutlich ab. Ein Indiz ist immer wie schnell ein solches Buch verschlinge. Hier habe ich ne gute Stunde länger gebraucht als bei den anderen.
Aber das heißt nicht, der Roman an sich wäre ein schwacher, sondern vielmehr ist er das schwächste Glied einer insgesamt für den deutschen Western außergewöhnlichen und deutlich herausragenden (Mini-)Serie, der eigentlich nur rote Faden fehlt, um zu etwas völlig außergewöhnlichen zu werden. Den gibt die Publikationsgeschichte der Serie aber auch nicht her. Die Serie begann im Jugendbuch, wurde dann erneut im Heft publiziert und wurde erst in Dietmar Kueglers Autorenreihe komplettiert. Schon da konnte man sehen, dass eine kontinuierlich fortlaufende Serie nicht funktionierte.
Besonders empfehlenswert, gerade auch für Autoren, die von sich behaupten historische Western zu verfassen und deren amerikanische Ureinwohner Hollywoods Version näher kommen, ist das Nachwort Kueglers, für mich immer ein Highlight der Miniserie. Daraus kann man immer nur lernen.
Im Folgeband, dem in der Kuegler'schen Chronologie 6. Band der Serie nimmt der Autor nun bewusst in Kauf zur Grundlage seiner Abenteuermär etwas unmögliche zu schildern. Wie Kuegler selbst in seinem - wie immer lesenswerten - Nachwort einräumt, sind weiße Büffel ein Ausnahme. Und doch lässt er eine ganze Herde weißer Büffel auf Abe McNott, Young Tree und Tulipe los.
Eine ganze Herde! Das kann es nicht gegeben haben.
Für einen historischen Roman ein absolutes ›No Go‹, aber für einen Western, der nicht behauptet genau das zu sein, sondern eben authentisch zu wirken, kann man damit leben. Immerhin ist das drumherum und der Hintergrund vor dem Kampf um diese ›unmögliche‹ Herde wieder und wie in der »Westwind«-Serie gewohnt im besten Sinne historisch.
Der Klappentext:
Jahr für Jahr zieht eine Herde weißer Büffel durch das Land der Sioux in die milden Täler am Sweetwater, um zu überwintern. Für die Lakota sind sie Boten der Götter, daher gehen sie jeden Winter in das Tal der Büffel zur großen Bisonzeremonie.
Der Trader Horeb Manderly aber ist entschlossen, die heiligen Büffel abzuschlachten. Ihre Felle sollen ihm ein Vermögen einbringen.
»Der Winter der weißen Büffel« ist für mich der beste Roman der Serie. Er ist mitreißend geschrieben, führt in die spirituelle Welt der Lakota ein und zeigt mehr als deutlich, dass bei der Besiedlung des Westens zwei völlig unvereinbare Kulturen aufeinander trafen.
Die profitorientierte Lebensart der weißen Eroberer/Siedler/Geschäftemacher gegen die ganz andere Lebensweise der Ureinwohner (vulgo: Indianer) ist wieder das zentrale Thema des Romans. Zugleich zeigt der Autor den Bison in all den Facetten seiner Bedeutung für die Lakota gezeigt. Der Bison ist nicht nur Beute, sondern hat auch spirituelle Bedeutung. Und das Ganze wird dann ergänzt durch den Kampf gegen die Bisonjäger, die die weißen Felle zu einem Vermögen machen wollen
McNott und seine Gefährten können einmal mehr eine Schlacht gewinnen, wissend, dass sie den Krieg verlieren werden.
Dieser Roman liefert exemplarisch alles was die Serie ausmacht. Was Kuegler aus seiner Herde weißer Bisons macht ist mitreißend, spannend und letztlich auch authentisch. Durch die Herde der weißen Bisons überhöht Kuegler das Thema so geschickt, dass er zum Kern der Sache vordringen kann, den Kampf der Kulturen, untergehende Lebensarten. Zugleich sind da aber auch Szenen zwischen McNott und einem jungen Krieger. Die Entwicklung der Beziehung dieser ungleichen Männer zeigt im kleinen die Missverständnisse auf. Sie sind nicht nur wichtig für das Abenteuergarn, sondern auch exemplarisch die unterschiedlichen Kulturen. Leider konnte der Autor diese Szenen nicht vertiefen, denn das hätte die Möglichkeiten des Heftes überschritten.
Der beste Text der Serie.
Den Abschluss der Serie bildet »Die Zeit der Adler«. In diesem Roman thematisiert Kuegler einen perfiden Akt. Indianer mit Pocken verseuchten Decken zu versorgen. Die Europäer schleppten Krankheiten ein gegen die Ureinwohner keine Abwehrkräfte hatten und das brachte schon reichlich Unheil, sprich Tote mit sich. Im 18. Jahrhundert wurde das in Kanada tatsächlich mit Absicht getan und verseuchte. Ob das auch im Westen so war ist nicht so klar. Kuegler äußert sich auch so in seinem Nachwort, dass er solche Geschehnisse nicht auschließen möchte.
Aber wir haben es mit authentischen Western zu tun und nicht mit historischen Romanen, so dass auch dieser Plot funktioniert. Kuegler wäre nicht Kuegler wenn im Hintergrund nicht vieles stimmig wäre
Der Klappentext.
Das Dampfschiff, das den Yellowstone River stromaufwärts fuhr, hatte den Tod an Bord: mit Pocken infizierte Wolldecken. Kurz nachdem die Cheyenne ihre Pelze eingetauscht hatten, begann das große Sterben. McNott zieht nordwärts in die Berge, um die anderen Stämme zu warnen. Doch die Händler sind längst auf seiner Spur, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Es starben nicht nur Menschen an diesen eingeschleppten Krankheiten. In Kulturen, in denen wesentliches mündlich überliefert wird, stirbt gegebenenfalls dann auch ein Stück Kultur, ein Stück Lebensart mit diesen Menschen. Auch diese Begleiterscheinung schildert er, wenn McNott zum letzten Mal für die Indianer und seine eigene Lebensweise kämpft.
Dieser Roman bildet ein interessanten Abschluss der Serie. Am Ende hat McNott doch wieder die Schlacht gefunden, aber der Preis war hoch. Der Trapper weiß, dass die Kultur der Mountain Men und auch die der Indianer vor dem Ende steht.
Leider wird es aufgrund der zahlreichen Tätigkeiten Kueglers nie ein Prequel geben, sprich wie McNott in den Westen kam und zu dem wurde was er ist und nie ein Sequel geben, der das Ende McNotts schildert.
Aber diese sieben Bände sind eine der interessantesten und ungewöhnlichsten Miniserien des deutschen Western. Es gibt und gab auch kaum Autoren, die solche Romane glaubwürdig schreiben können. Von jenen, die zur jüngeren Generation gehören fällt mir nun gar keiner mehr ein.
Trotz des Preises kann ich jedem diese sieben Romane nur ans Herz legen ...
WESTWIND
Blitz Verlag
Kommentare
Alternative: sich in Sachen "John Gray" mal bei romanheft-info.de umschauen ...
Ich habe einige Western und auch Fernfahrergeschichten von Kuegler gelesen. Immer wieder gern. Er schreibt sehr ansprechend.