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Der Heftroman: »Die Nr. 1« - Major Carson - Der Rebellen-Südstaatler

Der Heftroman - Die Nr. 1Major Carson - Der Rebellen-Südstaatler

Jede neue Serie muss sich an den Verkaufsständen beweisen. Ein Schlüsselroman - wahrscheinlich der Schlüsselroman schlechthin - dürfte bei einem Serienneustart der jeweilige Auftaktband sein.

Bereits mit Band 1 muss die neue Serie den potenziellen Käufer am Kiosk ansprechen. Der Roman muss überzeugen, eine zweite Chance wird vom Leser nur selten gewährt. Das Konzept muss stimmen, die Optik muss passen und nicht zuletzt muss der Roman unterhalten.

 

Und er muss Lust auf eine Fortsetzung machen. Wenn der Leser den Folgeband schlicht haben will, dann hat es funktioniert.

In unregelmäßigen Abständen möchte ich einige Nr.-1-Bände der Vergangenheit nun näher betrachten.

Fahr zur Hölle, Dreckskerl!Fahr zur Hölle, Dreckskerl
Major Carson - Der Rebellen-Südstaatler
Western von Dan Roberts (= Mario Werder)   
Kelter Verlag, 1983

Major Carson erhält den Spezialauftrag, sich als Jayhawker getarnt den Redlegs um den Arzt Dr. Charls B. Jennison anzuschließen und ihn auszuschalten. Der Plan geht früher auf, als gedacht und gewünscht: Für den Süden kämpfende Arkansas-Männer halten ihn und seinen Begleiter Sergeant Patrick O'Lean für Redlegs, nehmen sie gefangen und wollen sie hängen. Nur mit Hilfe der Farmerstochter Helen Sanderson können die beiden Südstaatler die aufgebrachte Meute überzeugen, dass sie sich bei der Guerilla-Truppe des Nordens einschleichen wollen.

Mit den Arkansas-Leuten im Rücken kann der Major seinen Plan verwirklichen. Er inszeniert eine Jagd auf sich und reitet den Redlegs buchstäblich in die Fänge - und kann sie damit überzeugen, dass er und O'Lean desertiert sind.

Um Dr. Jennsion und Reverend Montgomery, die Führer der Jayhawkers, tatsächlich den letzten Beweis zu liefern, dass sie von nun an für sie reiten, bekommen die beiden den Auftrag, Drakes City zu erkunden. In der kleinen Stadt lagern Waffen ...

Major Carson und Sergeant O'Lean nehmen den Auftrag an, um nun ihrerseits eine Falle für die Redlegs vorzubereiten.

Wie der Titel des Auftaktromans bereits befürchten lässt, wurde "Major Carson" in einer sehr legeren, grobschlächtigen Sprache verfasst: 'Verdammt' und 'verflucht' sind mit die Lieblingswörter des in Ich-Form erzählenden Majors. Gerade zum Auftakt hat Dan Roberts enorme Schwierigkeiten, das Maß zu halten. Im Laufe des Romans gelingt ihm das zunehmend besser, und zumindest des Aufeindertreffen der Hauptfiguren mit der historischen Figur des Dr. Jennison gelingt ihm sogar ausgezeichnet.

Insgesamt wirkt der Roman aber sehr oberflächlich. Die Ich-Form wird konsequent beibehalten, alleine die Perspektive des Majors wird beschrieben; alles recht kurz gefasst und wenig ausgeschmückt, insgesamt sehr detailarm.
Dan Roberts weiß, wie er genau die Konsequenz, nur Carson ins Zentrum der Beschreibungen zu stellen, für den Spannungsaufbau nutzen kann. Sergeant O'Lean darf durchaus alleine agieren, doch als Leser bekommt man eben nur die Gedanken und Sorgen Major Carson mit. Dies zumindest ist eine interessante Herangehensweise - für einen Band.

Der Roman lässt sich flott lesen, hat keine Längen und mit den Jayhawkers doch einen recht interessanten Hintergrund, der noch nicht so oft in Westernromanen verbraten wurde. Inwieweit das Ende Dr. Jennings in diesem Roman mit der Historie vereinbart werden kann, sei allerdings dahingestellt ...
 Ich lachte bitter. "Mädchen, alles muss echt wirken, sonst fällt Doc Jennsion nicht auf unseren Bluff herein. Sobald er einen Trick wittert, verschwindet er. Ich wünschte nur, wir hätten eine Gatling Gun. Damit würde alles viel einfacher."
 Helen legte das Messer auf den Teller, sah mich erstaunt an und fragte: "Hat Taylor dir nichts davon gesagt? Im Depot steht so ein Ding. Es ist feuerbereit. Weiß der Teufel, woher der Sheriff die Waffe hat."
 Major Carson Band 1, Seite 53/54
Leider versäumt der Autor es, die Hintergründe der Gatling Gun näher zu erläutern - hier würde er sich auch schwer tun, da diese Waffen nur in einer einzigen Schlacht im Sezessionskrieg 1864 auf Seiten des Nordens eingesetzt wurde. Dass eine Gatling Gun nun plötzlich in einem Kaff in Arkansas zu finden ist und die Hauptfigur zudem mit ihr umgehen kann, ist zweifelsohne ein Ausflug in Richtung Märchen.
(Fairerweise muss ich zugeben, dass wikipedia eine feine Sache ist und dieses Recherchemittel dem Autor 1983 nicht zur Verfügung stand ...)
 "Helen Sanderson hat dir von der Gatling Gun erzählt? Kannst du mit dem Ding umgehen, Major?"
 "Klar. Hast du gefüllte Ersatzmagazine?" fragte ich zurück.
 "Drei Stück, das muss reichen. Mehr konnte ich nicht mitgehen lassen, als ich den Waffenmeister in Fort Smith betrunken machte."

Major Carson Band 1, Seite 56
Dan Roberts lässt die Waffe im Einsatz von mehreren Leuten bedienen und kommt damit der Anwendung der ersten Gatling Guns anders als in vielen Filmen doch recht nahe.

Pluspunkte kann Dan Roberts mit der Beschreibung von Major Carsons Behinderung sammeln. Sein Handicap, ein Auge verloren zu haben, wurde gut nachvollziehbar und glaubwürdig in den Roman eingearbeitet.

Fazit:
Ein leicht zu lesender Auftaktroman. Die Handlung verläuft schnell und wenig detailiert. Obwohl mit Dr. Jennison und den Jayhawkers ein im Prinzip spannendes Thema gefunden wurde, bleibt die Handlung nicht allzu lange im Gedächtnis.

Major Carson im Serienprofil:

Seriencharakter:     
Bei "Fahr zur Hölle, Dreckskerl" handelt es sich um einen abgeschlossenen Roman, der auch in jeder Westernreihe hätte erscheinen können.

Cliffhanger:         
Nein. Das Abenteuer ist abgeschlossen. Ein neues Abenteuer wird kommen.        

Charaktere:

Mit Major Ringo Carson und Sergeant Patrick O'Lean dürften die wiederkehrenden Charaktere auch schon abschließend aufgezählt sein. Beide Figuren haben wenig Hintergrund. Beim Major erfährt der Leser zumindest, wie er sein Auge verloren hat und dass sein Vater eine Ranch hat.
General Clark, der Auftraggeber des Majors, erscheint in diesem Roman nur als Name. Möglich, dass er in den Folgebänden eine größere Rolle     einnehmen darf.    

Lust auf Fortsetzungen:    

Western, die während des Bürgerkriegs spielen, gibt es bis auf die direkte Konkurrenz "Captain Concho" relativ wenig - deswegen ein vorsichtiges 'Ja'.
                
Ausblick:        
Die Sezessionskriegthematik wird in der Serie um Band 20 abgeschlossen. Ähnlich wie bereits bei "Die harten Vier" agieren die Hauptfiguren dann in dem Chaos nach dem Krieg.

Hintergrund:
Konkurrenz am Kiosk:
1983 war sicherlich ein Entscheidungsjahr am Kiosk. Nachdem sich der Erich-Pabel-Verlag mit der Einstellung von "Ronco", "Lobo", "Marshal-Western", "Star-Western" und der Taschenbuchserie "Lobo - Taschenbuch" 1981/1982 gänzlich aus dem Western-Genre zurückgezogen hatte, und auch der Wolfgang-Marken-Verlag sein Westernprogramm etwa zu dieser Zeit änderte (u. a. mit der Einstellung von "Western-Mustang", ohne dass sich die Nachfolgereihen wie "Nevada", "Tom Frisco", "Joker-Boys", "Feuerross" und "Union Pacific" durchsetzen konnten; sowie Charakteränderungen bei "Western-Wolf" um Band 200), galt es, die frei gewordenen Plätze zu füllen und die Gunst des Lesers zu erringen.
 
Nicht nur die direkte Konkurrenz "Captain Conchos" machte "Major Carson" zu schaffen, sondern auch die zur gleichen Zeit im eigenen Hause gestarteten Serien und Reihen: "Apache Cochise" (1981 - 1983, 36 Bände), "Marshal David Jericho - Der Undertaker" (1983, 10 + 8), "Halleluja Reverend" (1983 - 1984, 18 Bände), "Die harten Vier" (1982 - 1984, 44 Bände), "US Western" (1981 - 1983", 98 Bände), "Axel Berger" (1980 - 1983, 80 Bände), "Die Blauröcke" (1982 - 1983, 48 Bände) und "Ferner Westen" (1983 - 1984, 36 Bände) sowie die zweite Auflage von "Doc Holliday" (1983 - 1984, 38 Bände) und die kurzlebigen Zeitschriftenromane "Berühmte und berüchtigte Westmänner" (1984, 2 Bände) neben der langlebigen Westernreihe "Die großen Western" und den fast genau so langlebigen Autorenreihen "G.F. Barner" und "G.F. Waco" - eine wahre Invasion von neuen Westernromanen am Kiosk.
Und leider über Jahre hinweg auch in den Kaufhäusern. Hier waren fast alle Romane der Kelter-Westernserien und -reihen noch über lange Zeit zu Schleuderpreisen auf den Wühltischen zu finden.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die "Kurzlebigkeit" aufgrund der Kaufhauspolitik geplant war, denn bei den "Harten Vier" war ein 45. Band bereits angekündigt, und auch zu Major Carson erschien innerhalb einer Reihe noch ein weiterer Band. Nach dieser kurzen Epoche neuer Serien und Reihen steckte das Westernromangenre in einer großen Krise ...  

Tod eines Autors:
Möglich, dass auch der Tod von Mario Werder 1984 (laut dem Pseudonymlexikon/2. Auflage von Dr. Jörg Weigand) zur Einstellung der Serie "Major Carson" führte.

Der Autor veröffentlichte unter den Pseudonymen Frederic Crane (Geister-Krimi), Mark Feldmann (Gemini ) und Dan Roberts (Western) sowie unter den Verlagspseudonymen Frederic Collins (Gespenster-Krimi), Everett Jones, Gregory Kern (Commander Scott) sowie Robert Lamont (Professor Zamorra).

Parallel zu "Major Carson" war Mario Werder auch für eine weitere Kelter-Serie tätig: Bei "Die harten Vier" waren ebenfalls zwei Autoren (Dan Roberts, Frank Callahan alias Jürgen Duensing) jeweils abwechselnd beteiligt. Die Serie wurde wie "Major Carson" 1984 eingestellt.

Bei "Apache Cochise", der direkten Vorgängerserie, war Mario Werder ebenfalls unter dem Pseudonym Dan Roberts tätig. Im Unterschied zu "Major Carson" und "Die harten Vier" schrieben hier mehrere Autoren (Alexander Calhoun, Dan Roberts, John Montana und Frank Callahan). Auffallend: Oft schrieb ein Autor mehrere aufeinanderfolgende Romane, bis zu fünf Stück, in Folge.

Bei der Konkurrenz, dem Bastei-Verlag, war er für "Skull-Ranch" tätig. Zudem erschien der vorletzte Band der "Fort-Aldamo"-Serie (in "Bastei Western-Hit") unter dem Pseudonym Dan Roberts - deutlich nach dem Tod Mario Werders.

Amerikanischer Bürgerkrieg im Heftroman:
Viele Westernserien sind kurz nach dem Sezessionskrieg angesiedelt, nehmen einen Teil dieser Thematik auf, ohne dass es direkt zur Serienhaupthandlung wird: "Die harten Vier", "Tombstone - Die Brüder Kane", "Skull-Ranch", ...

Der Sezessionskrieg als Serienhintergrund hingegen ist relativ selten vorzufinden:

Die "Captain Concho"-Serie dürfte die Vorlage von Major Carson gewesen sein. Zumindest kurz nach dem Start der Bastei-Serie schob Kelter den ranghöheren Major Carson nach.
Kleine Anekdote am Rande: Innerhalb der Captain Concho-Serie wird mehrmals die Beförderung Conchos thematisiert. Aufgrund seiner Erfolge wird er direkt zum Colonel befördert. Allerdings bekommt er die Beförderung aufgrund der Kriegswirren nie überreicht ...

Jahre später wurden einige "Rio Concho"-Romane/1. Serie von Alfred Wallon im Bürgerkrieg angesiedelt - und beim Mohlberg-Verlag sind die Bürgerkriegsromane dieser Serie sogar zu einer eigenen Buchreihe ausgebaut worden: "Civil War Chronicles"

Ebenfalls von Alfred Wallon stammt "Die Rebellen von Missouri"-Tetralogie (ursprünglich als Trilogie geplant), die erstmals in "Quantrill", einem Hardcover des Persimplex-Verlags, komplett vorliegt. Das Buch nimmt sich ebenfalls der Guerilla-Thematik des Amerikanischen Bürgerkriegs an.

Eine Neuerung bei "Major Carson":

Auf der Rota-Seite der "Major-Carson"-Romane befindet sich der Hinweis: "IN GROSSER SCHRIFT". Ich schätze, dass die Länge eines Romans dieser Serie in etwa 70 - 75 % eines normalen Heftromans entspricht.

Kommentare  

#1 Alfred Wallon 2012-02-22 08:51
Es gibt manche Serien, über die man besser den Mantel des Schweigens hüllen sollte. MAJOR CARSON gehört mit dazu. Weder Dan Roberts noch Joe Juhnke sind in der deutschen Western-Szene als ausgewiesene historische Experten bekannt. Insbesondere Joe Juhnke hat mit seinen "Shane-Romanen" ( die innerhalb verschiedener Kelter-Reihen erschienen ) einen Helden geschaffen, wie er farbloser und unglaubwürdiger nicht sein kann.

Wer sich mit dem Bürgerkrieg ernsthaft beschäftigt, dem standen auch damals Nachschlagewerke und Fachbücher zur Verfügung - auch ohne Wikipedia. Das setzt aber natürlich voraus, dass man sich Zeit nimmt zum Recherchieren - und es auch wirklich will.
Hier sind doch eklatante Wissenslücken der Autoren in der Serie festzustellen - was aber kaum ein Leser gemerkt haben dürfte, da bis auf Dietmar Kügler und wenige andere Kollegen die übrigen anderen Autoren ohnehin keinen Wert auf historische Korrektheit gelegt haben.

Ich denke, dass man eine Konkurrenz zu der Captain Concho-Serie schaffen wollte - aber das kann man nun wirklich nicht, wenn der Untertitel "Der Rebellen-Südstaatler" heißt. Im der allgemeinen Literatur des Bürgerkrieges werden mit "Rebellen" die konföderierten Soldaten bezeichnet - also die Südstaatler. Somit ist dieser Untertitel gewissermaßen bildlich gesprochen ein "weißer Schimmel" und zeigt mir als Kenner dieses Genres, dass man hier "einfach mal was rausbringen wollte, was mit Bürgerkrieg zu tun hat".
#2 Andreas Decker 2012-02-22 12:38
Zitat:
(Fairerweise muss ich zugeben, dass wikipedia eine feine Sache ist und dieses Recherchemittel dem Autor 1983 nicht zur Verfügung stand ...)
Stimmt, da nannte man so was noch Bibliothek, aber da musste man hingehen und nachschlagen. ;-)


Ich persönlich finde diese Bürgerkriegserien für den Kiosk alle unsäglich. Mir ist letztens Captain Concho 1 in die Finger gefallen, und ich fand es bemerkenswert, wie man diesen Krieg hier auf Abenteuerspielplatz reduziert hat. Nicht ein (!) Absatz der Erklärung, warum es bei dem Konflikt überhaupt ging - Hauptsache der Held ist ein kerniger unpolitischer Bursche, der seine "Pflicht " tut und für sein "Land" und für seine "Männer" kämpft. Und natürlich alles blitzesauber erzählt, damit der Jugendschutzbeigeordnete zufrieden abnicken kann.

Offensichtlich ging der Verlag davon aus, dass jeder Leser wusste, was Sache ist. Und wer will schon die jugendliche Leserschaft mit langweiligen Geschichtsdetails überfordern.

Was war das doch für ein verlogener Mist.
#3 Alfred Wallon 2012-02-22 13:19
...Marsch voran - alle Mann - und wir ziehen weiter.
Hurtig sind - wie der Wind - Captain Conchos Reiter...

Das habe ich nie vergessen, es stand auf Seite 3 der Romane. Bill Murphy hat zwar versucht, sich Mühe zu geben, aber es war und blieb vieles nicht historisch korrekt. Irgendwann hat er in einem der Romane Captain Concho mal versehentlich als Lassiter bezeichnet, und der Redakteur hat es nicht gemerkt.

Was mir von Captain Concho jedoch gefiel, waren die Titelbilder...
#4 Andreas Decker 2012-02-22 14:44
Zitat:
Was mir von Captain Concho jedoch gefiel, waren die Titelbilder?
Stimmt, die waren schmissig. Ganz egal, wie mau der Inhalt auch sein mochte, beim Titelbild konnte Bastei immer glänzen. Jedenfalls früher. Heute sind so meistens bloß zum Heulen.

Und wer weiß, vielleicht war Concho ja Lassiters Vater :lol: Zeitlich würde es passen.
#5 Finnewacker 2020-03-18 15:46
Es gab noch weitere (versteckte) Fortsetzungen der Serie (zB in "Ferner Westen" und "Die grossen Western"). Hier geht's zur Übersicht: www.zauberspiegel-online.de/index.php/durchblick-hintergrnde-mainmenu-15/titellisten/36890-major-carson-titelliste

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