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Size Matters ... wenn die Kosten stimmen - Impressionen von der Buchmesse

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneSize Matters ... wenn die Kosten stimmen
Impressionen von der Buchmesse

Alljährlich zeigt die Verlagsbranche in Frankfurt - wie Oliver ›Titan‹ Kahn es formuliert hätte »Eier«. Die Stände erscheinen in jedem Jahr größer, schöner, besser. Es blinkt und glitzert. Die Branche demonstriert, dass es ihr gut geht, egal welche Herausforderungen auf sie zukommen mögen. Die jeweiligen Verlagsgewaltigen demonstrieren durch Haltung und mit dem Aufmarsch ihrer Starautoren das nötige Selbstbewusstsein, das zeigt, man ist auch der Zukunft gewachsen ...


Nun ja.

Inzwischen, so die Erfahrung dreier Tage auf dem Messegelände, ist es aber oft mehr Schein als Sein. Kosten für die Messe werden überall gesenkt und zwar möglichst so, dass es den Besuchern nicht auffällt. Manche (vor allem kleinere) sind zwar einfach nicht mehr da (das fällt auf, aber die haben sich zum Teil dann auf Fachmessen eine Nische geschaffen). Andere, die in Schlagdistanz von der Messe ihren Sitz haben, karren da schon mal Mitarbeiter im Reisebus hin und her, weil der Bus billiger ist als die Hotelzimmer. Wieder andere kommen in Schichten, andere lassen die Verantwortlichen nur für einen Tag aufschlagen. Da werden Kosten gespart wo und wie man nur kann, ohne die schöne Scheinwelt für Besucher und Presse zu (zer-)stören. Denn in Frankfurt wird repräsentiert. Alles schaut nach Frankfurt wie gebannt aufs Buch. Da muss es eben gut aussehen.

Schon lange werden keine (bzw. kaum noch großen) Geschäfte mehr auf der Messe gemacht. Noch vor Jahren stieß man an diesem oder jenen Stand schon mal kurz vor sechs abends mal an und trank auf den Einkauf der Memoiren von Superstar XX-L oder den Roman von Bestsellerautor XY. Und wenn unsereiner in der Nähe war und die Nase bekannt, gabs dann auch schon mal einen Schluck ... Mittlerweile werden die Erwerbungen nur noch nach dem Motto des ›Torwarttitanen‹ gezeigt und kamerawirksam präsentiert. Aber auch da gibt es manchmal (selbst für Unbekannte einen guten Schluck). Aber: Es muss eben gut aussehen.

Die Buchmesse ist inzwischen weit entfernt von einer Messe (einem Handelsplatz), sondern ist ein PR-Camp der Buchbranche, in dem die Presseleute zumeist gute Arbeit leisten und ihr jeweiliges Programm motiviert und informiert vorstellen. Aber Buchhändler ordern schon seit Jahren (zumindest bei den Publikumsverlagen) nichts mehr. Agenten sind auch oft zur Kontaktpflege und Autorenscannen präsent. Letztlich eher Kontaktbörse als Marktplatz. Immerhin ist das Fernsehen da und von Dienstag bis Sonntag ist die Buchbranche überall und auch auch den bildungsfernen Haushalten präsent. Da muss es eben gut aussehen.

Redakteure treffen ihre Autoren mittlerweile lieber in den hauseigenen Büros, denn da hat man Zeit und der Kaffee ist zumeist trinkbarer als das Gebräu auf der Messe. Zudem ist es da ruhiger und weder Redakteur noch Autor sind gehetzt wie auf der Messe, auf der ja der Halbstundentakt regiert. Aber hier und da trifft man sich noch und das sieht geschäftig und damit gut aus.

Was positiv auffiel, war das Kinderpropgramm am Freitag, als Kindergärten, (Grund-)Schulklassen und so weiter von Führern durch die Gänge gelotst wurden und ihren Spaß hatten. Ein Mitglied der Messegesellschaft verkündete fröhlich bei der Begrüßung der Kinder, dass dieses Programm in Zukunft noch ausgebaut werden soll. Dieser Programmpunkt macht aus der nach außen hin aus der Businessmesse doch so ein bisschen mehr Publikumsmesse. Das sieht nämlich gut aus.

Man wird sich eben darauf einstellen müssen, dass Frankfurt immer mehr zu PR-Maschine für das gedruckte Wort (auf Papier oder als Bits & Bytes) wird. Aber das lässt sich aushalten und erhöht den Spaßfaktor.

Kommentare  

#1 Kerstin 2014-10-12 20:44
Ich war kürzlich mit Chef und Kollegen auf der IAA Nutzfahrzeuge. Das war doch noch etwas anderes. Wir hatten Gelegenheit, dem einen oder anderen Hersteller zu sagen, was uns in der Praxis an seinen Produkten stört, Neuheiten zu besichtigen, Kontakte zu pflegen mit Lieferanten und wir durften sogar zum Essen in den VIP-Bereich (wo wir natürlich hinpassten wie die Faust aufs Auge.)

Selbstverständlich gab es auch da teilweise heiße Luft, hinter der dann nichts steckte, aber das hielt sich in Grenzen. Die Trucker haben eben doch mehr das Wesentliche im Sinn als den schönen Schein. Und ein Damen- oder Kinderprogramm hat auch niemand vermisst.

Tja, Horst Hermann, noch mal zur Buchmesse: Hat sich denn irgend was Neues ergeben? Ein Trend, eine interessante Wendung in der Geschäftspolitik der Verlage oder so was?
#2 Harantor 2014-10-12 21:08
@Kerstin. Das Kinderprogramm halte ich für durchaus interessant ... und auch wichtig. Künftige Trucker werden sich finden, aber künftige Leser wollen bespasst werden.

Auf den neuen Trend warten wir noch. Und über ein paar Diskussionen muss ich noch nachdenken... Darüber dann später mehr
#3 Kerstin 2014-10-13 10:42
Zitat:

"Künftige Trucker werden sich finden ...."

Nee, so einfach nicht. Der Führerschein und die vorgeschriebenen Unterrichtsmodule sind so teuer geworden, die Bezahlung gezwungenermaßen so gering, dass es sich kaum noch lohnt. Dazu kommt die Billigkonkurrenz aus Osteuropa, die mit ihren Dumpingpreisen die Branche kaputt macht, und der permanente Ärger an den Ladestellen, wo manchmal sogar die Fäuste fliegen, idiotische Disposition von Schlipsträgern ohne praktische Erfahrung und die zunehmende Kriminalität auf Straßen und Rastplätzen, die fast schon an die Verhältnisse bei den Mad-Max-Filmen erinnern.

Das gäbe Stoff für einen Wirtschaftskrimi mit einer Menge Action, aber der unbedarfte Leser würde es kaum glauben, was da täglich abgeht.

Aber an der Situation ändert natürlich auch eine Bespaßung bei der Messe nix.
#4 Harantor 2014-10-13 12:07
Trucker werden sich finden und wenn Sie aus der Mongolei kommen müssen, aber die Leseförderung in diesem Land ist fast immer eine Spaßbremse. Es muss reichen, um den Alltag zu bewältigen (aber wir haben schon 9 Mio funktionelle Analphabeten) und die Technik mit Handys und Sprcahausgabe hilft ihnen, aber freiwillig ein Buch lesen. Da zu muss man wirklich was tun was den Spaß am Lesen vermittelt ...
#5 Kerstin 2014-10-13 13:04
Zitat:

"... aber die Leseförderung in diesem Land ist fast immer eine Spaßbremse."

Das stimmt natürlich. Die meisten der Projekte stehen im Zeichen des erhobenen Zeigefingers und schrecken schon Kinder gründlich ab, Erwachsene dann erst recht - falls es überhaupt noch solche Projekte für Erwachsene gibt.
#6 Alter Hahn 2014-10-13 22:50
Womit Kerstin es mal wieder ganz deutlich sagt, woran es liegt.

Ich war jetzt mal wieder in der Thalia-Buchhandlung und habe mal geguckt, was es auf dem Phantastik-Bereich für Neuerscheinungen gibt. Von Lesen der Klappentexte und gelegentlichen Querlesen kann ich nur ein Urteil für alles abgeben, was ich in den Fingern hatte: "Laaangweeeilig!"

Dafür aber richtig lange Wälzer. Doch garantiert nichts, was mich reizen würde, die Sachen fertig zu lesen - zumal sie meist von der Grundsubstanz auf Althergebrachtem aus Sagen und Mystiken basieren.

Das ist ja im Grunde genommen nichts Schlimmes und man kann da schon interessant variieren - aber - um es mit Dan Shocker zu sagen, es muss was passieren. Und wenn da in den aktuellen Büchern was passiert, dann ist es garantiert so gut versteckt, dass ich es nicht finde. Nein, dann lieber zum X-ten mal den "Conan" aus dem Bücherschrank genommen.

Hoffen wir also, dass der "Löwe Verlegermarkt - USA" mal wieder "literarische Beute" macht, hinter der die "Hyäne deutsche Verlage" her schleichen kann, um die Knochen zu verwerten und ihren Autoren sagen: "Schreiben Sie mal wie..." wie immer der oder die Erfolgs-Autoren dann heißen mögen.

Egal ob Heft, TB oder Hard-Cover - wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Von der Musik her hat Deutschland in den 70ern mit den "Munich-.Sound" aus München den Amis damals Coca-Cola verkauft - das kam dann als Philadelphia-Sound zurück und wurds recht bald allgemein "Disco-Sound" genannt. Aber die Wurzeln liegen in Deutschland.

Warum sollt so was wie einen neuen Trends finden nicht auch bei uns möglich sein. Freilich, so lange es bei den Verlagen heißt: "Schreiben Sie mal wie..." - da wird das nichts.
#7 Kerstin 2014-10-15 18:52
Heute war ich bedingt bei einer Autorenlesung in einer Grundschule. Ich soll einen Bericht darüber in der Zeitung schreiben, deshalb war ich dabei.

Hier muss ich sagen, haben sowohl die Lehrerinnen als auch die Autorin die Sache sehr gut gemacht und die Kinder waren begeistert. Die Autorin stellte nicht nur ihr Buch und die kürzlich erschienene Fortsetzung vor, sondern bezog die Kinder auch wunderbar in den Vortrag mit ein. Dies war ein wirklich positives Erlebnis, das den Kindern sicher Appeitit aufs Lesen macht. Sowas gibt es also doch. Zusätzlich erzählte die Dame kindgerecht einiges, was zu beachten ist, damit ein Buch auch in den Handel kommt, und hat die Kinder auch ermutigt, selbst zu erzählen, zu schreiben, Bilder zu malen oder sich an Übersetzungen zu versuchen.

Ich habe mir vorgemerkt, wenn ich mal ein Kind im passenden Alter zu beschenken habe, auf diese Bücher zurückzugreifen, denn sie sind auch wirklich gut gemacht.

Beim Interview mit der Autorin allein waren wir uns dann ganz einig, dass es mit den Lehrern steht und fällt, ob die Kinder jemals anfangen, sich für die Geschichten zu öffnen. Sie selbst verdankt es ihrem Grundschullehrer, dass die lernen durfte, Geschichten zu erzählen. Das hat mich tief beeindruckt, wie sie davon berichtet hat.

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