Paukenschlag ocelot
Paukenschlag ocelot
Jedenfalls ein Grund für die Insolvenz: Das nicht funktionierende Onlinegeschäft, dass der Inhaber in seinem Businessplan einberechnet hat. Dabei hat die Buchhandlung extra für sich ein Shopsystem schneidern lassen. Innerhalb von zwei bis drei Tagen liefert der Buchhändler auch ohne Versandkosten die Ware ins Haus. Und eigentlich ist die Seite vom Design her nicht schlecht geraten - was also lief oder läuft bei ocelot so schief, dass ein großer Teil des Onlinegeschäfts nicht zustande kommt? Offenbar gabs Probleme mit dem Onlineshop, der für einige Zeit vom Netz genommen werden musste. Diese einkalkulierten Einnahmen fehlen natürlich und ein guter Onlineshop ist auch nicht billig. Die gute Nachricht: Das Ladengeschäft selbst funktioniert. Gegenüber dem Börsenblatt zeigt sich der Macher auch sehr optimistisch und die Verlagswelt überlegt schon wie und ob man helfen könne. Das Experiment hat also einen vermutlich glücklichen Ausgang. Und die Buchbranche, die Ozelot also kleinen Rettungsanker lobt, weil der Laden beweise dass man ja durchaus Geschäfte mit dem "guten Buch" machen könne - wobei sich fragen lässt, was das "gute Buch" nun auszeichnet - kann aufatmen.
Experimente wie ocelot sind notwendig. Gerade weil die Branche immer noch verunsichert ist und sich fragt, wie das jetzt mit dem Digitalen und Analogem zusammengehen soll. Schön, wenn es da weitergeht - andererseits kommt man ins Grübeln. Denn wie viele kleinere Buchhandlungen, die nicht so bekannt wie ocelot sind hat es in den letzten Jahren schon erwischt? Ohne, dass man mehr davon las als einige Worte in der Fachpresse? Gute Frage. Tatsächlich haben es kleine unabhängige Buchhandlungen schwer. Bevor jetzt wieder der böse Monopolist Amazon ins Spiel kommt sollte man mal einen Ganz zurückschalten. Ja, sicherlich ist Amazon kein Unschuldslamm was das anbetrifft - ich bin gespannt was passiert wenn wie angekündigt demnächst erste Filialen eröffnet werden, bis Deutschland dran ist dauert das aber noch sicherlich etwas. Und Filialbuchhandlungen wie Thalia und Co haben auch etliches dazu beigetragen, dass die kleinen unabhängigen Buchhandlungen nicht gerade auf Papyrusblättern gebettet sind. Wenngleich auch deren große Zeit vorbei ist angesichts der Tatsache, dass die Hälfte des Bestandes Plüsch und Plunder geworden ist. Liegt es also am Kunden. So. Der Kunde will keine kleinen Buchhandlungen, der will Bestseller. Schnäppchen bei eBooks. Der will halt keine Qualität. (Blöd nur, dass Qualität der Kunde selbst definiert und derjenige der das immer glaubt.) Deswegen gehen Geschäfte ja perdü, sie finden keine Kunden oder haben - wie ocelot - sich bei den Kosten verkalkuliert. Beratung, wie ich schon schrieb, brauchen auch gewisse Leute gar nicht, die froh sind wenn sie den Bestseller an der nächsten Ecke mitnehmen können und die sich andersweitig informieren.
Kunden von ocelot - das allerdings auch in Berlin liegt, ich vermute ein ähnliches Konzept in Hintertupfingen dürfte es bei weitem nicht geschafft haben - scheinen allerdings Qualität zu schätzen. Das ist schön für das hehre Kulturgut des Buches. Es ist auch eine Hoffnung für die kleinen Buchhandlungen, die sich ihr Stammpublikum erst mal erkämpfen müssen - und die auch nicht versäumen sollten rechtzeitig zu sagen, dass es sie überhaupt gibt. Ob die Verbindung offline-online bei ocelot funktioniert muss wohl abgewartet werden. Es zeigt sich aber, dass ein pfiffiges Konzept gepaart mit genügend Elan und ohne Scheuklappen durchaus seinen Platz in der Branche hat. Auch wenns momentan etwas wackelt. Es gibt also Hoffnung für die Zukunft. Wobei: Kürzlich hat die Mayersche eine neue App vorgestellt. Die arbeitet unter anderem mit Augmented Reality. Falls ihr also in Zukunft Buchcover von Werbeplakaten abscannen und sofort bestellen wollt. (Ich bin noch keinem begegnet der das tut.) Immerhin. Und schauen wir mal was ocelot so macht. Gute Experimente sollten einen guten Abschluss haben.