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Gamifi-was? Wenn Abwaschen Punkte bringt

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneGamifi-was?
Wenn Abwaschen Punkte bringt

Wir lernen wenn wir spielen. Unbestritten. Zwar lernen wir vielleicht nicht unbedingt immer das, was die Schule von uns so haben will - wer aber später mal Chirurg werden möchte, so heute eine Empfehlung bei der Next Level Conference im Dortmunder U, sollte schon mal Egoshooter spielen. Wegen des Hand-Auge-Geschicklichkeitstrainings. Und nein, das ist kein Witz, die Dame die das empfohlen hat ist Wissenschaftlerin. Die muss es wissen.


Allerdings gilt der Grundsatz wir lernen, wenn wir spielen auch umgekehrt: Wir spielen, wenn wir lernen. Zumindest was die Gamification anbelangt. Die ist in der Buchbranche noch nicht so ganz anbekommen. Abgesehen vom üblichen "Wir sammeln mal Sticker für ein Album." Und warum ein System wie Shopkick nicht angewandt wird um den Kunden in den Laden zu locken ist mir ein Rätsel - aber mal ein Thema für eine andere Kolumne. 

Wobei - eigentlich gar nicht mal fällt mir auf: Shopkick hat ja schon Gamification-Elemente drin. Gamification ist das Anwenden von Spiele-Elementen im normalen Alltag. Das sind Anreize und Mechanismen, die in Spielen funktionieren und für den Alltag angewendet werden. Diese Mechanismen sind im Grunde nichts Neues. Das Prämiensystem kennt man als Anreiz für die bessere Leistung der Mitarbeiter ja schon länger - wer am meisten Punkte sammelt, bekommt einen Preis. Das wäre das simpelste Element bei einer Gamification. Funktioniert aber nicht immer, weil nicht jeder die Motivation hat Punkte zu sammeln oder man schafft es, ständig neue Anreize dieser Art zu generieren. Was Firmen meistens noch ein bißchen schwer fällt, weil das Prämiensystem sich bewährt hat. Shopkick ist da ja nicht anders: Man sammelt Punkte um irgendwas zu bekommen. Neu an Shopkick ist nur: Statt der guten alten Rabattkarte gibts das als schicke App. Kann man machen. Die gute alte Rabattmarke wo man seine Punkte aufklebte hat natürlich den Vorteil relativ wenige Daten an sich zu sammeln - letztendlich gibt man allerdings dann doch wieder seine Daten preis wenn man Adresse und Namen angibt. (Yepp, personenbezogene Daten.)

Gamification muss aber nicht unbedingt heißen, dass man irgendwelche Pokale sammelt. Gamification beruht natürlich auch auf dem Vergleich mit einem anderen Spielpartner. Klar. Aber Gamification kann auch heißen: Ich bastel für meinen Lerneffekt ein Jeopardy mit bestimmten Daten, die sich mir so leichter einprägen. Oder der Große Preis. Ihr wißt schon: Felder, Antworten, Fragen, Einsätze. Solange das nicht zu ernst, "too serious" ist, kann das durchaus unterhaltsames Lernen sein. Wer jetzt mit dem Argument kommt, Television ist einfach, Print ist hart - ja. Klar. Ich behaupte ja auch nicht, dass ich durch das Gucken von Galileo wirklich was lerne - das ist Unterhaltung. Ebenso wie Trivial Pursuit. Aber ich kann natürlich die Spielmechanismen dazu nutzen Wissen zu vertiefen. Oder einfach um eine Gruppe von Mitarbeitern ins Gespräch zu bringen - manche Firmen lassen die dann halt einen Lego-Bausatz zusammenbauen. Ist halt auch spielerisch.

Vermutlich ist den meisten unabhängigen Buchhandlung und kleineren inhabergeführten Buchläden ein System wie Shopkick zu teuer und klar gibts auch Kritikpunkte. Eine eigene App lohnt sich nicht für jeden kleinen Buchhandel, wobei die iBeacons mittlerweile preislich deutlich gefallen sind. Wenn aber eine Branche so etwas wie die Indie-Buchwoche hinbekommt - mehr oder weniger -  oder meinetwegen so was wie eine Allianz wie beim Tolino bildet - na ja - dann könnt man zur Stärkung der kleineren Buchläden ja durchaus eine App programmieren, die für alle nutzbar ist. Das Argument, die iBeacon-Technologie würde nur für eure Smartphones funktionieren - ja, okay. Ich denke aber nicht dass die Anzahl an 3GS-iPhones oder den iPads der ersten Generation noch wirklich so hoch ist, dass man damit andere Leute ausschließt und zudem kann man off- und online ja auch toll verbinden. Wäre ja mal so eine Idee.

Aber für Gamification braucht man keine besondere Hardware oder Software. Gamification benutzt spielerische Aspekte und die sind unabhängig von der Technik. Die gute alte Schnitzeljagd funktioniert ja auch mit Kreide und Zettel. Ja, die Sticker-Alben funktionieren natürlich auch noch, da ist aber eher Jagen-und-Sammeln - am Schluss hat man sein Album voll und bekommt einen Preis. Kann man machen und wird - wenn ich das richtig im Kopf habe - in der Buchbranche gerade auch wieder mit einem Stickeralbum voller Kinderbuchhelden gemacht. Funktioniert halt. Nichts dagegen. Macht halt nur jeder, momentan sogar Aldi-SÜd. Ich meine: ALDI-SUED!!! Die haben sich doch sonst aus allem rausgehalten!!! Und bei den Vorschlägen wie man die Sticker vermarktet tauchen dann üblichen Verdächtigen auf - Rallye, "wer hat das Heft am schnellsten voll?" etc. Eigentlich wäre es aber doch naheliegend einige Mechaniken von Sammelkartenspielen zu übernehmen wenn man schon Kinderhelden sammeln darf. Da gibts Möglichkeiten. Gute sogar. ("Wer wird Deutschlands Superkinderbuchheld?" wäre allerdings wohl etwas übertrieben. Obwohl: Wir haben ja auch schon die tollsten Deutschen zusammengevotet.)

Jedenfalls: Gamification ist halt nicht nur Punkte und Trophäensammeln. (Obwohl ich hart für meinen Foursquare-Sticker "I am on a boat" gekämpft hab, seufz, ja, damals... Schnüff.) Gamification ist schon etwas mehr. Und kann mehr. Man müsste das halt mal ausprobieren. - A propos Kinderbuchheldin: Wer war das noch der damals das mit dem Teelöffel Zucker und der Medizin verkündete?

(Bevor jemand fragt: Ja, es gibt tatsächlich eine App, bei der das Abwaschen Punkte bringt und die kann sogar noch mehrund nächsten Mittwoch vor der nächsten Kolumne gibts in 3Sat noch eine Doku zum Thema Gamification - wie gelungen die ist, ist natürlich die Frage. Ebenso was die verlinkte App an Daten über einen sammelt und wo sie die speichert...)

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