Die Digitale Spaltung - Kümmert euch drum, Bibliotheken!
Die Digitale Spaltung
Kümmert euch drum, Bibliotheken!
Im Jahr 2013 fand man beim Weltkongress der Bibliotheken in Singapur das Thema "Wandel" ebenso schon vor wie das Thema der Integration oder der Nachhaltigkeit. Dinge, die eigentlich immer noch auf der Agenda von Bibliotheken stehen sollten. Vor allem Integration hat an Brisanz gewonnen, aber ein Thema, das Bibliotheken eigentlich von ihrer Geschichte her immer begleitet hat, hat noch mehr an Spannung erhalten. Seltsamerweise ist das aber aus den Medien wieder verschwunden. Und auch Bibliotheken kümmern sich leider nicht mehr besonders darum.
Bibliotheken haben ihre Rolle geändert. Sie sind nicht mehr Hüter und Selektoren des Wissens - die Zeiten, in denen der Bibliothekar entschied, was man nach Hause mitnehmen durfte sind vorbei. Bibliotheken unterliegen wie allem in dieser Zeit dem digitalem Wandel und müssen sich der Herausforderung stellen: Einerseits sind sie noch Häuser von Medien - und Medienpädagogen seien daran erinnert, dass Bücher und Fernsehen ebensolche sind wie Computer und Smartphones - andererseits rücken sie mehr und mehr an das heran, was seit je als Soziale Bibliotheksarbeit definiert wurde. Auch wenn man es vielleicht nicht gerne hören mag. Soziale Bibliotheksarbeit wurzelt - wie so etliches, was Bibliotheken bestimmt - in dem Verständnis, dass Chancen und Zugänge nicht für eine Elite da sind, sondern dass diese selbstverständlich auch Menschen zugänglich sein müssen, die entweder zu alt oder zu arm sind um an der gesellschaftlichen Entwicklung anteilnehmen zu können. Merkwürdig, dass man Bibliotheken immer wieder an ihre Geschichte und ihre Herkunft erinnern muss - denn die Öffentlichen Lesehallen in Hamburg etwa wollten ja genau das: Sie wollten, dass der Bürger Zugang zu Informationen erhielt, die ihm im Leben weiterhalfen. Sonderformen wie die Arbeiterbibliotheken wurden von Preußen kritisch beäugt, aber auch sie speisen sich aus dieser Vorstellung: Dass es Dinge geben muss, die für alle Menschen gleich erreichbar sein sollten.
Während das Schulsystem unserer Zeit mehr und mehr dem Drängen der Wirtschaft nachgibt - und die Konsequenzen eines verkürzten Abiturs immer noch nicht absehbar sind - und die eigentliche Bildung eines Humboldts nach und nach für eine Rentabilität verpfändet, die die Aufklärer wie Kant im Grab rotieren lassen - haben Bibliotheken eigentlich die Aufgabe, die Digitale Spaltung in unserem Lande wenigstens etwas abzumildern. Abgesehen davon, dass Bibliotheken als Zentren für das gemeinsame Arbeiten ebenfalls keine neue Idee sind. Coworking gab es dort schon immer, wenn auch ohne Internet und ohne schicke Laptops. Das Thema der Digitalen Spaltung jedoch ist keines, das populär wäre - obwohl wir im Land immer wieder darauf hingewiesen werden wie wichtig Informationstechnologie und die Datenautobahn sind damit wir nicht den Anschluss verlieren. Die Regierung selbst drückt sich um das Thema so herum. Während es Dinge gibt, die jedem Bürger per Gesetz zustehen gehört das Recht auf einen Internetanschluss nicht dazu. Dafür aber rufen wir händeringend nach Programmierklassen weil unsere Gesellschaft sonst den Anschluss verliert. Irgendwann im Laufe der Zeit haben wir das Thema der Digitalen Spaltung mal auf der Agenda gehabt und es wieder in die Rumpelkammer der Geschichte gestellt.
Die Digitale Spaltung ist nicht dadurch behoben, dass heute jeder ein Smartphone hat. Oder dass man mit WhatsApp kommunizieren kann. Die Digitale Spaltung der Gesellschaft, die sich längst vollzogen hat, geht tiefer. Es geht um das grundlegende Wissen und Verstehen davon, wie die Digitale Welt funktioniert. Die Digitale Spaltung ist nicht nur das Nicht-Besitzen von Technologien wie dem Internet - die Digitale Spaltung umfasst das Wissen darüber, wie Mechanismen und Algorithmen funktionieren. Ebenso übrigens auch wie das Thema von neuen Technologien, die nicht jeder bei sich zu Hause haben kann. In unserer Gesellschaft wären das 3D-Drucker momentan. Die Digitale Spaltung wurde durch die Sozialen Medien nicht aufgehoben - denn für diese Medien ist Wissen notwendig. Dazu gehört die richtige Größe fürs Profilbanner ebenso wie die Frage, wie man ein Bild eigentlich auf diese Maße bekommt. Und mit welchem Programm. Und welches Format man dafür nun braucht: Doch ein PNG?
Da die Rolle der Bibliotheken sich wandelt sollten sich diese darauf besinnen, dass sie schon immer auch Orte waren, an denen das liquide Wissen, das nicht in Büchern stand und nicht unbedingt sofort fassbar war, weitergegeben wurde. Und sicherlich ist die Frage, wie sich Bibliotheken verstehen keine, die einfach mit ein paar Sätzen beantwortet werden kann - auch ein Selbstverständnis muss immer wieder auf die Probe gestellt werden. Dies geschieht zur Zeit zwar auch, teilweise. Und das ist gut so. Besser wäre es aber, wenn von den wenigen Leuchtturmprojekten mehr Feuer in die Gesellschaft getragen werden könnten - und da sind Bibliotheken noch ein wenig in der Bringschuld. Leider.
Kommentare
Nutzer in der Stadtbibliothek surfen umsonst im Internet, weil die Stadt die Rechnung bezahlt. Nutzer, die in einer Universitätsbibliothek ihre Lehrbücher und die Beiträge in wissenschaftlichen Zeitschriften als elektronischen Volltext lesen können, die können das nur, weil das jeweilige Bundesland auf dem Umweg über die Geldverteiler Kultusministerium und Universitätsgremien die Lizenzen bezahlt hat.
Wer wissen möchte, was die Bibliothekare derzeit so umtreibt, der kann gerne einen Blick auf das Programm des diesjährigen Bibliothekskongresses werfen, der am 14.3. beginnt ...
www.bid-kongress-leipzig.de/t3/index.php?id=26#c183