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Fortsetzungsköder - eine nervige Angelegenheit

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneFortsetzungsköder
Eine nervige Angelegenheit

Neulich habe ich mir „Little Demon“ angesehen. Keine überaus herausragende erwachsene animierte Comedy-Serie, die Prämisse verspricht mehr als die Serie halten kann. 10 Folgen zu einer halben Stunde, das kann man am Wochenende mal so wegschauen. Nebenbei auch noch den Hausputz erledigen klappt mit dieser Serie hervorragend. Jedenfalls: Kaum ist das Ende der letzten Folge erreicht, werfen die Macher*innen der Serie den Fortsetzungsköder aus.

Nannte man früher mal Cliffhanger, aber Fortsetzungsköder ist da der bessere Begriff. Denn wir, die Zuschauenden sollen ja gespannt auf die nächste Folge warten. Was wir dann auch tun. Eventuell bis in alle Ewigkeit.

Es spricht schon für ein gewisses Ego der Macher*innen, wenn sie anstatt auf eine in sich abgeschlossene Staffel zu setzen am Ende den Fortsetzungsköder vor die Nase der Zuschauenden halten. Sie halten ihr Produkt für dann so gut gelungen, dass die nächste Staffel, die nächsten Folgen kein Problem mehr sind. Nur: Gerade in den heutigen Zeiten ist es unklar, ob eine Serie überhaupt eine Staffel überlebt oder wieviele Staffeln sie bekommt. Vor allem die Streaming-Plattformen ziehen gerne den Stecker, auch wenn eine Serie sehr gut angelaufen ist. Oder auch, wenn eine Serie gut läuft. Der Grund liegt im System: Wenn man neue Abonnent*innen haben möchte und die bestehenden bei der Stange halten will, dann braucht man ständig neue Inhalte. So nett das auch ist, wenn eine Serie wiederkehrende Zuschauer hat - neue Abonnenten steigen in der Regel nicht mit Staffel 3 in eine Serie ein. Und machen sich selten die Mühe, Staffel 1 nachzusehen. Das Problem kennt man, wenn es generell um hohe Nummern geht. Deswegen starten Comic-Verlage ja gerne immer wieder mal bei „Ausgabe Eins“ oder propagieren Heftromanverlage „Jetzt einsteigen“ bei Miniserien, die dann hoffentlich Leser*innen von Neben- zum Hauptprodukt führen werden.

Forstetzungsköder versprechen in der Regel, dass es irgendwie weitergehen wird. Die Erwartungshaltung ist also dann dementsprechend hoch. So hoch wie das Versprechen, dass der nächste „Game of Thrones“-Roman wirklich, wirklich, wirklich irgendwann mal erscheint. Also sehr hoch. Wobei Fortsetzungsköder in Büchern eher seltener sind. Bekanntlich scheinen Fantasy-Autor*innen es ja nicht bei einem Roman bewenden zu lassen, sie müssen gleich eine ganze Trilogie stricken. Tolkien lässt grüßen. Epische Geschichten scheinen auch wirklich nicht abgeschlossen in einen Band zu passen, sie müssen unbedingt in Fortsetzungen erscheinen. Nur ist nicht Jede*r Charles Dickens, dessen Fortsetzungen den Händlern aus der Hand gerissen wurden. Der konnte sich das mit den Cliffhanger erlauben - und wenn man mal nachliest, was da für eine Dickensmanie geherrscht hat …

Wenn Versprechen nicht eingehalten werden, dann enttäuscht man die Zuschauer. Bis heute grummele ich über das Ende von „Nowhere Man“, „Strange Luck“ und all die Serien, die im Laufe der Mysterywelle Anfang des letzten Jahrhunderts produziert wurden, weil „Akte X“ so erfolgreich war. „Strange Luck“ hat es wohl auch nie auf DVD geschafft im Gegensatz zu „Dark Skies“ - die wirklich unsinniger Mist war. Alle diese Serien endeten mit einen Cliffhanger, weil man sicher war, eine zweite Staffel würde bestimmt produziert werden. Also bei „Strange Luck“ gab es, meine ich, noch nichtmal eine komplette erste Staffel. Wenn Zuschauende ständig mit einem Versprechen gelockt werden, das nicht eingehalten wird, kann das zur Serienverweigerung führen. So ist es kein Wunder, wenn Zuschauende sich in Tweets oder auf Facebook schreiben, sie würden keine neue Serien mehr anfangen, weil die ja sowieso nicht fortgesetzt werden würden. Was ja so auch nicht unbedingt stimmt, aber natürlich - die Medien berichten halt über die Absetzung von „The Rising“, „Wiillow“, „Three Pines“, „Soulmates“, „The Porter“ … alle diese Serien bekommen keine zweite Staffel. Könnten aber einen Fortsetzungsköder beinhalten. (Da ich Amazon Prime nicht besitze, kann ich das bei „Willow“ auch nur vermuten.) Ob „Die Ringe der Macht“ fortgesetzt wird … Auch eine gute Frage. 

Es ist natürlich auch eine Frage der investierten Zeit. Heutzutage ist es nicht mehr so, dass Staffeln 22-24 Folgen besitzen. Was damals übrigens das vorzeitige, nicht absehbare Ende einer Serie noch schmerzhafter machte: Da investierte man Stunden in die Charaktere, tauschte sich über die Serienfolgen aus, wartete gespannt auf das Kommende … und dann gibts kein richtige Ende? Super. Nicht. Selbst heute, wo wir maximal 10 Folgen pro Staffel bekommen ist es halt so eine Sache. Wage ich das Va-Banque-Spiel und investiere jetzt Zeit in eine Serie? Auch, wenn ich noch nicht weiß, ob es weitere Staffeln geben wird? Oder ob nicht - noch schlimmer - zwischendurch die Serie abgesetzt wird? Spielfilme sind dann doch die sichere … verdammt, Marvel!

Offene Enden nerven. Wir mögen sie nicht. Wenn eine Sache nicht abgeschlossen ist, lungert sie im Gehirn herum und kommt nicht zur Ruhe. Kellner*innen können das bestätigen: Wenn eine Bestellung noch nicht abgeschlossen ist, dann wird sie besser im Gedächtnis gespeichert als eine abgeschlossene. Ja, haben Psycholog*innen tatsächlich erforscht. Manchmal haben die auch zu viel Zeit scheint es. In meinem Gehirn lungert immer noch das offene Ende von „Nowhere Man“ herum und da ich den abschließenden „Pretender“-Film nicht gesehen habe - „Pretender“! Center! Jarod! Klingelt da was? - lungert das Ende dieser Serie immer noch im Gehirn herum. Ebenso wie das von „Farscape“, obwohl es da ein nachgeschobenes Ende gegeben hat. Wir möchten halt, dass Dinge zu einem Ende kommen. Im Guten oder im Schlechten. Vielleicht wäre auch gar nicht so schlecht, wenn wir mal wieder mehr auf in sich abgeschlossene Geschichten setzen würden. Wenn etwas Erfolg hat, wird es ja eh ausgeschlach … ähm … eh in angemessener Form fortgesetzt werden. (Harry Potter als Serie? Eine Staffel pro Buch? - Nein, das sitze ich aus.)

Kommentare  

#1 Cartwing 2023-04-07 12:43
Zitat:
Nur ist nicht Jede*r Charles Dickens, dessen Fortsetzungen den Händlern aus der Hand gerissen wurden.
Das waren natürlich andere Zeiten...
Lese gerade "Drood" von Dan Simmons, in dem es um Dickens letzten Jahre geht. Die Fortsetzungsgeschichten waren damals generell sehr beliebt. Auch die von Wilkie Collins usw.
Dickens war natürlich eine Art Superstar unter den Autoren, aber sein letzter und längster Roman floppte dann dennoch...

Aber schöner Beitrag, und ich stimme zu, dass es schon sehr riskant geworden ist, sich auf neue Serien einzulassen. Grundsätzlich finde ich es okay, wenn es bei einer oder zwei Staffeln bleibt, solange die Serie vernünftig beendet wird.

Die Potter Serie halte ich auch für überflüssig, auch wenn in den Filmen natürlich sehr viel aus den Büchern unter den Tisch fiel.
#2 Ganthet 2023-04-08 09:25
Ich bin dazu übergegangen, mir überwiegend nur noch abgeschlossene Serie anzusehen, zu hören oder zu lesen.
Ich habe einige unabgeschlossene Hörspielserien, die mich ziemlich geärgert haben. Wenn ich da nur an das Gabriel Burns Desaster denke, oder Poe.

Ich sehe jetzt Supernatural und Dark. Das ist abgeschlossen und hat ein Ende. Das ist gut.

Ich würde gern Das Lied von Eis und Feuer lesen. Der vorletzte Band ist jetzt schon seit Jahren angekündigt und der gute George R.R. Martin wird dieses Jahr 75 und ihm wird eine ziemlich ungesunde Lebensweise nachgesagt. Das mag jetzt zynisch klingen, aber vielleicht wird der letzte Band nie erscheinen.
#3 Cartwing 2023-04-08 17:54
Zitat:
Ich würde gern Das Lied von Eis und Feuer lesen. Der vorletzte Band ist jetzt schon seit Jahren angekündigt und der gute George R.R. Martin wird dieses Jahr 75 und ihm wird eine ziemlich ungesunde Lebensweise nachgesagt. Das mag jetzt zynisch klingen, aber vielleicht wird der letzte Band nie erscheinen.
Glaube ich auch nicht.
Zumal sich der letzte erschienene Band auch schon viel zu sehr von der Verfilmung entfernte, an der er ja auch mitgearbeitet hat.
Nicht dass die wichtiger oder besser wäre, als die Bücher, aber immerhin gab es da ein Ende.

Anfangs, als ich noch die Bücher las, habe ich mich über die Serie bzw. die Abweichungen geärgert, später waren es dann umgekehrt die Bücher bzw. das letzte Buch über das ich mich geärgert habe.
Da hat er sich meiner Meinung nach völlig verzettelt mit dem Wiederauftauchen der Stark - Mutter usw.
Ich brauche jedenfalls kein weiteres Buch mehr.
#4 Ganthet 2023-04-08 22:39
@ Friedhelm, Cartwing

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich klar ausgedrückt habe. Ich mag übergreifende Storybögen. Sie müssen nur abgeschlossen sein.
Man kann eine Staffel immer so abschließen, dass es für den Zuschauer befriedigend bleibt. Fies finde ich es, wenn ein Serie über mehrere Staffeln geplant wird und der Zuschauer dann mit einem Cliffhanger zurück gelassen wird.

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