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Schauprozess - Rechtsverständnis und Abschied

perry und wir Schauprozess
Rechtsverständnis und Abschied

Viele werden es schon vermutet haben. Der von Richter Matan Addaru Dannoer geleitete Gerichtsprozess war und ist eine Verhöhnung des geltenden Rechts in der LFT. Mal ganz davon abgesehen, dass das Atopische Tribunal sich selbst zur höchsten Instanz erklärt, so ist der ganze Prozessablauf nichts anderes als ein schlechter Witz. Angesichts dieser abstrusen Darbietung kann darüber wohl niemand lachen. Durch den kürzlichen Verlust von Ronald Tekener war mein Humor aber auch nicht mehr sonderlich ausgeprägt.


195_TbIn den letzten Monaten habe ich immer wieder vermutet, dass es in nächster Zeit mal einen Unsterblichen treffen könnte. Mit der Jagd auf die Träger eines Zellaktivatorchips hat der aktuelle Zyklus diese Vermutung stetig mit Nahrung versorgt. Ehrlich gesagt habe ich aber nicht mit Ronald Tekener gerechnet.

Warum nicht?

Einfache Antwort. Dieser Zyklus ist für einen Charakter wie Ronald Tekener die perfekte Spielwiese. Hier kann er all seine Fähigkeiten am besten einsetzen. Gerade jetzt wären seine Fähigkeiten und Erfahrungen als ehemaliger USO Spezialist mit Gold aufzuwiegen. Nicht umsonst trug er den Spitznamen „Galaktischer Spieler“. Aufgrund seiner Logik, seinen analytischen Fähigkeiten und seiner ausgeprägten Leidenschaft für Täuschung und Verwirrung wäre er durchaus in der Lage gewesen, die Geheimnisse und Hintergründe des Atopischen Tribunals aufzudecken. Stattdessen wird er als Leibwächter von Bostich in eine Position gebracht, in welcher er nur verlieren kann.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis Rhodan oder Bostich gefasst werden. Alles andere würde aufgrund der Handlung kaum Sinn ergeben. Die Autoren bringen nicht eine solche Anklage in die Serie, nur um dann zu verhindern, dass die Angeklagten vor dem Tribunal landen. Wenn Ronald Tekener nun in die Rolle des Leibwächters gezwängt wird, dann ist sein Ende eine logische Konsequenz aus der angelegten Handlung. Dass aber gerade dieser Charakter, der kaum oder gar nicht zu überraschen ist, dann auf diese Art die Serie verlässt, hat bei mir schon für Stirnrunzeln gesorgt. Aber vielleicht sind seine Erfahrungen auch zu einem Problem geworden, wer weiß. Trotzdem habe ich kurzzeitig an einen Trick von Tekener gedacht, als dann aber die Projektion der Milchstraße am Himmel erschien, wurde sein Tod leider zur Gewissheit. Ich bedauere den Verlust dieser Figur, vor allem in diesem Zyklus. Hier berauben sich die Autoren meiner Meinung nach ohne Not vieler Möglichkeiten. Auf der anderen Seite kann dieser Verlust vielleicht auch zur Rückkehr eines Charakters führen, welcher in der Vergangenheit ziemlich kurz gekommen ist. Die Rückkehr von Atlan steht noch aus und er wäre ein sehr willkommener Ersatz. Es wird Zeit, dass der Arkonide wieder eine stärkere Rolle in der Serie einnimmt. Wenn nicht jetzt, wann denn dann?

Nun gut, Perry Rhodan ist nicht „Wünsch dir was“. Insofern lasse ich mich überraschen, mir bleibt auch nichts anderes übrig. Der Verlust von Ronald Tekener ist schade, aber Fluktuationen gehören dazu. So wie sich die Handlung momentan entwickelt kann man weitere Verluste unter den Unsterblichen nicht ausschließen. Auf jeden Fall sorgen die Autoren für ordentlich Unruhe. Damit ist dann auch klar, woher die Atopen diese Angewohnheit haben. Deren Vorstellung eines fairen Gerichtsverfahrens ist ein Albtraum. Aber nicht nur das, sie haben auch die unangenehme Angewohnheit, ihre Rechtsprechung über alle anderen zu erheben. Das hört sich dann so an.

„Der Prozess folgt dem Atopischen Recht. So, wie das Recht der Liga Freier Terraner höher steht als das bloße Solare Recht, so, wie das Solare Recht höher steht als jeder regionale Brauch, so steht das Atopische Recht über dem Recht der Liga. Seine Würde bezieht dieses Recht aus dem Wohl, das es für den immer größeren Teil einer Gesamtmenge bewirkt, ohne die geringere Menge oder den Einzelnen rechtlos setzen“.

Woher dieses Recht seine Würde bezieht ist irrelevant, interessant ist in diesem Zusammenhang einzig, wie es in den verfassungsrechtlichen Rahmen der LFT eingebunden ist. Und da gibt es nur eine Antwort: Gar nicht. Die Rechtsstaatlichkeit der LFT ist daran gebunden, dass sie nur auf Grundlage der Verfassung erfolgen kann. Das Rechtssystem der Atopen ist aber nicht in der LFT Verfassung verankert. Insofern ist es schon erstaunlich, mit welcher Chuzpe sie sich über die Verfassung hinwegsetzen. Da helfen auch keine Hinweise auf nachrangiges Recht in der LFT, denn die LFT Verfassung regelt die Zuständigkeiten. Die Verfassungsrechtler, Rechtsanwälte und Richter der LFT werden angesichts dieser Anmaßung wohl nur noch mit dem Kopf schütteln können, falls sie sich nicht ständig in den Arm zwicken, weil sie dieses Schauspiel nicht glauben können.

Damit ist Richter Matan Addaru Dannoer aber noch längst nicht am Ende angelangt. Er setzt Schöffen ein, welche sich im Alter von 2-5 Jahren befinden und möchte, dass diese nicht über Schuld oder Unschuld entscheiden, was aufgrund des Alters und der Vorwürfe sowieso schwerlich möglich ist, sondern sieht ihre Aufgabe als Stimme der Zukunft. Damit noch nicht genug. Der Richter lässt sogar ein zukünftiges Bewusstsein, ein Futugen, simulieren. Eine derartige Simulation sagt als das aus, was der Erschaffer dieser Simulation hören will. Mir ist aber nicht klar gewesen, wie das jetzt im Prozess gegen Bostich und Rhodan verwendet werden soll. Ich denke,  Matan Addaru Dannoer versucht mit dieser Vorgehensweise die Zuschauer zu beeinflussen und die Ziele der Atopen als erstrebenswert und ohne Alternative darzustellen. Dazu passt auch folgendes Zitat.

„Wir wollen der Stimme der Jugend Gehör verschaffen, die in jener Zukunft zu Hause sein wird, die wir bereiten“.

2724Nun sollte man eigentlich davon ausgehen, dass die Angeklagten beim Prozess anwesend sind. Zu einer Anklage vor Gericht gehört auch das Recht zur Verteidigung. Perry Rhodan und Bostich wurden nicht zum Prozess zugelassen und hatten lediglich eine persönliche Unterredung mit dem Richter. Matan Addaru Dannoer bezeichnet dieses Gespräch zwar als Teil des Prozesses, es wird aber schnell klar, wie lächerlich dies ist. Er hat sein Urteil schon längst gefällt und verheimlicht dies auch nicht. Die beiden „Kardinal-Fraktoren“ sollen für 500 Jahre auf einer Welt der Atopen festgehalten werden.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang die Aussage von Julian Tifflor, der als Zeuge geladen war. Tifflor hatte in ARCHETIMS HORT die Möglichkeit in die Zukunft zu schauen. Seiner Aussage nach konnte er den Ursprung des Weltenbrands, welcher die Milchstraße auslöschen soll, nicht genau erkennen, da das Solsystem nicht einsehbar gewesen ist. Damit ist der Hauptanklagepunkt nach wie vor nicht bewiesen, lediglich die Behauptung der Atopen steht im Raum. Und aufgrund einer möglichen Zukunft, welche so nicht eintreten muss, da es viele verschiedene Wirklichkeiten gibt, ein derartiges Urteil zu fällen ist mehr als merkwürdig. Ein solches Urteil dient wohl eher dem eigenen Nutzen, und nicht dem Wohl der Milchstraße. Dazu passt auch die Aussage von Julian Tifflor, dass verschiedene Wirklichkeiten völlig andere Wege nehmen können. Jedenfalls ließ sich  Matan Addaru Dannoer nicht davon beeindrucken und sprach sein Urteil. Dieses Urteil ist zwar im Raum der LFT nicht rechtskräftig, bietet aber vielleicht die Gelegenheit mehr über die Atopen zu erfahren.

Mit diesem Urteil und dem „Prozess“ haben die Atopen deutlich gemacht, dass sie ihre Atopische Ordo in der Milchstraße etablieren wollen. Widerspruch werden sie nicht dulden und sie werden ihre Ziele auch mit Gewalt durchsetzen. Die Milchstraße hat es hier mit Invasoren zu tun, die ihre Pläne hinter einem übergeordneten Recht verstecken, dem sich alle beugen müssen. Die Ankündigung der Entmilitarisierung der Milchstraße, wie auch die folgende Forderung, sind ziemlich deutlich. Sie wollen die Milchstraße nach ihren Vorstellungen ordnen und beherrschen.

„Das Atopische Tribunal wird die galaktischen Kulturen zu ihren Wurzeln zurückfuhren, wo sie zu neuer Blüte finden werden, ohne durch diese Blüte den Entfaltungsraum der Brudervölker zu beschneiden. Es versteht sich, dass wir hier von einem Jahrhundertprojekt reden, einer fundamentalen Neuordnung der Milchstraße.“

Wer sich mit ihnen arrangiert, wie momentan die Tefroder, kann dann mit Unterstützung rechnen. Jetzt wäre für das Galaktikum die Zeit gekommen, härter gegen die Atopen vorzugehen. Angesichts der Zerstrittenheit in diesem Gremium wird dies aber schwierig werden. Die LFT wird alleine kaum die Kraft aufbringen können die Atopen in ihre Schranken zu weisen. Die Posbis werden sicher an ihrer Seite stehen, damit erschöpfen sich aber auch schon fast alle Optionen. Die Arkoniden haben momentan größte Probleme mit den Atopen und befinden sich in der Defensive. Von den Blues wird auch keine große Hilfe zu erwarten sein. Vielleicht gibt es aber, neben den Tefrodern, noch weitere Völker, die sich mit den Ideen der Atopen anfreunden können und mit ihnen dann gemeinsam die Gegner der Atopischen Ordnung bekämpfen. Vielleicht sind es gerade die Aktionen der Atopen, die dazu führen, dass die Ekpyrosis von GA-yomaad die Milchstraße auslöscht. Sollte dieser Weltenbrand tatsächlich eine derartig große Gefahr sein, dann kann dies unmöglich der Superintelligenz ES gefallen. Denn damit ist ihre Mächtigkeitsballung in erheblicher Gefahr. Auch wenn der Teilungsschock momentan noch anhält, wird ES zukünftig nicht zuschauen können, wenn die Milchstraße vernichtet werden könnte. Aber vielleicht ist der angekündigte Weltenbrand auf eine Manipulation zukünftiger Ereignisse durch die Atopen zurückzuführen. Wer Futugene simuliert, wird vielleicht auch nicht vor einer Manipulation der Zeitlinie zurückschrecken. Andererseits könnten die Atopen ebenfalls einer Manipulation zum Opfer gefallen sein.

Momentan fehlen noch einige Teile um das Puzzle vollenden zu können. Jedenfalls lassen die Ausführungen von Julian Tifflor einige Spekulationen zu. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Romanen weitere Puzzlestücke erhalten werden.

Kommentare  

#1 Peter Glasmacher 2013-11-17 09:27
Balsam für die Seele. Hatte schon garnicht mehr damit gerechnet, dass im Freudentaumel der Fans über die 'wiedereingeführte Action' mal jemand anspricht, dass es a) unnötig war, Ikonen zu zerdeppern und b)die neu eingeführten Mitspieler von Tefrodern über Jaj bis zu den Atopen so ziemlich alles mit Füssen treten, was in unserem Kuturkreis als angemessen und erstrebenswert gilt. Eigentlich nicht schlimm, solange man den Eindruck hat, dass das unakzeptable dieser Handlungen auch deutlich herausgearbeitet wird. Wird es aber nicht.
Stichwort Galaktikum. Warum zum Teufel wird so ein Konstrukt im Verlauf der Serie mehrmals 'aufgebaut'? Und dann wieder nach allen Regeln der Erzählkunst demontiert? Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die 'Macher' (oder die Südkurve der Fans) mit positiven, demokratischen Strukturen in einer Serie, in der immer mal wieder ne 'anständige Raumschlacht' gefordert wird, nix zu suchen hat.
#2 Pisanelli 2013-11-17 10:20
Im Großen und Ganzen handelt es sich also doch wieder um Schema F: eine fremde Macht greift nach dem Sonnensystem, zunächst scheinbar übermächtig, aber bestimmt werden Perry & Co. wieder eine Waffe oder einen Verbündeten finden, mit dem sie sich schließlich wehren können. Man könnte natürlich auch fragen, ob hier nicht wieder irgendwelche übergeordneten Mächte am Werk sind, z.B. die Chaotarchen, nur diesmal auf besonders perfide Weise, oder vielleicht auch die Kosmokraten, die merkwürdige Veränderungen erfahren haben. Wahrscheinlich sind es aber einfach nur irgendwelche durchgeknallten Wissenschaftler der Zukunft, die ein Experiment zu weit getrieben haben... ;-)
Wie auch immer: obwohl das Setting irgendwie altbekannt ist, macht die Umsetzung dennoch Freude. Der Zyklus ist durchweg spannned geschrieben. Tekener ist tatsächlich ein Verlust, aber da der Feind offensichtlich die Zeit manipulieren kann, habe ich da noch die Hoffnung, dass man den Fehler am Ende "korrigiert" und unser Smiler doch noch weitermachen darf. Mit seiner ureigenen Ermittlertätigkeit ist er eigentlich unersetzbar für die Serie.
#3 Yugoth 2013-11-18 08:52
zitiere Pisanelli:
Tekener ist tatsächlich ein Verlust, aber da der Feind offensichtlich die Zeit manipulieren kann, habe ich da noch die Hoffnung, dass man den Fehler am Ende "korrigiert" und unser Smiler doch noch weitermachen darf. Mit seiner ureigenen Ermittlertätigkeit ist er eigentlich unersetzbar für die Serie.


Ich hatte erst gedacht, er zerfällt zu Staub, aber nö. Da sein Körper noch nicht vernichtet ist und offenbar auch erhalten wird, kannst du damit durchaus recht haben.

Zu Atlan, der soll ja schon wieder da sein und mein Tipp richtet sich Richtung Andromeda auf einer gewissen Paddler Werft namens KO-selbstlos. Da hats ja nen geheimnisvollen Besitzer, dessen Roboter Quicksilver Reginald Bull gerettet hat. 8)

Ansonsten ein Zyklus, der richtig Spass macht, weil man gut mitraten und mitfiebern kann. Herrlich!

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