Tragische Helden - Michael K. Iwoleit "Die letzten Tage der Ewigkeit"
Tragische Helden
Michael K. Iwoleit »Am Ende der Ewigkeit«
Zur Einführung
Michael K. Iwoleit (Jahrgang 1962) ist langjähriger Herausgeber von NOVA, streitbarer Rezensent und SF-Autor. Er hat einige Romane wie zuletzt der Moloch (Fabylon 2019) vorgelegt, aber seine eigentliche Stärke entfaltet er im Bereich der Kurzgeschichten und Novellen.
Er erhielt dafür 5x den Deutschen Science Fiction Preis (2002, 2004, 2006, 2013 und 2017) und 2x den Kurd-Laßwitz-Preis (2008 und 2011). Die Gesamtzahl seiner SF-Stories seit 1983 dürfte weit über 50 liegen.
"Am Ende der Ewigkeit" ist die bisher einzige Kurzgeschichtensammlung des Autors. Dort wurden 5 bereits früher veröffentliche Geschichten und ein neuer Text vereint.
Die Geschichten
Ein Leibwächter der Zukunft, ausgestattet mit allerlei Implantaten und firm in allen Bereichen des Cyberspaces, opfert sich um seinen Auftraggeber zu schützen. Wider Erwarten überlebt er. Warum eigentlich?
Zwei Forscher im Wettstreit um die Gunst einer Frau. Der erfolgreichste soll ihr Herz gewinnen. Gleichzeitig geht es um die erste Reise mit Überlichtgeschwindigkeit und Dilatationseffekten, die einer Zeitreise gleichkommen.
Ein Wissenschaftsjournalist ist mehreren mysteriösen Dingen auf der Spur. Statikprobleme bei einem chinesisch-amerikanischen Joint Venture, Berechnungsfehler bei einem indischen Staudamm und Finanzprobleme an der Wall Street. Doch seine Agentin Sylvia nötigt ihn, stattdessen mal wieder etwas handfestes zu schreiben. Es geht um den neuen linearen Teilchenbeschleuniger, der auf einem Lagrange-Punkt zwischen Erde und Mond errichtet worden ist.
Eine Amour fou mit Cynthia wirft den Protagonisten aus der Bahn. Er riskiert seine Karriere und steigt quasi aus seinem bisherigen Leben aus. Bisher hat er nur für seine Forschungen und seine Arbeit gelebt. Jetzt ist er "erwacht" und kann so nicht weiter machen. Er wagt den totalen Bruch verlässt seine Heimat Düsseldorf und nimmt eine neue Stelle in Toronto an, wo es um Astromie geht. Seine Assistentin Nina, die ihn verehrt und in allen Lebenslagen unterstützt, lässt er zurück. Eine Entscheidung, die er bald bereut. Zunächst stellt er jedoch Nachforschungen über die geheimnisvolle Cynthia an. In Toronto wird bald eine Strahlenquelle entdeckt, die sich als Botschaft aus der Zukunft entpuppt - und an sie ist an den Protagonisten persönlich gerichtet!
In der Welt des 23.Jahrhunderts wird die Bevölkerungszahl streng kontrolliert. Nur wenn jemand stirbt, darf ein neues Kind geboren werden. Und sterben ist praktisch nur noch per Freitod möglich. Ask und seine Partnerin erhalten die Erlaubnis ein gemeinsames Kind zu planen, weil Gavril sich entschlossen hat nach mehr als 200 Jahren zu sterben. Anläßlich seines Todes gibt er eine große Feier zu der auch Ask eingeladen wird. Was treibt einen erfolgreichen Menschen wie Gavril dazu, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Auf der Feier sind wichtige Ereignisse aus Gavrils Leben in einer Art Ausstellung dargestellt. Per Holostream können die Besucher wichtige Episoden nacherleben. Ask macht sich auf die Spurensuche. Er erlebt Gavrils erste Verjüngung, seine körperliche Aufrüstung, seine Existenz als virtueller Geist, seine wichtigsten Projekte, aber auch sein Scheitern in persönlichen Angelegenheiten.
Hier geht es um eine Expedition in ein fremdes 14 Lichtjahre entferntes Sonnensystem. Die Besatzung dafür wird im Labor regelrecht gezüchtet und auf ihre Aufgabe hin konstruiert.
Meine Gedanken
Bei Michael K. Iwoleit merkt man seine Bewunderung für Philip K. Dick. Auch bei Iwoleit ist nichts gewiß, verschwimmen alle Grenzen. Raum und Zeit vermischen sich ebenso wie Realität und virtuelle Welt. Auch die Unterscheidung zwischen Mensch, Maschine, Tier und Pflanze ist nicht gewiß, sondern im Fluß. Bei den vorliegenden Geschichten kämpfen die Menschen einen schier aussichtslosen Kampf. Und wenn es ihnen doch gelingt in der Wissenschaft Fortschritte zu erzielen, so müssen diese teuer bezahlt werden. Das private Glück, die Seele des Menschen, beides bleibt auf der Strecke.
Schade, dass es noch keine zweite Kurzgeschichtensammlung von Iwoleit gibt. Der Autor hat einen ganz eigenen Stil und entwirft wie kaum ein anderer Autor SF-Szenarien, die mit der virtuellen Welt, der Quantenphysik, Nanotechnik und anderen wissenschaftlichen Themen spielen. Aber auch eher philosphische Fragestellungen nach Leben und Tod werden angeschnitten. Mein Fazit absolut empfehlenswert!
Glücklicherweise ist der Band noch erhältlich.
text
Die letzten Tage der Ewigkeit
Kommentare