Vom Himmel hoch ihr Goblins kommt: Doctor Who Weihnachtsspecial 2023
Vom Himmel hoch ihr Goblins kommt
Nach dieser Weihnachtsfolge darauf zu schließen, ob Ncuti Gatwa ein guter Doctor sein wird und ob Millie Gibson als Ruby Sunday ein passender Companion sein wird - das wird die Zukunft zeigen. Was das Weihnachtsspecial zeigte war das, was man von Russel T. Davis erwartet. Die Folge changiert zwischen Ernst und Komik, an einigen Stellen ist sie schlichtweg lächerlich - was Doctor Who aber auch schon immer war. Schauen wir mal, was gut und was weniger gut war.
Ich kann mit einem großen Kritikpunkt nicht hinter dem Berg halten: Es gibt schlichtweg keine Erklärung für die Goblins. Diese Folge liefert keine. Bisher war es so, dass bei Fantasy-Elementen - wir hatten in Doctor Who schon Werwölfe, Vampire und Geister - diese immer erklärbar waren. Selbst das Auftauchen von Santa Claus persönlich wurde erklärt. Meistens gab es eine halbwegs „wissenschaftliche“ Basis für das Phänomen: Junge verschluckt außerirdischen Diamanten und bekommt Superkräfte. Kann schon mal vorkommen. Vampire sind in Wahrheit Außerirdische; hatten wir in der alten Serie genauso wie in der neuen auch. Werwölfe - jepp, irgendwas mit … also die Erklärung dafür habe ich nicht im Kopf, aber es gab immer eine halbwegs „wissenschaftliche“ Erklärung. Also innerhalb des Serienkomos war das alles erklärbar. Da tauchen dann aber auf einmal Goblins auf, die dem Doctor bekannt sind, und die immerhin nicht mit „Magie“ agieren sondern irgendwie doch wissenschaftlich. Halt anders als sonst, aber ja. Das kann ich noch einigermaßen verdauen. Woher diese Goblins aber kommen? Trudelt das Schiff schon, wie das angedeutet wird, seit Jahrhunderten durch die Atmosphäre? Sind sie Außerirdische? Kommen sie aus einem anderen Universum?
Das würde ja schon genügen. Der Toymaker hat ja angekündigt, dass Etliches Andere noch unterwegs sei und dazu könnten die Goblins durchaus ja gehören. Oder sie sind irgendwie durchgeschlüpft durch den Void. Wir erinnern uns: Der Void trennt die Universen voneinander. Die Raumstation in The Flux bestand sich wohl direkt in diesem Void zwischen den Universen. Das würde schon reichen, aber es gibt einfach keine Erklärung dazu. Was diese Folge zu einer reinen Fantasy-Episode macht, es sei denn, da kommt wirklich noch eine Erklärung hinterher. Ein wenig Fantasy-Elemente würden dem Doctor nicht unbedingt schaden, aber wenn sie nicht irgendwie erklärbar sind, dann ist das halt keine reine SF-Serie mehr. Ich habe mich ja auch mit „Ich habe den Neutronenfluss umgedreht“ beim Dritten Doctor zufrieden gegeben.
Dann ist da ein Punkt, der von Etlichen vermutlich gar nicht so problematisch gesehen wird, aber auch eine erfundene durchaus sehr mehrgewichtige böse Figur wie der Goblin King transportiert im schlechtesten Fall all die ganzen Vorurteile über Mehrgewichtige. Gerade weil der Doctor auch von Familien als Ganzes gesehen wird. Ich würde nicht unterstellen, dass Russell T. Davis hier bewußt Fettfeindlichkeit verbreitet, aber jemand wie er, der sich gegen die Diskrimierung von LGBTQ+ einsetzt sollte da eigentlich eine Spur sensibler sein. Ja, die Slitheen trage ich ihm auch seit Jahren noch nach. Vom Absorbaloff mal abgesehen. Ich kann halt nicht einfach meinen Körper als Anzug ausziehen, wie die Außerirdischen das in der ersten Staffel des Doctor getan haben. Nennt mich da ruhig empfindlich. Ich nehme das gerne in Kauf.
Abgesehen davon: Das Pacing dieser Folge war - eine Spur zu uneben. Vielleicht wirkten die Goblins auch deswegen nicht besonders furchteinflössend. Ruby Sundays Hintergrundgeschichte ist auf jeden Fall notwendig und es ist zu vermuten, dass das Geheimnis um ihre Mutter eines ist, das uns in der Staffel begleiten wird. Wenn aber Dreiviertel der Zeit damit verbracht wird, ihre Geschichte zu erzählen kommt der Rest halt etwas zu kurz. Jetzt kann man argumentieren: Die Goblins sind ja die ganze Zeit anwesend, was richtig ist. Sie sind aber nur zweimal richtig in Szene gesetzt. Bei der Songszene und später im Finale. Zudem sind sie auch extrem flach. Goblins sind böse, weil sie Kinder essen. Okay. Kann man mit leben, aber ein wenig mehr Tiefgang wäre schon schöner gewesen. Sicherlich ist Doctor Who auch ein Märchen, jedoch sind wir eigentlich auch schon bessere Motivationen für Bösewichte gewohnt.
Gewohnt sind wir auch daran, dass der Companion sichtlich beeindruckt von der TARDIS ist. Ob Ruby generell nicht so leicht zu beeindrucken ist? Jedenfalls hätte ich da ein wenig mehr erwartet als nur reingehen, einmal drum rum und dann wieder rein. Aber schön. Ruby Sunday als Charakter jetzt schon einschätzen zu wollen ist schwierig, weil zu wenig von ihr gezeigt worden ist. Die Chemie zwischen ihr und dem Doctor stimmt jedenfalls und da die Szenen mit den Beiden haben durchaus Spaß gemacht. Auch die etwas nachdenklicheren Momente haben gepasst. Aber man sollte abwarten: Ein Special folgt und hat andere Gesetze als eine normale Folge. Und der neue Doctor? Er tendiert eine Spur in die Richtung von Tennant oder Davison oder Smith: Etwas sorgloser, das Leben genießend, schnell mit einem Spruch bei der Hand. An den neuen Sonic Screwdriver muss man sich wohl gewöhnen. Bleibt den Fans ja auch nichts sonst übrig. Das mit den Action-Szenen: Auch hier gilt abwarten. Ein Christmas-Special, das einen neuen Doctor einführt, tendiert meistens dazu auf den Putz zu hauen. Mag sein, dass mehr Action in Doctor Who zu sehen sein wird demnächst.
Insgesamt ist das Special okay-ig. Russel T. Davis schreckt halt nicht davor zurück ab und an zu zu sehr - kindischer - Komik zu greifen, was den Doctor natürlich für Kinder attraktiver macht. Die werden in den letzten Staffeln wohl kaum mitgenommen worden sein. Die Sache mit dem Timeless Child wird auch weiterhin wohl eine Rolle spielen. Vielleicht beschäftigt sich Davis weniger mit irgendwelchen konkreten Ausgestaltungen des Ganzen als damit, wie das auf den Doctor an sich wirkt. Wäre ein interessanter Ansatz. Die Chemie zwischen dem Neuen und der Neuen stimmt. Die Dialoge sind ab und an sehr auf den Punkt - „ich verbrachte mal eine Stunde mit Houdini“. Das mit der Zeitlinie war ein Pluspunkt. Mrs. Flood und Ruby Mutter als mysteriöse Charactere - funktioniert. Die Nebencharaktere sind nett. Spezialeffekte - nichts zu meckern und Murray Gold haut mal wieder einen fabulösen Score raus. Wenn das Pacing noch besser geraten wäre, wenn auch noch ansatzweise erklärt worden wäre was die Gobins sind und woher sie kommen … dann wäre das ein richtig gutes Special geworden. So ist es halt okay - ig.