Wenns an der Kasse floppt - Genrekino aus deutschen Landen (1. Teil)
Wenn es an der Kasse floppt
Genrekino aus deutschen Landen (1. Teil)
Woran kann das liegen? Die Wurzeln des Versagens des deutschen Genrekinos (und auch des Abenteuerfilms oder Thrillers) reichen weitaus tiefer als nur eine fehlgeleitete Marketingkampagne wie es gerade den Marketingmenschen und Kinobesitzern in Bezug auf »Mara und der Feuerbringer« vorgeworfen wird.
Werfen wir mal ein Blick auf deutsche Filmgeschichte ...
Das deutsche Genrekino war mal ganz groß. Das war insbesondere zu Zeiten des Stummfilms so, als Filme wie Wegners Golem, Wienes Das Kabinett des Dr. Caligari, Nosferatu, Ein Symphonie des Grauens oder auch Dr. Mabuse, der Spieler - Ein Bild der Zeit, Die Nibelungen und Metropolis von Fritz Lang Maßstäbe setzen und vom Feinsten war was das damalige (Genre-)Kino zu bieten hatte. Diese Liste ließe sich noch verlängern. Auch Abenteuerfilme wie Wasser für Canitoga, F.P.1 antwortet nicht oder der UFA-Jubiläumsfilm Münchhausen mit dem großen Hans Albers konnten das Publikum begeistern. In der NS-Zeit gab es tolles Unterhaltungsfilme, darunter viele romantische Komödien mit Traumpaaren wie Lillian Harvey und Willy Fritsch, die das Publikum begeistern konnten. Filme mit Rühmann, Moser und anderen lockten Massen ins Kino.
Aber auch der Export funktionierte - solange der Film stumm war. Das fehlte späterhin.
Selbst die von der Ideologie getragenen (und schwer goutierbaren) Filme wie Jud Süss, Jungens, Die Rothschilds. Aktien auf Waterloo und andere (heute immer noch sogenannte Vorbehaltsfilme) oder auch Kolberg, sind von hoher Qualität was das rein Filmische angeht. So hat zum Beispiel Veit Harlan den Jud Süss so gut gemacht wie er konnte, auch wenn das Ergebnis immer noch Brechreiz bei mir auslöst, was vor allen Dingen auch der Qualität des Films geschuldet ist. Das gilt eben auch für andre Vorbehaltsfilme.
Aber die Diktatur ermöglichte große Budgets und große Filme.
Nach dem zweiten Weltkrieg verlor aber die deutsche Filmindustrie zusehends an Bedeutung und der Unterhaltungsfilm an Qualität. Deutsch ist eben keine Weltsprache und die Filme waren Budget her gerade einmal B-Kino. Zudem feierte in den Fünfzigern gerade der speziell deutsche Heimatfilm riesige Erfolge. Die Fischerin vom Bodensee, Der Förster vom Silberwald waren durchaus Streifen mit Unterhaltungs- und Schauwert, aber weit entfernt vom dominierenden international Erfolgskino.
Ein Kampf um Rom nach Felix unter der Regie von Robert Siodmak war ein Film von Arthur Brauners CCC in deutsch/italienischer/rumänischer Co-Produktion (ursprünglich ein Zweiteiler mit etwa 190 Minuten Laufzeit wurde daraus ein vierundneunzigminütiger Streifen für die US-Auswertung und einer Zweitauswertung in den deutschen Kinos. Dieser Film (hochkarätig besetzt, u. a. mit Orson Welles) sieht aus den frühen Fünfzigern, entstand aber erst 1968. Man hatte zehntausend rumänische Soldaten als Statisten zur Verfügung, aber anstatt die Breitwand auszunutzen liefen man in Zweierreihen über die Breitwand. Der Film sit ein inhaltliches wie handwerkliches Fiasko. Ganz schlechtes Monumentalkino, das noch von den italienischen Sandalenepen in den Schatten gestellt wurde.
Das gute deutsche Monumentalkino wurde quasi durch Romy Schneider und Karlheinz Böhm als österreichisches Kaiserpaar in der ›Sissi‹-Trilogie in positiver Weise repräsentiert. Aber schon hier zeichnet sich eine der großen Schwächen des deutschen Unterhaltungskinos der Fünfziger und Sechziger ab.
Romy Schneider floh vor der Rolle von Sissi und Sissi-ähnliche Figuren nach Frankreich und Karlheinz Böhm versuchte sich in »Peeping Tom« als Serienmörder. Hätten die beiden aber Gefallen daran gefunden hätten sie noch jahrelang (möglicherweise unterschiedliche) Königs- und Kaiserpaare spielen können. Das war nämlich einer dieser Fehler des deutschen Nachkriegsunterhaltungskinos: Formeln wurde zu Tode geritten. Immer und immer wieder. In Musikfilmen wurde immer wieder dieselbe Geschichte erzählt. Peter Alexander und Caterina Valente (zumeist mit ihrem Bruder Silvio Francesco) machten immer wieder die gleichen Filme und viel Gesang. Ebenso verfing sich der Heimatfilm in Formeln, die immer und wieder (oft auch mit gleichen Gesichtern) zu Tode gequält wurde. Aber auch Karl May- und Edgar Wallace Verfilmungen ereilte diese Schicksal.
Auch das Traumpaar (basierend auf dem Erfolg von Willy Fritsch und Lilian Harvey) gab es immer wieder. Rudolf Prack und Sonja Ziemann, Dieter Borsche und Ruth Leuwerik und noch einige andere wurden immer wieder in der im Grunde gleichen Konstellation vor die Kamera gezerrt und durften das Studio erst dann wieder verlassen wenn sie sich bekommen hatten.
Und wo endete das dann in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern - Bei den Lümmeln von der letzten Bank, den Thoma-Filmen und Komödien mit Schlager und Fernsehstars. Auch das letzte große Traumpaar des deutschen Kinos Uschi Glas und Roy Black datiert aus dieser Zeit. Dabei war längst nicht jeder Film einfallslos und schlecht. Es gab immer wieder Ausreißer, die zeigten, dass man auch in Deutschland noch Filme drehen konnte, die begeisterten, unterhielten und Geld verdienen konnte. Das vist nämlich eines der Merkmale des Unterhaltungskinos. Es ist kommerzielles Kino. Massenunterhaltung.. Aber es waren dann gerade zu Beginn der Siebziger zu wenige, um aus dem Einheitsbrei herauszuragen und dem übermächtigen US-Kino die Stirn zu bieten.
Dazu wurden die Spannungs- und Genrefilme was Budget und Effekte anging immer einfältiger. Ohnehin war das phantastische Kino in der Nachkriegszeit sehr selten und ist schon fast zu vernachlässigen. Lange Zeit konnten Darsteller wie Fröbe, van Eyk, Fuchsberger, Drache und viele andere dafür sorgen, dass die Filme noch ansehnlich blieben, aber auch das reichte irgendwann nicht mehr ...
Das deutsche Unterhaltungskino war bis auf ein paar Simmel-Verfilmungen in den Siebzigern quasi gestorben ... wie es die Macher des Oberhausener Manifestes verkündeten. Das Schlagwort war:
Papas Kino ist tot!
Ja, das war (auch schon 1962) so. Aber statt sich um ein neues Unterhaltungskino zu bemühen (wie es ein paar Jahre danach eine neue Generation Hollywood-Regisseure machte) ging es darum weg vom kommerziellen hin zum künstlerischen Kino. Das ist ja schön und gut und als Ergänzung prima. Nur Unterhaltung ist auch nichts. Aber diese Filme, die dem Oberhausener Manifest folgten mögen zwar künstlerisch hochwertig und kulturell wertvoll sein, aber sie hatten oft ein Publikum, dass kaum über 10.000 Besucher kam. Einige der vom Feuilleton hoch gelobten Filme brachten nicht mal 1.000 Menschen ins Kino und späterhin (selbst zu Zeiten der zwei Programme) nur - wenns hochkam - 3-4 Millionen Zuschauervor die Glotze.
Oberhausen war also nur sehr bedingt eine Antwort auf das Sterben des Unterhaltungskinos im Allgemeinen und des Genrekinos im Besonderen. Im Gegenteil mit Filmen wie Jonathan, der Nosferatu Neuverfilmung oder Sybergs Tristan und Isolde waren so unglaublich öde und fad. BOaaahh. Das wollte keiner sehen. Das ruinierte die Kunst den Horror oder die Fantasy. Ganz grausam. Da wurden Schäden angerichtet. Keinerw ollte mehr deutsches Genrekino sehen. Jonathan war noch grausamer als Kinski in der Nosferatu-Neuverfilmung. Tristan und Isolde von Syberger war auch so unsägliches schwaches Unterhaltungskino, dass die Müdigkeit kaum zu vertreiben war.
In den Achtzigern gab es dann auch ein Recvival des Unterhaltungskinos. Mal nachhaltig, mal als Eintagsfliege. Aber das schauen wir uns in zehn Tagen im zweiten Teil dieses Artikels an.
Manchmal glaubte man einfach nicht mehr, dass es überhaupt noch ein deutsches Unterhaltungskino geben konnte. Immerhin gelang es Doris Dörrie mit Männer die romantische Komödie wiederzubeleben.
Kommentare
@Andreas: Besser als im letzten Absatz Deines Posts kann man die ganze Misere eigentlich nicht mehr auf den Punkt bringen. Auch wenn *das* KNF bestimmt nicht "amused" zur Kenntnis nehmen wird :)
Vielleicht liegt hier die Lösung. Das sich findige Köpfe
von Bessons EuropaCorp finanzieren lassen.
Wäre dann auch wieder eine französische Produktion,
aber es gibt die deutschen Talente dort draußen, die
etwas auf die Beine stellen könnten. Man muss sich
nur die Abschlussfilme von der Filmhochschule in
Ludwigsburg ansehen.
Macht nix :) ich lese den Rhodan seit mehr Jahren, als ich drüber nachdenken möchte, und gehöre unverrückbar zu denen, die glauben, dass ein Rhodan-Film nur in einer Katastrophe enden kann
zitiere Mainstream:
Davon kenne ich zwar nichts, aber manchmal habe ich in die in die Reihe "Shocking Shorts" reingesehen, und es wundert einen, dass da nicht mehr draus wird.
Und aller Meckerei zum Trotz, auch wenn man die zahllosen Krimis und Familienserien verschmäht, die das deutsche Fernsehen produziert, handwerklich sind sie gut gemacht. Ist nicht so, dass die Leute nichts von ihrer Arbeit verstehen würden.
Ich würde andererseits liebend gern einen oder mehrere als Taschenbücher erschienene Agentenromane von Hans Kneifel in Film umsetzen. Nur wird das vermutlich gegen den erwähnten Lizenzvertrag verstoßen.
Es sei denn ...
Vor ein paar Jahren erschienen die Romane "Tor der tausend Sonnen" und "Galaktische Odyssee". Darin wurde praktisch die Handlung von beliebten Kneifel-PR-Taschenbüchern vor einem Nicht-PR-Hintergrund wiederholt (und an manchen Stellen abgewandelt und erweitert, ja ...)
"Tor der tausend Sonnen" recycelt dabei die Handlung des Taschenbuchs "Das Erbe der Jahrtausende", setzt allerdings nach der großen Entdeckung anders fort - nämlich eben nicht mit der Handlung von "Die Pflanzen des Todes".
Die drei Romane um Seymour Alcolaya "Der Einsame von Terra", "Die Spur nach Andromeda" und "Die Schatten des kristallenen Todes" finden sich, wie ich hörte, ebenfals entperrysiert als "Galaktische Odyssee" wieder.
Das müsste doch heißen, dass ein Interessent in diesem Fall eben keine Lizenzverhandlungen mit VPM führen muß, sondern sich bloß mit Hans Kneifels Erben einig zu werden braucht?
Ein Perry Rhodan Film wird nicht zu realisieren sein.
Nicht wenn er getreu der Vorlage umgesetzt wird.
Man befriedigt damit, wieviel Fans?! Aber man lockt
damit kein weiterreichendes Publikum.
Als Gene Roddenberry bei STAR TREK: THE MOTION
PICTURE die Federführung hatte wurde ein
finanzieller Flop produziert, obwohl der Film bis ins
Mark genau die Philosophie vertrat, die STAR TREK
ausmachte.
Erst der mit viel Action aufgepeppte ZORN DES KHAN
gewann ein Publikum jenseits des Fandoms. War aber
im Herzen immer noch ultimatives Star Trek.
Man muss sich davor hüten, was man sich wünscht.
Denn im Kino gelten andere Gesetze. Da muss man
auch ein Publikum erreichen, dass nicht vor hatte einen
Perry Rhodan Film zu sehen. Und das geht nur
mit Beugung gewisser Elemente des Handlungsverlaufs.
Aber man muss sich grundsätzlich von dem Gedanken
verabschieden, dass man deutsche Produktionen
international vermarkten könnte. Amerikaner kaufen
Rechte an französischen Filmen, die noch nicht einmal
gestartet sind. Das sagt doch wohl alles.
Volle Zustimmung. Obschon der Erbe des Universums noch der erfolgreichste unter den Heftserien ist, sehe ich da keine Möglichkeit eines erfolgreichen Kinofilms (und auch keiner TV-Serie). Perry, Jerry, John & Co. sind eben nur in einem kleineres Teil Deutschlands weltbekannt, will sagen, dass da nicht genug Potential ist, um erfolgreich an der Kasse zu sein. Dat lohnt nicht.
Selbst wenn man sich sagt, dass da Millionen sind, diese Hefte mal goutiert und in guter Erinnerung haben, so ist das noch lange keine rückgewinnbares Publikum, dass Kinosäle füllt oder für Einschaltquoten sorgt. Aber das ist ja eines 'meiner' Themen seit mehreren Jahren ...
zitiere Mainstream:
Auch hier volle Zustimmung. Macht man Kino muss das Budget so gestrickt sein, dass man ihn mit einem deutschsprachigen Publikum in D, A und CH gewinnbringend gestalten kann. Von den Mea-Budgets der US-Filme darf man nicht einmal träumen.
Wenn ich mal meine DVDs so durchgucke, ist da nicht ein einziger deutscher Film bei. Alles aus USA oder Australien. Ich gucke nun mal gern Action und Kampf, auch Western und Thriller. Und das wird in D fast gar nicht gedreht.
Die höheren Produktionskosten für die Action mögen ein Grund sein, der Mangel an geeigneten Schauspielern und Regisseuren ein anderer. Und es gibt sicherlich noch viele weitere Gründe.
Was in D in den letzten Jahren gedreht wurde und dann sogar einigermaßen erfolgreich war, sei es für Kino oder für TV, das lockt mich nun eher wenig. Das einzige, was ich mir dann über youtube angucke, sind die Tatorte mit Boerne und Thiel, weil da diese herrlichen Streitgespräche zwischen Boerne und dem Rest der Welt so anregend unterhaltsam sind.
Muss ja sonst in D auch immer alles politisch so korrekt sein, dass es mich ankotzt.