Das Brandsche Syndrom - Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Das Brandsche Syndrom
Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Spannung zu schüren ist leichter, als diese dann in ein Ende umzusetzen, das der daraus hervorgegangen Erwartungshaltung entspricht. Oftmals steht am Ende ein Schulterzucken und die Frage des Konsumenten: »War's das?«, statt des erhofften Aha-Erlebnis oder des erstaunten Oh's.
Kurt Brand war ein Autor, der seine Leser in der Regel spaltete: Man liebte ihn - oder eben nicht. Dazwischen gab es kaum etwas.
Kurt Brand war ein Autor, der seine Leser in der Regel spaltete: Man liebte ihn - oder eben nicht. Dazwischen gab es kaum etwas.
Eine seiner Spezialitäten war es, die Erwartungen seiner Leser zu schüren, und monumentale Rätsel und Geheimnisse aufzubauen, die gewaltig erschienen. Sie versprachen unendliche Spannung, wenn der Protagonist denn hinter das Geheimnis sehen konnte. Die Mysterious in der »Ren Dhark«-Serie oder die schwarzen Hantelraumer in der Serie »Arn Borul Von Stern zu Stern« (später »Raumschiff Promet«) waren solche monumentalen literarische Bauten Brands.
Aber nicht immer fielen ihm zu allen seinen Rätseln, mit denen er die Erwartungshaltung seiner Schüler schürte, adäquate Auflösungen ein, die den hochgeschaukelten Erwartungen dann auch gerecht wurden. Kurt Brand wählte dann einen netten Ausweg: Er schuf ein neues Rätsel - und das Spiel begann von vorn.
Ich habe das einmal das genannt ...
Doch man kann nicht immer nur neue Rätsel schaffen und neue Geheimnisse aufwerfen. Irgendwann will der Leser Antworten. W.K. Giesa macht es in der Serie »Professor Zamorra« auch so (insofern erwies er sich als treuer Schüler seines Vorbildes). Manchmal ließ Giesa Themen ruhen, wenn es ihm nicht gelang, sie gelungen aufzulösen, oder er damit herum gespielt hatte, bis er nicht mehr weiter wusste und auf Nachfrage (via Leserbrief oder auf Cons) erklärte, die Themen passten so nicht mehr in die Serie. Diese Äußerung spricht aber nicht für eine konsequente Entwicklung der Serie. Das ist eine billige Ausrede.
Aber nicht immer fielen ihm zu allen seinen Rätseln, mit denen er die Erwartungshaltung seiner Schüler schürte, adäquate Auflösungen ein, die den hochgeschaukelten Erwartungen dann auch gerecht wurden. Kurt Brand wählte dann einen netten Ausweg: Er schuf ein neues Rätsel - und das Spiel begann von vorn.
Ich habe das einmal das genannt ...
Doch man kann nicht immer nur neue Rätsel schaffen und neue Geheimnisse aufwerfen. Irgendwann will der Leser Antworten. W.K. Giesa macht es in der Serie »Professor Zamorra« auch so (insofern erwies er sich als treuer Schüler seines Vorbildes). Manchmal ließ Giesa Themen ruhen, wenn es ihm nicht gelang, sie gelungen aufzulösen, oder er damit herum gespielt hatte, bis er nicht mehr weiter wusste und auf Nachfrage (via Leserbrief oder auf Cons) erklärte, die Themen passten so nicht mehr in die Serie. Diese Äußerung spricht aber nicht für eine konsequente Entwicklung der Serie. Das ist eine billige Ausrede.
In einem einzelnen Roman geht das schon gar nicht, den Brand'schen Weg zu gehen. Gegen Ende erwartet der Leser Antworten, eben einen Schlusspunkt. Ein Ende. Da muss er Antworten geben und seine Geschichte auflösen. Da ist dann die große Schwierigkeit, die auf den Seiten davor geschürten Erwartungen zu erfüllen.
Und wenns nicht hinhaut, schreibt der Rezensent: »Das Ende konnte die Erwartungen nicht erfüllen«, und der Leser klappt das Buch zu und fragt sich eben: »Wars das?«, oder »Das solls gewesen sein?«.
Noch schwerer hat es da eine (Heftroman-)Serie, erst recht wenn diese zyklisch aufgebaut ist. Der Leser erwartet immer wieder zum Ende des laufenden Zyklus Höhe- und Reizpunkte. Und die Macher der jeweiligen Serie schüren diese Erwartungen natürlich, indem sie Andeutungen inner- und außerhalb der Romane machen, die die Phantasie des Lesers beflügeln.
Noch schwerer hat es da eine (Heftroman-)Serie, erst recht wenn diese zyklisch aufgebaut ist. Der Leser erwartet immer wieder zum Ende des laufenden Zyklus Höhe- und Reizpunkte. Und die Macher der jeweiligen Serie schüren diese Erwartungen natürlich, indem sie Andeutungen inner- und außerhalb der Romane machen, die die Phantasie des Lesers beflügeln.
Zugleich müssen die Autoren sich immer wieder neu übertreffen. Das gelingt nicht immer. Wenn dem dann so ist und sie dabei versagen, bemerken sie dies aber nicht durch einzelne Stimmen aus den Reihen der Fans, sondern durch fallende Verkaufszahlen (der einzige Gradmesser des Erfolges fürs Heft) oder durch fallende Einschaltquoten (dem Maßstab für eine TV-Serie).
So sagte Marc A. Herren, kurz bevor sein Doppelband 2598/99 erschien:
Hmmm. Fühlt sich komisch an. Dieser Roman könnte mich perrymäßig unsterblich machen - oder zum Buhmann. Oder weder noch, was mich dann doch enttäuschen würde.
Solche Sätze beflügeln dann die Phantasie von Lesern und Fans (gerade bei denen laufen Mechanismen ab). Was könnte Herren denn zum Buhmann werden lassen?
Jedweder, der dann die Titel der Romane (»Tod einer Superintelligenz« und »Der letzte Tag«) und die Serie kennt, dem war klar, dass das Schicksal des Merlins der SF auf der Kippe stand. Würde König Artu... äh - Perry nun bald ohne dessen Rückendeckung in die Schlacht um das Schicksal des Universums ziehen müssen? Das stand zu erwarten. Genau das würde einen gewaltigen Einschnitt in die Seriengeschichte bedeuten.
Fans reagierten und drohten beim Ausscheiden von ES, ihre Abonnements zu kündigen und der Serie den Rücken zu kehren. Autor Christian Montillon reagierte darauf völlig zu Recht mit passenden Worten. Aber: Er schürte die Erwartungen damit auch noch weiter. Die Frage tat sich auf, ob PR nun auf neue Gleise gesetzt werden soll und mit Blick auf Band 3000 nun erstmal ohne Superintelligenz aka Merlin auskommen sollte.
Fans reagierten und drohten beim Ausscheiden von ES, ihre Abonnements zu kündigen und der Serie den Rücken zu kehren. Autor Christian Montillon reagierte darauf völlig zu Recht mit passenden Worten. Aber: Er schürte die Erwartungen damit auch noch weiter. Die Frage tat sich auf, ob PR nun auf neue Gleise gesetzt werden soll und mit Blick auf Band 3000 nun erstmal ohne Superintelligenz aka Merlin auskommen sollte.
Ich finde auch gut, in Zukunft über eine alternative Serien- und Romanentwicklung nachzudenken: völlig ohne Überraschungen, Veränderungen und Spannung ... Das wird bestimmt voll der Hit :-)
(Beide Zitate stammen von den jeweiligen Seiten auf Facebook)
Doch am Ende war alles nur halb so wild. Alles blieb (fast) beim Alten und ES entkam vom Haken des Serientodes. Er darf dem guten Perry weiter helfen und auf Abenteuer in den Weltraum schicken. Zurück blieb dann doch bei so manchem Rezensenten, Beobachter, Leser und Fan, ein gewisses Maß an Enttäuschung. Die Erwartungen waren geschürt worden, aber dann nicht in der Konsequenz auch umgesetzt worden.
Diese Konsequenz, die der Leser da erwartet, entstammt den durch Bemerkungen wie die von Herren und Montillon in Gang gesetzten Überlegungen. Es entstehen Hoffnungen, Wünsche und Befürchtungen - und die eigene Phantasie ist manchmal auch der größte Feind des Lesevergnügens der Leser. Sie übertrifft oft genug die tatsächlich dann in Romanform umgesetzten Ereignisse.
Auch die Serie »MADDRAX« traf es zum Finale des mit Band 299 zu Ende gegangenen Zyklusses. Der Romantitel »Das letzte Duell« klang ausgesprochen verheißungsvoll. Es wurden Antworten auf offene Fragen angekündigt, ein gewaltiges Duell und ein Zünglein an der Waage.
Das waren vollmundige Ankündigungen, und die Leser erwarteten einiges. Was letztlich kam, war zwar interessant, aber die Phantasie der Konsumenten hatte diese Ankündigungen längst hinter sich gelassen.
Nachdem schon vor einiger Zeit das bloße Abschneiden einer Fingerkuppe der Gefährtin des Helden - Aruula - für enorme Aufregung gesorgt hatte, erwartete man nun deutlich mehr. Nicht nur unser Kolumnist spekulierte über deren Abgang.
Das waren vollmundige Ankündigungen, und die Leser erwarteten einiges. Was letztlich kam, war zwar interessant, aber die Phantasie der Konsumenten hatte diese Ankündigungen längst hinter sich gelassen.
Nachdem schon vor einiger Zeit das bloße Abschneiden einer Fingerkuppe der Gefährtin des Helden - Aruula - für enorme Aufregung gesorgt hatte, erwartete man nun deutlich mehr. Nicht nur unser Kolumnist spekulierte über deren Abgang.
Nun gut, der Held hat sich von seiner Gefährtin getrennt, aber Aruula wird weiterhin Bestandteil der Sere bleiben und eine Wiedervereinigung scheint meines Erachtens nicht ausgeschlossen. Oder aber ... Und da kommt sie wieder, die Phantasie, und beginnt mir Streiche zu spielen und Erwartungen an die Serie zu schüren.
Viel schlimmer als die Heftleser und auch TV-Zuschauer sind die Freunde des Hörspiels dran. Diese müssen manchmal bis zu einem Jahr ausharren, bis es weitergeht. Die Produzenten der zyklischen Hörspielserien treiben es mit ihren Fans immer doller.
Die geben über Jahre hinweg keine Antworten, schaffen keine Zwischenlösungen und treiben IMHO damit ihre Hörer in den Wahnsinn.
»Gabriel Burns« wurde einst ob seiner Rätsel und Geheimnisse gepriesen, aber Antworten wurden - aus welchen Gründen auch immer - nie gegeben. Stattdessen litt man am Brand'schen Syndrom, und es gab immer neue Rätsel. Da haben die Serienmacher etwas grundsätzlich missverstanden. Irgendwann muss mal die Phase der Antworten kommen.
»Gabriel Burns« ist so ein exemplarisches Erzeugnis. Unendliche Mysterien, keine Antworten. Und bei den wechselnden Erscheinungsrhythmen, ewigen Pausen verliert die Serie an Reiz. Das geht nicht mehr lange gut. Das Ende ist nah, weil die Hörer nicht mehr bereit sind, den Unfug mitzutragen. Und es macht auch keinen Spaß, um aktuelle Folgen zu verstehen, fast alle Folgen hören zu müssen. Gabriel Burns ist das Brand'sche Sysndrom in Reinkultur. Das ist verkorkst.
Aber sollte man die Ankündigungen von Machern einer Serie (zu) ernst nehmen? Ich denke nicht. Jeder sollte zwischen Phantasie und der Realität einer Serie trennen. Man werfe einen Blick in die Politik. Diese Ankündigungen, die Erwartungen schüren, sind wie das, was Vertreter aller Parteien im Wahlkampf verkünden. Blühende Landschaften sind keine Domäne der Politiker (und auch auf die Versprechungen des Wahlkampfes fallen wir Wähler in schöner Regelmäßigkeit herein).
Autoren(teams) und Redaktionen denken anders als der Leser, und wenn die Ankündigungen mal wieder arg vollmundig werden, hilft es den Lesern und Fans, daran zu denken, dass sich auch die Macher solcher Serien im Wahlkampf befinden. Klappern gehört da einfach zum Handwerk. Dabei wird dann nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Doch wünsche ich mir als Leser manchmal, dass solchen Ankündigungen auch mal Taten folgen - und ES dann konsequenterweise von der Seite des Erben des Universum gerissen wird, oder Aruula dann tatsächlich mal stirbt - und nicht wieder lächelnd unter der Dusche auftaucht ...
Kommentare
Erst sah es ja nur nach einem Hobby aus, aber das wurde im Laufe der Zeit immer mehr zur Besessenheit. Und die Lebenserfahrung von heute hatte ich damals ja auch noch nicht.
Gebeamt, transmittiert, teleportiert, scheißegal! Außerdem ließ der ja auch sonst nix aus, was mit SF zu tun hatte, also auch Star Trek, wo meines Wissens gebeamt wird.
Die Probleme jedenfalls waren real, und die hatte ich dann zu lösen, wenn Rechnungen kamen, das Auto zum Tüv musste oder sonstwas fällig war.
Gut, dass Du das hinter Dir hast und Dich jetzt hier tummelst! Hier gibt es garantiert nur Leute die nichts mit Perry und anderen ominösen Hobbys am Hut haben!
Thema Buchhandlung:
Habe doch diese Woche ein Geburtstagsgeschenk gekauft. Da hatten die doch tatsächlich in der ganzen Buchhandlung ein (!) einziges SF-Buch.
Ja ... da mußt Du halt mal einen anderen Buchladen aufsuchen als den direkt neben der Kirche ...
Also in der Preamazonära bin ich ab und an einfach mal 100 km (einfach) nach Frankfurt ins Hugendubel gedüst um Bücher zu stöbern und zu kaufen.
Heute würde ich das nicht mehr machen, wenn ich eh weiß was ich kaufen möchte, dann mach ich das via Internet.
Wenn ich aber einfach ein bisschen abhängen will, ohne genau zu wissen ws ich denn kaufen möchte, dann zieht es mich immer wieder in Buchhandlungen hinein. Man hat da einfach einen besseren Überblick üebr die Materie, weil die Bücher nebeneinander stehen. Man spart sich das ständige hin und her geklicke.
Und anfassen ist auch einfach schöner als nur zugucken.
Wie kommst Du jetzt ausgerechnet auf Kirche?
Früher gab es bei uns in der Großstadt (mehr als 100 000 Einwohner!) in jeder Buchhandlung (wir haben immerhin so ein halbes Dutzend) ganze Regalbretter voll mit SF. Heute sucht man die vergeblich. Es gibt allenfalls noch ein Brett mit Fantasy.
Ich könnte mich abrollen, die Kommentare hier sind zum Schießen .
Zitat: Klickst Du bei Amazon unter Science Fiction: gibt tausende von Treffern. Wer kauft denn heute noch Bücher im Buchladen
Eine Buchhandlung ist eben auch ein gewinnorientierter Betrieb und muss auf seinen Umsatz kommen. Wenn da überall die Pappkameraden aus den gerade aktuellen Büchern und Filmen an den Ecken lauern, stört das mich, aber andere scheint das zum Kauf zu reizen. Ich persönlich verzichte lieber auf all den Brimborium. Wenn ich ein Buch will, will ich ein Buch, kein Gewinnspiel, keine Dekoartikel, keine Geschenkartikel, keine Urlaubssouveniers, nix als ein Buch. Im Internet kann ich noch einigermaßen geradlinig auf die Bücherangebote klicken und die anderen Angebote für Krimskrams brauche ich gar nicht erst aufzumachen. Im Laden muss ich mich da drum herumschlängeln, habe all das bunte Zeug noch in den Augenwinkeln und fühle mich schon manchmal fehl am Platze, wenn ich tatsächlich ein Buch kaufen will und kein T-Shirt mit Comic-Figur oder so was. Aber das Problem habe ich ja bei anderen Sparten auch. Selbst im Fachgeschäft gibt es soviel anderen Krimskram, dass für das eigentliche Sortiment kaum noch Platz ist.
Weiteres Problem ist eben, dass das Sortiment von der subjektiven Entscheidung des Einkäufers abhängt. Der wird natürlich von Sachen, die ihn selber interessieren, mehr bestellen als von Dingen, die er schlecht findet. Einfach, weil er meint, dass andere so ticken müssten wie er selber. Und Verkäufer können auch besser Dinge verkaufen, für die sie sich selber begeistern. Das ist nun mal Fakt.
Hermes Zitat: Was willst Du mehr?
Jetzt mal ernsthast.
Kommt mal alle ein klein wenig näher.
Noch näher!
Ja, so is' gut.
(geflüstert): "Wer liest denn heute noch SF?"
Bzgl. SF und/oder Fantasy, solltet ihr vielleicht mal entsprechende Fachgeschäfte aufsuchen, die sich auf diese Genres spezialisiert haben.
Allerdings kann ich mir gut vorstellen, daß es auf dem Lande (also auch in Städten mit weniger als eine Million Einwohnern) schwer ist, solche Geschäfte zu finden.
Jonas Hoffmann Zitat: Schon allein wegen den aktuellen Benzinpreisen ist dies heute schon wahrer Luxus.
Nach den Elfen sind die Vampire ja jetzt nicht mehr sooo angesagt.
Jetzt kommen die Engel!
Kerstin Zitat: Die Bezeichnung Fan bezieht sich auf fanatisch.