Praschl-Bichler, G. und Sievers, G.W. - Kaiserliche Küche: Die Rezepte der Habsburger
In dem Buch schlägt G. Praschl-Bichler (Kunsthistorikerin - Kulturhistorikerin) und ihr Mitautor Gerd Wolfgang Sievers (Koch und Kochbuchautor) einen weiten geschichtlichen Bogen, nämlich von König Rudolf I, dem ersten Habsburger auf dem Thron des Heiligen Römischen Reiches im Hochmittelalter, bis hin zu den heutigen Habsburgern.
Während letzteres historisch weniger interessant ist, im Hinblick auf einen Bogenschlag sicherlich sinnvoll, hat dies dann doch weniger mit dem zu tun, was das Buch kulturhistorisch interessant macht.
Zu jedem Herrscher (bzw. jedem Herrscherpaar / Herrscherfamilie) finden sich zwei oder drei Seiten an historischen Hintergrundinformationen zur Einordnung, Persönliches und familiäres und etwas zur Esskultur der jeweiligen Epoche.
Im Anschluss folgen Rezepte aus der Zeit, zu einem Teil stammen diese aus Archiven der Habsburger (z.B. der Bibliothek des Escorial in Spanien), teilweise aus persönlichen Aufzeichnungen, teilweise aus Chroniken.
Die Rezepte sind gut ausgewählt und passen gut zu den jeweiligen Herrschern und deren kulinarischer Welt.
Besonders interessant sind hierbei immer wieder die Fußnoten - wie bei mir so häufig - da sie weitere Informationen und Hintergründe zu den Rezepten und ihren Zutaten bieten.
Ungewöhnlich sind Rezepte wie beispielsweise die Hühnerpastete mit Früchten (Sauerkirschen, Stachelbeeren etc) - bemerkenswert: Es ist keine kulinarische Neuschöpfung sondern ein Gericht aus dem 16./17. Jahrhundert vom Hofe Kaiser Rudolf II. (ja, genau der Gönner von G. Archimboldo). Oder auch "Neapolitanische Rosen", ein an sich simples Backwerk, das durch seine ungemein zeitaufwändige Art der Herstellung zu einer echten "Herrenspeise" und einem "königlichen Gericht" wird.
Kulturhistorisch ist die Esskultur ein wichtiger Aspekt, der sehr persönlich und direkt das tägliche Leben des Menschen betrifft. Entsprechend bedeutsam sind meiner Meinung nach solche Bücher, die sich neben den Rezepten auch den historischen und kulturellen Aspekten des Kochens und der Ernähung annehmen.
Zur Erweiterung der Rezension ein Interview mit der Autorin, Frau Praschl-Bichler, das ebenfalls heute erscheint.
Kaiserliche Küche: Die Rezepte der Habsburger