Zeichner meiner Jugend - Helden meines frühen Comic-Konsums (1)
Zeichner meiner Jugend
Helden meines frühen Comic-Konsums (1)
Sei es durch seine Zeichnungen selber, oder der Faszination, die der Fluss der Geschichten hervorbrachte.
Hier sind ein paar meiner Eindrücke aus diesen Jahren. Meine Helden der Comics.
Kindergeschichten werden mit wenig Text – wenn überhaupt – versehen. Den Übergang zu den Büchern bilden die Bildergeschichten von Comics, wer denn nicht noch zusätzlich den Umweg über den Heftroman nimmt, aber das ist eine andere Geschichte.
Dabei gibt es verschiedene Grade der Darstellung, was zum Teil auch dem Zeichner überlassen wird.
Bei Hal Fosters Prince Valiant gibt es keine Sprechblasen. Da wird der Text unter das Bild gesetzt und verleiht der Geschichte damit ein spezielles Flair. Sie lesen sich wie eine illustrierte Geschichte der Vergangenheit.
Ich selber habe nur ein paar Bände gelesen, aber das lag weniger an den Geschichten, als vielmehr an dem Taschengeld, das bereits für die Superhelden von DC gute Verwendung fand.
Durch Serien wie „Lasso“, „Silberpfeil“, „Buffalo Bill“ und „Bessy“ groß geworden – manche würden behaupten mit der Muttermilch eingeflösst -, waren diese Geschichten bloß für den Schnellverzehr gedacht. Jedenfalls bei mir, da für mich die Zeichnungen zur Unterstützung des Textes verstanden wurden, nicht aber so gut erschienen, dass ich ein betreffendes Heft immer wieder aufgriff, um mich in den Details zu verlieren.
Gerade Hansrudi Wäscher, der für mich damals noch ein Unbekannter war, betrachtete ich mit Kinderaugen als den guten Illustrator bei „Buffalo Bill“. Alles andere erweckte bei mir den Eindruck von hingeschluderten Zeichnungen.
Die Titelbilder dagegen wurden von Malern gemacht, die man als Augenfänger bezeichnen konnte. Da klappte man gelegentlich das Heft enttäuscht zu, da man im Innenteil auch in jungen Jahren eine bessere Qualität erwartet hatte.
Der altgediente Superman-Zeichner Curt Swan hinterließ einen bleibenden Eindruck bei mir, als die deutschen Hefte zu meiner Jugendlektüre zählten.
Der Mann konnte unbestritten zeichnen, und das in gleichbleibender Qualität. Als er 1986 abgesetzt wurde, da DC die Superman-Serien mit einem neuen Zeichner (John Byrne) und einem neuen Konzept startete, weinte ich ihm mit einem lachenden Auge nach.
Weinend, weil damit eine knapp dreißigjährige Identifikation – aber auch Qualität - eines Zeichners abgelöst wurde. Lachend, weil mit der Umstellung John Byrne seinen Einstand feierte.
Johnny Byrne war einer jener Zeichner, der mir gleich von Anfang an gefiel. Seine detailverliebten Bilder und seine schönen Frauen hatten es mir sofort angetan.
Dazu kam, dass er auch ein verdammt guter Autor war, als er begann, seine eigenen Geschichten zu schreiben.
In den letzten Jahren, da er alles (leider) selber macht – auch die Tusche -, haben die Zeichnungen jedoch nicht mehr diese Anziehungskraft und lassen die Aussagekraft vermissen, wie dies früher der Fall war.
Aber damals, zu Zeiten von X-Men, Fantastic Four, Superman und auch Next Men, gehörte er zu den Grundpfeilern meiner Comic-Kost. Da wurde jedes Heft gekauft und auch intensiv studiert.
Hatte wohl auch damit zu tun, dass ich in meiner Freizeit immer mal wieder etwas von seinen Zeichnungen abkopierte.
George Pérez entdeckte ich etwa zur gleich Zeit wie John Byrne. Auch kein Wunder, da ich nach Jahren von DC-Kost zu Marvel überging. Und das gleich mit Haut und Haaren.
Wenn ich John Byrne bereits als detailverliebt bezeichne, dann fehlen mir bei George Pérez die betreffenden Superlative, um seine Superkraft des Zeichnens zu beschreiben.
Zur einer Zeit, als die Comics noch auf Toilettenpapier gedruckt wurden, gingen Pérez’ Fähigkeiten größtenteils verloren, doch mit der heutigen Technik werden seine Comics zu einem Augenschmaus.
Um diese in aller Genauigkeit zu betrachten, benötigt man schon mal eine Lupe, da im Hintergrund so viel abgeht.
Dass er auch Storytechnisch das Zeugs drauf hat, bewies er mit den „The New Teen Titans“, an dem er mit Marv Wolfman an der Entwicklung der Storys beteiligt war.
Als ihm in den Achtziger die Möglichkeit angeboten wurde, „Wonder Woman“ nicht nur zu zeichnen, sonder auch zu schreiben, war das für den Leser ein sehr befriedigendes Erlebnis.
Auch dann noch, als er die Illustration anderen Zeichner überlassen musste und er nur die Storys lieferte.
Heutzutage hat sich George Pérez von den herkömmlichen Comicfiguren zurückgezogen, da sich diese so verändert hätten, dass er sich gar nicht mehr mit ihnen auseinandersetzen könne, wie ich gelesen habe.
Man darf jedoch auf seine neue Serie gespannt sein, die im Herbst erscheint: Sirens.
Ross Andru in dieser Aufzählung zu vergessen hieße auch einen großen Teil meiner Jugend zu übergehen. Als in den Achtzigern bei Condor „Die Spinne“ erschien, war er der Zeichner der Serie. In den Staaten gehörte zu dem Zeitpunkt seine fünfjährige Arbeit als Zeichner an „Amazing Spider-Man“ bereits der Vergangenheit an.
Sein Stil war sehr offen und er versuchte immer wieder der Figur Spider-Man neue Posen abzugewinnen. Dass sich ein Mann in einem Trikot durch die New Yorker Schluchten schwang, nahm man zu der Zeit dem Zeichner jedenfalls sehr gut ab.
Mit „Superman vs Spider-Man“ gelang es ihm sogar an einem Meilenstein beteiligt zu sein. Für dieses Crossover der beiden marktführenden Comicverlage DC und Marvel wird man ihn in ständiger Erinnerung behalten.
Neal Adams war und ist für mich der definitive Batman-Zeichner. Sein Realismus, seine beinahe schon filmische Darstellungen machten ihn für mich zu einem Idol und einem Topzeichner. Zwar einer, der sich mit „Batman-Odyssey“ etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte – oder war es DC selber, die ihm bei diesem Projekt zu viel Spielraum einräumten? – aber im Normalfall zeichnete er ja nur die Geschichten, ohne selbst die Story geschrieben zu haben. Bei „Odyssey“ stammen sowohl die Zeichnungen wie auch die Story von ihm. Im „Comic Book Creator“ No 3 erklärt er auf über dreißig Seiten, warum ihn die Leser nicht verstanden hätten. Das kommt mir so quer rein, wie wenn einer einen Witz erklären muss.
Mit Green Lantern/Green Arrow wurden in den Siebzigern sogar die Comics politisch. Das gefiel ganz gut, auch wenn die Figur
Sein „Superman vs Muhammad Ali“ liest sich auch heute noch sehr gut und kann man getrost als ein Stück Zeitgeschichte bezeichnen.
Dass seine alten „Batman“-Geschichten neucoloriert in drei Hardcover gesammelt wurden, war ein Geniestreich und gehört in jede Sammlung.
Wer mit Spider-Man in Berührung kam, der traf automatisch auf John Romita, damals noch ohne das Anhängsel „Senior“. Nach Steve Ditkos Abgang erschien der neue Zeichner wie eine frische Briese, auch wenn er versuchte Anfangs seinen Vorgänger zu kopieren, wie ich seiner Biografie entnommen habe.
Was zum Glück nicht wirklich klappte!
John Romita war ein Comiczeichner nach meinem Geschmack. Der konnte Superheldenkämpfe aber auch großes Drama so gestalten, dass man ihm dies abkaufte. Und vor allem hat er einen sauberen und offenen Zeichenstil, mit dem er alles darstellen konnte. So lässt sich wohl auch erklären, warum er bei Marvel schnell vom normalen Zeichner zum Art-Director wurde.
Vieler der Posen, die er Spider-Man auf den Leib zeichnete, wurden jahrelang in der Werbung verwendet.
Und mit seinem Sohn John Romita JR hat er sogar einen Erben, der in seine Fußstapfen getreten ist.
Gil Kane war ein Meister des dynamischen Comics. Mit der Zeit ließ man ihm leider zuviel Freiraum und die Inker begradigten seinen Zeichenstil nicht mehr so extrem, wie dies am Anfang seiner Karriere der Fall war.
Seinen Zeichnungen konnte ich mich nicht immer entziehen, auch wenn sie mir mit der Zeit nicht mehr so gefielen, wie dies bei „Amazing Spider-Man“ der Fall war. Es ist jedoch einer jener Stile, die man sofort erkennt.
José Luis Garcia-Lopez ist meines Wissens der einzige Zeichner, der zwei übergroße Bände gezeichnet hat. Zum einen „Superman vs Wonder Woman“ und „Batman vs Hulk“. Beide wirken mit seiner dynamischen und detaillierten Darstellung ausgesprochen gut und ließen in mir den Gedanken aufkommen, dass so Superhelden aussehen, die zwar gut gebaut sind, aber sich doch noch wie ein normaler Mensch bewegen können.
Heutzutage haben Superhelden so viele Muskeln, dass sie im wirklichen Leben wohl kaum laufen könnten.
Erstkontakt mit seinen Zeichnungen hatte ich mit einem Heft, worin Superman gegen Solomon Grundy kämpft. Mein erster Eindruck war damals: Wau, so muss Supi aussehen!
Der spanischgeborene Zeichner war mit seinem Zeichenstil so erfolgreich, dass er immer wieder Vorlagenblätter gestalten durfte, an die sich die anderen Mitarbeiter von DC halten mussten.
Leute in meinem Alter kennen vor allem auch die vielen Werbungen, die er gestaltete. Dadurch kam dann leider seine Comicarbeit (viel) zu kurz.
John Buscema – oder Big John, wie man ihn auch nannte – ist mein erklärter Lieblingszeichner. Da kommen alle vorher genannten nicht an seine Meisterschaft heran. Auch wenn man von ihm weiß, dass er sich nur bei den Geschichten über Conan wohl fühlte, da er mit Superhelden eigentlich nichts anfangen konnte, gelang es ihm hervorragend, diesen Umstand grandios zu verschleiern. Seine Bilder, seine Platzierungen der Ausschnitte zeugen von einem großen Verständnis der Artform Comic. In meinen Augen wäre John Buscema sogar ein hervorragender Regisseur geworden, so wie er immer wieder seine Geschichten gestaltete.
Im Magazin „Savage Sword of Conan“ zeichnete John Buscema ein paar hervorragende Geschichten, die von Tony deZuniga und Alfred Alcola getuscht wurden – die auch selber Zeichner waren - und für mich ein Highlight seines Schaffens darstellten. Gepaart mit meiner Verehrung von Robert E. Howard waren diese Geschichten natürlich ein Augenschmaus.
Wie John Romita entstammt John Buscma einer Generation, der sich in jedem Medium zurechtfand. Aus diesem Grund war es ihm ein Leichtes, Helden in Trikots darzustellen und mit der nötigen Dramaturgie zu versehen.
Ein – mein – Zeichner, von dem es selbst für mich immer noch einiges zu entdecken gibt in alten Ausgaben von Marvel.
In diese Kategorie gehört natürlich auch Frank Miller. Heutzutage kein Unbekannter mehr, hat er doch die Vorlagen für „Sin City“ und „300“ in Comicform geliefert. Unter anderem.
Seine Zeichnungen sind nicht wirklich schön zu nennen, aber sie besitzen eine rohe Ausstrahlung, die seinesgleichen sucht. Mit seinen Licht- und Schattenspielen gelingt es ihm den Leser zu verzaubern.
Das war aber nicht immer so. Ganz zu Anfang waren seine Zeichnungen wenig spektakulär.
Erst mit Daredevil konnte er seine Vision umsetzen. Seit Klaus Janson ihn inkte, sind die beiden im Business ein Dreamteam.
Mein erster Comic von Frank war DD 169, der mir nicht wirklich gefiel. Mittlerweile sind mir diese Geschichten um Daredevil ans Herz gewachsen.
Überhaupt die Figur, die später durch die gezeichneten Geschichten von David Mazzuchelli und John Romita JR tiefgründiger und auch immer mehr mit Hintergrund versehen wurden.
Niemand kommt an Jack-the-King-Kirby vorbei! Seine Geschichten um die Fantastic Four, Hulk, Captain America und vielen anderen Helden aus dem Marvel-Universum, sind legendär und bilden noch heute die Grundlagen der Filme, die Jahr für Jahr ins Kino kommen.
Er fand bislang keine Erwähnung, weil man ihn zwar kennt, aber nicht jeder Comicenthusiast mag ihn.
Sein Zeichenstil ist roh, kantig und auch klobig, doch seinen Bildern lag eine Bewegung zugrunde, die man vor seinem Erscheinen nicht gekannt hatte.
Jack Kirbys Zeichnungen schauen am besten aus, wenn sie von Joe Sinnott geinkt wurden. Erst durch seine Mitarbeit erhoben sie sich zu ansehnlichen Bildern.
Der kontroverse Vince Colletta , der über ein Wochenende schon mal ein ganzes Heft inkte und dabei die eine oder andere Figur wegließ, brachte Kirby vor allem in den Storys um Thors „Tales of Asgard“ zum leuchten.
Es gäbe noch sehr viele Zeichner mehr – Pablo Marcus, Gene Colan, Keith Pollard, Don Heck, John Kubert, Jim Steranko, Walter Simmonson u.v.a. – doch nicht alle haben einen Eindruck bei mir hinterlassen, wie die oben erwähnten.
Früher gelang es mir sogar beim Aufschlagen eines Comics den Zeichner herauszufinden. Heutzutage nicht mehr so überzeugend, da mir die Übung fehlt.
Zudem ist es mit der neuen Ware eher so, dass sich die Zeichner ähnlich sehen oder dann gleich gegenseitig kopieren.
Heute wird bei der Produktion oft auf den Inker verzichtet, da mit der Farbgebung Effekte hervorgerufen werden können, die mit Tusche selber unmöglich sind.
Wiederum fehlt den Zeichnungen etwas – die Tiefe? -, was ich mit Charakter beschreiben will. Sie wirken flach und irgendwie unfertig.
Zudem kamen die meisten der früheren Comiczeichner aus anderen Berufen, die per Zufall in diesem Business landeten und das Beste daraus machten. Die heutigen Zeichner betreiben da zum größten Teil schon fast Inzucht, da sie außer Comics kaum etwas anderes kennen. Dabei wird selbst von der Kubert-School die Wichtigkeit unterstrichen, auch einen klassischen Hintergrund zu erlernen, damit erstens Mal das Spektrum größer wird, und zweitens auch das Wissen. Natürlich kann man heute alles Googlen, aber ein Pferd sollte ein Comiczeichner auch aus dem Kopf heraus hinbekommen.
Dies sind meine Jugendhelden. Was sind eure?
Die besten Grüsse aus dem Land der Comics.
Michel
Kommentare
Also Fractions Hawkeye solltest du dir wirklich gönnen, besonders die von David Aja gezeichneten Bände. (Da gibt's auch einen kompakten Sammelband der ersten elf Hefte.)
(Und wenn dir dann Fraction doch plötzlich gefällt: Sex Criminals, wenn's geht im Heftformat -- die Leserseite ist der Hammer.)